Missverständnis
Perspektive: Shoto Todoroki
Ich versuchte meine Augen zu öffnen, wenigstens ein wenig und blinzelte einige Male, um mich an das Licht im Raum zu gewöhnen.
Was ist gestern passiert? Wie bin ich in mein Bett gekommen? Wo ist Katsuki? Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, aber meine Fragen blieben vorerst unbeantwortet.
Ich stütze mich auf meinen Arm ab, um mich etwas zu erheben, durchsuchte den Raum nach meinem Handy und konnte es auf dem Boden neben meiner Hose ausfindig machen.
›Scheiße...‹, murmelte ich und zwang mich auf die Beine, mir war etwas schwindelig und beim Aufheben durchfuhr mich ein schmerzlicher Schauer, mein Schädel brummte.
Ich sah auf das Display, eine Nachricht von Izuku. „Ich hoffe, dir geht es inzwischen besser. Mein Shirt ist übrigens wieder sauber! ;)"
Ich überlegte, wie er das meinen könnte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen... Gestern war Katsukis Geburtstag und aus irgendeinem grünhaarigen Grund, hatte ich ziemlich viel getrunken. Obwohl ich das wohl nie getan hätte, wenn Katsuki nicht sauer auf mich gewesen wäre.
Seufzend ließ ich mich wieder auf das Bett fallen und dachte darüber nach, was gestern noch passiert war.
Ein Kuss... Ein Kuss mit Midoriya, ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Was noch? Ich schloss die Augen, dachte dann an die Abstellkammer... auf einmal schreckte ich hoch. Verdammt, ich hab ihn angekotzt. Scheiße, dachte ich.
„Es tut mir so leid Izuku! Ich habe zu viel getrunken.", schrieb ich ihm zurück und bekam sogleich eine Antwort. „Ja, das hast du, aber mach dir keine Sorgen!"
Ich konnte wirklich dankbar sein, das wir Freunde waren. Ich weiß, das Katsuki ihn nicht leiden konnte, aber er ist wirklich nicht übel... Ein weiterer Gedanke überkam mich...
„Hast du mich ins Bett gebracht?", tippte ich eine weitere Nachricht an den kleineren.
„Zusammen mit Momo, ja. Die meisten waren bereits zu betrunken gewesen oder gegangen."
„Danke, Midoriya."
Ich legte das Handy beiseite, er war nicht betrunken, also war er wohl gegangen... Ob er immer noch sauer auf mich ist? Ich beschloss erst einmal duschen zu gehen, danach würde ich Katsuki aufsuchen.
Als ich fertig war mit duschen und mir etwas Frisches angezogen hatte machte ich mich auf den Weg zu Katsukis Zimmer, zu meiner Überraschung konnte ich bereits von weitem sehen, dass seine Tür offen stand.
›Komm schon Bakubro, sei uns nicht böse! Der Abend war doch verdammt lustig‹, hörte ich eine bekannte Stimme und meine Vermutung bestätigte sich, als ich vor seiner Tür stehen blieb.
Eijiro wandte sich zu mir,
›Oi Shoto! Sag es ihm, es war ein guter Abend, oder? Er hat keinen Grund sauer zu sein‹, suchte er eine Bestätigung für unser Handeln gestern.
Ich überlegte einen kurzen Augenblick und sah zwischen den Beiden hin und her,
›J...Ja‹, stammelte ich unbeholfen.
›TCH, ICH HAB ALSO KEINEN GRUND SAUER ZU SEIN?!‹, schrie er und ich hatte das Gefühl, das es eher eine Frage an mich, als an uns Beide war.
›VERPISST EUCH<
Kirishima zog einen Schmollmund und seufze, er wusste wohl, das es besser war Katsuki jetzt seinen Freiraum zu geben. Er legte beim Gehen seine Hand auf meine Schulter,
›Lass ihn lieber‹, flüsterte er und lächelte mich einen Augenblick an, dann ging er.
