Kapitel 6


Larena

Ausnahmsweise etwas besser gelaunt, ging ich den Weg bis zu der Kreuzung entlang, bei der ich jedes Mal auf Noel traf - so auch dieses Mal. Mit einem leichten Lächeln umarmte ich meinen besten Freund und war froh, dass der heutige Tag so gut begonnen hatte.

Ich konnte die letzte Nacht sehr gut schlafen, er plagte mich nicht in meinen Träumen, die blauen Augen erschienen nicht eine Sekunde in meinem Traum.

Ich hatte in der Nacht zwar ein eigenartiges Gefühl, als sei etwas oder jemand bei mir, als würde dieses etwas oder dieser jemand in meinem Bett liegen, direkt neben mir.

Doch so beängstigend es auch klang, war es dies nicht. Durch dieses Gefühl konnte ich wieder mit Frieden im Herzen einschlafen. Ich wusste nicht warum es so war, ich hinterfragte es auch erst gar nicht, schließlich hatte ich so gut geschlafen, wie schon lange nicht mehr.

Im ersten Moment war ich wirklich beunruhigt und wäre am liebsten schreiend in das Zimmer meiner Mutter gerannt, doch im nächsten Moment umhüllte mich eine wunderbare Wärme, eine Wärme die mich an Ort und Stelle hielt. Ich konnte und wollte mich nicht bewegen, lediglich hatte ich mich nur auf die rechte Seite gedreht, mit Blick aus dem Fenster. Ich hatte meine Augen geschlossen und war nach kurzer Zeit mit einem wohligen Seufzer eingeschlafen.

Am Morgen war ich dann aufgewacht und hatte mit großer Verwunderung festgestellt, dass ich durch geschlafen hatte. Es war für mich ein leichter Schock, schließlich war ich etliche Wochen mitten in der Nacht aufgestanden, nur dieses eine Mal nicht.

Im zweiten Moment konnte ich sagen, dass ich mich nur an die Dunkelheit erinnern konnte, keines Wegs an blaue Augen oder gar dieses herzerwärmende Lächeln.

Gücklichkeit, Erholsamkeit hatte ich in diesem Moment verspürt und dies hielt auch an, als ich Noel in die Augen blickte und ihm eine lange Umarmung gab.

Noel's Umarmungen waren etwas besonderes, bei Ihnen fühlte man sich geborgen und sicher, sie waren so gefühlvoll und sanft. Ich mochte nichts mehr, als seine Umarmungen, diese Zärtlichkeit.

Nachdem wir uns trennten, besah er mich mit einem verwunderten, aber dennoch einem erfreuten Lächeln.

>>Hat mein Quitscheentchen gut geschlafen oder warum siehst du heute so gut aus? Und vor allem, warum so fantastisch gelaunt?<<, fragte er mich und die Begeisterung in seiner Stimme war sehr hoch. Die Erleichterung konnte ich jedoch in seinen Augen sehen.

In diesem Moment taten mir meine Freunde und meine Familie leid, denn ich wusste, wie sehr sie mit mir unter diesen Träumen litten. Deswegen verheimlichte ich ihnen ab und an ein paar Details, damit sie sich nicht noch schlechter fühlten, als ohnehin schon.  Es war zu ihrem Schutz.

Oder tat ich es doch lieber für mich? War es nicht doch der Egoismus, der mich aufhielt Ihnen diese wenigen Details zu verraten? War es die Angst, als verrückt abgestempelt zu werden, sofern ich ihnen erzählen würde, dass ich seine Stimme im Park gehört hatte?

Ich wusste nicht genau, was mich davon abhielt, doch mein Bauchgefühl ließ es nicht zu, dass ich es ihnen beichtete.

Letztendlich schob ich alle Gedanken bei Seite und lächelte meinen Freund an, als ich merkte wie sein Lächeln so langsam, aber sicher zerfiel.

>>Ich habe wunderbar geschlafen! Und vor allem bin ich nicht in der Nacht aufgestanden! Ich weiß zwar nicht woran das lag, aber es könnte ruhig öfter vorkommen!<<, berichtete ich überglücklich, doch im selben Moment schrie es in meinem Inneren, dass ich eine Lügnerin sein.

Lügnerin! Du weißt, woran es lag! Du Verrückte hast es gespürt, du hast gespürt, dass er in diesem Moment bei dir war und deswegen konntest du einschlafen! Hör auf so viel zu lügen!

Erschrocken von den Worten meines Inneren weiteten sich meine Augen. Mit schreck stellte ich fest, dass meine Stimme recht hatte. Ich war teilweise wirklich eine Verrückte!

>>Ist alles okay, Laren?<<, fragte er mich bei meinem Spitznamen. Besorgnis umhüllt seine Augen, sie ließ ihn ein wenig älter wirken, da er dann immer seine Augenbrauen zusammen zog und sich falten bildeten an der Stirn.

>>Ja<<, brachte ich leise heraus. >>Alles ist gut, mir geht's bestens!<<, bestätigte ich nochmal mit fester Stimme und lächelte ihn nochmals an.

Dann packte ich mir seinen Arm und zog ihn fast schon mit mir zur Schule.

Vergessen waren die Gedanken und Stimmen in meinem Kopf. Vergessen waren meine sonst so fraglichen Träume. Vergessen war er.

An der Schule angekommen wartete schon Becca auf uns, welche wir kurz darauf in unsere Arme schlossen.

