So sieht also das Ende aus

4 Jahre später

Rubys Sicht

Eine ganze Weile hatte er mich durch die ganze Welt apparieren lassen, um unter den Familien seiner ehemaligen Anhänger die frohe Kunde seiner Rückkehr zu verbreiten. Tatsächlich war er gar nicht so ein furchtbarer Vater, wie ich es erwartet hatte. Wirklich, er bemühte sich darum, mir gelegentlich meine Privatsphäre zu lassen, damit ich James und Maddy schreiben konnte. Aber natürlich schrieb ich die Briefe verschlüsselt. Ich benutzte einen Code, den ich mir mal mit James ausgedacht hatte, als wir noch Kinder waren. Niemand außer uns beiden kannte diesen Code. So konnte ich ihnen alles schreiben, was ich wollte und mein Vater fragte sich jedes Mal, ob ich vielleicht psychisch geschädigt sei. Sagt gerade der richtige! Ich mein ja nur: Körper der Tochter klauen, Ehefrau umbringen und zu allem Überfluss mich noch in einem langen schwarzen Mantel mit silbernen Knöpfen und einer silbernen Taschenuhr rum laufen lassen. Ziemlich veraltet, wie ich fand, aber immerhin sah es gut aus.

Es war ein schöner sonniger Morgen, den wir in unserer Wohnung im magischen Teil von Paris verbrachten. Ich lümmelte in meinem Lieblingssessel und Dad nutzte mich dafür, Zeitung zu lesen. Etwas klackerte am Fenster. Ich ging rüber und öffnete der Eule, die sich mit einem müden Schuhu auf meiner Schulter nieder ließ. Es war James' Eule. ,,Verzieh dich mal kurz", sagte ich zu meinem Vater, ,,Private Zeit." ,,Siehst du", stichelte er, ,,Man muss nur um etwas bitten, um es zu bekommen." ,,Ja, verarschen kann ich mich auch selber", erwiderte ich nur darauf, aber freundlicherweise zog er sich zurück. Ich nahm James' Eule den Brief aus dem Schnabel und rupfte ungeduldig den Umschlag auf. In dem Brief stand in unserer Geheimschrift:

Liebe Ruby,

wir vermissen dich wirklich sehr. Besonders Maddy und ich. Okay, Callum vermisst dich mindestens genauso sehr, aber ich find es immer noch nicht gut, dass ihr zusammen seid. Sorry, musste ich einfach mal los werden. Wie schlimm ist es zur Zeit mit Grindelwald? Bestimmt ist er als Vater die Hölle. Aber egal, wir werden kommen und dich retten. Für heute Nachmittag konnte ich über ein paar Namenskontakte einen Portschlüssel organisieren, der uns zu dir nach Paris bringen wird. Wehe ihr seid bis dahin wieder verschwunden!!! Ich schwöre dir, bei meinem Leben, wir werden dich retten und dann wird alles wieder gut. In Hogwarts geht momentan echt alles drunter und drüber, alle zerreißen sich den Schnabel über dich und Grindelwald. Die denken, du würdest ihn echt freiwillig unterstützen! Und trotz meines Status' als Sekundäre Berühmtheit wollen sie mir nicht glauben, dass du immer noch du bist, nur eben mit einem fiesen Parasiten im Hirn. Callum ist ohne dich inzwischen komplett durchgedreht und übt in den Ferien mit Maddys Zauberstab den Cruciatus-Fluch. Es ist erschreckend, dass es funktioniert. Eigentlich sollte es das nicht. Ich hoffe, er stürmt nicht einfach blind auf dich los, wenn wir angekommen sind. 

Wir sehen uns

James

,,Also wirklich Kind, was steht denn da?", fragte mein Vater neugierig wie immer und starrte konzentriert auf das Blatt, in der Hoffnung, dass die ganzen Zahlen und Buchstaben für ihn irgendeinen Sinn ergeben würden. ,,Das werde ich dir nicht sagen", erwiderte ich nur darauf und verfuhr mit diesem Brief, wie ich es auch mit den anderen gemacht hatte: Ich verbrannt ihn. Dann schnappte ich mir ein leeres Blatt Pergament und zauberte schnell eine Karte vom Friedhof Pair La Chaise drauf. Bevor Grindelwald es genauer betrachten konnte, faltete ich das Pergament zusammen und hielt es Merlin hin, der nahm es in seinen Schnabel und flog davon. Er wusste auch ohne Adresse, an wen er gerichtet war. ,,Wieso erzählst du mir denn nicht, was deine Freunde dir so schreiben?", bohrte er weiter. ,,Weil es dich nichts angeht", erwiderte ich, ,,Die Privatsphäre der Tochter zu schützen ist eine der Sachen, die einen guten Vater ausmacht. Und das willst du doch sein, oder? Ein guter Vater?" ,,Touché mon petite", gab er tatsächlich nach, ,,Ein gutes Argument. Bin ich dir denn ein guter Vater?" ,,Du hast meine Mutter ermordet, obwohl mich das eigentlich nicht weiter stört, du hast meine Freunde angegriffen und mich anschließend gezwungen sie zu verlassen. Außerdem hast du gegen meinen Willen meinen Körper gekapert. Also nein, so gesehen bist du als Vater eine Katastrophe", antwortete ich, ohne groß darüber nach zu denken, ,,Aber ich sehe, dass du dir Mühe gibst, dass zu ändern." ,,Nun, dann werde ich mich bessern", sagte er zu meiner Überraschung, ,,Und ich bin sicher, mit deiner Hilfe wird mir das auch gelingen. Zusammen können wir wahrhaftig Großes erreichen." ,,Du klingst schon wieder machthungrig", kommentierte ich den letzten Satz und er schwieg brav. Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Bald würde alles vorbei sein. Und nicht mal James und Maddy wussten von meinem genauen Plan...

