Kapitel 4
Damian
Frustriert fuhr ich mir durch die braunen Haare, ich hätte in dem Moment schreien und alles kaputt schlagen können.
Wir hatten gerade unsere Klausur in Chemie zurück bekommen und ich hatte eine sechs darauf bekommen.
Ich hatte so viel gelernt für diese Klausur, hatte bis in die Nacht gelernt, nur um diese Klausur nicht zu vermasseln!
Doch dieses fette, rote "F", war nicht zu übersehen, es war der Blickfang auf diesem Stück Papier.
Es war alles nur ihre Schuld! Alleine ihre Schuld! Wäre sie nicht andauernd in meinen Gedanken, dann hätte ich dieses Thema von Anfang an verstanden und ich hätte im Unterricht mehr aufgepasst, was nicht zu dieser schlechten Note geführt hätte.
Ich schloss gequält meine Augen und fuhr mir mit der rechten Hand durch mein Gesicht.
>>Meine Mutter wird mich umbringen! Sie wird mir das Leben zur Hölle machen, wenn sie davon erfährt!<<, gab ich gequält, aber dennoch leise von mir.
Base, den ich immer Babe nannte, sah mich mit seinen dunkelbraunen, fast schon schwarzen Augen mitfühlend an. Er wusste, wie sehr mich diese Note momentan fertig machte, mehr die Situation, als die Note.
Müde von der ganzen Anstrengung sank ich weiter in meinem Stuhl zusammen und ließ diese Stunde einfach über mich ergehen.
Nachdem der Unterricht für mich heute vorbei war - es hat sich heute alles gefühlt in die Länge gezogen - lief ich raus auf den Parkplatz. Dort wartete ich kurz auf Base, der nicht lange auf sich warten ließ.
Seufzend öffnete ich die Tür und stieg ein. Als wir beide saßen startete ich das Auto und fuhr los. Base würde mit zu mir nach Hause kommen, denn wir wussten beide, wenn er mit kommen würde, dann würde ich auch nicht so viel Ärger bekommen.
Bei mir angekommen klopfte er mir einmal beruhigend auf die Schulter, sah mich dabei mit einem aufmunterndem Grinsen an. Doch es half nichts, ich hatte einfach keine Lust mehr auf irgendetwas, mein Laune war nach der Rückgabe der Klausur im Keller.
Ich war nicht wirklich scharf darauf eine Standpauke von meiner Mutter zu bekommen, weshalb ich langsamer fuhr, als sonst. Sie würde mir die Hölle heiß machen, das wusste ich, schließlich war ich in meinem Abschlussjahr.
Nachdem wir dann doch bei mir Zuhause angekommen waren, stiegen wir aus und gingen rein. Wir zogen schnell unsere Schuhe und Jacken aus, Base legte seine Tasche in den Flur, wobei ich meine kurz in mein Zimmer brachte und das Stück Papier, welches benotet wurde, raus nahm.
Als ich wieder runter lief, sah ich meinen besten Freund am Ende der Treppe, er deutete auf die Küche und formte mit seinen Lippen, dass sie sich in diesem Raum befinde.
Ich wollte da nicht rein, denn ich wusste, wenn sie mir diese Standpauke geben würde, dann würde sich alles verschlimmern.
Nicht das Verhältniss zwischen uns, aber die Gedanken in meinem Kopf. Meine Dämonen würden mir dann keine Ruhe mehr geben.
Doch dem musste ich mich stellen, weshalb ich einmal tief durchatmete und mir innerlich bisschen Mut zusprach.
Es wird bestimmt alles gut ausgehen!, belog ich mich selber.
Ha! Genau, alles gut gehen! Es wird nie wieder etwas gut gehen! Nie wieder!
Mit angespannten Schulten betraten wir - Base mit einem kleinen Abstand hinter mir - die Küche. Meine Mutter stand gerade am Herd und war dabei etwas zu kochen. Sie sah so niedlich dabei aus, dass man gar nicht daran denken konnte, dass diese Frau auch manchmal zur Furie werden konnte.
Nicht im bösen Sinne eine Furie, ich liebte meine Mutter, sie war der Mittelpunkt meines Lebens, so wie ich ihrer. Sie war die einzige, die mich immer ohne Worte verstand, die sich um mich sorgte und immer für mich da war. Base zwar auch, aber er war nicht von Anfang an da und war auch auch nicht meine Mutter, denn meine Mutter war einzigartig und unersetzbar.