Ich konnte ihn nicht einfach „lassen", er war längst nicht mehr sauer wegen der Party.
›Kac-‹, begann ich meinen Satz, wurde aber sofort unterbrochen,
›Ich hab gesagt, du sollst dich verpissen, bist du schwer von Begriff?‹, zischte er und kam auf mich zu, ich tat es ihm gleich, ich wollte nicht auf dem Flur streiten. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu, schloss mit einer Handbewegung die Tür. Er lief aber weiter, so dass ich wieder ein paar Schritte zurück machen musste, bis ich die Tür in meinem Rücken spürte. Er stand nun einige Zentimeter vor mir,
›Kacchan, bitte! Es tut mir leid, das ich dir nichts von der Party erzählt habe...Ich wollte einfach einen schönen Tag mit dir verbringen und den anderen ihren Spaß lassen‹, versuchte ich mich zu erklären, aber sein Blick blieb finster und ich konnte sehen, wie seine Hände zitterten.
›Tch...‹, er lachte einmal abfällig, dann wurde sein Blick fast Ausdruckslos,
›Scheinbar wolltest du genauso deinen Spaß, hm?‹
Ich blickte ihm in die Augen,
›Der Kuss war Teil des Spiels, i..ich habe das nicht gewollt und es hat mir auch nicht gefallen!‹, widersprach ich und biss mir auf die Unterlippe. Was passierte hier gerade?
›Es scheint dir genug gefallen zu haben, dass du mehr wolltest und jetzt verpiss dich, es ist vorbei‹, er ließ mir keine Zeit zu antworten oder zu reagieren, er zog mich am Handgelenk von der Tür und öffnete sie, dann schubste er mich einfach nach draußen, bevor er sie mir vor der Nase zuschlug.
Da stand ich, komplett überfordert und verwirrt.
Einige Minuten vergingen, in denen ich nur seine Tür anstarrte, er machte keine Witze. Er öffnete sie nicht noch einmal, seine Worte hallten immer wieder durch meinen Kopf „Es ist vorbei". Ich ballte die Faust, wie konnte es wegen eines Spiels so weit kommen? Wegen eines lächerlichen Kusses, der nichts zu bedeuten hatte?
Ich versuchte mich zusammenzureißen und ging zurück in mein Zimmer. Meine Füße trugen mich direkt zu meinem Schreibtisch, ich öffnete die Schublade und nahm den Brief für meine Mutter in die Hand. Ich überflog ein paar Zeilen...
„Ich habe es bisher niemanden erzählt und ich hoffe, das du dieses Geheimnis ebenfalls für dich behalten wirst. Ich möchte es vor allem Vater selbst erzählen. Jedoch ist es mir wichtig, das du es als Erstes erfährst. Ich bin schwul und ich habe einen festen Freund."
...Gedankenverloren zerriss ich das Stück Papier, immer und immer wieder, bis es sich nur noch um hunderte kleiner Fetzen handelte. Ich verbrannte die Reste mit meiner Quirk.
Ich musste mich jetzt irgendwie ablenken und beschloss den Aufenthaltsraum aufzusuchen. Eijiro und Denki saßen wie immer vor der Konsole, ansonsten war niemand hier. Die meisten schienen wohl ihren Kater auszuschlafen.
Seufzend betrat ich die Küche und machte mir eine Instant-Soba, als ich im Augenwinkel Katsuki an der Küche vorbeilaufen sah.
Da kamen auch die Gedanken zurück, seine Worte...
Liebte er mich wirklich, wenn er wegen so etwas alles beenden konnte?
Ich würde lieber darüber reden, soll er mich doch anschreien bis er heiser wird, aber...wieso muss er mich gleich verlassen? Ich spürte, wie eine warme Träne über meine Wange kullerte. Wann habe ich das letzte Mal geweint? Ich wischte sie mir mit den Handrücken weg, nahm mir meine Soba und verließ die Küche. Ein letzter Blick auf Katsuki, welcher sich zu den anderen aufs Sofa gesetzt hatte, verschlug mir den Atem. Er legte seinen Kopf auf die Schulter des Rothaarigen, schmiegte sich förmlich an ihn.
