21 | Wo ist Skinner?

Da es Bobs Fuß wieder besser ging, setzte er sich an das Steuer seines Käfers und Peter stieg mit Buddy auf der Beifahrerseite ein. Auf der Fahrt nach Little Rampart klingelte Peters Telefon.

„Kelly! Hey, wie geht es dir?", antwortete Peter das Gespräch und versuchte, Bob zuliebe nicht zu euphorisch zu sein. Er hatte am Vorabend die emotionale Kassette angehört und hegte nun den Verdacht, dass es Bob zur Zeit nicht so gut ging.
Er hatte überlegt, dass dies wahrscheinlich eine alte Kassette für ihn gewesen war, die Bob ihm aber nie gezeigt hatte. Wahrscheinlich hatte er einfach keine unbenutzte gefunden und diese dann einfach überspielt, als er eine neue machen wollte. Das hatten sie früher öfter getan.
Nur der Name irritierte ihn. Normalerweise war Bob sehr einfallsreich und richtete den Namen häufig nach dem Thema aus. Peter hatte schon Kassetten mit den Namen „Day Dream", „Work Out" oder auch „Dancing 'til the Morning Sun" von Bob erhalten. Diese hier fiel somit etwas aus der Reihe.

Des Weiteren war Bob in letzter Zeit nicht so gut auf Kelly zu sprechen und Peter wollte ihn nicht nerven. Wer vielleicht Liebeskummer hatte, wollte bestimmt nicht mit einem Pärchen konfrontiert werden. Peter hatte eigentlich vorgehabt, Bob heute ein bisschen aufzumuntern.

„Was meinst du? Ich habe dir doch geschrieben, dass wir zur Zeit mit Ermittlungen beschäftigt sind", antwortete er auf Kellys Vorwurf, warum er sie heute nicht besucht hatte.
„Weiß ich noch nicht, wir sind gerade auf dem Weg, um eine Spur zu verfolgen", erklärte er vage.
„Nein, nur Bob und ich", antwortete er und Bob horchte auf.
„Der geht einer anderen Spur nach", erklärte Peter.

‚Hatte Kelly gefragt, warum Justus nicht dabei war?', ging Bob durch den Kopf.
„Warum bist du denn so sauer? Ich habe ewig nichts mit den Jungs gemacht. Und dieser Fall ist wichtig!", versuchte Peter seine wütende Freundin zu beschwichtigen.
„Und wenn wir heute Abend mal was zu dritt machen?", fragte er versöhnlich und Bob zuckte kurz zusammen. Inständig hoffte er, dass sie ‚Nein' sagen würde. Doch den Gefallen tat sie ihm nicht. „Da waren wir ja ewig nicht. Gibt es da heute etwas Besonderes?"

‚Bitte, kein Kino! Bitte kein Kino mit Peter und Kelly, das ertrage ich nicht!', dachte Bob und wartete gespannt, wie das Gespräch enden würde.

„Summerdance, klingt doch gut. Dann also um halb zehn", bestätigte Peter.
Bob schwante Übles. Sie wollten ihn doch nicht etwa in eine Diskothek mitschleppen? Das war ja noch schlimmer als Kino.
„Ja, ich dich auch. Bis dann", flüsterte Peter fast, bevor er das Gespräch beendete, doch Bob hatte es natürlich mitbekommen.

Bob war sauer. Er wollte nicht mit Kelly in die Disko! Ungeachtet Peters Musikgeschmack stellte Bob den Kassettenrekorder an, um seine Musik zu hören. ‚One Kiss' von Calvin Harris und Dua Lipa tönte aus dem Lautsprecher. Bob stutze. Das war doch seine ‚Peter' Kassette! Hatten sie gestern nicht ‚On the Road' gehört?

Bob schielte zu Peter herüber, der eine Nachricht in sein Handy tippte. Hatte Peter die Kassette gestern noch gewechselt? Wie viel davon hatte er gehört? Auf dieser Kassette hatte Bob den ganzen emotionalen Scheiß der letzten Wochen verarbeitet und Peter musste blind sein, wenn er den einen oder anderen Song nicht richtig interpretieren konnte. Aber vielleicht war er auch so in seiner Kelly Blase, dass es ihm nicht einmal auffallen würde, wenn er direkt mit der Nase darauf gestoßen werden würde.

„Ich dachte, ein bisschen Ablenkung könnte dir guttun", sagte Peter, als sie gerade zu dem heruntergekommenen Wohnblock gingen, in dem Skinny ihrer Meinung nach wohnte.
Bob schien immer noch sehr unzufrieden mit der Wahl der Abendbeschäftigung zu sein, die Peter und Kelly sich für sie drei ausgedacht hatten.

„Es tut doch immer gut zu tanzen und dann haben wir zusammen ein bisschen Spaß und vielleicht kannst du dich dann auch mal mit Kelly näher unterhalten und sie besser kennenlernen", schlug Peter vor, der eigentlich auch nicht hundertprozentig glücklich mit dieser Notlösung war. Eigentlich wollte er etwas mit Bob allein unternehmen, aber er hatte es auch nicht übers Herz gebracht, Kelly abzusagen. Zudem konnte sie echt stur sein.

