Kapitel 5


Larena

Leise schlich ich mich aus meinem Zimmer und lief die Treppen des Hauses nach unten. Es herrschte Stille, weshalb ich versuchte keinen Ton von mir zu geben oder gar irgendwelche Geräusche zu verurasachen.

An der Haustüre angekommen zog ich mir rasch meine Schuhe an und nahm mir meine Schlüssel. Kurz darauf verließ ich das Haus und trat in die tiefe Schwärze der Nacht ein. Eine frische Briese wehte mir um die Haare und ich seufzte wohlig auf.

Lagsam entfernte ich mich meinem Zuhause, ich musste mal den Kopf frei bekommen. Die halbe Nacht hatte ich wach im Bett gelegen und hatte die Decke angestarrt, bekam kein Auge zu. Zu viele Gedanken hatten mich gefangen genommen.

Nach einer Weile des Laufens blieb ich stehen, sah mich um und stellte fest, dass ich an einem Park angekommen war, bei welchem ich in meiner Kinderheit gerne Zeit verbracht hatte. Mit schweren Schritten lief ich auf die Schaukel zu, die es hier gab.

Damals hatten sich Becca und ich uns um die Schaukel gestritten, beide wollten wir immer so schnell wie möglich wieder auf die Schaukel und das damalige, kindliche Kribbeln im Bauch genießen, welches wir bekamen, wenn wir hoch in die Luft wirbelten.

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wie sehr ich diese Zeiten doch vermisste.

Warum konnte ich nicht wieder Kind sein?

Seufzend auf Grund dieses Gedankens, nahm ich bisschen schwung und lies mich von der Schwerkraft dann hin und her schaukeln.

Plötzlich legte sich eine unsichtbare, aber dennoch schwere Last auf meine Schultern. Diese Last, so unerträglich schwer, zwang mich in die Tiefe. Sie ließ mich micht mehr los.

Mein Blick richtete sich gen Himmel, wollte die Sterne ein wenig betrachten und hoffte darauf, dass diese Last ein wenig von meinen Schultern rutschte. Es war absurt, doch ich hatte das Gefühl, dass diese Last deutlich schwerer wurde, mich weiter in die Tiefe ziehen wollte.

Mit brennenden Augen betrachtete ich den dunklen Himmel, mit seinen leuchtenden kleinen Punkten.

Träge schloss ich meine Augen und plötzlich tauchten seine Augen wieder vor meinem inneren Auge auf. Ein ziehen in der Brust, als ich sein wunderschönes Lächeln vor meinen Augen sah.

Wer war er nur? Was tat er nur mit mir? Was wollte er von mir? Was sollten diese Träume nur bedeuten?

Nun mit nicht mehr brennenden Augen, sondern mit brennendem Herzen, liefen mir die ersten Tränen über die Wangen. Heiße, schmerzvolle Tränen.

Es war alles so kompliziert, es war so paradox.

Wie konnte ich einen Jungen in meinen Träumen sehen, den ich weder bei Namen, noch von der Person her kannte? Was wollte mein Unterbewusstsein mir damit sagen?

Dass ich ihn vielleicht kannte, aber ihn vergessen hatte?

Vielleicht aber auch stammte er aus einem früheren Leben und ich war diese Person im früheren Leben?

Diesen Gedanken verwaft ich jedoch schnell, schließlich reagierte mein Körper in meinen Träumen ganz anders auf ihn. Es war merkwürdig, doch es fühlte sich an, als kenne ich diese Person und weit mehr als nur kennen, eher als würde da so viel mehr zwischen uns sein.

Das jedoch konnte nicht sein, es gab keinerlei verbing zwischen uns, außer diese Träume.

Ob es ihn wirklich gab? Wenn ja, hatte er dann auch solche Träume? Machten sie ihn auch so verrückt? Dachte er auch gerade an das selbe, wie ich? War er genauso kaputt, wie ich? So müde von den Träumen und des Lebens?

Fragen um Fragen, doch keinerlei Antwort in Sicht.

>>Larena<<, hörte ich es plötzlich flüstern.

Verwundert und leicht verwirrt öffneten sich sofort meine Augen und ich sah mich um. Die Tränen waren vergessen und die Last auf meinen Schulter war, wie weggeblasen.

Es war dunkel und hier war niemand zu sehen. Es war niemand hier, außer mir.

Doch woher kam dann diese Stimme? Hatte ich sie mir vielleicht nur eingebildet? Spielte mein Verstand nun völlig verrückt?

>>Larena<<, flüsterte es ein weiteres Mal, dieses Mal ein wenig lauter.

Ich stockte.

Was war hier los?

Ängstlich sah ich mich um.

