Kapitel 1

Ich saß vor dem Haus auf dem Rasen und war fasziniert von den Sternen übersäten Nachthimmel. Wann immer ich außerhalb der Akademie war, beobachtete ich jeden Abend den Wechsel von Tag und Nacht. Die untergehende Sonne und ihre letzten Strahlen ließen mich immer wieder den Atem anhalten. Umso mehr freute ich mich jedes Mal einen Stern am Himmel zu sehen. Es füllte mich mit Hoffnung, wenn ich daran dachte, dass jeder kleiner Stern eine Welt war. Glutriesen. Ich musste grinsen, also da würde ich wenigstens nicht frieren. Jedoch war der Gedanke zu verbrennen auch nicht gerade amüsant. Mein Dad hatte mir definitiv zu viel erzählt, denn er musste immer die schönen Momente kaputt machen und dann mit seiner Logik kommen.

Wie sagte er immer: »Nein Aria, es müssen nicht alles Welten sein. Manche sind erloschene Sonnen und andere existieren nicht mal.«

Ich fluchte. Zum Teufel mit dieser Logik. Ich beobachte, wie sich langsam Wolken vor den Mond schoben und lauschte nebenbei den Grillen bei ihrem lautstarken nächtlichen Zirpen.

Schade, dass ich das nicht immer hören konnte, da es in der Akademie Sperrzeiten gab, in denen jeder in seinem Zimmer bleiben musste. Viel lieber setzte oder legte ich mich ins Gras um die Sternen zu sehen. Ja vielleicht war ich ein wenig verträumt, denn jetzt gerade kam mir alles so friedlich vor, wie in einer Märchenwelt.

Ein frischer Wind kam auf und mich fröstelte es, sodass sich meine Nackenhaare elektrisiert aufstellten und ich leichtfüßig auf die Füße sprang. Erleichtert entspannte ich mich, da es nur Cal und mein Dad waren, die die frische Abendluft ebenfalls aus dem Haus gelockt hatte.

Dad lächelte.

»Kommt Kinder wir sehen uns die Sterne unten im Tal an.« Dad ging voraus und Cal und ich folgte ihm den Hügel hinunter. »Macht nicht so schnell! Meine Beine sind kürzer als eure! «

Dad grinste. »Du siehst damit echt putzig aus.«

Er lachte.

Ich lächelte und Dad hob mich auf seinen Rücken. Unten am Hügel angekommen, ließ er mich wieder runter und da ich dieses Talent hatte, strauchelte ich über ein paar Steine und wäre fast gefallen. Doch wie immer stand Cal neben mir und bewahrte mich vor einem Sturz.

»Du fällst aber auch immer über deine eigenen Füße«, tadelte er mich. Ich sah ihn grimmig an.

»Sagt der, der immer gegen geschlossene Türen läuft. Du weißt schon, dass du kein Geist bist.«

Er zwickte mich in den Arm.

Kurze Zeit später saß ich neben meinem Dad, der uns die verschiedenen Sternbilder zeigte, aber ich konnte eh die ganzen Namen nicht behalten, weshalb er schließlich aufgab und zurück ins Haus ging um Mom beim Abwasch zu helfen. Cal stupste mich an und ich seufzte genervt, denn mein Dad hatte mir heute Nachmittag verkündet, dass ich nicht auf die Wächterakademie gehen durfte. Seitdem fühlte ich mich beleidigt und war sehr gekränkt. Jedoch verstand ich die Gründe meines Vaters, der nicht zwei Kinder verlieren wollte, um sie irgendwann zu Grabe zu tragen.

Er war einer der Generäle der Wächter und saß auch im Wächterrat, wo er dank seiner Position sehr viel Macht und Status besaß. Der Traum Wächterin zu werden, war wie eine Seifenblase geplatzt und ich war am Boden zerstört. Meine Stimmung schwankte gerade zwischen wütend und beleidig, denn ich wollte meinem Vater unbedingt beweisen, dass ich eine gute Wächterin war. Das brachte meinen Bruder ziemlich auf die Palme, da er meine Launen ertragen musste.

«Hör auf mich so anzusehen.«

Er lachte bevor er ernst wurde.

»Hör zu ich weiß, dass dir die Akademie wichtig ist und wenn du willst, dann rede ich mit Dad. Also könntest du bitte etwas anderes tun, als deine miese Laune an mir auszulassen«, knurrte er.

Ich seufzte und wollte gerade ein Kommentar ablassen als in der Ferne ein markerschütternder Schrei erklang. Er war so schrill, dass wir zusammenzuckten und ein paar Zentimeter nach hinten rutschten.

«Was war das?«, fragte ich mit piepsiger Stimme. Neugierig hob ich den Kopf, aber Cal drückte mich zurück auf den Boden und mir wurde klar, dass mein Märchenparadies gerade verschwand...

