Kapitel 13
Ice Cube kratzte sich das Blut unter den Fingernägeln hervor, als die Zimmertür krachend aufflog. Detroit und Drum kamen hereingestürzt, zwischen ihnen hing Big P mit flatternden Augenlidern und leise stöhnend vor Schmerz. Ice Cube musste sich ein zufriedenes Grinsen verkneifen, als er P's Gesicht sah.
Sein linkes Auge war zugeschwollen, aus seiner Nase rann Blut und überall waren Schrammen und blaue Flecke zusehen.
„Jemand hat ihn auf der Party verprügelt! Hast du gesehen wer es war?" Rief Detroit mit vor Panik geweiteten Augen, Ice Cube bekam ein mulmiges Gefühl. Er hatte angenommen, das jeder gesehen hatte, wer Big P so zugerichtet hatte und er rechnete fest damit, dass die Konsequenzen dafür nicht sonderlich angenehm werden würden, doch er hatte gedacht, dass die beiden ihn einfach direkt anschreien würden. Es ihnen selbst sagen zu müssen passte ihm nicht sonderlich in den Kram.
Doch er räusperte sich und stand schon Mal auf, damit er ihrem Angriff standhalten konnte.
„Das war ich." Sagte er frei heraus und sah die beiden Jungs herausfordernd an, ihnen klappte gleichzeitig die Kinnlade runter.
„Was? Warum hast du das getan, du Arsch?!" Schrie Detroit wütend und ließ P los, Drum schrie kurz auf und versuchte seinen Freund irgendwie zu halten, doch Big P glitt mit einem lauten Stöhnen zu Boden.
„Das ist eine lange Geschichte." Brummte Ice nur zur Antwort und ließ sich wieder aufs Bett fallen, da die beiden nicht so wirkten, als ob sie ihn fertigmachen wollten.
Detroit hievte Big P zusammen mit Drum auf sein Bett und starrte Ice Cube dann wütend an. „Erklär, sofort."
Ice seufzte, was sollte er jetzt sagen? Cherry hatte ihm gedroht, dass sie ihn umbringen würde, sollte er jemandem davon erzählen. Und wenn er jetzt sagte, dass er Big P verprügelt hatte, weil er sie geküsst hatte, würde das womöglich ein Bild übermitteln, dass er auf gar keinen Fall so stehen lassen wollte.
„Fragt Cherry, dann wisst ihr es." Erwiderte er also und verschränkte die Arme.
„Apropos, wo ist sie eigentlich?" Detroit war noch immer aufgebracht und sah Drum suchend an, der jedoch nur mit den Schultern zuckte, also gingen ihre Blicke wieder zurück zu Ice, der genervt aufstöhnte. War es so schwer ihn einfach in Ruhe zu lassen? Er wollte nur eine Dusche nehmen und dann schlafen, damit er vergessen konnte, was heute passiert war.
„Ich habe sie nach Hause gebracht und dann bei Painting und Co. abgeliefert."
„Du hast sie nach Hause gebracht? Warum zur Hölle das denn? Warum hast du uns nicht geholt?" Detroit stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn bitterböse an. Erschrocken musste Ice feststellen, dass sein Wutpegel augenblicklich wieder in die Höhe schoss.
„Warum ich ... Okay, ihr mögt vielleicht denken, dass ihr die besten Freunde überhaupt seid, aber während ihr weit und breit nicht zu sehen wart und euch vermutlich mit irgendwelchen Schlampen rumgetrieben habt, hatte Cherry vermutlich die schlimmste Nacht ihres Lebens und nicht mal ich konnte sie einfach allein lassen. Also habe ich das einzige getan, was in diesem Moment richtig schien und habe sie nach Hause gebracht!" Er schrie fast, Hitze stieg in ihm auf und er fuhr sich aufgebracht durchs Gesicht, getrocknetes Blut löste sich von seiner Haut und fiel zu Boden.
Drum hatte große Augen bekommen und Ice hätte schwören können, dass Detroit eine Spur blasser geworden war, doch das war bei seiner dunklen Haut schwer zu sagen.
„Was ist passiert?" Fragte er panisch und Ice atmete tief durch, sollte ihn das heute noch jemand fragen, würde er demjenigen vermutlich den Kopf abreißen.
„Nochmal: Geht zu ihr und fragt sie einfach. Und lasst mich verdammt nochmal in Ruhe, klar?" Bei diesen Worten hatten die beiden Big P sofort vergessen und rannten aus dem Zimmer, Ice seufzte zufrieden und ließ sich gegen die Wand fallen, endlich.
Ein paar Minuten vergingen, da begann Big P zu lachen. Es klang etwas gespenstisch und wurde ständig von einem röchelnden Husten unterbrochen, Ice wandte sich Big P mit einem tödlichen Blick zu.
Dieser sah ihn halb liegend, halb sitzend von seinem Bett aus an. Auch er hatte überall Blut und seine Zähne waren teilweise rot, Ice hatte ihm ganz schön zugesetzt, gut so.
„Was ist so lustig, Arsch." Fauchte er ihn an, Big P lachte nochmal und schüttelte langsam den Kopf.
„Ich hätte es wissen müssen."
„Was?"
„Du liebst sie."
Jetzt musste Ice lachen, laut und schallend, doch kein Fünkchen Freude schwang darin mit.
