Kapitel 24

„Hau ab Draco!" rief Hermione ihm zu. Sie hatte keine Ahnung ob Narzissa das überleben würde, doch sie war sich sicher, das Botjev ihr keinen weiteren Schaden zufügen würde, wenn Draco nicht dabei zusieht. Viel mehr würde sie nicht verkraften und wenn Mrs. Malfoy nicht vor den Augen ihres Sohnes stirbt, hätte er seine Rache vergeudet.

„Fessel ihn!" befahl Christian Tarry, weshalb Draco beinahe im selben Moment, von Seilen umschlungen wurde. Nein! Dachte sich Hermione. Er würde ihn zwingen zuzusehen. Es war alles Teil von Botjevs Plan. Er hatte es ihr gerade erst erzählt. Draco sollte genauso leiden, wie auch Christian gelitten hatte. Und hier war seine Mutter, halb tot gequält. Er würde ihn zusehen lassen wie er sie umbrachte. Blut verlangt nach Blut.

Draco Malfoys Augen huschten kurz zu Hermione, weiteten sich unmerklich, dann glitten sie zurück zu seinem damaligen Chef. Ein kurzer Stich in seinem Herzen erinnerten ihn an die verfluchten Gefühle die er für sie hegte. Es tat weh sie dort zu sehen, auf der Liege, festgeschnallt wie ein Versuchsobjekt. Über seine Mutter wollte er gar nicht erst nachdenken. Ein winziger Blick auf sie hatte gereicht, um seinen Hass gegen diesen Mann ins unermessliche zu treiben. Die Bilder waren, im Gegensatz zu ihrer jetzigen Verfassung, beinahe Modelhaft.

Er atmete einmal tief durch. Er musste rational bleiben, wenn das hier funktionieren sollte. Kalt, emotionslos. Wie er es gelernt hatte. Der perfekte Todesser. Gefühle lenkten ihn nur ab, verschleierten seinen Blick für das Wesentliche. Doch das war entscheidend, wenn er sie beide lebend hier rausbekommen wollte. Das Wesentliche. Ein erneuter Stich in seinem Herzen. Was hatte er ihnen nur angetan? Dieses Monster! Warum? Er fühlte wie ihn die Emotionen überrannten, versuchte unerbittlich dagegen anzukämpfen. Doch es war leichter gesagt als getan. Hier ging es um seine Mutter und um das Mädchen das er liebte. Er hasste sich selbst dafür wie er reagierte, doch er konnte es nicht unterdrücken.

„Lass sie gehen Botjev. Du willst das ich leide? Dann lass mich leiden. Aber sie haben damit nichts zu tun!" schrie er ihn an, seine Stimme loderte vor Zorn. Doch sein Gegenüber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegenteil, er hatte doch tatsächlich die Dreistigkeit überlegen zu Grinsen. „Du leidest bereits jetzt mehr, als wenn du selbst auf einer dieser Liegen angeschnallt wärst. Doch glaub mir, das ist gar nichts." in seinen Augen funkelte das Feuer der Rache.

„Ich mach dich kalt, wenn du sie nicht sofort frei lässt!" schrie Draco. „Ich werde mich befreien, schneller als dir lieb ist und dann, bring ich dich um!" Wieder dieses Grinsen, welches sich auf Botjevs Gesicht niederließ. „Das würde ich mir gut überlegen. Wenn du mich tötest, sterben sie beide." er machte eine ausschweifende Handbewegung auf Hermione und Narzissa. Dann erhob er seine Stimme zu einem Befehlston und kommandierte: „Tarry, Dr. Gris. Zauberstäbe auf die Gefangenen."

Sofort ging die Rothaarige um Draco herum auf Hermione zu und durch eine unscheinbare Türe in dem Raum, erschien der Schreckensarzt höchstpersönlich. Seine Lippen waren zu einer dünnen Linie gepresst, als er zu Narzissa ging und ihr seinen Zauberstab unter das Kinn drückte.

„Ich lasse dir die Wahl Malfoy. Wer soll sterben? Deine Mutter oder deine Geliebte?"

Erschrocken sah Draco ihn an. Dann den Blick auf Hermione. Ungläubig starrte sie zu Botjev. Zwei Sekunden blieb sein Blick an ihr hängen, dann, die Augen auf Narzissa. „Nimm mich!" erklang dann plötzlich die kratzige Stimme seiner Mutter. „Ich bin sowieso schon tot, rette sie!" flehte sie ihn an. „Still!" sprach der russische Mann ein Machtwort. Die Blonde schwieg, doch der Ausdruck in ihren blauen, beinahe leeren Augen blieb. Sie sah so zerbrechlich aus. Er war hergekommen um sie zu retten, er würde niemals zulassen, dass sie stirbt. Genauso wenig wie er Hermione sterben lassen würde. Wenn er sich entschied, hatte Botjev gewonnen.