>>Heute fängt die Theater AG an! Und rate mal wer dabei ist!<<, sprudelte es aus ihr heraus, die Begeisterung hatte sie eingenommen und ihre Augen funkelten.

>>Wer denn?<<, fragte No, obwohl wir wussten, dass sie mich gefragt hatte und nicht ihn.

Aufgregt sah sie uns an und wurde rot um die Nase.

>>Ace<<, hauchte sie schüchtern. Ihre Augen sprühen vor Nervosität. Die Unsicherheit spiegelte sich in ihren Gesten wieder, als sie sich auf die Unterlippe biss und auf den Boden sah.

Ein kleines Grinsen schlich sich auf meine Lippen, denn ich kannte die Gefühle, die meine Freundin für diesen Jungen hegte. Es war die Nervosität der Liebe und die Unsicherheit des schnell schlagenden Herzens.

Meine beste Freundin war verliebt und das nicht gerade seit kurzem. Aber ich musste auch sagen, Ace sah nicht nur gut aus, er war auch sehr lieb und zuvorkommend.

Mit den Augenbrauen wackelnd ging ich Richtung Haupteingang und brachte Noel zum Lachen. Grinsend sah ich zu ihm und dann zu meiner Freundin, die vor Scham rote Wangen bekam.

Hach, die Liebe!, dachte ich mir nur grinsend.

Ich ging mit einem warmen und gleichzeitig doch so kalten Gefühl im Magen in das Gebäude und in meine Klasse.

Rebecca war ein wunderschönes Mädchen, sie war liebevoll und verrückt zugleich, sie war einzigartig und verdiente nur die schönste Liebe auf Erden. Sie hatte keine all zu schöne Vergangenheit, deswegen wünschte ich mir, dass man ihr viel Liebe gab. In diesem Fall, dass Ace ihr diese Menge von Liebe gab, denn ich wusste, dass er an ihr Interesse hatte. Jeder sah es, auch sie. Nur waren beide zu schüchtern, jedoch einmischen wollte sich niemand. Die Liebe brauchte seine Zeit, sie fand ihren Weg, egal wie lange sie brauchte.

Noel war die Liebe zu diesem Zeitpunkt egal, denn zuerst wollte er die Schule zu Ende bringen. Er wollte einen klaren Kopf haben und da passte die Liebe nicht in seinem Plan. Doch ich hatte ihm schon so oft gesagt, dass man die Liebe nicht planen konnte und diese kommen würde, wann es ihr am besten passte. Die Liebe gab keine Acht auf uns, sie spielte ihr eigenes Spiel.

Liebe.

Ja, die Liebe spielte ihr eigenes Spiel, hatte ihre eigenen Regeln. Regeln, die wir nicht kannten und doch an uns ran ließen. Regeln, die uns den Weg zeigten und alles bestimmten.

Die Liebe war erbarmungslos, sie fand immer ihr Ziel.

Das Ziel des Herzens und des Lebens.

Sie fand alle Herzen, selbst das kältesten aller Herzen.

Mit Feuer in der Lunge versuchte ich tief Luft zu holen, doch hatte ich das Gefühl, dass mich das Freuer meiner Gedanken ersticken ließ. Der Rauch, der durch die Flammen meiner Gedanken entstanden war, ließ mich nicht klar sehen, lies mich nicht atmen.

Doch dieser Rauch, so dicht und dunkel, verschwand immer mehr, als Noel seinen Arm um meine Schultern legte und Becca meine Hand packte und wie ein Wasserfall zu plappern anfing.

In diesem Moment wurde mir klar, dass sie mich immer aus den Flammen des Lebens retten würden. So wie sie es schon immer getan hatten.

Ich besah mir die beiden Menschen - die Eine an meiner linken Seite und der Andere an meiner rechten Seite - an und konnte nur vor Glückseligkeit lächeln. Sie retteten mich, ohne es zu wissen. Sie Taten nichts und doch viel zu viel und dies könnte ich ihnen niemals zurück geben.

>>Ich liebe euch!<<, ein flüstern entkam aus meiner Kehle, diese drei wundervollen Worte aus ihr entstehend.

Verwundert sahen sie mich an, dies konnte ich aus dem Augenwinkel sehen.

Doch sagen tat ich nichts, lief weiter und genoss diese stille Liebe.

Die Liebe der Freundschaft und des Lebens.

Denn das Leben hatte verschieden Arten zu lieben. Dies war eine Art und diese wollte ich mit all meinen Fasern genießen, bevor sie je verging oder mich eine andere Liebe einholen sollte.

Die Lieben des Lebens waren wundervoll, doch auch grauenvoll.

So voller Licht und Dunkelheit.

So dunkel wie die Liebe zu dem Jungen meiner Träume.

Diese Liebe war dunkel, sie war zum fürchten. Sie war gefährlich und erbarmungslos. Und doch war es die Liebe. Eine Liebe. Die Liebe, die ich auch, wenn sie so grauenvoll war, verspüren wollte.

Doch zuerst kam die Liebe meiner Freunde, die Liebe voller Licht. Die Liebe am Ende des dunklen Tunnels.

Wärme umspielte mein geschundenes Herz und ich genoss alle kleinen Momente, denn etwas sagte mir, dass ich diese Liebe genießen sollte, genießen, bevor es zu spät war.

Bevor es zu spät war zu lieben.

Bevor es zu spät war zu leben.

Bevor es zu spät war für alles.

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