Zweifelhafte Wahrheit
Es vergingen einige Tage, in denen Ceana sich sehr gut von ihrer Verletzung und auch ihrem Zusammenbruch erholte. Sie saß auf einer Bank in den wunderschönen Gärten Bruchtals, um sich etwas vom Training zu entspannen, zu dem die beiden Zwergenbrüder sie in der Früh überredet hatten. Kili ging es mittlerweile auch merklich viel besser, so das er sich mit seinem Bruder die Langeweile beim Training vertreiben konnte. Ab und an hatte Ceana die beiden auch mit Thorin trainieren sehen, bei dem die Brüder aber ganz schön einstecken mussten.
Bis vor knapp einer Stunde hatten Kili und Fili noch versucht ihr den Umgang mit Schwert und Bogen näher zu bringen, jedoch ohne sichtlichen Erfolg. Ihre menschliche Form war einfach nicht dazu gedacht eine Waffe zu führen, und so hatte sie den Brüdern am Ende einfach abgewunken, bevor diese vollends verzweifeln würden. Nicht, das die beiden so leicht aufgeben würden, aber in Ceanas Augen hatte es einfach keinen Zweck weiter zu üben. Zum kämpfen hatte sie schließlich ganz andere Vorteile.
"Herrin?" Die braunhaarige Elbin trat mit einer leichten Verbeugung aus dem grün berankten Torbogen des Gartens heraus, und schritt auf die Jägerin zu. Die hatte gerade noch kurz mit Bilbo gesprochen, der aber jetzt in den Kräutergarten verschwunden war, um sich die vielen verschiedenen Sorten erklären zu lassen.
"Nimel, sagte ich Euch nicht vor zwei Tagen das Ihr mich nicht mehr so nennen sollt? Ich mag diese Bezeichnung nicht.", mahnte Ceana die Elbin streng, ohne diese dabei anzusehen.
"Natürlich. Verzeiht, Ceana", entschuldigte Nimel sich hastig, und knetete nervös ihr Kleid zwischen den Fingern, worauf Ceana ihr ein kleines Lächeln schenkte. "Denkt bitte in Zukunft einfach daran. Ich bin keine Herrin."
"Gerne, ich werde mir Mühe geben daran zu denken", lächelte nun auch Nimel und seufzte erleichtert, bevor sie zu der schwarzhaarigen an die Bank heran trat. Erst jetzt fiel Ceana auf, das die Elbin ein wenig abgehetzt wirkte. Anscheinend war die Gute in Eile und hatte sie eine Weile nach ihr suchen müssen.
"Herr Elrond möchte Euch sprechen. Er befindet sich in der großen Bibliothek. Wenn Ihr wollt zeige ich Euch den Weg.", richtete Nimel ihr Anliegen aus.
"Danke das ist nicht nötig, ich weiß wo es lang geht", entgegnete die Jägerin, und seufzte innerlich traurig. Sie wusste was er von ihr wollte und hatte sich schon denken können, das Elrond darauf zurück kommen würde, und ebenso, das er sich damit nicht allzu lange Zeit lassen würde.
Da sie es so oder so nicht vermeiden konnte, wollte sie den Halbelb nicht länger warten lassen. Sie erhob sich und lächelte Nimel noch einmal kurz an. Durch ihre vielen Spaziergänge in Bruchtal, wusste Ceana wo die Bibliothek war, und machte sich auf den Weg zu eben dieser.
Als Ceana die große Bibliothek betrat, schlug ihr sofort der Geruch uralter Bücher entgegen, die zu hunderten, fein säuberlich sortiert in den vielen braunen Regalen standen, die diesen Raum säumten. Die Sinne der Jägerin waren fein genug, um den Staub praktisch riechen zu können.
An einem dieser vielen Holzregale stand Elrond, und schob gerade ein Buch zurück an seinen Platz.
"Habt ihr Euch ausreichend erholen können Jägerin?", fragte der Herr Bruchtals freundlich, als er ihr Eintreten bemerkte und sich zu Ceana umwandte.
"Ja Herr Elrond", entgegnete sie versucht freundlich, und zwang sich zu einem milden Lächeln, welches ihr nicht so recht gelingen wollte. "Habt Dank für Eure Hilfe." Sie verbeugte sich ganz leicht, was der Halbelb mit einem angehauchten Schmunzeln abwinkte.
"Ist schon in Ordnung Ceana, schließlich habt Ihr auch anderen geholfen."
Wieder nickte sie leicht, und sprach nun an was sie gerne vermieden hätte. "Ihr wolltet mich sprechen?"
"Ganz Recht", setzte Elrond an und machte ein kleine Pause. In dieser musterte er sein Gegenüber kurz, bevor er auf einen der Sessel deutete, die an einem großen Fenster standen, und Ceana somit anbot sich zu setzen. "Aber sagt Jägerin, wie geht es Euch?"
Er schwang das Thema, welches sie fürchtete, mit Absicht in eine etwas andere Richtung ein und Ceana war dankbar darüber. Es kam ihr zwar ein wenig albern vor, aber irgendwie wollte sie am liebsten gar nicht darüber reden. Es würde ihr doch nur wieder Ungewissheit und Schmerz bringen.
