Kapitel 47
Stella P.o.V.
Einfach weitermachen.
Das war mein Motto geworden. Seit einer Woche funktionierte ich nur noch wie ein Roboter.
Im Moment war mir wirklich alles zuviel.
Nina nervte mich jeden Tag, ob wir wieder Babys machen.
Mit dieser Frage konnte ich mich noch nicht auseinander setzen. Gestern hatte ich die Kleine sogar hysterisch angeschrien, dass ich nichts mehr über Babys hören will. Danach habe ich mich natürlich bei ihr entschuldigt. Sie konnte ja nichts dafür und Verstand noch nicht richtig, dass sowas Zeit braucht, wenn man jemanden verloren hatte.
Louis war mir natürlich die beste Stütze.
Wir beide hatten diesen Verlust erlitten und konnten uns gegenseitig trösten.
Ich wusste nicht, was ich ohne ihn machen würde.
Wahrscheinlich würde ich in ein tiefes Loch fallen und nie wieder herauskommen.
Nina war auch ein antrieb für mich. Für die kleine Mausi stieg ich jeden Tag aus meinem Bett auf.
Obwohl ich oft in Gedanken versunken war, gab ich mein bestes für Nina.
"Schatzi, wir haben Besuch von dem komischen Pudel." rufte Louis mich.
Ich wusste gleich, wenn Louis mit Pudel meinte.
Harry war zu Besuch gekommen. Ich hatte heute morgen, dass Ergebnisse vom Vaterschaftstest in der Post. Harry sollte nach meinem Wunsch hin dabei sein.
Es könnte herauskommen, dass Harry mein Bruder ist.
Das betraff uns beide nämlich. Louis stand am Ende der Treppe und wartete auf mich.
"Na meine süße." sagte und wackelte mit den Augenbrauen.
"Wo ist Harry?" möchte ich wissen und nehme seine Hand.
"Er ist von Nina schon beschlagnahmt worden. Harry muss jetzt Barbies spielen." erwähnte Louis.
Wir gingen ins Wohnzimmer. Dort packte Nina schon vor Harry ihre Barbies aus.
"Mama! Harry besucht mich und spielt jetzt Barbie mit mir."
Nina stand begeistert auf und stürmte zu uns.
"Ich glaube nicht, dass Harry nur nicht besucht." sagte Louis zu ihr.
"Doch. Hat er gesagt." protestiere Nina lautstark.
Wahrscheinlich hatte Harry seine Wortwahl falsch ausgedrückt und Nina somit zu verstehen gegeben, dass er nur sie besuchte.
"Wir spielen gleich weiter." versicherte Harry der kleinen Mausi.
Nun war es soweit Harry, Louis und Ich setzten uns hin. Mit zittrigen Händen öffnete ich den Brief.
Schnell ließ ich die Zeilen durch im Brief.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Louis schaute auf den Brief.
"Wow. Ihr seit tatsächlich Geschwister. Harry's Dad ist auch dein Dad." sprach Louis aus, was im Brief stand.
"Wow." hauchte Harry schockiert.
Obwohl wir damit hätten rechnen können, war es ein Schock.
Tief in meinem Herzen hatte ich gehofft, dass es nicht so wäre.
Es bringt mein Leben noch mehr durcheinander.
Alles ist zurzeit einfach durcheinander.
Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie ich mit den ganzen Sachen umgehen sollte.
Wortlos stand ich auf. Langsam ging ich zur Terrassentür. Einzelne tränen liefen mir über die Wangen.
Wie konnte mein Leben so durcheinander kommen?
Ich fing auch an, meine Identität in Frage zustellen.
Die Leute, die ich Jahrelang für meine Eltern gehalten hatte, waren jetzt nicht mehr meine Eltern. Der Mann, der mein Vater all die Jahre war, ist mein Onkel.
Bei meiner Mutter, war ich sogar im Moment froh, dass sie nicht meine leibliche Mutter war. Ich werde dieser Frau niemals mehr verzeihen. Wegen ihr hatte ich meine Kinder verloren.
Deswegen ist sie für mich gestorben. Was mit meinen Dad, oder besser gesagt Onkel, konnte ich noch nicht sagen.