Der Griff um meine Soba wurde fester, wahrscheinlich konnte man meine Zähne knirschen hören.
„Ich liebe dich auch", seine Worte bevor gestern alles den Bach runterging... Mein Blick wich ab und ich machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer.
Perspektive: Katsuki Bakugo
›Alles wieder gut, Bro? Du bist uns nicht mehr böse, ja?!‹, freute sich Kirishima, als ich mich gegen seine Schulter lehnte und ihnen beim Spielen zusah. Er bekam jedoch nur ein Murren als Antwort. Als würde sich diese Wut einfach ablegen lassen.
Ich beugte mich nach vorne, um mir ebenfalls einen Controller zu nehmen und wir spielten einige Runden zusammen.
Ein paar Stunden später hörte ich, wie jemand die Treppen runterkam und in die Küche lief. Wir schalteten gerade den Fernseher aus und liefen in Richtung der Treppen, als ich Shoto in der Küche sah. Er packte sein Besteck in den Geschirrspüler und für eine Minisekunde trafen sich unsere Blicke.
›Eijiro, kommst du noch mit zu mir?‹, fragte ich den Rothaarigen, welcher ein paar Meter vor mir lief. Denki war bereits früher hochgegangen, daher bat sich diese Situation gerade sehr gut an.
›Klar!‹, strahlte er mich über seine Schulter an und auf einmal hörte man ein Scheppern in der Küche, als hätte jemand den Spüler zugeworfen.
Ich werde dir zeigen, was es heißt, verletzt zu werden...
Als wir die Treppen hochliefen, hörte ich Schritte, schnelle Schritte, die uns einholten. Er sah uns nicht an, sagte kein Wort. Todoroki lief einfach an uns vorbei, aber es fühlte sich an, als würde alles gefrieren.
In meinem Zimmer angekommen, schmiss sich Eijiro wie so oft einfach aufs Bett.
›Sag mal Katsuki, irgendwie ist Shoto heute noch ruhiger als sonst, oder?‹, er legte seinen Kopf schief und wartete auf eine Antwort. Ich saß auf meinem Schreibtischstuhl, zuckte mit den Schultern,
›Keine Ahnung, ist mir auch egal‹, ich zog mein Handy aus der Tasche und lenkte das Thema auf die kommende Schulwoche und schlug Kirishima vor, das wir doch wieder mehr Zeit miteinander verbringen könnten. Immerhin haben wir seit ich mit dem Halb/Halb-Bastard zusammen gekommen war kaum noch etwas zusammen gemacht. Er nickte und seine Augen glänzten bei der Idee vor Freude.
In den kommenden zwei Schulwochen wechselte ich kein einziges Wort mit Todoroki, aber ich behielt ihn permanent im Blick. Natürlich so unauffällig, wie möglich. Er schien sehr auf Abstand bedacht zu sein, er kam nicht mehr zur Pause, im Unterricht meldete er sich nicht mehr und nach der Schule verschwand er in seinem Zimmer.
Mein Plan schien also zu funktionieren. Ich hatte bereits am Montag nach meinem Geburtstag angefangen noch mehr Zeit mit Eijiro zu verbringen, als vor unserer Beziehung.
Wir gingen zusammen zur Schule, verbrachten die Pausen miteinander, im Unterricht schrieben wir sogar Nachrichten, dann liefen wir zusammen zurück zum Wohnhaus, machten unsere Hausaufgaben zusammen im Aufenthaltsraum und unternahmen danach etwas zusammen. Von Früh bis Spät, diese Kackfriese um mich herum. Das war teilweise wirklich anstrengend, aber mein Plan ging auf und das war das, was zählte. Kirishima sah es einfach als „Beste Freunde Zeit", also zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte ich mir...
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