22. handwriting

PoV Draco

Gelangweilt kaute ich auf meinem Federkiel herum. Für alle anderen musste es aussehen, als wäre mir ein Teil der Feder abgebrochen, doch es war einer der Zuckerfederkiele aus dem Honigtopf.

Die waren wirklich praktisch, wenn man, wie ich gerade, mit den Griffindors in einem stickigen Klassenzimmer saß, kurz vor den Abschlussprüfungen, und Hermine den Unterricht mal wieder ganz alleine machte, weil keiner der anderen motiviert genug war, sich beim Mitschreiben auch noch zu melden.

Mein Problem war allerdings noch etwas anderes. Der Schüler, der normalerweise vor mir saß, seinen Kopf immer mit Ron und Hermine zusammen steckte und sogar von hinten verboten gut aussah, war nicht hier.

Harry hatte sich beim letzten Quiddich Spiel mehrere Knochen gebrochen, weil ein Jäger aus Hufflepuff ihn in fast zehn Metern Höhe vom Besen gestoßen hatte, um zu verhindern, dass der Gryffindor den Schnatz fing.

Zabini hatte mich nach dem Spiel fest halten müssen, um zu verhindern, dass ich die Wut und meine Besorgnis über Harry an diesem unfähigen Hufflepuff ausließ.

Das änderte aber nichts daran, dass Harry trotzdem für zwei Tage in den Krankenflügel musste und den Unterrichtsstoff verpasste.

Und was viel schlimmer war: ich konnte ihm nicht mehr dabei zu sehen, wie er in Verwandlung verschiedenste Zauber versuchte, wie er sich ärgerte wenn er es nicht schaffte und wie er sich freute, wenn alles klappte.

Die Liebe war schon etwas sehr Bescheuertes, da verliebte man sich in jemanden, der so unerreichbar war wie der Mond.

Als um mich herum alle Schüler anfingen, ihre Sachen zusammen zu packen, schreckte ich aus meinen Gedanken hoch und begann ebenfalls, meine Sachen in die Tasche zu werfen und schnellst möglich aus dem Klassenzimmer zu verschwinden.

Wir hatten eine Freistunde, also machte ich mich auf den Weg in den Slytherin Gemeinschaftsraum. Ich wusste, dass ich die Zeit zum lernen nutzen sollte, konnte mich aber nicht dazu aufraffen, meinen Blick vom Fenster abzuwenden und an Harry zu denken.

Erst, als die Stunde fast zu Ende war, riss mich etwas aus meinen Gedanken. Eine Schuleule. Sie kam durchs Fenster geflogen und setzte sich auf den Tisch vor mir. Dann streckte sie mir auffordernd den Brief entgegen, den sie im Schnabel hielt. Sobald ich das Stück Pergament angenommen hatte, schwang sich der Waldkauz wieder in die Lüfte und verschwand durch dasselbe Fenster durch das er gekommen war.

Verwundert suchte ich den Zettel in meiner Hand nach einem Absender ab, doch da stand nichts. Erst als ich den Brief auffaltete, konnte ich lesen:

>>Hey Draco,
das ist eigentlich völlig bescheuert, weil ich eh nie den Mut haben werde, dir zu sagen, wer ich bin, aber ich muss das los werden.
Ich liebe dich...
Schon komisch, wie man sich in Leute verlieben kann, die so unerreichbar sind wir der Mond.
Naja du wirst mit dieser Info nicht viel anfangen können, aber irgendwie ist es eine Erleichterung, zu wissen, dass du es jetzt weißt<<

Verwirrt las ich mir den Brief noch einmal durch. Was sollte das denn? Die Absenderin - ich ging davon aus dass es ein Mädchen gewesen war, immerhin wusste nur Zabini dass ich schwul war - hatte völlig recht, ich konnte mit diesem Brief nichts anfangen.

Obwohl...

Diese Handschrift kam mir bekannt vor. Sie war nicht stark geschwungen, im Gegenteil eher minimalistisch gehalten, in Druckbuchstaben, aber auf ihre eigene Weise schön und irgendwie elegant.