Ich klammerte mich schützend an meinen Bruder, der mich hinter sich schob. Dann folgte erneut ein schreckliches Kreischen bei dem mir das Blut in den Adern gefror.

«Ein Dämon«, zischte Cal mit Furcht in den Augen und stand auf. Er zog mich kurzerhand auf die Füße, denn ich war außerstande mich zu bewegen. Anschließend folgte eine gespenstische Stille und ich lauschte in die Nacht, um zu erahnen wo das Geräusch herkam. Schließlich ertönte nur ein paar Meter hinter uns ein erneuter Schrei, der so schrill war, dass ich mir die Ohren zu hielt.

Offenbar hatte der Dämon uns bemerkt und kam nun auf uns zu. Zwei Kinder waren für ihn eine leichte Beute.

Cal schrie und weckte mich so aus meiner Starre.

«Los lauf!! Wir müssen hier schnellstens weg!«

Er rannte los und zog mich hinterher und als wir schließlich den Hügel hoch rannten, drehte ich mich um und sah einen schwarzen Schatten auf uns zu rasen. Sein Kreischen wurde immer lauter und für einen Augenblick setzte mein Herz vor Angst aus.

Und ich blieb einfach stehen.

«Lauf oder bist du verrückt geworden«, brüllte mein Bruder und zog mich weiter den Hügel hoch. Ich stolperte und Tränen rannen mir über die Wange.

«Mach langsamer Cal!! Ich kann nicht mehr! «

Verzweifelt versuchte ich mit ihm Schritt zu halten, was gar nicht so einfach war. Vor allem wegen den kurzen Beinen, denn schließlich war ich ein Jahr jünger als er.

Cal reagierte nicht und rannte einfach weiter. Entweder er wollte keine Rücksicht auf mich nehmen oder seine Angst vor dem Tod war einfach zu groß. Ich spürte, wie ich den Halt verlor und im nächsten Moment zu Boden fiel. Kurz bevor ich unsanft landete, schoss Cal vor und fing mich auf. Er rannte mit mir auf dem Arm weiter.

»Himmel, dass du aber auch immer fallen musst«, fluchte er und presste mich an sich, sodass ich nicht fallen konnte. Wir überwanden Meter um Meter und auch mit meinem Gewicht rannte mein Bruder unaufhaltsam immer weiter.

Der Dämon folgte uns beständig und war nicht abzuschütteln, denn immer, wenn wir dachten er wäre hinter uns verschwunden so tauchte er im nächsten Moment genau zwei Meter hinter uns auf.

Er ließ uns Zeit, um die Anhöhe zu erreichen, denn er wusste, dass er uns so oder so bekommen würde und keiner würde ihn aufhalten...

Erschöpft und mit letzten Kräften kamen wir oben am Hügel am Haus an.

Mein Atem rasselte als Cal mich wieder auf die Füße stellte.

»Weiter kann ich dich nicht mehr tragen«, sprach er kraftlos und sackte zusammen. Seine Beine knickte ein und verzweifelt versuchte ich ihn dazu bewegen aufzustehen.

»Cal!«, kreischte ich und rannte zu ihm.

»Cal steh bitte auf!«, jammerte ich und zog an ihm.

Kraftlos stupste er mich zurück.

»Lauf Aria. Lauf...«

Da betrat auch schon der Dämon die Anhöhe und sein schrecklicher mit Blut durchtränkter Körper machte mir mehr Angst, als je in meinem Leben zu vor.

»Nun hat er uns endgültig eingeholt«, sprach Cal mit einem furchtsamen Blick.

»Geh«, flüsterte er schwach, doch ich blieb stehen und bewegte mich nicht von der Stelle.

»Vergiss es Cal. Ich gehe nirgendswo hin.«

Dad rannte aus der Tür heraus und auf uns zu. Ich hatte keine Ahnung, wie er so schnell da sein konnte, aber vermutlich hatte er den Dämon aus dem Küchenfenster entdeckt. Überrascht wich ich hinter ihn und zog Cal hinter mir her. Blitzschnell schnappte sich Dad sein Schwert und zog es aus der Scheide heraus. Dazu musste er jedoch den Waschlappen wegwerfen, den er zuvor der Hand gehalten hatte. Dieser landete auf dem Boden- zwei Schritte von mir entfernt. Ich hob ihn auf und betrachtete ihn grimmig. Dad stellte sich mutig dem Dämon in den Weg während meine Mom aus dem Haus gerannt kam.

»Los kommt schnell rein! «

Ich sah auf den Dämon und warf ihm den Waschlappen ins Gesicht, was meinem Dad eine wertvolle Sekunde zum Ausruhen gab bevor er den Kampf mit dem Dämon erneut aufnahm. Er zwinkerte mir dankend zu, dann rannten Cal und ich ängstlich ins Haus und versteckten uns hinter Mom.