„Natürlich, wie konntest du das bloß raus finden?" Fragte er P voller Sarkasmus, doch dieser sah ihn ernst an.
„Wenn ich nicht Recht habe, weiß ich nicht, warum du heute einen Grund hattest, mich so fertigzumachen."
„Dafür hatte ich tausend Gründe, die besser sind als deiner." Sagte Ice kalt, doch Big P schnaubte nur.
„Tausend Gründe, die du dir alle selbst erzählst. Gib es doch einfach zu. Ich gebe auch was zu: Ich liebe sie."
Ice erstarrte und sah ihn erschrocken an.
„Was?!"
„Du hast mich schon verstanden."
„Wenn du sie liebst, warum machst du dann mit Miranda rum?"
„Sie sieht in mir einen Bruder, keinen Lover. Ich habe ihr das mit Miranda nur erzählt, um zu gucken wie sie reagiert und sie hat gesagt, dass es ihr nichts ausmacht, also hatte ich meine Antwort." Er zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht.
„Alter, es hat ihr was ausgemacht! Wie blind kann man sein? Sie ist fast wahnsinnig geworden. So wahnsinnig dass sie sich heute Abend die Kante gegeben hat und fast ..." Er brach abrupt ab und biss sich so heftig auf die Zunge, dass er Blut schmeckte.
„Fast was?" Fragte Big P, die Augen zu Schlitzen verengt.
„Warum hast du sie geküsst?" Das war wirklich eine Frage, die Ice brennend interessierte.
„Fast was, Ice?" P versuchte zu schreien, doch auch er lallte ein bisschen und bekam es nicht hin ernsthaft wütend zu sein, er wurde immer zum Softie, wenn er etwas getrunken hatte, es würde Ice nicht wundern, wenn noch heulte.
„Nichts."
„Sag schon."
„Das kann ich nicht, frag sie selbst. Warum hast du sie geküsst?"
„Na weil ich immer noch hoffe, dass sie mich auch mag! Ich hab versucht sie eifersüchtig zu machen, doch ich habe sie auf der Party nicht mal gesehen, nachdem wir angekommen waren. Egal was ich gesagt oder getan habe, es hat ihr keine Reaktion entlockt, also habe ich sie geküsst und ich wollte mich grade bei ihr entschuldigen, da hast du gemeint dazwischen funken zu müssen."
Aus einem merkwürdigen Grund, tat es Ice kein bisschen leid, er sah ihn nur mitleidlos an.
„Du bist der größte Trottel, der mir je untergekommen ist. Anstatt mit irgendeiner Schlampe zu vögeln, hättest du Cherry auch einfach sagen können, was du für sie empfindest. Jetzt ist sie völlig am Ende und du hast ein zermatschtes Gesicht."
P zuckte mit den Schultern und setzte sich auf.
„Ich werde es ihr jetzt sagen, das wird schon."
Erneute Wut, die sich Ice einfach nicht erklären konnte schoss in ihm hoch.
„Ach du denkst, dass du sie einfach verarschen kannst und dann sagst, dass du sie liebst und dann alles wieder gut ist?"
„Was juckt dich das überhaupt, du magst sie doch gar nicht, wie du ja immer so schön betonst." Giftete Big P zurück und Ice nickte langsam. Er hatte Recht, er konnte Cherry nicht ausstehen, warum beschäftigte ihn das alles so sehr?
„Okay, du hast Recht. Sag ihr was du empfindest, aber komm nicht zu mir und heul' rum, wenn sie dich hasst."
„Sie wird mir bestimmend dankbar in die Arme fallen und dann sind wir vereint, so wie es sein sollte." Sagte Big P, seine alte Arroganz und Selbstgefälligkeit waren wieder da, Ice verdrehte die Augen.
„Schön, viel Spaß."
„Den werden wir danach haben." Ein dreckiges Lächeln huschte über sein entstelltes Gesicht und Ice musste einen Würgereiz unterdrücken. Wie hatte er nie bemerken können, dass Big P eigentlich perfekt in seine eigene Gruppe passen würde. Er redete genauso über Mädchen wie Little Rock und Black Tooth.
Er musste plötzlich daran denken, was er am Abend des Konzerts über Cherry gesagt hatte, dass sie keine Liebe empfinden konnte und so. Vielleicht hatte Detroit Recht gehabt. Nachdem was er heute in ihren Augen gesehen hatte, glaubte Ice, dass sie Big P wirklich geliebt hatte. Er hatte sich geirrt, aber nicht vollständig. In ihrer Clique gab es jemanden, der nicht wusste, was Liebe war, doch das war nicht sie, sondern Big P.
Er erschauderte bei dem Gedanken, dass er zu ihr gehen und ihr sagen würde, was er empfand und dann versuchte sie ins Bett zu bekommen ... Und sie dann vermutlich bei der nächsten Party betrog.
Doch das war alles nicht sein Problem. Er konnte Cherry nicht leiden und deshalb interessierte er sich auch für ihre Gefühle nicht, so etwas wie heute würde nie wieder passieren, er würde ihr nie wieder helfen. Nie wieder, das war's.
Er kümmerte sich ab jetzt um seinen eigenen Kram und ließ Cherry Cherry sein. Und er ließ sie machen, was sie wollte.
Und mit wem sie es wollte.
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