Ein neues Zuhause

Der Umzug auf das alte Gut ging schnell und war auch nicht sehr umständlich, mal abgesehen davon, dass Ivy und Adrian Probleme mit Dreamheart hatten, den sie extra in der Nacht aus seiner Box in den Transporter getrieben haben, damit Ivys Eltern nicht mitbekamen, dass Ivy Dreamheart in Sicherheit brachte. 

"Hast du die Hengstkette, Ivy?", fragte Adrian. 

"Ja.", erwiderte Ivy und sah ihn direkt in die Augen.

"G-gut.", lächelte er sie schüchtern an.

Die Fahrt dauerte fast 2 Stunden. 2 verdammt lange Stunden. Ohne sich umzusehen, stieg Ivy aus, drehte sich um und ging um den Transporter. Adrian wollte gerade die automatische Verladerampe runterfahren lassen, da riss sie wieder die Tür auf und rief: "Noch nicht! Wir parken vor der großen Weide im hinteren Bereich des Guts.", zur weiteren Erklärung fügte sie hinzu: "Dort kann Dreamheart sich austoben und muss nicht auf ewig gleich wieder eingesperrt sein. Außerdem kennt er es ja eigentlich. Er war früher auch immer auf der Weide. Ich möchte nicht, dass er denkt, es sei unsere Absicht, ihn einzusperren und gefangen zu halten. Er soll sich etwas besser fühlen und lieber wieder etwas freier sein. Vielleicht... hilft ihm das, um mir wieder irgendwann zu vertrauen. Auch... auch wenn nicht allein die Weide reichen würde, um mir wieder zu vertrauen."

"Okay. Also...", Adrian zögerte. Sollte er es ihr sagen? Er schüttelte unmerklich den Kopf, als würde er den Gedanken loswerden wollen. Ohne ihn weiter zu beachten, ging Ivy auf das Stallgebäude zu und sah nach dem Rechten. Dark Fever stand bereits in seiner neuen Box und schien sich ziemlich wohl zu fühlen, auch wenn die Box nicht die richtigen Sicherheitsstandards, die in moderneren Ställen besser umgesetzt werden können, hatte. Es schien ihn auch nicht zu stören, dass er in einem alten, notdürftig renoviertem Stall untergebracht war. Es war fast so, als würde er es bereits kennen.. Als hätte er schon vorher eine Zeit lang so gelebt. Ivy sah verwundert, dass die Boxentür noch nicht einmal vernünftig verriegelt war, und dennoch hatte Dark Fever keinen Huf gerührt, um die Flucht zu ergreifen. Sie zuckte mit den Schultern, ging auf die Boxentür zu und verriegelte sie richtig. Dabei war sie sich Dark Fevers Neugier und seinem zutraulichem Schnauben nur allzu bewusst. Sie sah ihn an. "Denk nicht, dass ich dich mag. Aber... du bist scheinbar doch nicht nur anders als Dreamheart, sondern du bist... du bist eigentlich... wie er. Früher... als ich noch nicht laufen konnte, da kam Dreamhearts Mutter zu uns auf den Hof. Mein Vater hatte sie als Zuchtstute gekauft und von einem unserer besten Zuchthengste decken lassen. Seine Mutter... Lavalie... sie war so schön... so ruhig und einfühlsam... und sie war eine gute Freundin. Ich habe an ihrer Seite laufen gelernt. Unsere Bediensteten haben mich in den Stall zu Lavalie begleitet, ich durfte sie am Kopf streicheln und sie an ihrem Halfter festhalten, es hatte sie nie gestört... und dann, dann stand ich mit ihrer Hilfe auf, sie zog mich mit ihrem Kopf hoch, während ich mich an ihrem Halfter festhielt. Als ich meine ersten Schritte an ihrer Seite gemacht hatte, das war so unglaublich. Ich wusste damals nicht, wieso sich alle so freuten und so euphorisch die Arme in die Luft streckten... Ich war auch erst zwei, da kann man sowas natürlich nicht verstehen..., aber ich war selber sicher glücklich, und an Lavalies Seite lernte ich das Laufen. Irgendwann konnte ich sogar ohne ihre Hilfe gehen, wollte sie aber immer noch an meiner Seite laufen sehen. Ich führte sie über den Hof, durch den Stall und zurück. Irgendwann haben wir sogar richtige Spaziergänge um den Hof gemacht... Aber da war ich älter und immer in Begleitung eines Erwachsenen. ", gedankenverloren lehnte Ivy an der Boxentür und bemerkte nicht, wie Dark Fever an ihrem Arm schnoberte. Als sie es bemerkte, schreckte sie zurück und erschreckte dabei Dark Fever, der verängstigt von der Boxentür zurückwich und sich mit dem eigenen Körper gegen die Wand presste. Mit angstvollem Schnauben sah er sie an, während Ivy die Schultern straffte und wieder ruhiger wurde. "Schhhh. Alles gut. Tut mir leid. Ich...", ohne weitere Worte auszusprechen wandte Ivy sich um und lief weg. Sie lief auf Adrian zu, doch kurz bevor sie ihm in die Arme fallen konnte, überlegte sie es sich anders und schlug einen Haken um ihn.

*Dreamheart*

Ich hörte Schritte. Schnelle Schritte. Sehr schnelle Schritte. Als würde jemand vorbei laufen. Beunruhigt warf ich meinen Kopf hin und her, versuchte irgendwie einen Spalt zu finden, um zu sehen, was draußen los war. Instinktiv spürte ich, dass etwas mit dem Mädchen nicht stimmte. Ich verstand nicht, warum ich mich ihr verbunden fühlte, doch irgendwie schien es mir, als hätten wir wirklich eine gemeinsame Vergangenheit. Und es kam mir vor, als dass dieses Mädchen mich kannte und mochte. Aber woher?

Ohne zu wissen, was ich tat, trat ich gegen die Trennwand, stieg auf meine Hinterbeine, und knallte mit meinem Kopf an die Decke des großen Metallkastens, der sich einige Minuten zuvor noch bewegt hatte. Plötzlich knackte es und ich wich erschrocken zur Seite. Als ich erkannte, dass nur die Trennwand leichte Risse durch meinen ersten Tritt bekommen hatte und nach zwei weiteren Tritten durch meine Kraft dem Druck nachgab, versuchte ich, mich vom Strick zu befreien, damit ich aus dieser Metallkiste hinaus konnte. Ein Ruck, und der Strick dehnte sich zu stark aus, noch einer und der Strick riss. Dann wandte ich mich um, sprang über die Reste der Trennwand und lief zur Rampe, die leider noch hoch erhoben war. Wiehernd, buckelnd und wütend lief ich hin und her, darauf vorbereitet, die erste Lücke zwischen Rampe und Decke für meinen Sprung zu nutzen. Ich wollte hier raus und - warum auch immer- zu diesem Mädchen, um es zu trösten.

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