Ich nahm mir vor, einmal die Schrift von Pansy und ein paar anderen Mädchen mit dieser hier zu vergleichen, rein interessehalber.

~~~

Drei Wochen später hatte ich den Brief schon wieder fast vergessen. Pansy war es nicht gewesen, auch sonst keine Slytherin die ich besser kannte, und bei den anderen Mädchen konnte es mir ja egal sein.

Jetzt gerade war etwas völlig Anderes relevant, ich war nämlich auf dem Weg zu unserer Prüfung in Verwandlung.

Am Klassenzimmer angekommen sah ich, dass schon gut der halbe Jahrgang versammelt war und wartete, also stellte ich mich dazu und wurde schon bald von einer Gruppe Slytherins in ein Gespräch mit eingebunden.

Etwa fünf Minuten später trudelten die letzten Schüler ein und schließlich rauschte Professor McGonagall mit einem Stapel Pergamentrollen unter dem Arm den Gang entlang und betrat mit den Schülern das Klassenzimmer.

Nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten, kehrte angespannte Ruhe ein, während Professor McGonagall die Üblichen Regeln bezüglich abschreiben erklärte.

Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Ich hatte gelernt und es nicht nötig abzuschreiben. Meine Aufmerksamkeit lag wieder auf Harry, der gesund und munter schräg vor mir saß.

Als wir allerdings anfangen durften zu schreiben, richtete ich den Blick auf mein Blatt und begann, die Fragen zu beantworten.

Etwa zwei Stunden später war ich endlich fertig. Erschöpft lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und begann, mir die Fragen noch einmal durchzulesen und sicher zu gehen, dass ich alles beantwortet hatte.

Dann ließ ich meinen Blick ein wenig umher schweifen und blieb schließlich wieder an Harry hängen. Er war über sein Blatt gebeugt und drehte seinen Federkiel zwischen den Fingern hin und her, während er überlegte.

Dann schrieb er eine Antwort auf sein Blatt.

Und mir blieb fast das Herz stehen.

Ich kannte diese Schrift. Minimalistische aber elegante Buchstaben - das war die Schrift mit der mein Liebesbrief geschrieben worden war.

Geschockt starrte ich wieder auf mein eigenes Blatt und wagte es nicht, noch einmal auf zu sehen.

Es durfte nicht wirken, als wollte ich abschreiben. Und doch musste ich noch einmal einen Blick auf dieses Blatt Pergament werfen!

Einige Minuten saß ich angespannt auf meinem Platz, bis ich plötzlich eine Idee hatte.

Ich packte meine Sachen zusammen, griff mir die Aufgaben vom Tisch und machte mich auf den Weg nach vorne zu Professor McGonagalls Pult, auf dem schon einige abgegebene Arbeiten lagen.

Mit langsamen Schritten und wackeligen Knien tappte ich nach vorne und schielte dabei zur Seite. Immer näher kam ich Harrys Tisch und immer größer wurde meine Aufregung.

Und schließlich sah ich seine Schrift. Nur einen Sekundenbruchteil. Doch er reichte, um mir absolut sicher sein zu können, dass ich den Brief von ihm bekommen hatte.

Ein Kribbeln durchlief meinen Körper wie eine Welle und ich ging weiter, bis zu Professor McGonagall, legte meine Schriftrolle neben die anderen und verließ schnell den Raum.

Verwirrt, erleichtert, überwältigt und nicht fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, lehnte ich mich gegen die Wand im Korridor und schloss meine Augen, um kurz durchzuatmen.

Abrupt wurde ich aus meiner Starre gerissen, als die Tür des Prüfungsraums auf ging. Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte in das ebenso verwunderte Gesicht von Harry, der gerade die Türe hinter sich schloss.

Er schien sich allerdings schneller wieder zu fangen als ich, denn während ich immer noch wie eingefroren, mit leicht geöffnetem Mund geradeaus starrte, nickte Harry mir flüchtig zu und machte sich auf den Weg in Richtung Gryffindor Gemeinschaftsraum.

Erst als er um eine Ecke verschwunden war, atmete ich auf. Um dann sofort zu realisieren dass es ziemlich dumm war, ihn weg gehen zu lassen. Immerhin konnte ich mir doch sicher sein, dass er meine Gefühle erwiderte, oder?

Es war seine Schrift gewesen!

Ich haderte mit mir selbst, währen die Sekunden verstrichen und Harry sich immer weiter von mir entfernte.

Und endlich fasste ich einen Entschluss.

Ich musste es tun. Würde sonst keine Ruhe finden. Also rannte ich los, übersprang Treppenstufen, nahm Abkürzungen und kam schließlich schlitternd vor dem Portrait der fetten Dame zum stehen.

Niemand sonst war auf dem Gang.

Ich hatte ihn verpasst.

Resigniert machte ich einen Schritt zurück und hörte hinter mir eine Stimme.

Die Stimme.

"Malfoy, was machst du denn hier?", fragte Harry, der gerade die letzten Stufen der Treppe hoch stieg.

"Ähhhh...", setzte ich an, "du... äh... also ich... verdammt!" Für einen ganz kurzen Moment schloss ich meine Augen um mich zu beruhigen und sagte dann: „Schon seltsam, dass man sich in eine Person verliebt, die so unerreichbar ist wie der Mond..."

Während ich gesprochen hatte war Harry kreidebleich geworden und starrte mich jetzt überrumpelt, verwirrt und mit einem Hauch Panik in den Augen an.

Als er einen Schritt zurück machen wollte zögerte ich nicht, die zwei Meter zwischen uns mit ein paar Schritten zu überwinden und ihn fest zu halten, damit er nicht weg lief.

„Ich kenne deine Handschrift, Harry...", murmelte ich, „der Brief war von dir, oder?"

Lange schwieg mich der Schwarzhaarige an. Ich konnte sehen, dass er mit sich selbst kämpfte, nicht wusste was er sagen sollte, doch schließlich platzte die Antwort aus ihm heraus:

"Ja der Brief war von mir. Das war total dumm und... Sorry. Und auch wenn du mich eh schon hasst, kannst du das bitte für dich behalten?"

Kurz überlegte ich und murmelte dann: "Kann ich schon, aber ich hätte auch nichts dagegen, es öffentlich zu machen", bevor ich ihn noch näher zu mir zog und ihn küsste.

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