Kapitel 11

Cherry fühlte nichts als Scham und das Bedürfnis sofort und auf der Stelle einfach zu Sterben. Sie starrte zu Ice Cube hinauf, der sie so voller Wut anfunkelte, sie hatte keine Kraft mehr etwas zu entgegnen. Alle Kraft die sie noch hatte brachte sie grade dafür auf, nicht auf der Stelle loszuheulen.

Heute war vermutlich der schlimmste Tag ihres Lebens und sie verbrachte ihn ausgerechnet mit Ice Cube.

Sie sehnte sich nach einer Umarmung von Drum und einer dummen Lebenslektion von Detroit. Und sie sehnte sich danach weder Big p noch Ice Cube je wieder zu sehen.

„Sag endlich was!" Schrie letzterer, er lallte, vermutlich klang sie noch schlimmer, doch er klang auch mit Alkohol im Blut furchteinflößend.

„Was soll ich denn noch sagen?" Fragte sie leise, er raufte sich die Haare.

„Na was mit dir los ist! Cherry du wurdest fast vergewaltigt und es war dir egal! Wie kann das sein?"

Sie zuckte mit den Schultern und schlang die zittrigen Arme um die Beine, ihr war eiskalt, ein Schauer nach dem anderen jagte ihr über den Rücken und eine dicke Gänsehaut überzog ihren gesamten Körper.

Er setzte sich wieder hin, noch immer wütend.

„Kannst du nicht einfach gehen?" Fragte sie zum wiederholten Male, doch das machte ihn nur noch wütender. Sie fragte sich, warum sie ihm nicht dankbar war, immerhin hatte er sie grade vor einer Vergewaltigung, einer Demütigung und einer Entjungferung gerettet, außerdem hatte er sich eventuell eine Menge Ärger eingehandelt, als er die drei zusammengeschlagen hat. Doch sie war ihm nicht dankbar, sie empfand nur Scham, weil er sie so sah.

„Nein, ich werde jetzt nicht gehen, verdammt! Deine tollen Freunde sind ja alle nicht hier um dich sicher nach Hause zu bringen, also werde ich das tun." Bei jeder anderen Person hätte das nett geklungen, bei ihm klang es wie eine Drohung.

„Kannst du mir mal erklären, was an P so toll ist, dass du dich so aufgibst?" Fragte er und sie zuckte abermals mit den Schultern, den Tränen so nahe, dass sie verzweifelt zu blinzeln bekam.

„Keine Ahnung! Ich dachte glaube ich einfach, dass wir irgendwann einfach zusammen sind, dass wir irgendwie, auf eine komische Art und Weise zusammen gehören, aber ich ... Ich bin dumm, so etwas gibt es gar nicht."

Ice wirkte ein bisschen zufriedener als zuvor und nickte, als ob er das bereits gewusst hätte, was sie verärgerte. Jetzt öffnete sie sich einmal in ihrem Leben und dieser Idiot tat so, als ob das alles nichts Neues für ihn wäre.

„Willst du meine Meinung hören?" Fragte er und erneut klang es wie eine Drohung, sie schüttelte den Kopf, er verdrehte die Augen.

„Du wirst sie dir trotzdem anhören. Du solltest ihn in den Wind schießen, Drum und Detroit werden ganz sicher zu dir halten und dann bist du das Arschloch los, okay? Der tut dir einfach nicht gut."

Cherry schnaubte abwertend und versuchte aufzustehen, alles begann zu wanken, sie ließ sich zurück auf die Fliesen fallen.

„Du weißt nicht was gut für mich ist."

„Besser als du, wie es momentan aussieht und jetzt komm, wir fahren heim." Damit stand er auf und stützte sie, als sie aufstand. Unter normalen Umständen hätte sie ihn weggestoßen, doch da sie das Gefühl hatte, dass sie ohne eine helfende Hand einfach umkippen würde wie ein gefällter Baum, ließ sie es zu.

„Bring mich einfach zu Drum, der kann mich nach Hause bringen." Murmelte sie leise, doch er hörte sie vermutlich gar nicht, denn in dem Moment, als sie das Bad verließen, wurde es wieder unerträglich laut.

Er führte sie durch den Hauptraum zielsicher auf die Haustür zu, da kam Big P mit einem breiten Grinsen auf sie zu.