Angst machte sich in dem ehemaligen Slytherin breit. Was sollte er tun? Er war mit einem Plan hier hergekommen, doch würde dieser auch funktionieren? Es war riskant. Viel zu riskant vermutlich, aber immer noch besser als einfach zuzusehen. Warum hasste dieser Mann ihn nur so?

„Du fragst dich bestimmt womit du das verdient hast richtig? Keine Sorge, es liegt nicht an deinen miserablen Fähigkeiten als Tränkemeister." nahm Botjev das Wort an sich, als Draco nichts weiter sagte. Er zog ein Bild aus seiner Hosentasche und ließ es zu Malfoy hinüber schweben. „Das war meine Familie. Erinnerst du dich an sie? An ihre Gesichter? An ihre Schreie?" fragte er wütend während der Blonde das Bild musterte.

Er kannte sie nicht. Immer wieder starrte er auf ihre hübschen Gesichter, in ihre fröhlichen Augen, doch da war... gar nichts. Er hatte das Gefühl zwei Fremde anzusehen. „Ich weiß nicht wer das ist." gestand er. Als er zurück zu seinem ehemaligen Chef sah, war das Entsetzen deutlich in sein Gesicht geschrieben. Dann fing er an hysterisch zu lachen und sah zu Hermione. „Hast du das gehört? Er kennt sie nicht. Er hat mein Leben zerstört und nicht mal mehr einen Gedanken an sie verschwendet. Nicht einen. Wie kannst du so etwas Abscheuliches nur lieben?"

Er richtete den Blick zurück auf Draco. „Du bist ein Monster. Abschaum, wie er im Buche steht. Du hast es verdient zu leiden. Ich will, dass dein verficktes Herz aus deiner Brust gerissen wird. Das du dir Tag und Nacht Vorwürfe machst. Das du dich jede einzelne Sekunde in deinem Leben frägst, ob du etwas besser hättest machen können. Ob du sie hättest retten können. Entscheide dich du Bastard! Wer soll sterben?" schrie er ihn an. Dracos Augen sahen zwischen den beiden Frauen hin und her.

„Es tut mir leid Botjev." sagte er schnell, da er glaubte der Schwarzhaarige würde gleich die Kontrolle verlieren. Unberechenbar werden. Er wollte so vermeiden, dass etwas furchtbares passierte. „Ich war jemand anderes damals. Ich habe gehandelt ohne zu denken. Der Auftrag lautete: Tötet alle die sich gegen uns stellen. Also habe ich getötet. Ich war wie in Trance. Ganz ehrlich, mir fehlen ganze Tage aus dem Krieg. Es war ein Trauma für mich, zu schwer um es zu überwinden, also habe ich es verdrängt. Es tut mir leid!" Draco sah verzweifelt aus. Er hasste sich selbst dafür, dass er sich nicht an die Gesichter erinnerte. Hasste es was der Dunkle Lord aus ihm gemacht hatte. Dass er so willenlos mitgespielt hatte.

Sei kalt. Sei rational. Sei ein Todesser. Es war ein Mantra, welches sich immer wieder durch seine Gedanken zog. Doch er verstand es nicht mehr. Er war es nicht mehr, auch wenn er es sich versucht hatte einzureden. Da lagen seine Mutter und die Frau die er liebte und sie waren beide in unmittelbarer Gefahr. Er würde durchdrehen, wenn einer der beiden etwas passierte. „Ich kann mir vorstellen wie du dich fühlst. Und ich verstehe dich. Du hast recht, absolut recht, ich war ein Monster. Doch ich bin es nicht mehr. Ich habe mich verändert, wirklich!" versuchte er es mit ruhigen Worten. Doch sie erreichten den Mann vor ihm nicht.

„Ha! Glaubst du es interessiert mich? Es bringt sie auch nicht zurück! Ich will nichts von deinen Lügen hören! Ich will dass du blutest. Also los entscheide dich!" tat er seine Erklärungen ab. Draco antwortete nicht. Überlegte wie er es schaffte Botjev schnell auszuschalten und somit seine Mutter und Hermione aus der Schussbahn zu ziehen.

„Ich glaube du brauchst einen kleinen Anreiz... Tarry, schlitz ihr die Pulsadern auf." befahl sein ehemaliger Chef. Die Rothaarige holte ein Messer aus ihrer Hosentasche und setzte es an Hermiones Arme. „Tarry! Nein!" schrie Draco und das Mädchen stoppte in der Bewegung. Unsicher sah sie den Blonden an, dann Botjev. „Mach schon!" brüllte dieser. Als sie sich nicht bewegte, gab er den Befehl weiter an Dr. Gris.