Meine negativen Gedanken waren wie weggeblasen, als ich sie dort stehen sah. Ich hatte momentan nur meine Mutter. Mein Vater war 2 Jahre nach meiner Geburt gestorben und mein älterer Bruder besuchte momentan ein College, welches etwas weiter weg war, als dass er uns wöchentlich besuchen konnte.
Lächelnd lief ich auf meine Mutter zu und gab ihr einen Kuss auf ihren Kopf. Sie war relativ groß, 1,75 Meter schätzte ich. Manchmal ärgerte es sie, dass ich größer war als sie, schließlich war ich ihr Baby und sie wollte am liebsten, dass ich für immer das kleine Baby blieb, welches das erste Mal lachend zu ihr 'Mam' gesagt hatte.
Erschrocken drehte sie sich um, doch als sie mich erblickte wurden ihre Gesichtszüge wieder weicher, doch nur für einen kurzen Moment. Als sie sich wieder fing, sah sie mich aus ihren grünen Augen wütend an. Mahnend hob sie ihren Kochlöffel, ihre Augen hatte sie zu Schlitzen geformt - sie hoffte immer darauf, dass sie dadurch bedrohlicher wirkte, doch ich wollte ihr Weltblid nicht kaputt machen, so verkinff ich mir nur schwer ein Lachen und biss mir auf die Unterlippe.
>>Wage es nicht noch einmal mich so zu erschrecken! Was fällt dir überhaupt ein, dich so an mich zu schleichen und mich dermaßen zu erschrecken? Irgendwann bekomme ich noch einen Herzinfarkt!<<, während sie sich in Rage redete, fuchtelte sie mit dem Kochlöffel vor meiner Nase rum.
Dies war der Moment, in dem ich nicht anders konnte, als mit Base in schallendes Gelächter zu verfallen. Dies schien meiner Mutter nicht ganz so zu gefallen, dennoch wurden ihre Gesichtszüge weicher, wenn nicht sogar liebevoll. Mit einem Kopfschütteln drehte sie sich zu meinem Kindheitsfreund, begrüßte diesen und wante sich dann wieder ihrem Essen zu.
Nachdem wir uns beruhigt hatten, sah ich zu Base, er besah mich mit einem bedeuten Blick - dieser sollte so viel heißen, wie "Na los, jetzt sag es ihr schon" - dabei deutete er auf dieses Stück Papier, welches in meiner Hand lag.
Kurz sah ich zu dem Stück Papier, ich wusste alles würde sich verändern und dennoch musste ich das nun hinter mich bringen. Nach einem aufmunternden Blick Base', widmete ich mich wieder meiner Mutter.
>>Du, Mom<<, fing ich leise an, ich fühlte mich so unsicher. In diesem Moment vefluchte ich mich, wie konnte ich sie nur andauernd so enttäuschen?
Die Wut in mir, der Hass, der nur mir galt, wuchs rasant. Ich wusste mittlerweile nicht mehr die genaue Größe dieser Gefühle, die in mir hafteten, doch ich wusste, dass sie nicht klein waren, nein sogar im Gegensatz. Ich wusste, dass sie Größer waren, als sich sonst irgendwer erahnen konnte.
>>Ja, mein Schatz?<<, fragte sie. Ihre Stimme hatte einen Unterton, als hätte sie eine Vorahnung, dass jetzt etwas nicht ganz so schönes auf sie zu kommen würde. Doch da mussten wir beide jetzt durch, schließlich brauchte ich eine Unterschrift auf diesem unsinnigen Ding, anderseits wollte ich ihr nichts verheimlichen. Nichts, außer meine Gefühle, es war zu ihrem Schutz, es war besser so.
Tief atmete ich ein und nachdem sie sich wieder zu mir gedreht hatte, so drückte ich ihr gleich die Klausur in die Hand.
Verwirrt sah sie mich an, doch als sie auf das Blatt sah, verdunkelte sich dieses Grün in ihren Augen. Normalerweise hatte meine Mutter helle Augen, ein wunderschönes Grün, dass an eine Wiese erinnerte, doch sobald sie negative Gefühle hatte, so wurden sie je nach Gefühlsregung ein ticken dunkler. Es war faszinierend und doch irgendwie beängstigend.