Er war stockbesoffen und griff nach ihr, Ice ließ sie für eine winzige Sekunde los und schon lag sie in P's Armen, Cherry bekam Panik.

„Da bist du ja! Auf die alten Zeiten." Und damit nahm er ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie.

Alle Alarmglocken in ihrem, vom Alkohol benebeltem Hirn schrillten laut los und sie versuchte vergeblich sich los zu reißen, sie spürte wie Big P's Lippen auf ihre gedrückt waren und wie seine Zunge herausschnellte und versuchte ihre Lippen zu teilen, sie musste einen Würgereiz unterdrücken und gab unterdrückte Laute von sich, sie kam nicht los.

Doch dann spürte sie Hände an ihren Schultern und Ice riss sie von ihm los, jetzt war sie ihm doch dankbar und im nächsten Moment noch viel mehr.

„Jetzt reicht's!" Ice' Gesicht war wutverzerrt und er holte zu einem gewaltigen Schlag aus, der den verdutzten P direkt ins Gesicht traf. Sein Kopf schnellte zur Seite und Blut spritzte aus seiner Nase, Cherry schlug sich die Hände war den Mund, nicht etwa vor Entsetzten, nein, ihr wurde plötzlich schrecklich übel.

Ice schüttelte seine Hand aus, während P sich zu ihm drehte und in seinen braunen Augen unverhohlene Wut aufflammte.

Und schon stürzte er sich auf Ice, in der nächsten Sekunde lagen sie am Boden und schlugen aufeinander ein, Cherry blinzelte und versuchte mit aller Mühe das Gleichgewicht zu halten.

„Jungs ..." Fing sie an, doch ihre Stimme ging in der lauten Musik und den Schlachtrufen der Menge unter, die sich mittlerweile um die Kämpfenden gescharrt hatte, unter.

Sie versuchte sich zu bücken und sie auseinander zuziehen, doch als sie so da stand, merkte sie, wie ihr Mageninhalt sich langsam auf dem Weg nach oben machte, also kam sie wieder hoch.

Big P lag unten, Ice hatte ihm die Knie auf die Oberarme gedrückt und schlug ununterbrochen auf ihn ein, bis P sich nicht mehr wehrte, doch selbst dann hörte er nicht auf.

Cherry schnellte vor und packte sein Handgelenk, mit dem Schwung hatte sie allerdings nicht gerechnet und fiel fast hin, hätte er sie mit der anderen Hand nicht gehalten.

„Lass ihn, wir gehen." Brachte sie noch hervor, dann musste sie wieder die Hand vor den Mund pressen und drehte sich eilig um, die Haustür war nicht weit.

Ohne zu gucken, ob Ice auf sie hörte rannte sie hinaus und übergab sich hinter dem nächsten Busch.

Sie kämpfte sich weiter Richtung Bus, ihre Schuhe waren zu hoch, sie nickte immer wieder um, die Welt drehte sich.

Da hörte sie Schritte hinter sich und dann war da wieder die stützende Hand um ihre Hüfte.

Sie sagten nichts, bis sie an der verwaisten Bushaltestelle anlangten.

Sie setzte sich auf die eiskalte Metallbank und sah zu ihm auf.

Sein Gesicht war blutverschmiert und seine Hände waren geschwollen und ebenfalls voller Blut, in seinen Augen lag jedoch immer noch die Aggression und Wut die ihn hatte zuschlagen lassen.

„Du siehst scheiße aus." Stellte sie trocken fest, er lachte kurz auf.

„Du auch."

Sie nickte langsam und fuhr sich durchs Gesicht, lange hatte sie sich nicht mehr so kaputt gefühlt.

„Warum hast du ihn geschlagen?" Fragte sie dann und sah wieder hoch zu ihm.

Er sah sie lange an, in seinem Gesicht lag ein undefinierbarer Ausdruck. „Weil er zu weit gegangen ist und du ihn grade nicht schlagen konntest, ich dachte, dass übernehme ich mal für dich, bis du es selbst nochmal nachholen kannst."

Sie nickte erneut und schenkte ihm das einzige Lächeln, dass sie heute aufbringen konnte, es war grimmig und nicht mal ansatzweise freundlich, doch er lächelte auf dieselbe Weise zurück und schon fühlte sie sich besser.

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