Eine etwas andere Turniervorbereitung
Ivy stieg aus dem Transporter aus und sah sich um. Sie zog jede Einzelheit auf, den Geruch, die Geräusche, die Umgebung, die Lautstärke. Und sie genoss es. Sie genoss den Trubel um sie herum auf dem Turniergelände. Sie genoss die Geräuschkulisse, die unterschiedlichen Gerüche- von Popcorn bis hin zu Steaks- es war eine so willkommene Abwechslung auf einem kleinerem Turnier zu starten und ein wenig mehr Spaß, Freude und Genuss zu empfinden. Sie war überwältigt von der liebevollen, detaillierten Gestaltung des gesamten Geländes, der leichten Dekorationen auf dem Abreiteplatz, die sauberen Cavallettis auf dem Abreiteplatz. Dem Oxer zur Vorbereitung. Alles war ordentlich, sauber und irgendwie idyllisch auf diesem Turniergelände. Sie waren zwar nur auf dem Land, aber es war für sie so besonders. All diese Eindrücke zeigten Ivy, dass ein Turnier nicht nur ein Turnier, ein Wettkampf sein konnte. Sondern so viel mehr. Ein Vergnügen, ein wundervolles Erlebnis. Eine Art Fest.
Sie übernahm Dark Fever, den Adrian ihn aus dem Transporter geholt hatte und sah sich nach einem Platzaufseher um. Doch es schien keinen zu geben. Ohne zu wissen, was sie tun sollte, stand sie hilflos und völlig fehl am Platz mit ihrem nervös tänzelnden, aufgeregt hin und her wirbelnden Hengst da und versuchte, die Kontrolle über Dark Fever zu behalten. Als ein Pferd wieherte, von irgendeiner Weide oder vielleicht sogar dem Abreiteplatz, erwiderte Dark Fever schrill den Ruf und schien sich fast losreißen zu wollen.
„Hey, möchtest du dein Pferd vielleicht irgendwo hinbringen, wo es etwas ruhiger ist?"
„Ja, das wäre sehr nett."
„Dann komm, ich zeige dir, wo ich meines vorhin untergebracht habe.", das Mädchen führte sie zu einem Stallgebäude etwas abseits und zeigte lächelnd auf eine freie Box. Ivy nickte dankbar und führte Dark Fever hinein, schloss hinter sich die Boxentür und wandte sich dann dem Mädchen zu.
„Danke."
„Gern geschehen."
„Reitest du hier?"
„Heute schon. Auf dem Turnier. Mit einem meiner Berittpferde."
„Darf ich es kennenlernen?"
„Ja, klar. Komm mit!"
„Das ist Wonderheart. Ein lieber Wallach und noch nicht so lange unter meinem Sattel. Heute wird er sein erstes Turnier erleben. Ich hoffe, dass alles gut klappt. Er hätte gute Chancen auf das Siegertreppchen, wenn er sich ein wenig nur konzentriert. Aber die Aufregung um ihn herum macht es nicht gerade leicht.", sagte das Mädchen und wies auf einen hübschen, großen Fuchswallach.
„Woher kommst du?"
„Aus Deutschland."
„Oh. Ich komme lediglich aus der Umgebung. Zwei Stunden Autofahrt. Übrigens, ich bin Ivy."
„Ich bin Annika."
„Schön, dich kennenzulernen, Annika."
„Ich find's schön, dich kennengelernt zu haben, Ivy. Aber jetzt muss ich Wonderheart langsam fertig machen, damit er noch vor dem Start warm wird. Er braucht meist etwas länger, bis er sich überhaupt bewegt.", meinte Annika lächelnd und nickte kurz Richtung Ivy, bevor sie den Wallach aus der Box, durch die Stallgasse, nach draußen auf einen nahegelegenen Putzplatz führte.
Ivy sah ihr nach und freute sich. Eine nette Bekanntschaft. Wenn sie auch sehr kurz war. Vielleicht würde sie noch einmal auf dem Abreiteplatz auf Annika treffen.
*
„Schhhh. Alles gut, Dark Fever. Ich tue dir doch nichts.", sagte leise das braunhaarige Mädchen zu dem Hengst, in dessen Box sie sich geschlichen hatte. Der Hengst beruhigte sich ein wenig und hörte auf, nervös zu tänzeln. Er ließ das Mädchen näher an sich ran, ließ die Berührungen auf seinem ganzem Körper zu und zitterte am ganzen Leib vor Angst. Sie griff in ihre Jackentasche und holte ein paar Zuckerstücke heraus. „Hier, nimm. Die sind gut.", flüsterte sie und hielt dem Hengst die Zuckerstücke hin. Er nahm sie vorsichtig aus ihrer flachen Hand und streckte dabei ein wenig den Hals, um zu vermeiden, ihr noch näher zu kommen, als es nötig war.
