Kapitel 22: Wenn es stürmt

Moros rannte wie nie zuvor, schneller und schneller trugen ihn seine Füße über den durchsichtigen Boden des Nachthimmels, sein Ziel in weiter Ferne.
"Verdammt, wie konnte das passieren? Was haben sich die beiden nur dabei gedacht?"
Verzweifelt legte der älteste Bruder noch einen Zahn zu, in der Hoffnung, seine Geschwister doch noch einholen zu können, bevor es zu spät war.
Wie konnte er nur so dumm sein? Das Gespräch heute Morgen, als Ker und Eris sagten, sie würden Nyx suchen gehen, warum hatte er sie nicht für voll genommen?
Er lachte verbittert auf: dumm war er gewesen, hatte gedacht, für die beiden als Elternteil zu reichen, nie realisiert, wie sehr sie an ihrer Mutter hingen.
Es war ungerecht, die Göttin der Nacht hatte sich lange nicht blicken lassen, hatte nicht gesehen, wie Ker seine ersten Sätze las, nie Eris beim Spielen beobachtet und doch wollten die beiden nur sie, egal wie sehr Moros sich anstrengte.
Kopfschüttelnd ärgerte er sich über die aufkeimende Eifersucht, jetzt war nicht die Zeit sich um solch banale Dinge Gedanken zu machen. Er musste seine kleinen Geschwister davon abhalten, das dunkle Schloss im Sternenhimmel zu verlassen, keinen Fuß durften sie in die Welt der Menschen setzen. Dies war die Abmachung, die Mutter ihn stets einflößte, die Bedienung, dass sie leben durften. Versichert hatte sie den Göttern, dass ihre Kinder keine Bedrohung seien, niemals den Duft der Erde einatmen würden und für immer im Schloss verweilen werden.
An der Gabelung zur Welt der Irdischen angekommen, waren Moros Augen erfühlt vor Grauen. Herzzerreißend schluchzte er auf, vor seinen kleinen Bruders leblosen Körpers sinkend. Langsam fuhr er ihm durch das volle, kupferrote Haar, als sich plötzlich zwei blaue Augen öffneten.
"Du...du hasst es versprochen", keuchte Ker mit letzter Kraft.
Moros weinte bitterlich, den Kleinen in seinen Arm hin und her wiegend.
"Mach...mach das es aufhört, Bruder! Es tut weh! Ich will nicht sterben!"
Der Weißhaarige spürte, wie sein Herz zerrissen wurde, mehr und mehr, die Schnipsel vom Winde davongetragen. Er hatte versagt, versagt in der einzigen Aufgabe, die er je hatte.
"Es...ich...es tut mir so Leid".
"Sie haben Eris mitgenommen", hauchte der Kleine und dann wurde das strahlende Blau glasig.
"Ich werde sie retten, versprochene!", flüsterte er, im Wissen, dass der Rothaarige ihn nicht mehr hören kann.
Widerwillig stand er auf, seinen kleinen Bruder am kargen Boden zurücklassend, welcher auf der endlosen Fläche so verloren schien.
Gerade als er einen Fuß auf die Erde setzen wollte, flackerten dreizehn Lichter um ihn, hielten ihn in der Mitte des Kreises gefangen. Die Zwölf waren gekommen, seine Schwester in ihrer Gefangenschaft.
Zeus, der Größte aller Gottheiten trat auf ihn zu, überragte ihn um Meter. Furchteinflößend baute er sich auf, sodass der Junge langsam zurückwich, zitternd.
"Sie wussten von der Abmachung und haben sie gebrochen, so verdient sie den Tod! Nun sieh zu, Gott des Untergangs, sieh zu, wie sie sterben!" Zeus nickte Ares zu, welcher dem kleinen Mädchen gnadenlos den Todesstoß verpasste.
Moros riss den Mund auf, doch kein Schrei verließ seinem Rachen. Eine Taubheit breitete sich in ihm aus, gefolgt von ungebändigten Zorn. Er sah nur noch Rot, als er immer wieder auf den Donnergott losging, welcher jedoch unbeirrt blieb.
Er warf das Kind zu Boden, trat ihm in die Magengrube bis es sich voll Schmerz krümmte, unkontrolliert schluchzend und keuchend.
"Du verzogener Bengel, wagst es mich anzugreifen?! Der Tod ist ein viel zu milde Strafe für dich!"
Moros merkte, wie Ares auf ihn zutrat, den Schmerz jedoch nicht mehr richtig wahrnehmend. Manchmal konnte der körperliche Schmerz nicht den Seelischen überbieten und so spürte er  Folter nicht, sah nur wieder und wieder die angstvollen Augen Eris vor sich.
Dann trat Athene vor, herablassend auf das elendige, entstellte Bündel niederschauend.
"Für dich ist selbst der Tartarus zu gut, ich verfluche dich! Verflucht sollst du sein, diesen Tag wieder und wieder zu erleben, ohne jegliche Hoffnung auf Befreiung! Verdammt sollst du sein, unser Vertrauen dermaßen niedergetreten zu haben! Du bist ein Monster!"
Damit verließen sie den kalten Nachthimmel, hinterließen ihn im einsamen funkeln der Sterne.
Fern sah er schon den Weg der Sonne, ein neuer Tag mit neuer Qual und eine neue Nacht, erfüllt von Schmerz.
So vergingen Jahrhunderte, Tag für Tag. Manchmal war der Frust zu groß, manchmal konnte er nicht stark bleiben. Dann erfüllten seine Schreie den Himmel, es stürmte auf Erden.
Doch nie vergaß er, was ihm genommen wurde, er wollte es wieder haben.
Nie vergaß er sein Versprechen, an dem er gebunden war.

Puh, das war ein anstrengendes Kapitel XD
Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen!

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