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ich vollidiot hab vergessen, dass ashton an dem abend ja auch mit dabei war und ihn im letzten kapitel gar nicht erwähnt. aber erst ist noch da hahaha.
Harrys POV:
Nachdem Mum irgendwann wieder heim gefahren war, weil sie einen neuen Job hatte und angeblich am nächsten Morgen Frühschicht hatte (wobei Louis verständnislos gemurmelt hatte, wie sie in solch einer Situation überhaupt daran denken konnte, arbeiten zu gehen), saß ich mit ebendiesem und Ashton an Ellas Bett.
Luke hingegen war vor einiger Zeit auf der Besuchercouch in ihrem Zimmer eingeschlafen, was leises Schnarchen aus seiner Richtung verriet. Zwar hatte er sich mit allen Mitteln wach halten wollen, doch schließlich waren seine Augen trotzdem erschöpft zugefallen.
Ich war ebenfalls müde, aber obwohl mein Gesicht sich von den ganzen Tränen taub anfühlte und ich am liebsten eingeschlafen und nie wieder aufgewacht wäre, blieb ich standhaft - immerhin würde ich dann nicht wissen, was mit Ella passierte. Diese war ins Koma gefallen, da Eleanor sie wohl im Kampf zu Boden gestürzt hatte, wodurch das Hirn meiner Schwester starke Schäden erlitten hatte. Außerdem hatte sie noch einige innere Verletzungen im Bauchraum und geprellte Rippen, die eine Quetschung der Lunge hervorgerufen hatte und mir fast jeglichen Rest von Verstand raubten, den ich bis zum Verkünden der Diagnose noch gehabt hatte.
Seitdem hockte ich einfach da, gegen Louis gelehnt, der meinen Rücken sanft kraulte, und versuchte, meiner Trauer freien Lauf zu lassen, was mittlerweile allerdings nicht mehr klappte. Es schien, als seien alle meine Tränen aufgebraucht, auch wenn es sich so fühlte, als befänden sie sich nach wie vor in meiner Brust, mir jegliche Luft zum Atmen nehmend.
Ashton hatte seine Hand auf meinem Oberschenkel platziert und summte leise vor sich hin, um mich und wahrscheinlich vor allen Dingen sich zu beruhigen. "Sie ist stark. Sie schafft das", brach er nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen, weshalb ich rasselnd aufseufzte. "Ich hoffe es", flüsterte ich mit bebender Unterlippe, kurz davor, erneut zu weinen.
Louis schien das zu bemerken, denn er zog mich sofort näher zu sich und küsste mich sanft auf die Wange. "Ich brauch sie doch", wimmerte ich traurig, bevor ich in hemmungsloses, lautes Schluchzen verfiel. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und gleichzeitig brannte mein kompletter Körper, als ob er in Flammen stünde und ich jede Sekunde verbrennen könnte.
Zitternd vergrub ich mich tiefer in Louis' Armen, der mich schüzend hielt und immer wieder mein Gesicht küsste. "Sie wird aufwachen", sagte er, danach wischte er einige Strähnen hinter mein Ohr. "Und was, wenn nicht?", fragte ich schniefend, sobald ich wieder einigermaßen verständlich sprechen konnte. "Sie wird es", wiederholte er bestimmt, woraufhin Ashton ihm zustimmte. "Natürlich wird sie das. Sie wird dich nicht allein lassen."
Inzwischen war auch Luke wieder wach; ich hörte, wie er vom quietschenden Sofa aufstand und sich zu uns gesellte. "Sie wird niemanden von uns allein lassen", bestätigte er mit tränenerstickter, fast tonloser Stimme. "Wir lieben sie doch."
Dieser Satz brachte mich noch mehr dazu, fürchterlich zu schluchzen, weshalb Louis mich vorsichig nach vorne schob, damit ich nach ihrer Matratze tasten und mich zu ihr setzen konnte. "Wir werden dich einen Moment allein lassen", informierte er mich, bevor alle aufstanden und den Raum verließen.