Ich wusste auch nicht, ob ich meinen neuen Vater richtig kennenlernen möchte. Für mich ist er ein Fremder.
Harry konnte ich hingegen als Bruder akzeptieren.
Irgendwie war von Anfang an eine bestimmte Bindung zwischen uns. Vielleicht hatten wir unterbewusst schon gespürt, dass wir Geschwister sind.
Ich spürte wie sich Arme um meinen Körper schlingen. Natürlich war es Louis.
Automatisch legte ich meine Hände auf die von Louis.
"Was hältst du davon, wenn wir ein bisschen spazieren gehen. Frische Luft kann belebend sein. Harry kann mit Nina hierbleiben. Die beiden werden bestimmt ein bisschen beschäftigt sein." flüsterte er mir ins Ohr.
Vielleicht würde mir ein bisschen frische Luft und ein Spaziergang wirklich gut tun.
Obwohl es ein wenig ungemütlich draußen war. Leichter Nieselregen prasselte herunter.
Aber wie hieß es so schön, es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung.
"Gute Idee." antwortete ich ihm.
Louis und Ich gingen in den Flur. Dort zogen wir uns Wetterfest an. Nina blieb ohne meckern bei Harry. Sie hatte schon im Wohnzimmer ihre Barbiestadt erschaffen. Damit werden die beiden sicher ein paar Stunden beschäftigt sein.
Louis schnappt sich einen Regenschirm und spannt ihn draußen auf über uns auf.
Eine kühle Brise kommt uns entgegen. In einer Woche war schon der erste Advent.
Die Zeit verging viel zu schnell.
Ich hakte mich bei Louis an seiner rechten Seite ein. Zusammen gingen wir schleichend vorran.
Wir schwiegen einige Zeit lang. Liefen einfach durch unsere Wohnsiedlung. Hier standen eine Villa neben der anderen. Manche hatten sogar Sicherheitsleute vor den Eingängen. Außerdem gab es zehn Minuten von unser Haus entfernt ein Privatpark mit einem Spielplatz. Genau dort gingen wir hinein.
Wir machten uns auf den Weg zum Spielplatz.
Louis steuerte mit mir ein kleines Holzhäuschen an.
Wir müssten uns ducken um hinein zugehen.
Dort machten wir uns es auf dem Boden bequem, der zum Glück trocken war.
Eng kuschelten wir uns aneinander.
"Wie geht es dir? Jetzt wo du weißt, dass Harry dein Bruder ist." fragte Louis vorsichtig.
"Ich weiß es nicht. Es ist alles irgendwie komisch. Irgendwie habe ich das Gefühl mich neu kennenlernen zu müssen. Meine ganze Existenz scheint falsch zu sein. Ich kann es nicht einmal richtig beschreiben. Es ist einfach komisch. Ich verstehe es selbst noch nicht einmal." sagte ich zu ihm.
"Du musst dich nicht neu kennenlernen. Deine Herkunft hat nichts mit dem zu tun, wer du heute bist. Du hast dich über die Jahre selbest zu dieser wundervollen Frau entwickelt. Es scheint für dich zurzeit alles an Sinn zuverlieren. Wir haben aber uns. Ich werde dich in jeder Hinsicht unterstützen. Solltest du beschließen erstmal eine Auszeit von allem zunehmen, was in letzter Zeit passiert ist, können wir unsere Sachen packen und ein paar Wochen irgendwohin fahren. Nina nehmen wir natürlich auch mit. Wir haben immer noch unsere kleine Familie. Vielleicht sollten wir uns mehr um die Zukunft kümmern und in ruhe über die Erlebnisse hinwegzukommen." teilte er mir mit.
Er hatte recht mit seinen Worten. Ich war noch immer die gleiche Person. Louis fand immer die richtigen Worte.
Mir ging es entschieden besser.
"Danke." flüsterte ich ihm zu.
"Nichts zu danken." antwortet er mir.
Zärtlich fing ich an ihn zu küssen.
Mit Louis war alles viel leichter. Durch ihn konnte ich meinen Schmerz verkraften und nach vorne schauen. Genauso konnte er mir meine Identitätskrise nehmen. Louis ist mein Ritter in der Not. Dafür liebe ich ihn so sehr.
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