Kapitel 22
Zufrieden lehnte Christian sich in seinem Stuhl zurück. Es lief alles nach Plan. Bald würde dieser hellblonde Bastard hier auftauchen, sie würden ihn überwältigen und er würde an einem Stuhl gebunden dabei zusehen müssen, wie die beiden wichtigsten Mensch in seinem Leben, Christian hilflos ausgeliefert waren. Eigentlich wollte er Hermione da nicht mit reinziehen. Plan A war gewesen sie einfach da raus zu halten. Doch sie selbst hatte Plan A zerstört und je länger er darüber nachdachte, desto besser erschien ihm Plan B.
Er stand auf und ging zu den beiden Krankenliegen ihm gegenüber. Nachdem er den Doktor erpresst hatte, war es ihm gelungen Narzissa Malfoy aus dem Krankenhaus zu holen, und sie hier her bringen zu lassen. Seine Exfreundin allerdings, hatte er selbst hergeschleppt. Auch wenn er sie mit der Zeit lieben gelernt hat, war sie doch nichts weiter als ein Mittel zum Zweck. Er musste sich immer wieder darauf berufen, warum er damals mit ihr in Kontakt getreten war. Und das war nicht um alles hinter sich zu lassen. Es war so simple wie effektiv. Rache. Er würde nicht zulassen, dass seine Gefühle ihm jetzt im Weg standen. Er tat das hier für seine tote Frau und sein über alles geliebtes, totes Kind. Ermordet durch den Todesser, dem nun das gleiche Schicksal zu teil wird.
„Es wird Zeit aufzuwachen meine Hübsche.“ sagte er behutsam als er zu Hermione schritt. Er hob ihren Kopf sachte an, öffnete ihre Lippen und träufelte eine klare Flüssigkeit hinein. Trotzdem hielt sie ihre Augen weiterhin geschlossen. Das ist ganz normal, sie wird ihre Zeit brauchen um von diesen Träumen, die sie quälen, loszulassen. Sie musste nur wach sein, wenn der Mörder seiner Familie durch diese Türe schritt. Und wenn Tarry alles richtiggemacht hat, wird das bald der Fall sein.
***
Zunächst spürte sie nur dieses warme, neue Gefühl, das ihren Körper eroberte und sie sanft aus diesem abscheulichen Traum begleitete. Wie ein warmer Mantel, aus flüssigem Honig, der sich beschützend um sie legte. Dann wurden ihre Gedanken wieder klarer. Sie konnte sich erinnern, an Christian, wie er ihren Zauberstab gestohlen hatte und sie nicht aus der Wohnung gehen ließ. Wie er ihren Kopf zurück riss und ihr einen unbekannten Zaubertrank einflößte. Danach war alles schwarz.
Mit ihren Gedanken, kam auch ihr Körpergefühl zurück. Sie spürte wie ihre Muskeln bis zum zerreißen gespannt waren. Unnachgiebig als wären sie aus Stahl. Es steckte noch der tiefe Schmerz in ihnen, dem sie durch ihre Träume wieder und wieder ausgesetzt war. Sie merkte wie sich ihre eigenen Fingernägel stechend, in ihre sensible Haut bohrten. Dann der bittere Geschmack auf ihrer Zunge, der schwer auf ihr zu liegen schien und schließlich, das stetige Klingeln in ihren Ohren, welches immer lauter wurde, ehe es mit einem Ruck verebbte.
Sie wusste, dass sie wach war. Sie fühlte sich nicht mehr gefangen, als wäre sie endlich aus diesem Alptraum gerettet worden, doch ihre Augen spielten zunächst nicht mit. Wieder und wieder versuchte sie die Lider zu heben, doch es war als wären sie festgefroren. Kein Millimeter bewegte sich, ganz egal wie sehr sie es versuchte. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in der Brust des Mädchens breit. Was wenn sie die Augen nie wieder öffnen konnte? Was wenn sie dazu verdammt war, in einer Art Wachkoma festzusitzen. Sie spürte deutlich wie ihre Atmung schneller ging und ihr Herzschlag sich verdoppelte. Dann, mit einem Wimmern auf den Lippen, schaffte sie es endlich ihre Lider zu heben und die Panik fiel sofort von ihr ab.
