Aufklärung
Kaum war Fili von seinen Fesseln und dem übelriechenden Sack befreit, kroch er zu Ceana rüber, die nur drei Meter neben ihm schwer keuchend auf dem Boden lag. Er kniete sich neben sie auf die Erde und strich ihr eine ihrer schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Für einen kurzen Moment, fing er noch den Blick ihrer tiefblauen Augen ein, bevor sie das Bewusstsein verlor. Zu groß und schwer war der Kampf mit sich selbst.
Hilfesuchend schaute der ältere von Thorins Neffen zu Gandalf, dessen Hand immer noch über der Frau schwebte, bevor er erleichtert aufatmete und den blonden Zwerg beruhigend anlächelte.
„Keine Sorge Fili. Es geht ihr soweit gut", sprach der Graue und Fili seufzte erleichtert, strich ihr wieder sanft über den schwarzen Schopf. „Sie ist nur stark entkräftet. Es hat sie viel Kraft gekostet euch zu schützen und....", weiter kam Gandalf mit seiner Erklärung nicht, da Thorin sich einmischte. Er stellte sich hinter den Zauberer und musterte Ceana misstrauisch, bevor sein Blick an Fili hängen blieb, der seine blauen Augen nicht von der Frau abwenden konnte.
„Was war DAS gerade Gandalf?", fragte der Zwergenfürst, das Tun seines Neffen nicht weiter beachtend. Gandalf erhob sich und sah etwas missmutig in die Runde der Zwerge, die sich um sie herum aufgestellt hatten. Bilbo hatte sich ebenfalls neben Ceana gehockt, genauso wie Kili, der seinem Bruder eine Hand auf die Schulter legte.
Er ahnte was in ihm vorging, hatte oft genug den Blick bemerkt, den der blonde Ceana zugeworfen hatte, obwohl sie so anders war, und er sie erst seit wenigen Tagen kannte.
Aber er wusste aus eigener Erfahrung, das Fili es prächtig verstand, hinter die Fassaden anderer zu blicken, war es oft genug bei ihm der Fall gewesen, wenn er etwas verbergen wollte.
„Nun meine Herren", begann der Istari und sah wieder auf die regungslose Frau, die zwischen Fili und Bilbo lag. „DAS war die wahre Macht eines Nachfahren des großen Draugluin." Entsetztes Raunen ging durch die Zwerge, denen immer noch der Schreck in den Gliedern saß.
„Also ist sie doch eine Bestie, eine Ausgeburt des Bösen!", brüllte Dwalin plötzlich aufgebracht und wurde von Nori und Dori lautstark unterstützt. „Sie wird uns alle umbringen!", ereiferte sich auch Gloin und fuchtelte wild mit seiner Axt rum. „Sie hätte nie mitkommen dürfen!"
Selbst Bifur brüllte was auf zwergisch und es dauerte nicht lange bis wieder eine hektische Diskussion in Gange war. „Lassen wir sie einfach hier liegen!", donnerte Dwalin den Zauberer an, der beschlossen hatte eine Pfeife zu rauchen, bis sich alle wieder beruhigt hatten.
Fili, Kili und Bilbo starrten zwischen dem großen Zwerg und Gandalf hin und her. War das sein Ernst?
Ihre Blicke huschten zu Thorin, der sich seltsamerweise aus dem Gezanke der anderen raus hielt, seinen Blick nachdenklich auf die Jägerin gerichtet. Er hatte gesehen was sie war, aber er hatte auch ihre Stimme gehört.
„Onkel" Fili sah den schwarzhaarigen bittend, ja schon fast flehend an. Warum er das tat wusste er selber nicht genau, aber in ihm regte sich seit kurzer Zeit etwas. Irgendwas hatte Ceana in ihm ausgelöst, das sie ihm so wichtig geworden war.
Sie war kein Monster wie alle dachten, auch wenn es gerade danach ausgesehen hatte. Er glaubte weiter an sie und war froh seinen Bruder und Bilbo bei sich zu wissen.
Thorin fing den Blick seines Neffen ein, und es versetzte ihn einen Stoß den blonden so zu sehen. Auch ihm war die Zuneigung, die Fili für Ceana empfand, nicht verborgen geblieben, auch wenn er es bestens verstand, nicht darauf einzugehen. Er atmete tief durch und wandte sich an den Zauberer, aber nicht ohne vorher führ Ruhe zu sorgen.
„Schluss jetzt!", donnerte der Zwergenfürst und das laute Gezanke der Zwerge erstarb sofort.
