Kapitel 20 - James

Es war reiner Impuls, der ihn vor die Studenten trieb. Er wollte, also tat er. Rhyllis würde durchdrehen, wenn sie davon windbekommen würde. Ihn ans Bett ketten und den nächstbesten Exorzisten herbestellen.

James war nicht gerade dafür bekannt seinen Launen nachzugeben. Den Part überließ er seinen Partnern. Ob Theo oder Rhyllis, egal wer neben wem er stand, er fungierte immer als Gewissen. Er war, so klischeehaft es auch klang, die Kontrolle zu ihrem Verlangen. Das hier sah ihm überhaupt nicht ähnlich.

Das mit dem Professor, das er den ausgeknockt hat, auch nicht so wirklich. Doch das war ja nicht er gewesen, viel mehr ein alter Gast in seinem Kopf. Davon durfte er Rhyllis auch nichts wissen lassen. Diese extra Persönlichkeit, diesen Schatten, dieser Instinkt, der sich über ihn legte, wenn er zu genervt, wütend, traurig oder fröhlich wurde, war sein Laster, der ihm durch Kontrolles Tod auferlegt wurde. Zumindest der Größte.

Ihr Tod war seine Verdammnis. In vielerlei Hinsicht wirklich.

Der Unterricht lief nach dem loswerden des Professors großartig. Die Studenten passten auf und binnen fünfzehn Minuten entwickelte sich eine prächtige Diskussionsrunde.

"Was ist so eigentlich so schlimm an Poseidon?" Es war als hätte die Frage den Damm gebrochen. Frage nach Frage sprang durch den Raum.

Die Antwort zur ersten war wohl am simpelsten: Nichts. Nur weil Kontrolle ihn nicht mag, macht ihn das noch lange nicht zum Arsch der Truppe. Er ist ein Halbgott genauso wie sie. Differenzen kommen da schon einmal vor. Wir sollten nie nur anhand der Meinung eines einzelnen entscheiden. Egal, wie sehr wir die Person verehren.

Es lief alles super und dann machte Luis denn Mund auf. Das Blut in seinen Adern gefror, als die ersten Silben Luis Lippen überkam

"Das Gerücht über einen dreizehnten Halbgott, wieviel steckt da dahinter?"

Stille. In dem Moment hätte man eine Stecknadel fallen gehört. Ein Lächeln legte sich auf James' Mund.

"Ein dreizehnter Halbgott? Schematisch zumindest sehr unpassend. Wer sollte dafür überhaupt in Frage kommen? So etwas ist nicht gerade leicht unter Dach und Fach zu halten."

Luis lehnte sich leicht nach vorne, die Hände ineinander gefaltet. "Willst du wirklich, dass ich das laut sage?"

James verdrehte fast seine Augen. Sie wussten doch beide, dass das nichts zur Sache tat. Luis sprach das Thema mit Absicht hier an. Es war eine strategische Entscheidung, eine die James respektieren konnte. Er hätte es an seiner Stelle genauso gemacht. Keine Chance sich rauszuwieseln.

"Lass mich raten", sagte er deshalb. "Du redest von..."

"Dir."

"Mir?", kam es gleichzeitig aus ihren Kehlen.

Luis nickte. "Ja."

"Nun dann." James setzte sich auf das Lehrerpult und ließ seine Füße baumeln. "Lasst mich etwas aufklären. Mein Name ist James Monroe und meine Mutter Angelina Monroe ist die Direktorin dieser Universität. Sie steht gerne im Rampenlicht und während es stimmt, dass sie Death mehrmals getroffen hat, war das erst nach meiner Geburt. Der einzige Grund warum ich manchen vielleicht mächtiger und würdig des Titels 'Halbgott' erscheine, ist das ich nie Pause mache. Ich verwende meine Magie rund um die Uhr, klar ist sie gut."

Ja, Luis ist gut. Seine Strategie ist solide. Doch James war besser. Politik war seine Kindheit. Angelina hatte ihn von klein auf, ihre besten Kniffe gelehrt.

"Verschwörungstheorien", setzte er fort, "sind in unserem Metier gang und gebe. Kontrolle lebt noch, sie hatte was mit Verlangen, Death ist discorporiert worden. Gibt es einen dreizehnten Halbgott, bin ich es? Keine Ahnung. Ich werde euch nicht sagen, was ihr denken sollt, aber Luis, du solltest wissen, dass Meira, deine Liebe Nachhilfelehrerin gerne solche Geschichtlein in die Welt setzt. Insbesondere wenn es mich betrifft. Sie kann mich nicht sonderlich gut leiden, glaubt ich hatte was mit ihrer Freundin."