Vorsichtig blickten wir durchs Fenster und sahen, wie Dad gegen den Dämon kämpfte. Es ging ziemlich heftig zu und ein Hieb mit den mächtigen Fäusten genügte, um das Schwert aus Dads Hand zu reisen und in unsere Brombeerbüsche zu befördern.

»Schafft er es?«, fragte ich ängstlich.

Mom nickte.

»Keine Angst er wird den Dämon schon töten. «

Dad zog ein Messer aus seiner Ledergarnitur und warf es blitzschnell auf den Dämon, der daraufhin taumelte und nach vorne fiel. Dad lachte den Dämon aus.

»Du hättest dir vielleicht jemanden in deiner Größe aussuchen sollen.«

Es war verrückt, bei diesem schrecklichen Kampf auch noch Witze zu machen. Ich meine er war kurz davor getötet zu werden, denn der Dämon stemmte sich zurück auf die Füße und war nun fast einen Meter größer als Dad. In jeder Hand hielt er jeweils eine Waffe während mein Dad nur mit einem Messer in der Hand herumfuchtelte.

Dad ließ den Dämon so nah wie möglich an sich herankommen, damit er ihn gut treffen konnte.

Ich hatte wahnsinnige Angst um ihn, doch meine Mom stand nur neben uns, anstatt ihm zu helfen.

Sind denn alle verrückt geworden?

Schließlich war Dad nah genug und schleuderte es auf den Dämon, der daraufhin zu Staub zerfiel und sich in Luft auflöste. Ich starrte meinen Vater mit offenem Mund an. Okay, dann hatte er doch keine Hilfe gebraucht. Dad rannte zu uns ins Haus, wo er uns umarmte.

»Alles ist gut. Ich kümmere mich um den Rest, denn ich fürchte nämlich, dass das nicht der einzige Dämon war. «

Dad ging zu dem Brombeerstrauch und zog sein Schwert aus den Büschen. Schon kamen die nächsten Dämonen angerannt und Dad wich ihren messerscharfen Krallen gerade so aus und verpasste ihnen mit dem Schwert blitzschnelle Schläge, wobei er wie eine Viper zu schlug und vor allem immer dann, wenn man es von ihm am Wenigsten erwartete. Er hielt einen Dämon nach dem Anderen auf und machte sie zu Staub.

Ich war sehr stolz auf ihn, dann kamen die anderen Wächter mit ihren Halbrüstungen auf uns zu marschiert.

»General was ist passiert? «, fragte sein Leutnant. Mein Dad fluchte. »Die Dämonen haben unsere Schutzlinien durchbrochen. Schicken Sie alle Truppen die verfügbar sind und evakuieren sie die Bewohner.«

»Ja Sir, ihr habt gehört was der General gesagt hat Soldaten", brüllte der Leutnant.

»Ja Sir«, kam es von den Soldaten. »Ich komme gleich zu euch«, sprach mein Vater.

Er sah meine Mutter an, die vor ihm stand, auch sie war ein gut ausgebildeter General.

»Dad!«, rief ich ängstlich.

»Jetzt nicht«, meinte er und bewaffnete sich.

Er wandte sich an Mom.

»Geh mit den Kindern in den Keller und mach den Riegel davor.«

Mom nickte und zog uns am Arm in den Keller. Cal weinte und ich machte mir vor Angst beinahe in die Hose. Mom sah ziemlich gehetzt aus und wir setzten uns auf die Kisten unter dem Kellerfenster.

»Bleibt hier und geht nicht raus. Ganz gleich was geschieht. Cal du passt auf deine Schwester auf. «

Cal nickte und Mom umarmte uns, dann setzte sie ihr typisch ausdruckslose Wächtergesicht auf, während draußen laute Schritte zu hören waren. Die Wächter waren gekommen und sicherten die Gegend und als Mom es ebenfalls hörte, erhob sie sich und stürmte aus dem Keller.

Wir hörten wie die Tür ins Schloss fiel und Mom den Riegel vorschob. Ich lehnte mich an Cal, der sofort seinen Beschützerinstinkt anschaltete.

»Keine Angst. Wir überleben das hier.«

»Das klingt nicht gerade ermutigend«, erwiderte ich.

Wir wagten kaum zu atmen und versuchten kein unnötiges Geräusch zu machen, damit die Dämonen unsere Anwesenheit nicht bemerkten.