„So ist's brav. Schön aufessen. Damit es ja wirkt. Ich habe keine Lust, dass Mrs. Chenningway enttäuscht von mir ist, nur weil du nicht ganz so erschöpft bist, wie du sein solltest. Ich werde Ivy sicher nicht gewinnen lassen, wo sie dich sowieso nicht wollte und Mrs. Chenningway schon gewagt hatte, die Hoffnung aufzugeben, jemals ihre Tochter wieder in der Villa zu sehen. Nur wenn ihr verliert, wird Ivy sich ihrer Dummheit bekennen und zulassen, was Mrs. Und Mr. Chenningway verlangen. Und dafür musst du so erschöpft und krank wie möglich werden."
*
Ivy legte den Sattel auf, bemerkte dabei nicht, wie Dark Fever erschöpft den Kopf senkte und mit kranken Augen um sich her starrte. Er schien wie verwandelt, aber sie konzentrierte sich darauf, ihn vorzubereiten, damit sie bei dem Turnier jederzeit bereit waren. Sie zog ihn kurz angebunden am Halfter hoch, nahm das Zaumzeug, streifte es ihm über und zog das Halfter unterhalb des Zaumzeugs von seinem Kopf. Dann nahm sie ihn am Zügel und führte ihn Richtung Abreiteplatz, wo sie am Rand aufstieg, bevor sie auf den Platz ritt und langsam im Schritt den Hengst aufwärmte. Als er langsam am langem Zügel im Schritt gegangen ist, trabte Ivy an, doch Dark Fever brauchte etwas, bis er sich dazu durchgerungen hatte, in einen langsamen Trab zu wechseln. Schlürfend trabte er müde und vollkommen erschöpft ein paar Bahnen, Zirkel und Volten unter Ivys Anweisung, doch nach nicht einmal 10 Minuten wurde er wieder langsamer und wechselte zurück in den Schritt.
„Adrian! Verdammt nochmal, Adrian!", rief Ivy, als Dark Fever bereits von allein still stehen geblieben war und stark zu zittern anfing. „Adrian!", Ivy wurde langsam panisch. Sie erschreckte die Pferde und versetzte einige von ihnen in Aufruhr, allein der Ton ihrer Stimme hatte ihnen verraten, dass etwas wohl bei ihr nicht stimmte. Ivy glitt aus Dark Fevers Sattel und nahm vorsichtig seine Zügel in die Hand. Mit steifem Gang führte sie ihren Hengst vom Platz und ließ die Augen nicht mehr von ihm. Er zitterte sehr schlimm, aber auch schwitzte er ziemlich stark, wo er eigentlich nicht lange im Schritt und Trab bewegt wurde. Adrian kam ihr entgegen gesprintet und fragte: „Was ist los? Ich habe dich schreien hören... nach mir."
„Er... wurde immer langsamer und irgendwann... blieb er einfach mitten auf dem Platz stehen. Als wäre irgendwas. Als hätte er irgendwas gesehen oder gespürt. Ich weiß nicht, was er hat, aber es könnte bedeuten, dass wir sehr bald schon Schulden machen. Ich hoffe, der Tierarzt wird nicht zu teuer, ansonsten muss ich zurück zu meinen Eltern und das will ich nicht.", brach Ivy in Tränen aus. Adrian nahm sie in den Arm, packte nach Dark Fevers Zügeln und sah auf die Beine des Hengstes, die langsam einzuknicken drohten. Als Adrian den Ernst der Lage erkannte, zog er Ivy von Dark Fever weg und sagte an sie gewandt: „Er wird sich hinlegen. Vielleicht hat er eine Kolik, Ivy. Er darf sich nicht hinlegen.", und mit diesem Worten versuchte Adrian den Hengst davon abzuhalten, sich hinzulegen, indem er versuchte, ihn ein wenig hin und her zu führen. Annika kam auf Wonderheart auf sie zugeritten und fragte gleich: „Kolik?"
„Scheint so.", erwiderte Ivy hilflos.
Plötzlich riss Dark Fever mit letzter Kraft Adrian die Zügel aus der Hand und dann knickten seine Beine auch sofort nacheinander ein. Er legte sich seitlich auf den Boden und wieherte leise gequält.
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