Sie nahm sein Angebot an und setzte sich auf einen der Sessel. "Ganz gut schätze ich", begann sie und sah auf den Boden vor ihren Füßen. "Es ist so viel anders als früher, aber in manchen Dingen auch immer noch gleich."
"Wie meint Ihr das?", fragte Elrond nach, als Ceana kurz stockte. Er lief in kleinen Kreisen am Fenster entlang, und hatte die Hände locker vor sich zusammen gefalten. Sie hob nun wieder ihren Kopf und sah den Halbelb direkt an. Er konnte die Trauer in ihren tiefblauen Iriden sehen.
"Die Orks sehen mich immer noch als eine der ihren an, und ich schätze bei den anderen Wesen der Dunkelheit wird es nicht anders sein. Dennoch fühle ich mich freier als damals, das steht außer Frage, aber irgendwie auch allein gelassen."
Ceana war im Grunde schon immer allein gewesen, denn Freunde kannte sie nicht. Dennoch war sie nie einsam, denn sie hatte ihren Bruder. Doch der war nun nicht mehr da. Nach tausenden von Jahren, in denen sie immer zusammen waren, war er nicht mehr an ihrer Seite.
"Belastet Euer Herz nicht unnötig Ceana, Ihr seit nicht länger allein. Ihr habt Weggefährten gefunden, vielleicht sogar Freunde, auf diesem Teil Eures Weges", versuchte Elrond ihr etwas Trost zu spenden, und hatte durch das Fenster einen guten Blick auf die Zwergengruppe, die auf einem der Plätze den Springbrunnen wieder mal zweckentfremdeten, und ihn zum baden benutzten. "Auch wenn ich mir eine bessere Gesellschaft vorstellen kann."
Ceana folgte seinem Blick und musste ob seiner Worte grinsen. "Eine Gesellschaft die weniger laut und ungehobelt ist?"
Nun musste auch Elrond schmunzeln, als Ceana ihm ins Gesicht grinste. Sie musste sich eingestehen, das er auch irgendwo Recht hatte. Sie hatte, auch wenn nur für wenige Wochen, schon einiges mit den Zwergen durchgemacht. Und einige von ihnen, konnte Ceana tatsächlich als Freunde bezeichnen.
Elrond wurde nach wenigen Minuten wieder ernst und schaute Ceana direkt in die Augen. Die wusste bei seinem Blick sofort was jetzt kommen würde.
"Um zu meinem eigentlichen Anliegen zu kommen, ich denke Ihr wisst warum ich Euch zu mir bat." Es war keine Frage.
"Ja, weiß ich", flüsterte Ceana, und schaute kurz wieder zum Boden. "Aber..", fuhr sie fort und schaute nun wieder entschlossen zu dem Herrn von Bruchtal. "Ich halte an meiner Meinung fest. Er wird nichts unrechtes tun!"
Elrond wunderte sich nicht darüber, hielt Ceana an dem fest, was sie bis jetzt hatte. Ihr Bruder. Dennoch musste er ihr ins Gewissen reden. Oder es zumindest versuchen.
"Seid Ihr Euch dessen wirklich so sicher Jägerin? Es gibt einige Umstände die dagegen sprechen."
"Das sind nur Gerüchte!", fuhr sie den Herrn Bruchtals an, doch der achtete nicht weiter auf den Einwand.
"In Dol Guldur treibt ein mächtiger Nekromant sein Unwesen. Es wurde ein weißer Wolf bei ihm gesehen, eine wahre Bestie." Ceana reichte es langsam aber sicher, doch bevor sie etwas dazwischen werfen konnte, setzte Elrond schon wieder an. "Kein weißer Warg, oder sonst ein anderes Wesen. Nein, ER wurde in dieser Festung Saurons gesehen. Er ist zu seinem Herrn zurück gegangen. Jetzt in diesem Moment ist er bei ihm!"
"Das kann nicht sein!" Ceana sprang von ihrem Sessel auf und schüttelte heftig den Kopf. Solche Anschuldigungen wollte sie nicht hören. Der Halbelb funkelte sie streng an.
„Das ist der Grund warum ich euch beide habe rufen lassen! Ihr solltet im Kampf gegen den Nekromanten, gegen Sauron helfen, stattdessen hat er einen seiner schrecklichsten Diener zurück!" Elrond war zum Ende hin immer lauter geworden, in der Hoffnung die schreckliche Wahrheit irgendwie in Ceanas Kopf zu hämmern.
Ceana war hin und her gerissen, lief in der großen Bibliothek auf und ab. Sie fühlte sich schrecklich und war mehr als verwirrt nach diesen schweren Worten. Auf der einen Seite glaubte sie an ihren Bruder, wollte ihm das nicht zutrauen. Auf der anderen Seite hatte Elrond keinen Grund sie anzulügen. Sie musste die Wahrheit herausfinden, ansonsten würde sie wohl oder übel völlig verrückt werden.
Ceana blieb stehen und schaute den schwarzhaarigen an, der sie die ganze Zeit kritisch gemustert hatte.
„Mit Verlaub Herr Elrond. Ich überzeuge mich selber davon." Mit erhobenen Kopf verließ Ceana die Bibliothek. Elrond schaute ihr kopfschüttelnd hinterher. Da war sie wieder, die Sturheit und der Stolz der Werwölfe.
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