Dieser zögerte keinen Moment und schneller als Draco schauen konnte, war der Raum erfüllt von Narzissas Schreien. Sie waren nicht laut, ihre Stimmbänder hörten sich rau und entzunden an, dafür waren sie umso qualvoller. Der Arzt schnitt die Adern der Länger nach auf und sofort, quoll tiefrotes Blut aus ihnen hervor. „Ich würde mich beeilen." sagte dieser gehässig und starrte Draco direkt an. Am liebsten hätte der ehemalige Slytherin ihm die widerliche Zufriedenheit aus dem Gesicht geschlagen. Er musste handeln! Jetzt!

„Tarry! Halt ihn auf!" schrie Draco und sah wie die Rothaarige ihren Zauberstab zückte und im selben Moment einen Fluch auf Dr. Gris feuerte. Beinahe zeitgleich, hatte er es geschafft die schlechten Knoten in den Seilen zu lösen und zog nun auch seinen Stab. Die Verwunderung in Botjevs Gesicht, als die Rothaarige auf Dracos Befehl reagierte, gab ihm genug Zeit um selbst einen Angriff auf den Schwarzhaarigen zu starten und ihn außer Gefecht zu setzen. Innerhalb von zwei Sekunden lagen zwei Männer auf dem Boden.

*Rückblick*

Nein Schätzchen, ich bin ein Todesser.

Tarry schluckte hart als sie in seine leeren Augen blickte. Als wäre seine Seele in dem Moment geflohen, als er die Worte ausgesprochen hatte. Angst ergriff das Mädchen. Sie wusste immer das Draco gefährlich war, wusste von dem schrecklichen Dingen die er Botjevs Familie angetan hatte, doch etwas in ihr, wollte es nie so recht glauben. Sie hatte doch so viel Zeit mit ihm verbracht. Er war herzlos, tyrannisch und in gewisser Weise auch narzisstisch. Doch irgendwo, hatte sie ihm immer vertraut. Sie hasste ihn für das was er getan hatte, doch wirkliche, wahrhaftig reine Angst, hatte sie nie vor ihm verspürt. Bis zu diesem Augenblick. Sie merkte deutlich wie ihr Körper anfing zu zittern.

„Sie ist bei dieser Adresse. Das schwöre ich dir." sagte sie nun kleinlaut, doch Draco vertraute ihr nicht mehr. „Du denkst wirklich ich wäre bescheuert, hab ich Recht?" seine Stimme war ruhig, beinahe monoton, was die Situation nur noch schlimmer machte. Sie hatte keine Ahnung was er tun würde, wie er reagieren würde. „Ich schwöre es!" wiederholte sie und musste sich zwingen ihm in die Augen zu sehen. Er würde sie umbringen, wenn er ihr nicht glaubte. Und ihr Leben war ihr wichtiger, als die Rache an ihm.

Sein Mundwinkel zuckte nach oben, dann befreite er die Rothaarige von ihren Fesseln. Verwirrt blickte sie auf die losen Seile auf dem Boden, dann zurück in sein Gesicht. Doch ehe sie sich fragen konnte was er vorhatte, sprach er: „Imperio." Tarry spürte wie sich ihre Muskeln versteiften und ihr einziger, dringender Gedanke war, Dracos Befehle auszuführen. Wie eine Süchtige wartete sie darauf, dass sich seine Lippen bewegten.

„Sag mir wo meine Mutter ist." befahl Draco erneut, mit dem Unterschied, dass er sich diesmal sicher sein konnte, dass sie ihm gehorchte. Fast sicher. Es gab noch die Chance, dass sie sich gegen den Fluch wehren konnte, aber der ehemalige Slytherin hielt die Rothaarige nicht für eine derart begabte Hexe. „Bei dieser Adresse." sagte Tarry wie ferngesteuert und deutete auf das Blatt Papier in seinen Händen. Sie hatte ihm also tatsächlich die Wahrheit gesagt. Gut für sie, dachte Draco.

„Was wird mich dort erwarten?" fragte der Blonde weiter. Und dann erzählte Tarry ihm die ganze Geschichte über seinen ehemaligen Chef Christan Botjev. Draco hätte seinen Kopf auf die Tischplatte schlagen können, so dämlich kam er sich gerade vor. Natürlich steckte er dahinter! Wie hatte er das nicht sehen können? Es gab doch dutzende Beweise dafür.

Er atmete einmal tief durch, er hatte gerade einfach keine Zeit um sich Vorwürfe zu machen. „Okay hör mir zu." setzte er beim zweiten Mal Luft holen an. „Du wirst so tun als hättest du mich gefangen genommen. Er wird dir sagen du sollst mich fesseln. Das wirst du tun, allerdings so, dass ich mich leicht befreien kann. Du wirst seine Befehle ausführen und zwar so lange, bis ich etwas anderes sage. Hast du das verstanden?" er sah die Rothaarige eindringlich an, dann nickte sie.

„Gut, dann lass uns gehen."

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