Ich biss mir unsicher auf meine Unterlippe, meine Hände schwitzten, weshalb ich sie an meiner Jenas abtrocknete. Mein Atem ging ein wenig schneller, es fühlte sich an wie Ewigkeiten, eine Ewigkeit, aus der ich nie wieder entfliehen konnte. Das rasende Klopfen meines Herzens machte mich verrückt, es half mir keines Wegs mich zu beruhigen.
Kurz schloss ich meine Augen und machte mich auf das Gesagte meiner Mutter gefasst, welches auch im nächsten Moment kam.
>>Ist das dein Ernst, Damian? Eine sechs? Wie konnte das passieren? Du saßt doch die ganze Zeit in deinem Zimmer und hast ununterbrochen gelernt, also wie hast du es geschafft diese sechs zu schreiben? Was ist nur los mit dir? Es ist dein letztes Jahr, das ist wichtig! Ich sage das nicht für mich, sondern für dich, denn ich will dass es dir in deiner Zukunft an nichts fehlt! Konzentrier dich auf die Schule, mehr verlange ich doch nicht von dir! Ist das wirklich zu viel verlangt?<<
Mit einem verzweifelten Seufzen nahm sie sich einen Kulli aus einer der Schubladen und unterschrieb mir die Arbeit. Nachdem sie mir diese wiedergegeben hatte, bat sie uns unsere Hände zu waschen und dann den Tisch zu decken.
Du hast deine Mutter enttäuscht! Wieder hast du es zugelassen, dass sie negative Gefühle bekommt! Du bist so ein schlechter Sohn! Du kannst gar nichts!
Mein schlechtes Gewissen meldete sich, sie wollte doch nur das Beste für mich und schon wieder hatte ich sie enttäuscht. Was war ich nur für ein Sohn? Ein schlechter!
Wieso konnte ich nichts richtig machen?
Meine Gedanken quälten mich in diesem Moment, ihr Blick jedoch brachte mich um.
>>Mom<<, flüsterte ich, aus Angst, wenn ich meine Stimme erhöhen würde, würde ich ihr auch noch den letzten Nerv nehmen.
Ich hatte sie die letzten Monate ihrer Nerven beraubt, es tat mir unheimlich leid für sie. Doch meine Dämonen ließen mir keine Ruhe, sie sprachen auf mich ein, sie ließen mich nicht in Ruhe und vor allem ließen sie all den Schmerz nicht vergehen.
Meine Dämonen würden mein Untergang sein, das wusste ich.
Deshalb packte ich meine Mutter von hinten und drückte ihren Körper gegen meinen, ich schlang meine Arme um ihren zierlichen Körper und vergrub kindlich mein Gesicht gegen ihr Hals. Sie roch nach Zuhause, nach wunderbarer Liebe. Ich wusste nicht, wie man Liebe als Geruch definieren konnte, doch für mich war ihr Eigengeruch pure Liebe.
>>Es tut mir leid<<, murmelte ich reuevoll und mein schlechtes Gewissen brachte mich um. Es zeriss mich, dass ich ein solch schlechter Sohn war.
Egal, wie sehr du dich entschuldigst, es wird die Zeit nicht zurück drehen! Es wird nicht ungeschehen machen, dass du ein schlechter Sohn bist! Ein schlechter Mensch!
>>Ist schon gut, mein Junge. Ich habe auch überreagiert, das hatte nicht sein dürfen. Ich weiß doch, was du alles durch machst, da brauchst du auch keine Ansage von mir, wie du deine Sachen zu erledigen hast und dass du dich auf die Schule zu konzentrieren hast.<<
Liebevoll blickte sie mich an und Strich mir über meine linke Wange. Kindsein, so fühle ich mich gerade. Ihre Geste, ihr Lächeln, ihre strahlenden Augen, ich fühlte mich in diesem Moment wie ein Kind, wie ihr kleines Kind, weches ich einst war.
Kindsein, das wollte ich wieder sein.
Nur für einen Moment Kind sein und alles andere vergessen, sie vergessen.
Für einen Moment Kindsein und meinen Dämonen entkommen.
Das war alles, was ich wollte, aber nie bekommen würde.
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