Kapitel 7

Ein Tropfen. Welcher aus einigen Metern Höhe auf den kalten Marmorboden krachte, zersprang und dabei das ganze Manor in ein Echo hüllte, welches wieder und wieder auf ihn zurückprallte. Das war das Erste dass er hörte als er nach all den Jahren zurück in diesem Palast der Qualen war. Und es hätte nicht passender sein können. 

Ein einsames Geräusch, still irgendwie und doch unheimlich genug um diesem verlassenen Ort etwas von seiner Macht zurück zu geben. Ihm Leben einzuhauchen. Er atmete einmal tief durch. Hier war sein Zuhause, er wurde hier geboren, verbrachte seine Kindheit hier. Wie kam es das es nun gerade, für ihn nicht mehr als ein Ausdruck eines abscheulichen Kapitels seines Lebens darstellte? Wann waren seine Gefühle so sehr ins Negative gesprungen? Er wusste es nicht, doch es stimmte ihn traurig. 

"Warum hier?" hörte er Katelin fragen und auch ihre Stimme hallte in dem kalten Gemäuer wider. Draco zuckte ahnungslos mit den Schultern. "Es war das Erste das mir eingefallen ist. Hier war bestimmt seit Jahren niemand mehr und nur ein Malfoy hat Zutritt zum Manor. Uns kann also keiner zuhören." erklärte er schließlich und sah an Katelins Schatten wie sie langsam nickte. 

"Gehen wir." sagte er nach einer weiteren Weile, dann nahm er sie an der Hand und führte sie in den großen Saal, indem zuletzt niemand anderes behütet wurde als der dunkle Lord höchst persönlich. 

Doch anstatt das blonde Mädchen an den Tisch zu führen, zog er sie hinüber zu der bequemen Sitzecke, an der nur selten jemand anzutreffen war und setzte sich mit ihr auf die, mit grünen Samt überzogene, Couch. Mit einem Schlenker seines Zauberstabes entfachte er das Feuer welches sofort eine angenehme Wärme über den Raum legte und die Finsternis etwas vertrieb.

Langsam wandte er seinen Blick zu Katelin. Sie saß so aufrecht es ihr möglich war und blickte sich unsicher in dem Raum um. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt und sorgsam auf ihrem Schoß abgelegt, er konnte die Furcht in ihr regelrecht spüren. Vorsichtig griff er nach ihren Händen, rückte etwas näher zu ihr heran und begann damit sie sanft zu massieren. 

Sie schluckte. "Es ist dieser Ort, ich habe schreckliche Geschichten gehört. Es fühlt sich so an als wären sie noch immer hier." meinte sie flüsternd und spannte sich unwillkürlich weiter an. "Ich weiß." sagte er verständnisvoll und sah sie aus seinen grauen Augen heraus an. "Glaub mir ich höre sie noch immer schreien. All die Menschen die hier so furchtbare Qualen erleiden mussten..." er blickte kurz auf den Fleck an dem sie damals lag und sofort zog sich sein Herz zusammen. Er hätte sie retten müssen, er hätte etwas tun können. Doch er war damals noch so blind gewesen, so verdammt dumm. Hatte verzweifelt versucht seine Ideale festzuhalten, wollte nicht dass sie ihm entglitten. Jetzt spürte er nur noch Verachtung für diesen abscheulichen Teil seines damaligen Selbst.

"...oder sogar starben." sagte er weiter. Dann sah er zu ihr zurück und strich einmal sanft mit seinem Daumen über ihren Handrücken. "Katelin was weißt du über meine Mutter?" fragte er und drängte so die stummen Schreie etwas weiter in seinen Kopf zurück. 

Die Blonde sah ihn unsicher an, dann nickte sie ehe sie zu sprechen begann: "Es ist schon eine Weile her dass sie sie zu uns gebracht haben. Der Chefarzt meinte dass das alles streng geheim ist und wir keiner Menschenseele etwas davon erzählen dürfen... aber du bist doch ihr Sohn... ich meine... du hast doch ein Recht?" Ihre Stimme wurde dünner und sie fing an zu stottern. Sie war sich unsicher ob sie das hier tun sollte, doch ihr Verstand sagte ihr immer wieder, dass Draco es wissen sollte. 

"Es wäre ein riesen Skandal, würde die Öffentlichkeit erfahren dass wir eine Todesserin behandeln doch..." "- sie ist keine Todesserin." fiel ihr Draco sofort ins Wort. Er hasste es wenn jemand seine Mutter so nannte. Sie hat nie das dunkle Mal getragen, sie war keine von denen. Von ihnen...