Maddys Sicht

Rubys Brief erreichte uns kurz bevor wir beim Portschlüssel ankamen. Es war eine Karte und ich meinte, den Friedhof Pair La Chaise in Paris zu erkennen. ,,Grindelwald plant irgendwas mächtig fieses", schlussfolgerte ich daraus und griff mir eine Kante des platten Fußballs, der uns nach Paris bringen würde. ,,Dann sollten wir uns beeilen, Ruby zu finden", murmelte Cal vor sich hin. Ohne Ruby war mein Bruder halb wahnsinnig geworden, er hatte dunkle Ränder unter den Augen und jede Nacht, die ich zu Hause verbrachte, hörte ich ihn im Schlaf schreien. Dazu war er etwas abgemagert und so blass wie ein Inferi. Die beiden Jungs griffen sich ebenfalls eine Kante des platten Fußballs und im nächsten Moment war es, als würde ich am Bauchnabel nach hinten weg gerissen und anschließend in einen Mixer gepackt werden. Ich hätte vor Erleichterung beinahe den Boden geküsst, als wir glücklicherweise direkt vor den Friedhofstoren landeten. ,,Okay, wir müssen Ruby finden", sagte James, während Cal erstmal in den nächsten Busch kotzte. ,,Sie hat auf der Karte so ein Ding mit Rabe markiert", murmelte ich vor mich hin, während ich die Karte studierte, ,,Keine Ahnung, was das bedeutet. Liegt hier irgendwie die Familie von Rowena Ravenclaw verbuddelt oder was?" ,,Nein, der Rabe ist das Familienwappen der Familie Lestrange", klärte James uns Unwissende auf, ,,Sie stammen ursprünglich aus Frankreich. Durch und durch reinblütig. Aber sie waren mal sehr mächtig in der Welt der Zauberer. Sowas weiß man, wenn man einer Reinblutfamilie entstammt." ,,Okay, dann auf zum Grab der Familie Lestrange." 

Allerdings war es nicht nur ein einfaches Doppelgrab oder so, es war ein riesiges Mausoleum. James ging zielstrebig voran, weshalb ich ihn fragte: ,,Wieso kennst du dich hier so gut aus?" ,,In den Sommerferien nach unserem ersten Hogwartsjahr war ich hier mit meinem Dad", erklärte er es mir und führte uns durch einen Geheimgang in der Seitenwand, ,,Es war ein kleiner Auroreneinsatz, nichts gefährliches. Ich hab so lange gebettelt, bis er mich mitgenommen hat." Am Ende des Ganges sahen wir auf etwas runter, das aussah, wie eine große Arena, mit ein paar Gräbern zu den Seiten. Und im Zentrum des Ganzen stand Ruby. Und natürlich passierte genau das, was ich befürchtet hatte. Callum rannte wie blind auf sie zu und schmiss sich halb auf sie, als er sie in seine Arme zog. ,,Cal, es ist besser, wenn du mich  los lässt", hörte ich sie sagen, während James und ich uns ihr näherten, ,,Ihr bleibt besser alle weg von mir." ,,Aber wir sind hier, um dich zu retten!", rief James ihr verzweifelt entgegen, ,,Ich hab es dir versprochen." ,,Es gibt nur eine Rettung für mich", sagte Ruby und kippte eine schwarze Flüssigkeit in sich hinein. ,,Nein!", schrie James, während ich nur tatenlos zusehen konnte, wie Ruby umfiel, wie eine Marionette, bei der man die Fäden durchschneidet. Mein Bruder war davon sichtlich verstört, dass James ihn einfach zur Seite schubste und die leblose Ruby in seine Arme zog. Ich sah, wie sie atmete, als konnte sie nicht tot sein. ,,Was war das für ein Zeug, das sie geschluckt hat?", fragte ich James und nahm meiner halb toten besten Freundin die leere Phiole aus der schlaffen Hand und schnüffelte daran, ,,Da sind auf jeden Fall Sorophorusbohnen drin." ,,Der Trank der lebenden Toten", schniefte James und hielt Ruby weiterhin an sich gedrückt, ,,Er sorgt für einen todesähnlichen Schlaf, aus dem man nie wieder aufwacht. Und ein Gegenmittel ist nicht bekannt." Die ersten Tränen tropften aus seinen Augen und auch in meinen Augen sammelte sich das Wasser. ,,Wie immer hat sie die Dinge selbst in die Hand genommen", schniefte ich und nahm meinen sehr verstörten Bruder behutsam in den Arm. So sah also das Ende aus. Die beste Freundin im Koma, der beste Freund ein gebrochenes Herz und der Bruder einen psychischen Knacks. Grandios. Aber ich konnte nichts daran ändern. Ich konnte nichts daran ändern, dass Ruby eine Heldin war.

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