„Gandalf, ihr ward vorhin noch nicht fertig. Klärt uns bitte auf. Jeder von uns hat es gesehen", bat er den Istari, der leicht schmunzeln musste und den beiden Brüdern einen kurzes ermutigendes Lächeln zuwarf. Die waren von ihrem Onkel zugegebenermaßen erstaunt, hatten sie was völlig anderes erwartet. Gerade von ihm, der von Anfang an dagegen war, hätten sie gedacht das er kurzen Prozess mit der Jägerin machte.
„Nun, wenn Zwerge ihr Temperament zu zügeln wüssten, hätte ich das schon längst tun können", warf der Zauberer ärgerlich in die Runde, bevor seine Züge wieder etwas weicher wurden.
„Also, wie ich schon sagte, war das Ceanas wahre Macht.", fing er noch einmal von vorne an, und blickte jeden warnend an, der irgendetwas dazu sagen wollte. „Ceana ist von Sauron vor vielen Jahrhunderten erschaffen worden. Als Nachfahre Draugluins, schlummert diese Macht tief in ihrem inneren. Die Macht der wahren Jägerin", setzte er fort und sah betroffen zu der Frau, die Fili mittlerweile in seine Arme gezogen hatte.
„Sie hat mit uns gesprochen", flüsterte der blonde, ohne den Blick von Ceana zu nehmen. „Nicht die Bestie, sondern Ceana. Sie hat gesagt das uns nichts passiert."
„Das zeigt wie wichtig ihr alle für sie seid. Werwölfe sind sehr stolze Wesen und handeln auch manchmal etwas überstürzt. Um euch vor den Trollen zu bewahren, sah sie anscheinend keinen anderen Ausweg, als die Bestie in ihrem inneren freizulassen.", sprach der Zauberer weiter, bevor er eine kleine Pause machte und seufzte.
„Ein riskanter Weg, der ihr all ihre Kraft gekostet hat. Doch nahm sie lieber ihren eigenen Verlust in kauf, als euer aller Leben."
Nach den Worten Gandalfs sahen sich die Zwerge wortlos an. Sie fühlten sich schlecht, hatten sie voreilig Schlüsse gezogen. Bilbo nahm Ceanas Hand und sah die Jägerin nachdenklich an, bevor er sich an Gandalf wandte.
„Gandalf, wie meinst du das, 'ihren eigenen Verlust'?", fragte der Hobbit, und alle Augen richteten sich wieder neugierig auf den Zauberer.
„Nun Bilbo, wenn unsere Freundin hier, zu diesem Schritt greift, teilt sie ihre Seele. Das Gute kämpft gegen das Böse um nicht die Kontrolle zu verlieren, und dem dunklen Lord erneut zu verfallen. Das Gute in ihr, hat auch zu euch gesprochen. Das war die Ceana. die ihr kennt. Ihr braucht euch nicht vor ihr zu fürchten. Sie würde lieber sterben, als dem Bösen die Oberhand zu lassen."
Bilbo schluckte ob der Worte des Grauen Zauberer und er wusste nicht was er noch sagen sollte. Seine restliche Stimme versagte ihm. Ihm wurde bewusst was Ceana für sie alle riskiert hatte. Traurig blickte er auf die schwarzhaarige in Filis Armen.
Thorin war der erste der seine Stimme wieder fand.
„Fili, Kili, ihr und Bilbo bringt sie zum Lager zurück, und passt auf bis sie wieder zu sich kommt. Sie bleibt bei uns!", machte er klar und blickte ernst in die Gesichter der anderen Zwerge, die daraufhin einstimmig nickten.Der Bann, der über den Zwergen und Ceana hing, schien gebrochen.
Fili fiel ein Stein vom Herzen und Kili klopfte seinem Bruder grinsend auf die Schulter. „Siehst du Bruderherz, alles wird gut."
Sie nahmen Ceana mit ins Lager und legten sie auf Bilbos Schlafplatz, da die Brüder, durch ihren Wachdienst bei den Ponys, keinen hatten. Bilbo machte das nichts aus, er wollte bloß das sie wieder aufwachte.
Die restlichen Zwerge suchten mit Gandalf nach einer Höhle. Trolle durften bei Tageslicht nicht draußen sein, also mussten sie irgendwo in der Nähe ihren Hort haben.
Die Höhle war schnell gefunden, und es dauerte nicht all zu lange, bis die anderen wieder kamen. Ceana schlief noch, und so befahl Thorin zu warten, bis sie wieder aufwachte. Erst dann würden sie weiter reisen.
Glücklich und dankbar darüber, nahm Fili die schwarzhaarige wieder in seine Arme, so das ihr Oberkörper auf seinem Schoß ruhte. Er selber lehnte sich mit dem Rücken an Kili, der breit grinsend hinter ihm saß, und seine Pfeife rauchte.
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