Die Blonde schluckte. "Es... es... tut mir leid, ich..." stammelte sie verwirrt. Dann fing sie sich augenscheinlich wieder und fuhr fort: "...dass wir eine Frau behandeln die mit Todessern in nahem Kontakt steht, doch wir müssen es tun. Wir haben einen Schwur geleistet. Jedes Leben ist wertvoll, ganz gleich wie unbedeutend es scheinen mag. Viele der Menschen würden versuchen uns daran zu hindern unsere Arbeit zu verrichten. Sie würden versuchen deine Mutter zu töten. Es gibt noch so viele die von ihrem Hass geleitet werden, deshalb sollten wir es keinem erzählen. Um sie zu schützen." kam sie zum Ende und Draco sah sie verwirrt an. 

"Das verstehe ich doch, nur warum will mir dann niemand etwas erzählen? Ich bin ihr Sohn verdammt! Warum habe ich denn diesen Brief bekommen, wenn ich es nicht wissen sollte? Wozu werde ich hierher eingeladen, wenn dann jeder leugnet dass meine Mutter im Sankt Mungos ist?" fragte er aufbrausend und drückte sich verzweifelt die Hände gegen seine Schläfen. 

"Ich weiß es nicht Draco. Der Arzt hat immer wieder betont dass alles unter stricktem Verschluss steht. Er meinte dass absolut niemand außer den Wärtern in Askaban und uns weiß, dass sie hier ist. Niemand. Weißt du wie überrascht ich war als du mir von dem Brief erzählt hast?" antwortete ihm Katelin und drückte seine Hände sanft. 

Draco sah niedergeschlagen auf den samtigen Stoff der Couch. "Warum darf ich sie nicht besuchen? Ich bin ihr Sohn. Ich will doch nur wissen wie es ihr geht." flüsterte er. Katelin rutschte komplett zu ihm herüber und legte ihm tröstend einen Arm um die Schulter. "Ich weiß es nicht." sagte sie erneut, diesmal voller Mitleid. "Weißt du wie es ihr geht?" fragte er nach einigen Minuten in denen niemand etwas gesagt hatte und sah zu ihr hoch. "Schlecht." sagte sie lediglich. "Geht das auch etwas genauer?" sagte Draco gereizt und spannte seinen Körper etwas an. "Bist du dir sicher dass du das hören möchtest?" fragte die Krankenschwester vorsichtig und als der Blonde nickte, rutschte sie zurück und sah ihn ernst an. 

"Als sie zu uns gebracht wurde, waren die Drachenpocken bereits sehr weit fortgeschritten und es wird jeden Tag schlimmer. Sie ist kaum mehr wach, keiner versteht wirklich was sie von sich gibt. Sie halluziniert, hat ständig Fieberträume und wird immer dünner. So dünn dass ihre Knochen deutlich hervortreten. Wir müssen sie künstlich ernähren. Sie ist blass, sehr blass. Ihre Haut sieht mittlerweile nur noch aus wie Reispapier. Man hat beinahe Angst man könnte sie bei jeder Berührung zerreisen. Lediglich der Chefarzt und zwei Krankenschwestern wissen von dem Aufenthalt deiner Mutter. Unser Arzt ist täglich für mehrere Stunden bei ihr und versucht sein Bestes. Die Krankheit ist alt Draco, doch deswegen ist sie trotzdem nicht gut erforscht. Sie ist sehr komplex und es erfordert sein ganzes Können deine Mutter am Leben zu erhalten. Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie lange sie das noch schafft. Es tut mir so leid." sagte sie sanft, doch das half Draco nicht. 

Sie würde sterben. Seine Mutter würde sterben. Es war eine Sache diese Gedanken zu hegen, doch eine ganz andere es als Tatsache aus dem Mund einer anderen Person zu hören. Sie war schwach, die Krankheit saugte das Leben aus ihr heraus. Sie lag dort in diesem Krankenhaus, einem Ort der ihr völlig unbekannt war und niemand war an ihrer Seite. Sie musste Angst haben, sie wusste nicht was los war und wenn sie halluzinierte, würden sie vermutlich schreckliche Tagträume plagen. Und er konnte absolut nichts dagegen tun. 

Tränen stiegen ihm in die Augen. "Kannst du mich bitte zu ihr bringen?" fragte er Katelin verzweifelt und zerquetschte beinahe ihre Hand. "Ich muss sie sehen, noch ein letztes Mal. Wenn es wirklich so schlecht um sie steht, dann muss ich für sie da sein. Ich will ihr doch nur die Hand halten und sagen dass alles gut wird. Dass ich sie liebe..." 

Katelin hatte Draco noch nie so verzweifelt gesehen und es zerriss ihr das Herz. Vorsichtig befreite sie ihre Finger aus seinem strengen Griff und wischte ihm sanft die Tränen aus den Augenwinkeln. "Leider nein. Sie steht unter Quarantäne, die Krankheit ist sehr anstecken. Wir müssen nachdem wir bei ihr waren immer unter eine chemische Dusche. Außerdem ist ihr Zimmer immer an einem anderen Ort. Das dient zu ihrem Schutz. Ich erfahre immer erst wo sie sich befindet wenn ich zu ihr soll und gleich danach wird der Ort auch schon wieder verlegt. Der Einzige der wirklich weiß wo sie ist, ist unser Chefarzt und den kann ich nicht fragen." sagte sie enttäuscht und auch etwas schuldig, doch das interessierte Draco nicht. 

