43 | Schlimmster Feind
Bob war innerhalb von Bruchteilen von Sekunden auf den Beinen und rannte, so schnell er konnte, weiter in die Höhlen, hinein in die Dunkelheit.
Hinter sich hörte er einen Schuss, der aber nicht auf ihn gerichtet war. Er lief einfach weiter, bis es so dunkel wurde, dass er sich nur noch langsam weiter fortbewegen konnte, um nicht zu stolpern oder gegen eine Wand zu laufen. Dann hörte er einen weiteren Schuss. Die Stille, die darauf folgte, war gespenstisch.
‚Wo bleibt die Polizei?', ging es ihm durch den Kopf, als er sich weiter an der Wand entlang tastete. Plötzlich stand er in einer Sackgasse. Er wollte wieder zurück und einen anderen Weg suchen, doch dann hörte er ihn.
„Bob...", säuselte Charles. Schritte hallten von den Wänden der Höhle wider.
„Bobby!" Die Stimme schien näher zu kommen.
Bob war sich fast sicher, dass es für ihn nun keinen Ausweg mehr gab. Hinter ihm gab es nur die nackte, kalte Wand und vor ihm kam der Schein der Laterne immer näher.
Er dachte noch ein letztes Mal an Peter und war froh, wenigstens seine Gefühle mit ihm geteilt zu haben und dass sie sich geküsst hatten. Trotz der ausweglosen Situation stahl sich bei dem Gedanken an den Kuss ein Lächeln auf Bobs Gesicht.
„Hätte nicht gedacht dich Lächeln zu sehen, bevor ich dir dein Gehirn wegpuste", grinste Charles, als er Bob erreicht hatte. Er hielt die auf Bob gerichtete Waffe in der linken Hand, da seinen rechten Arm eine lange, blutende Wunde zierte, die ihm wahrscheinlich Harry noch zugefügt hatte bevor... Bob mochte grade nicht weiter darüber nachdenken, was Charles mit seinen ehemaligen Kollegen gemacht hatte. Stattdessen gingen seine Gedanken wieder zum zweiten Detektiv.
„Ich denke gerade an etwas Schönes", sagte Bob, der sich an den Gedanken an Peter festklammerte und lächelte Charles dabei an. Der ließ kurz die Waffe sinken. Er wusste bereits, dass er gewonnen hatte und wollte die Situation noch ein wenig auskosten. Die Gewissheit, dass Bob keine Chance hatte zu entkommen, entfachte ein kleines Feuer in ihm und erregte ihn auf gleiche Weise. Vielleicht würde er Bob ein wenig länger zappeln lassen als Harry und Owen, mit denen er kurzen Prozess gemacht hatte.
„Erhelle mich", sagte er nun fast schon freundlich.
„Peter", antwortete Bob.
„Der Peter, der dich fallen gelassen hat, als er von unserem Treffen erfahren hat?", lachte Charles höhnisch. Er verstand nicht, wie Bob in dieser Situation an einer Liebe festhalten konnte, die zum Scheitern verurteilt war.
Bob grinste traurig. „Du hattest wohl noch nie echte Freunde", sagte er dann. Charles verstand nicht, was Bob damit sagen wollte. Doch er hatte auch genug gehört.
„War nett dich kennengelernt zu haben, Bob Andrews", sagte er und richtete die Waffe auf den Jungen.
Er hörte die Schritte hinter ihm erst, als es schon zu spät war. Ein Geräusch zerschnitt die Luft und der harte Teil eines dicken Astes traf ihn mit solcher Wucht am Kopf, dass ihm kurz schwarz vor Augen wurde. Er taumelte und ließ die Waffe in seiner Hand zu Boden fallen. Bob hechtete vor und schnappte sich die Waffe, während Peter Charles auf den Boden warf und mit einem Seil seine Hände auf dem Rücken festband.
„Peter!", rief Bob erleichtert und umarmte den zweiten Detektiv stürmisch. „Wieso hat das so lange gedauert?"
„Es tut mir leid, Bob. Als ich erkannte, dass Harry und Owen vor mir in der Höhle waren, musste ich mich verstecken und sah vorher keine Möglichkeit dir zu helfen", erklärte Peter.
