Kapiel 25: Sterblichkeit
"Wir sind ein Herz und eine Seele, Perseus"
Wild und ungezähmt jagten diese Worte durch Percy's Kopf, jagten schnell, jagten rasend. Ihm fielen öfters solche Bemerkungen ein, von denen er nie annahm, dass sie wörtlich gemeint sein könnten.
"Du wirst mir endlich Frieden bringen"
"In deinem Herzen lebe ich immer weiter"
"Wir sind aneinander gebunden"
Erneut merkte der Schwarzhaarige wie seine Augen feucht wurden, verachtete seine Schwäche und bedauerte. Vor allem bedauerte er zutiefst.
Doch durch jenes Gewissen wurden plötzlich seine Gedanken klarer, seine Sicht reiner, sein Schmerz weniger. In diesem Moment wurde ihm Bewusst, was getan werden musste und seit langer Zeit spürte er keine Angst mehr vor der Zukunft, wollte mit erhobenen Kopf ins Morgen blicken.
Er warf einen Blick auf Ker, welcher allmächtig und doch allein dastand, ohne Unterstützung, ohne Liebe, zu sehr fixiert auf die Toten, sodass er die Lebenden vergessen hatte. Und Dabei waren sie doch die wichtigsten, um die es sich zu kümmern gilt. War er auch zu so einen verbitterten Menschen geworden?
Percy schüttelte den Kopf, angeekelt von sich selbst, angeekelt von seinem Egoismus. Ja, vielleicht hatten Annabeth und die Götter ihn verraten, doch strafte er dafür wirklich Unschuldige? Wie viele hatte er getötet im Camp, so viele Gesichter, die er nicht mal kannte, denen jetzt ein Leben verwehrt blieb, weil er den Tod nicht akzeptieren konnte. Was gab ihn das Recht, sich über andere hinwegzusetzen, zu erwarten, er müsste sich nicht mit dem Fluch der Sterblichkeit abfinden? Am Ende des Tages mussten sie doch alle mit Verlusten leben. Am Ende des Tages waren sie eben doch nur Menschen.
Wie war er so tief gefallen?
"Mach es wieder gut, großer Bruder!", flüsterte eine kindliche Stimme plötzlich, "du bist niemals allein!"
Erschrocken zuckte der Halbgott zusammen, als die warmen und liebevollen Worte ertönten. Dann lächelte er leicht, senkte den Blick und ein leises "Danke" verließ seine Lippen. Dies waren die letzten Worte, welche er benötigte, um endlich Mut zu fassen. Mut für sein letztes großes Opfer.
So rannte er, flog mit dem Winde und fischte währenddessen seinen Kugelschreiber aus der Hosentasche, welcher sich mit einem Wimpernschlag zu Springblut formte. Mit einer tödlichen Präzision sprang er ab, zielte mit dem scharfen Bronze auf Ker. Doch dieser hatte den Angriff kommen gesehen, ließ eine Lanze erscheinen und wehrte das Schwert in der Drehung ab. Ein Angriff des Gottes folgte, die Lanzenspitze nach vorne schnellte, nur knapp Percy's Kopf verfehlend und einen Kratzer auf seiner Wange hinterlassend. Das Blut spritzte durch die Luft und der Halbgott taumelte im Versuch sein Gleichgewicht wiederzufinden. Als ihm dies schließlich gelang, sah er aus dem Augenwinkel schon erneut den roten Haarschopf, sodass er erneut in Abwehrposition ging.
Keiner rührte sich, ließen sie kämpfen, nicht den Plan verstehend. Nur ein einziges Mädchen bahnte sich ihren Weg nach vorne, die Blonden Haare in alle Richtung verweht.
Percy, sein Ziel verfolgend, spielte seine Rolle perfekt und keiner bemerkte seine List. Er bewegte sich nach und nach langsamer, kraftloser, erschöpfter.
Mit einem gezielten Hieb entwaffnete Ker den Schwarzhaarigen, welcher zu Boden gerissen wurde. Der Gott erhob sich über ihn, triumphierend, grinsend.
"Du bist töricht, Perseus Achilles Jackson! Der Tod soll dich für deine Dummheit strafen! Mich kann man nicht besiegen, ich bin wahrhaftig Unsterblich!", zwei blaue Augen bohrten sich in seine, gespenstisch strahlend, pupillenlos, "Keine letzten Worte für dich, Sohn des Poseidon".
Das kühle Metall der Waffe bohrte sich in seine Brust, durchlöcherte sein Herz. Aber Percy, den Schmerz kaum spürend, zog seinen Mundwinkel nur leicht nach oben und stach ebenfalls zu mit einem Dolch, welcher er zuvor sicher versteckt hatte. Sein Trick hatte zugeschlagen.
Beide sackten zu Boden, lagen dort nebeneinander in der Stile, bis Geschrei die Ruhe durchbrach.
Doch Percy hörte nichts mehr, spürte nichts mehr, fühlte nur noch, wie sein Körper leichter wurde und seltsamerweise bedauerte er zu sterben. Zu viele seiner Sünden hatte er nicht mehr zurechtbiegen können, zu viele Versprechen nicht gehalten. Er hatte nie mehr das fröhliche Lachen seiner Prinzessin hören können, nicht seit jenem Tage. Manchmal war das Schicksal doch eben ein mieser Verräter.
Neben ihn ächzte Ker: "Wie?"
Wehmütig lächelte der Seeprinz, bevor er die Augen schloss: "Moros und ich, wir waren eins".
Dann hörte er die Musik des plätschernden Wassers, die Melodie des pfeifenden Windes, das Land aus Luft und Licht.
Erster Teil der Lesenacht, noch eine halbe Stunde bis zum Zweiten. Quatscht doch gerne diese Zeit ein bisschen in den Kommentaren mit mir;D
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