Wir waren unfähig etwas zu sagen, denn zu groß war unsere Angst. Draußen hörten wir das schreckliche Kreischen der Dämonen und dann folgten Kampgeräusche als die Wächter auf die Dämonen trafen. Anscheinend stürzte draußen ein Haus ein als einer der Wächter einen Dämon sah und über ihm das Gebäude in die Luft sprengte. Bei den Wächtern gab es nur sehr wenige Magier, deshalb waren diese Wächter besonders wertvoll.

Ich hörte wie Dad draußen Befehle erteilte während Mom ihm wahrscheinlich half das Ganze zu organisieren, da die Bewohner evakuiert werden mussten. In dem Moment wurde die Tür aufgerissen und vor mir sah ich den selben Dämon gegen den Dad gekämpft hatte. Nur kam er mir noch ziemlich lebendig vor.

»Scheint als könnten wir noch heute unser Testament machen«, flüsterte ich.

In diesem Moment sprengte der Dämon die Tür mit einem einzigen Schlag die Tür auf. Bis jetzt hatte er uns noch nicht gesehen, da wir von der Tür aus ziemlich gut abgeschirmt waren, aber ein Schritt weiter und er würde uns sehen.

»Hast du irgendeine Idee was wir jetzt machen sollen?«, fragte ich ihn panisch.

»Sehe ich so aus? Ich habe ein Messer kein Schwert«, wisperte er und zog mich weiter nach hinten in den Raum. Hinter einem der Holzbalken blieb er stehen und lehnte sich dagegen. Dabei verletzte er sich unabsichtlich an einem Nagel und dieser hinterließ einen kleinen Kratzer.

Er fluchte leise.

Hoffentlich hatte der Dämon unseren Geruch noch nicht aufgenommen, wenn er uns entdeckte, war alles aus. Langsam und mit einer fast unglaublichen Geduld kam der Dämon in die Mitte des Raumes und warf einen Tisch um, der ihm im Weg stand.

Ich sah den Kratzer von Cal und ein paar Blutstropfen tropften herunter. Der Dämon roch das Blut und folgte dem Geruch genau zu uns. Zitternd zog Cal den Dolch.

«Lass mich lieber werfen. Ich bin darin besser wie du«, sprach ich unsicher, doch leider hatte Cal da das Messer bereits geworfen. Er verfehlte den Dämonen um ein paar Zentimeter und der Dolch fiel klirrend auf den Betonboden, wo er nach ein paar Zentimetern liegen blieb.

Der Dämon hörte das Geräusch und drehte sich in dem Moment um, wobei er uns entdeckte. Ich schrie und hörte wie die Männer ins Haus rannten. Da sah ich in einer Ecke ein halb verrostetes Schwert liegen und zog es hoch, doch ich konnte es kaum hochhalten und schon sprang der Dämon mit ausgestreckten Krallen auf uns zu.

Mein Herz raste.

Ich sprang auf und rammte dem Dämon das Schwert in seine Brust, doch das Schwert war zu schwer, um ihn zu durchbohren. Mir fehlte die Kraft dazu und da ich es nicht länger halten konnte, schnappte sich Cal das Schwert bevor es herunterfiel.

Wir hatten es beide in der Hand und rammten das Schwert weiter in den Dämon, der vor Schmerz laut aufheulte und mit einem letzten Schrei vor unseren Augen zu Staub zerfiel.

Ich ließ erschrocken das Schwert fallen und es rutschte mir aus der Hand.

Mein Gott wir hatten gerade einen verdammten Dämon platt gemacht und vor allem noch mit einem verrosteten Schwert, das kaum zu gebrauchen war.

«Du hast mich gerettet«, sprach Cal zerknirscht. Ich hob sein Messer auf und blickte ihn ernst an. «Du solltest lieber treffen lernen.«

Wir sahen die Wächter in der Tür stehen.

«Ich nehme mal an wir brauchen eine Ausrede«, setzte ich hinzu. Mom drängte sich an den Wächtern vorbei und rannte auf uns zu. Sie umarmte uns.

«Gott sei Dank seid ihr am Leben!«

Sie ließ uns los.

«Im Übrigen war sie das«, gab Cal zurück.

Oh nein, wieso ich?

Die Wächter starrten mich und flüsterten miteinander. Sie waren überrascht, dass ich es fertig gebracht hatte einen Dämon zu töten.

Von wegen. Ich hatte es nur mit der Hilfe von Cal geschafft und ehrlich gesagt, war ich selbst davon überrascht, dass mir überhaupt gelungen war. So kam es, dass sie entschieden, dass ich Wächterin werden sollte.

Und damit begann sie...

Die Geschichte, in der man niemals die Hoffnung aufgeben sollte und jedes Mal hofft, dass der Albtraum irgendwann zu Ende ist. Der Traum, dass irgendwann alles wieder gut wird und man nach Hause kommt...

Denn am Ende ist alles möglich...

Und damit beginnt es.

Damit beginnt Dream of Heroes...

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