„Ich bin so froh, dass du da bist", sagte Bob voller Erleichterung und küsste den zweiten Detektiv. Peter lächelte. Dann zog er Bob näher an sich heran und küsste ihn zurück. Er war so froh, dass für sie noch mal alles gut ausgegangen war.
„Wo sind deine Schuhe?", fragte Bob mit Blick auf Peters Socken.
„Ich durfte mich doch nicht verraten", erklärte Peter.
Charles hinter ihnen stöhnte vor Schmerz auf und Bob sah ihn verächtlich an.
„Wir haben dein perfides Spiel längst durchschaut, Charles Jackson. Oder besser Collin Jackell? Oder wie heißt du wirklich?", fragte Bob und begann in den Taschen von Charles Hose nach seinem Portemonnaie zu suchen. Als er es gefunden hatte, zog er seine ID heraus.
„Ian Cedric Jaccard", las Bob vor. „Bist du etwa verwandt mit Jean Marie Jaccard, dem französischen Maler?", fragte Bob, dem der Kommentar von Skinny bezüglich Charles, nein, Cedrics Großvater in Oxnard wieder einfiel.
Cedric lachte und schwieg. Plötzlich hörten sie ein lautes Stimmengewirr durch die Höhlen rauschen. Mehrere Personen machten sich auf den Weg zu ihnen.
„BOB? PETER?" Das war Justus.
„Hier hinten!", rief Peter zurück und lief ihm entgegen, damit sie die richtige Abzweigung nahmen. Die Lichter der starken Polizei-Taschenlampen leuchteten bereits an den Wänden hin und her.
„Wer bist du?", fragte Bob eindringlich und zwang Cedric, ihn anzusehen. Dieser grinste verschwörerisch.
„Der Sohn eures schlimmsten Feindes", antwortete er. Dann hörte Bob, wie Cedric würgte und sich übergab. ‚Vermutlich eine Gehirnerschütterung', dachte Bob.
„Hier ist er!", hörte er Peter sagen, als er mit den Polizisten bei Bob und Cedric ankam.
„Er muss ins Krankenhaus", sagte Bob, als die Polizisten ihn hochhoben. „Es hat ihn ziemlich heftig am Kopf erwischt."
„Was ist mit den anderen", fragte Peter an Justus gewandt. „Sind sie..."
„Nein, aber es ist kritisch. Wir haben schon einen Notarzt gerufen. Aber Charles hat sich Mühe gegeben, die beiden schwer zu verletzen", erzählte Justus.
„Cedric", korrigierte Bob. „Ian Cedric Jaccard", ergänzte er.
„Sagt mir nichts, außer den Initialen, die wir im Brief gefunden haben", meinte Justus.
„Mir auch nicht", gab Peter zu, als sie den Polizisten aus der Höhle folgten.
„Habt ihr was von Skinny gehört?", fragte Bob, als sie nach draußen in die kalte Nacht traten. Die Sterne leuchteten am Himmel und gaben der aufregenden Nacht beinahe etwas Friedliches.
„Nein, ich hoffe nur für ihn, dass er sich an unsere Abmachung gehalten hat", meinte Justus.
„Ich will jetzt nach Hause", gähnte Peter und griff nach Bobs Hand.
„Oder zu mir?", fragte Bob grinsend. Er dachte an die Dinge, die er im Handschuhfach seines Wagens verstaut hatte.
Justus gähnte ebenfalls. „Ich freue mich auch auf mein Bett. Lasst uns morgen Mittag in der Zentrale treffen, um die Einzelheiten zu besprechen", schlug er vor. „Ich fahre gleich mit Goodween zurück nach Rocky Beach, um noch die letzten Schritte mitzubekommen. Ihr könnt dann schon mal vorfahren."
Bob sah den Polizisten hinterher, die Cedric zwischen sich genommen hatten und auf die Polizeihubschrauber warteten. Diese Nacht hatte noch mal ein gutes Ende gefunden. Und das hatte er nur Peter zu verdanken.
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