Bob hatte inzwischen den Namen an der Klingel gefunden und ihn gedrückt.
„Klar, weil man sich in der Disko auch so gut unterhalten und kennenlernen kann", erwiderte er spöttisch und drückte den Klingelknopf gleich noch zwei Mal. Als sich noch immer nichts tat, gingen die beiden schweigend ums Haus herum und spähten in die Wohnung, die Skinny bewohnte.

„Hier würden mich keine zehn Pferde rein kriegen", sagte Peter verächtlich, als sie ins Innere starrten. Die Wohnung war ziemlich zugemüllt und dreckig. Auf dem Tisch standen mehrere benutzte Teller und Gläser, auf der Fensterbank lag eine dicke Staubschicht und aus einem vollen Aschenbecher fielen schon die Kippen heraus.

„Ist leicht gesagt, wenn man eine andere Wahl hat", meinte Bob weniger verurteilend.
„Also, wenn er hier eine entführte Katze gefangen hält, bringe ich ihn eigenhändig um", sagte Peter und ballte unbewusst seine Faust.
„Er scheint aber nicht da zu sein", bemerkte Bob und versuchte weiter in die Wohnung zu sehen, jedoch ohne Erfolg.

„Ich könnte den Dietrich benutzen", grinste Peter und kramte in seiner Hosentasche nach dem Set, das er immer dabei hatte. Doch Bob schüttelte den Kopf. „Lass gut sein Peter, wir versuchen es sonst morgen noch mal." Ihm gefiel der Gedanke nicht, ungefragt in Skinnys Wohnung rumzuschnüffeln.

„Na Bob, bist du heute wieder als Stan unterwegs?", stichelte Peter, der auf die kurze, aber enge Freundschaft zwischen Bob und Skinny anspielte, als dieser sein Gedächtnis verloren hatte.

„Es gefällt mir nicht, dass wir keine Beweise haben, dass Skinny die Katze von Cotta wirklich entführt hat. Und selbst wenn, wäre er sicher nicht dumm genug, diese in seiner uns bekannten Wohnung unterzubringen", erklärte der dritte Detektiv leicht säuerlich. Etwas enttäuscht verstaute Peter sein Dietrich Set wieder in der Hosentasche.

„Komm, wir fahren zu Cotta und versuchen herauszufinden, ob sich schon etwas wegen der Lösegeldforderung ergeben hat. Und vielleicht ist ja auch seine Katze inzwischen wieder aufgetaucht", schlug er versöhnlich vor.

Als Bob sah, wie geknickt der zweite Detektiv aussah, wollte er ihn aufmuntern. „Und heute Abend gehen wir mit Kelly ins Planet Evil und ich versuche sie besser kennen zu lernen, okay?", versprach er.
Peter nickte erleichtert über die Chance, die sich in der Freundschaft zwischen den dreien bot.

„Mir wäre es wirklich wichtig, dass meine Freundin und mein bester Freund sich vertragen", erklärte Peter.
„Ich werde es versuchen", antwortete Bob. „Wenn sie es auch tut", fügte er hinzu und ging dann zum Wagen. Peter schüttelte leicht den Kopf, über Bobs letzten Satz und wollte sich gerade hinter ihm auf den Weg machen, als sich die Leine in seinen Händen spannte und Buddy aufmerksam auf einen Busch in der Nähe starrte.

„Komm schon Buddy, wir müssen weiter. Oder musst du noch mal Gassi gehen?", fragte er den Hund, der nur kurz schnüffelte und sich dann von Peter in das Auto heben ließ.

Hinter dem Busch atmete Skinny laut aus und bemerkte erst jetzt, dass er das ganze belauschte Gespräch über die Luft angehalten hatte. Fast hätte ihn auch noch der blöde Köter entdeckt.
Die Katze in der Transportbox kratzte nun aufgeregt am Gitter und Skinny war nur froh, dass sie sich bis jetzt leise verhalten hatte. Und er hatte wirklich Schwein gehabt, dass Bob dem Schisser Shaw verboten hatte, das Fenster zu öffnen. Dann hätten sie nämlich gemerkt, dass es bereits offen war und Skinny hierüber seine Flucht vorgenommen hatte.

Skinny wunderte sich ein bisschen über Bobs Zuspruch und sein schlechtes Gewissen, darüber, dass er den Boss ausgerechnet auf ihn angesetzt hatte, meldete sich wieder. Er versuchte nicht daran zu denken und nahm sich vor, die Katze alsbald woanders einzuquartieren. Denn in einem hatte Bob Recht: Er war nicht dumm genug, diese weiterhin in seiner Wohnung unterzubringen.


Stan Silver ist der Name, den Skinny Bob verpasst, nachdem dieser in Folge 149 "Der namenlose Gegner", mal wieder sein Gedächtnis verloren hat. Unbedingt Hörenswert!

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