1 | Sommerparty


Es war der letzte Tag vor den Schulferien. Die Sonne schien warm vom kalifornischen Himmel und es waren nur vereinzelt ein paar weiße Wölkchen vor dem tiefen Blau zu sehen.

Peter war seit einigen Wochen mit Kelly Madigan zusammen und ihre Eltern, beide erfolgreiche Geschäftsleute, hatten den Garten des großen Hauses für eine Gartenparty herrichten lassen. Fast die gesamte Oberstufe der Rocky Beach High hatte sich hier versammelt, um den Abschluss des Schuljahres gebührend zu feiern und sich, wie Bob schnell feststellte, zu betrinken.

Er lag in Shorts und T-Shirt in einer der aufgestellten Liegestühle nahe dem Pool und beobachtete, mit einer kalten Coke in der Hand, das muntere Treiben. Kelly, ihre Freundin Elizabeth und der Rest der Cheerleading Mannschaft hatten sich knappe Bikinis angezogen und aalten sich in der Sonne, badeten ihre Füße im Pool oder flirteten mit den anwesenden Sportlern.
Diejenigen, denen es nicht vergönnt war, zur Oberschicht der Highschool zu gehören, badeten im Pool oder spielten Fußball auf der Wiese.

Justus hatte eine kluge Entscheidung getroffen, als Peter ihn gefragt hatte, ob er auch dabei sein würde: „Mein Bedürfnis, mich an einem heißen Tag unter Alkoholeinfluss in die pralle Sonne zu legen und angetrunkenen Halbpubertierenden dabei zuzusehen, wie sie ihr Revier markieren, nur um später damit angeben zu können, dabei gewesen zu sei, hält sich, angesichts der Aussicht es mir mit einem guten Buch im Schatten gemütlich zu machen und Tante Mathildas Kirschkuchen zu vertilgen, in Grenzen", hatte er nüchtern geantwortet und dabei nicht einmal Luft geholt.

„Ein einfaches ‚Nein danke' hätte auch gereicht", hatte Peter leicht genervt geantwortet.

Peter, der als Kellys Freund und Supersportler hohes Ansehen genoss, versammelte hier auf der Party gerade eine Schar Schüler um sich, die ihn anfeuerten von einer hohen Leiter aus in den Pool zu springen. Kelly ließ es sich derweil nicht nehmen, Peter immer wieder zu umarmen und zu küssen, um ‚ihr Revier zu markieren', wie Justus es so treffend beschrieben hatte.

Als Peter schließlich von seinen Mitschülern angespornt auf die wackelige Leiter kletterte, schüttelte Bob nur den Kopf: Was für eine dumme Idee. Peter stand nun ganz oben und streckte die Arme in den Himmel. Die kleine Menge grölte und auch die anderen Schüler schenkten ihm nun ihre Aufmerksamkeit.

„Lass es", rief Bob ihm halbherzig zu, aber Peter konnte ihn wahrscheinlich eh nicht hören. Während ihn die Menge noch anfeuerte, machte sich Peter bereit zu springen. Genau in dem Moment öffnete einer der Sportler, die ganz in der Nähe standen, sein Bier etwas zu unbeholfen und verschüttete einen Teil davon auf dem Kleid seiner Begleitung. Die sprang angewidert zur Seite, stieß gegen den Quarterback der Footballmannschaft, der sich wütend umdrehte und dabei mit seiner Schulter gegen die Leiter stieß, auf der Peter stand.

Die Leiter wankte und drohte Richtung Rasen zu fallen. Peter versuchte das Gleichgewicht zu halten, sprang im letzten Moment ab und traf nur knapp den Pool. Dort blieb er, regungslos und mit dem Gesicht nach unten blickend, auf der Wasseroberfläche liegen.

„Verdammt", rief Bob, sprang auf und hechtete ohne darüber nachzudenken kopfüber ins Wasser. In ein paar Zügen war er bei Peter, der bewusstlos an der Oberfläche schwamm.
Um sie herum standen die anderen Schüler und starrten, unfähig etwas zu unternehmen, auf die Szene. Bob zog Peter an den Beckenrand und zwei Jungen halfen ihn, aus dem Wasser zu hieven. Bob legte Peter auf den Rücken und zögerte keine Sekunde. Seine Lippen legten sich auf Peters und gaben ihm Luft. Nach vier Atemzügen kam Peter prustend und Wasser spuckend zu sich.

Ihre Mitschüler, die im Halbkreis um Peter und Bob am Pool gestanden und die Szene halb bangend, halb schaulustig beobachtet hatten, jubelten, als Peter erwachte. Kelly weinte und fiel ihrem Freund schluchzend und erleichtert um den Hals.
Bob fiel in diesem Moment ein Stein vom Herzen.
Es dauerte noch ein wenig, bis Peter realisiert hatte, was geschehen war.

„War ich weg?", fragte er noch immer leicht verwirrt. Bob nickte stumm. Hätte er sprechen müssen, hätte er wahrscheinlich kein Wort herausgebracht, so dick war der Kloß in seinem Hals. Die Vorstellung, Peter würde vielleicht nicht mehr aufwachen, hatte eine Welle von Gefühlen in ihm in Gang gesetzt.
Auf einmal drängten sich viele Schüler um Peter und wollten wissen, wie es ihm ging, ob er wirklich kurz Tod war und alle quasselten dabei aufgeregt durcheinander.

Bob stand mit zittrigen Knien auf und verließ ohne großes Aufsehen den Poolbereich. Als er außer Sichtweite war, konnte er seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Seine Hände zitternten und sein Herz raste. Er fühlte sich, als wäre er selbst gerade dem Tod nur knapp entronnen.

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