"Dann sag mir wie dieser Chefarzt heißt, dann frag ich ihn persönlich." sagte er gereizt doch wieder schüttelte Katelin mit dem Kopf. "Das weiß ich leider nicht. Ich weiß nicht einmal wie er aussieht. Niemand weiß das. Er ist ein sehr geheimnisvoller Mann, er behandelt nur spezial Fälle und immer wenn jemand mit ihm Kontakt hatte, bekommt er einen Obliviate. Das dient dazu dass niemand plaudern kann und die Presse ihn nicht zu den Patienten befragen kann." erklärte sie etwas hilflos.

Fassungslos stand Draco unvermittelt auf, sein Gesicht vor Wut verzerrt. War das etwa ein schlechter Scherz? Niemand wusste wer dieser Kerl war? Und ausgerechnet er behandelte seine Mutter? "Toll, dann war das hier also reine Zeitverschwendung?" schrie er das Mädchen an und merkte wie seine Gefühle ihn überwältigten. Sie wollte ihm nicht helfen, das lag doch auf der Hand. Es gab Möglichkeiten aber ihr Job war ihr zu wichtig. Sie war nutzlos. So wie schon immer. Ein nutzloses kleines Mädchen. Er hatte so viel Zeit verloren, Zeit in der er seine Mutter schon drei Mal gefunden hätte. 

"Geh jetzt, ich kann dich nicht mehr gebrauchen." sagte er emotionslos und sah deutlich wie die Verwirrung sich in Katelins Gesicht schlich. "RAUS!" schrie er sie schließlich an, da sie nicht die Anstallten machte sich zu bewegen und kurz darauf sprang sie auf und verließ das Manor. Dummes Ding. Warum hatte er auch nur eine Sekunde gedacht sie könnte ihm irgendwie weiter helfen? Es war wie es nun mal immer war: Wenn man etwas Richtig machen wollte, machte man es am besten Selbst. Und genau das hatte Draco nun vor. Er würde seine Mutter sehen, er würde für sie da sein. Und dafür musste er als erstes herausfinden wer der Chefarzt des Sankt Mungos war. Und das durfte nun wirklich nicht so schwer sein. 

***
Es war spät Abends als sich Draco in seine ehemalige Firma schlich. Das Alarmsystem war noch das gleiche wie vor zwei Jahren, sie hatte nicht einmal den Code geändert, es war beinahe lächerlich einfach. Er war zu dem Schluss gekommen, dass er hier am besten anfangen sollte. Immerhin war das Sankt Mungos ein Krankenhaus, welches auf Zaubertränke angewiesen war. Es wäre wenig überraschend wenn sein ehemaliger Arbeitgeber sie beliefern würde. Und das wiederum bedeutete, dass jemand die Tränke bestellte. Es würde ihn nicht wundern wenn die Order vom Chefarzt stammte. 

Im Licht seiner Zauberstabes schlich er leise die langen weißen Flure entlang, ehe er zu seinem Zielort gelangte. Das Büro von Botjev. Hier wurden sämtliche Akten der Kunden aufbewahrt. Doch als er die Tür öffnen wollte, schwang sie nicht auf. Sie war verschlossen. "Alohomora." murmelte der ehemalige Slytherin, hegte allerdings wenig Hoffnung dass das tatsächlich funktionierte. Und tatsächlich, es tat sich gar nichts. Es wäre auch zu schön gewesen, dachte sich der Blonde als er wütend gegen die schwere Stahltür schlug und seine Hand anschließend einfach an dem kühlen Metall hinabgleiten ließ. 

Als seine Augen die Bewegung verfolgten erkannte er in dem schwachen Schein des Lumos, ein kleines Symbol über dem Schlüsselloch. Es waren drei einfache schräge Querstreifen. Verwirrt runzelte der ehemalige Slytherin die Stirn. Das hatte er noch nie gesehen. Doch es brachte ihn auch nicht weiter. Er brauchte einen Plan um durch diese Tür zu kommen und leider fiel ihm nur ein einziger Mensch ein der das konnte. 

Sie war, aus welchem Grund auch immer, Botjevs Freundin und nebenbei auch die begabteste Hexe die er jemals kennengelernt hatte. Zu seinem Bedauern war sie aber auch die Frau die er fürchterlich verletzt hatte und bei der er sich geschworen hatte, sich von ihr fern zu halten. Verzweifelt stieß er den Atem aus. So sehr er sich auch wünschte ihr den Gefallen zu tun und ihre Nähe zu meiden, es ging hier um seine Mutter. Er musste also Hermione Granger um Hilfe bitten. 

Doch wie bei Merlin sollte er das nur anstellen?

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