Zwar wollte ich erst protestieren, weil ich eigentlich nicht allein sein wollte, doch stattdessen nutzte ich die ruhige Minute, indem ich mich behutsam neben ihren Körper legte, der, obgleich er erschreckend kalt war, dennoch eine vertraute Wärme ausstrahlte. Langsam fühlte ich jeden einzelnen ihrer Finger und lauschte dem gleichmäßigen Piepen der Geräte, die ihre Herzschläge prüften und verrieten, dass sie noch lebte. Gleichzeig war das Rauschen ihres Beatmungsgerätes, welches durch die massive Beeinträchtigung der Lunge angeschlossen wurde, zu vernehmen.
Sie hatte viel Blut verloren und die Ärzte hatten immer wieder betont, welch Wunder es sei, dass sie ihren Verletzungen nicht schon im Krankenwagen erlegen war, sondern es tatsächlich bis zum Krankenhaus geschafft hatte. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass ihr Gehirn sich erholte und sie stabil genug war, damit ihre Lunge und ihre Organe noch weiter versorgt werden konnten.
"Ich liebe dich", wisperte ich, während der Schmerz sich tiefer unter meine Haut bohrte und ich nicht begreifen konnte, wie sie mir so nah und doch so fern sein konnte. Darüber hinaus erinnerte ich mich plötzlich an meinen Unfall damals, bei dem sie das Einzige gewesen war, an das ich bei der Kollision des Taxis mit der Leitplanke gedacht hatte. Durch den erschrockenen Schrei des Taxifahrers und das abrupte Rumreißen des Lenkrads war ich aus meinem Dämmern erwacht und hatte nur noch sehen können, wie die Lichter der Nacht sich um mich gedreht hatten und ich mit voller Wucht durch das Innere des Autos geschleudert worden war.
Anschließend hatte Ella nächtelang an meinem Krankenbett gesessen, mir vorgelesen und war nie von meiner Seite gewichen. Einmal, kurz nach der gescheiterten Augenoperation hatte sie sich einfach zu mir ins Bett gekuschelt und war innerhalb weniger Minuten in meinen Armen eingenickt. Natürlich hatte uns die Krankenschwester am nächsten eine Standpauke gehalten, wobei die uns vollkommen egal war.
Ich erinnerte mich, wie gut es sich angefühlt hatte, sie zu spüren, ihren vertrauten Duft einzuatmen und sich zumindest für wenige Stunden einigermaßen geborgen zu fühlen. So vergrub ich meinen Kopf nun auch in ihrem Nacken, ehe ich in einen leichten Schlaf abdriftete, das Piepen im Hintergrund ausblendend und mich nur auf das Gefühl, sie quasi in meinen Armen zu halten, konzentrierend.
Es fühlte sich so verdammt gut an.
Solange, bis man mich unsanft weckte und ein Arzt mich vom Bett zerrte. Solange, bis Louis mich auffing und seine Arme um mich schlang, immer wieder wiederholend, dass sie nun an einem besseren Ort sei. Solange, bis ich den lauten Ton bemerkte, der zeigte, dass ihr Herz aufgehört hatte, zu schlagen. Solange bis ich die Worte "Hirntod" und "Atemstillstand" hörte.
Meine kleine Schwester zu halten fühlte sich solange gut an, bis sie unter mir verstorben war -ein für alle Mal aus meinem Leben verschwunden.
Und ich konnte nichts dagegen tun. Ich konnte nur schreien, weinen und trotz Louis' haltender Hand vor dem Krankenzimmer zusammenbrechen, sodass mir irgendwann eine Beruhigungstablette gegeben wurde.
In dieser Nacht konnte nichts gegen diese Ohnmacht in mir tun, die mich von innen aufzufressen schien und mir mit einem Schlag jede Emotion nahm. In dieser Nacht konnte nichts gegen das große Nichts tun, was meine Schwester hinterlassen hatte.
Ich konnte einfach nur fallen.
In die Leere.
In die große Schlucht, die mich nach unten zog und zu verschlucken schien, ohne mir auch nur eine Möglichkeit zu geben, zu fassen, was geschehen war.
In jener Nacht vor sechs Jahren hatte ich mein Augenlicht verloren und war daran fast zerbrochen, doch in dieser Nacht verlor ich meine Schwester.
Und das schien mich auch nur innerhalb weniger Stunden umzubringen.
es tut mir leid. ich schwöre, anfangs war nicht geplant, dass sie stirbt.
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