War doch jemand hier? Und woher kannte die Person meinen Namen? Was war hier los? Wem gehörte diese Stimme?

Panik überkam mich, die Angst zog an meinem Körper. Schnell stand ich auf, blieb jedoch wie erstarrt stehen, als die Stimme wieder ertönte. Die Angst saß tief, sie nistete sich in meine Knochen ein und lähmte mich. Mein Herz raste, ich konnte es in meinen Ohren pulsieren hören.

>>Larena, bitte verlass mich nicht!<<

Geschockt weiteren sich meine Augen. Das konnte doch nicht sein.

Es war seine Stimme. Die des Jungen, die ich bei meinem letzten Traum schon gehört hatte. Doch dieses Mal war sie voller Trauer und Leid und so viel deutlicher. Der Schmerz, der die Stimme umspielte, klammerte sich an mich und für kurze Zeit raubte sie mir den Atem.

Was war denn los? Warum sprühte seine Stimme diesen Schmerz aus? Was musste er erlebt haben, um ein solches Leid zu erfahren? Und woher kannte er meinen Namen? Was hatte ich mit seinem Schmerz zutun? Warum sollte ich ihn nicht verlassen? Ich kannte ihn doch gar nicht!

Meine Gedankengänge ließen mich Kopfschmerzen bekommen, es waren zu viele Fragen.

Doch die wohl größte Frage, die ich mir stellte war, wie sowas möglich sein konnte.

Erst sah ich ihn in meinen Träumen und nun hörte ich seine Stimme?

War das wieder ein Traum?

Es konnte sich nur um einen Traum handeln, anders konnte ich es mir nicht erklären.

Doch so sehr ich es auch wollte, ich war mir dieses Mal wirklich sicher, dass es kein Traum war.

Ich konnte es nicht wirklich erklären, doch ich fühlte mich der Realität zu nah, es war die Wirklichkeit. Ich spürte es bei Leib und Seele.

Es war kein Traum, dessen war ich mir bewusst und dies machte mir wirklich Angst.

Doch wurde ich dann verrückt? Hatten mir die unzähligen Träume nun auch den Verstand geraubt? Bekam ich jetzt - durch den viel zu hohen Schlafmangel - Halluzinationen?

Ausschließen konnte ich es zumindest nicht, das würde wahrscheinlich jeder denken, wenn ich ihm das erzählen würde.

So bizarr die Situation auch war, so besonders war sie zugleich. Es war eigenartig und doch so faszinierend zugleich.

Ich fühlte mich in diesem Moment nicht verrückt, nicht als hätte ich meinen Verstand nicht verloren. Im Gegenteil, denn komischerweise umhüllte mich eine Wärme, eine angenehme Wärme.

Ich fühlte mich so wohl, wie schon lange nicht mehr.

Ob das an seiner Stimme lag? Vermutlich.

Mit einem kleinen Lächeln setzte ich einen Fuß vor, plötzlich war alles ganz anders, alles fühlte sich plötzlich so leicht und einfach an. Woher diese Gefühle kamen war mir ein Rätsel, aber konnte ich es nicht abstreiten, dass es sich gut anfühlte.

Diese Schritte fühlten sich nicht an, als würde ich zu dem Haus gehen, dass sich mein Zuhause nannte. Es fühlte sich an, als würden die Schritte in die richtige Richtung gehen, als hätten sie ein Ziel.

Das Ziel diesen Menschen nicht zu verlassen, ihn nicht gehen zu lassen, egal was geschah.

Es war so befremdlich, doch auch so gewohnt, ich wusste einzig und allein nicht, warum dies so war. Doch bei seiner Stimme, da war plötzliche alles vergessen und ich fühlte mich ihr hingezogen.

Mein Herz sprach dann die Sprache der Liebe, obwohl alles nur eine Illusion war.

Es war alles eine Illusion.

Es war Real.

Es war meine Welt der zeitgleichen Illusion und der Realität, der Liebe und des Schmerzes, der Gedanken und der Stille.

Gedanken die viele Fragen mit sich brachten und eine Stille, die niemals darauf antworten würde.

In diesem Moment konnte mich jeder wahnsinnig nennen, geisteskrank oder psychisch krank, doch es würde sich nichts daran ändern, dass momentan alles so lief, wie es lief.

Es war in diesem Moment alles außergewöhnlich, ich wusste nicht ob jemand all das verstehen könnte, wenn ich es erzählen würde. Doch wollte ich es überhaupt jemanden erzählen? Sollte ich es? Ich war mir nicht sicher.

Aber bei einem war ich mir sicher, ich würde so schnell nicht von diesen blauen Augen weg kommen und ich hatte das Gefühl, dass es in nicht all zu ferner Zukunft zu einem Wiedersehen kommen würde.

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