Und so leicht war das Gerücht ausgemerzt. James konnte es klar erkennen. Die Studenten kauften ihm jedes Wort ab. In ihren Augen war Meira Eifersüchtig und Luis naiv. Luis jedoch...- James war klar, dass er nach dem Unterricht noch mit ihm reden müssen würde.

Und so kam es auch. Keiner von ihnen regte sich, während die anderen Studenten den Saal verließen. Luis erhob sich erst, als sie vollkommen allein waren, minus Shuffelbottom halt, aber der bekam sowieso nichts mit. Er begab sich zum Ausgang, doch anstatt zu verschwinden, schloss er die Tür. Das Klicken des Schlosses war  kurz das einzige Geräusch zwischen ihnen. Dann näherte er sich ihm.

Er schritt förmlich schon. Seine Schritte waren elegant, kontrolliert und in einem feinen Takt gesetzt. Pures Selbstvertrauen ging von ihm aus und sein Herz bestätigte es. Ruhig schlug es im gleichmäßigen Takt. Vielleicht war es etwas schräg, dass er lauschte, doch seitdem er seinen Herzschlag das erste Mal angepeilt hatte, schien er eine Affinität dafür entwickelt zu haben. Zumindest in einem gewissen Radius.

Er stieg über Shuffelbottom, als wäre er nur ein weiterer Bleistift am Boden. James beobachtete ihn von seinem Platz auf dem Lehrerpult aus.

"Ist er tot?", fragte er. Sein Ton klang nicht sonderlich als würde es ihn kümmern, falls ja.

James schüttelte den Kopf. "Nein, ist er nicht. Ein paar seiner Nerven können momentan einfach keine Befehle ans Gehirn weiterleiten."

Also müssen wir keine Leiche entfernen. Luis Gedanke streifte leicht gegen James' Bewusstsein. Seine Bereitwilligkeit war irgendwie attraktiv. Vielleicht würde er sich doch die Zeit nehmen, um Luis in sein Bett zu bekommen. Was könnte es schon schaden und ganz ehrlich, wie schwer könnte es schon sein?

"Du kannst ihn nicht leiden."

"Nein", bestätigte James, "überhaupt nicht. Angelina engagierte ihn nach einem Streit. Sie wusste, ich kann ihn nicht leiden."

Luis blick wanderte zurück zu seinem Körper. Ein leichtes Grinsen zog an seinen Lippen. "Er ist schon irgendwie ein Arsch. Seine Fakten waren total durcheinander. Ich meine, Olivia und Valerie?" Er lachte und auch James stimmte mit ein. "Keine Chance."

Aber sie kamen vom Thema ab.

"Warum bist du geblieben?", fragte James. "Das letzte Mal als sich jemand mit mir eingeschlossen hat, war...- sagen wir einfach der Motivator war nicht gerade unschuldig."

"Ich werde nicht mit dir schlafen, falls du darauf anspielst."

Und ja, James hatte schon damit gerechnet. Trotzdem Schade. Sex im Klassenzimmer war schon immer geil - Rhyllis konnts bestätigen - und ganz ehrlich, mit so einer frechen Zunge? James glaubte nicht, dass Luis sich allzu schlecht anstellen würde. Und selbst wenn, James war ein ausgezeichneter Lehrer. Man musste sich nur Theo anschauen. Viele Tricks hatte er vor ihm nicht gerade gekannt.

"Du hast vorhin gelogen. Indirekt", fügte er hinzu, als James unterbrechen wollte. Er machte einen Schritt nach vorne und stellte sich zwischen seine Füße. Der Tisch brachte sie so ziemlich auf gleiche Augenhöhe. "Keine Lügen mehr. Keine Andeutungen. Ich will die Wahrheit hören. Ein klares 'Nein' sollte es den wahr sein."

Okay. In Ordnung. James beugte sich nach vor, bis er Luis direkt in die Augen blickte.

"Der Tod hat kein dreizehntes Kind und wenn dann wäre es unmöglich ich."

Luis schluckte. "Also bist du nicht Kontrolles Ersatz?"

James könnte lachen. Er war vieles und trug doppelt so viele Namen, aber Kontrolles Ersatz? "Nein", hauchte er, "bin ich nicht."

---

Ein neues Kapitel! Yippie!

Hoffe es hat euch gefallen ;D

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top