Grelles, weißes Licht drang qualvoll in ihre Augen und machte sie blind, für alles drum herum. Hermione musste mehrmals blinzeln, bis sie sich daran gewöhnt hatte. Doch als es ihr schließlich gelang, stockte ihr Atem. Sie war in einem weißen Raum, die Luft roch steril mit einem Beigeschmack von Blut und ihre Hände und Füße waren mit Juteseilen umschlungen, welche ihre Haut bereits wund gescheuert hatten. Doch das unglaublichste an ihrer Situation war nicht die Tatsache, dass Christian sie mit einem selbstgefälligen Grinsen von der Ecke aus beobachtete, noch der Moment als ihr klar wurde, dass er sie genau wie Draco, von vorne bis hinten nur benutzt hatte. Es war der Umstand, dass neben ihr niemand geringeres als Narzissa Malfoy lag und sie anstarrte.
Doch sie sah nicht so aus wie in ihrer Erinnerung. Der scheußlichen Erinnerung, als sie durch Bellatrix Lestranges Hand, qualvoll krümmend und schreiend vor Schmerzen, auf dem Boden lag und sich ihr eigener Blick, in die hellen, klaren, blauen Augen der Blonden Frau verkeilte. Jetzt waren da tiefe, dunkle Schatten unter ihren einst so strahlenden Augen und ihr Ausdruck wirkte trüb. Als hätte sich ein Nebelschleier über ihre Pupillen und ihre Iris gelegt. Unzählige Adern schienen darin geplatzt zu sein, da von dem Weiß kaum mehr etwas sichtbar war. Ihre Lippen wirkten spröde. Auch sie hatten ihren einstigen Glanz verloren.
Sie kannte sie nicht. Hatte nie mit ihr gesprochen und nach allem, was Hermione über sie wusste, mochte sie sie auch nicht wirklich. Doch ihr Anblick jagte ihr ungeheure Angst ein. Sie spürte wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich und sich ein unangenehmes, kaltes Prickeln in ihrem Nacken festsetzte. Wenn Christian so etwas einer einst so stolzen Frau antun konnten, zu was war er dann noch in der Lage? Wie konnte er nur so kalt sein? Was würde er ihr antun?
„Miss Granger.“ kam es flüsternd über Mrs. Malfoys Lippen. Hermione merkte deutlich wie schwer es ihr fiel zu sprechen, dennoch fuhr sie nach einer kurzen Pause fort. „Wie geht es Ihnen? Sie haben fürchterlich geschrien, ich hatte schon Angst Ihre Stimmbänder würden reißen.“ Sie klang schwach, ausgelaugt und dennoch fragte sie nach IHREM Wohlbefinden, machte sich Sorgen um SIE. Sie hatte vermutlich die Hölle durchmachen müssen, Qualen, die sich Hermione nur schwer vorstellen traute, doch anstatt sich zu beklagen oder gar aufzugeben, wollte sie wissen wie es IHR ging. Irgendetwas daran rührte die ehemalige Gryffindor zu Tränen.
„Mir tut alles weh. Aber an Schreie kann ich mich nicht erinnern. Und wie geht es Ihnen?“ fragte Hermione, der es unangenehm war sich zu beklagen, wenn die Frau neben ihr, doch so offensichtlich in viel schlimmerer Verfassung war. Mrs. Malfoy machte einen kläglichen Laut, den die Brünette als ein Lachen interpretierte. „Sie haben doch Augen im Kopf Miss Granger. Was denken Sie wie es mir geht? Ich fühle mich mehr tot als lebendig, spüre wie das Feuer der Hölle stetig an meinen Knochen nagt. Ich werde das nicht überleben Miss Granger. Ich nicht. Aber Sie können es schaffen und ich werde alles dafür tun, dass das passiert.“
Hermione starrte sie mit offenen Mund an. Sie hatte wohl doch aufgegeben. Doch das konnte die Brünette nicht zulassen. Mrs. Malfoy hatte zu viel durchgemacht, als dass dies ihre letzten Erinnerungen an diese Erde sein sollten. Sie hatte es verdient ihren Sohn wieder zu sehen. „Wir gehen zusammen.“ ihre Worte duldeten keine Widerrede und sie konnte sehen wie die Blonde ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen legte. Sie würde sie nicht hierlassen! Unter keinen Umständen.
Narzissa hatte nicht vor der jungen Damen zu widersprechen. Die Kraft die sie dazu brauchte, würde ihr am Ende fehlen. Sie wusste, dass ihr Leben hier enden würde, doch sie war Dankbar dafür, dass sie wenigstens die Chance bekam jemand anderen zu retten. Denn dadurch hatte sie das Gefühl in Würde sterben zu können.
„Was gibt’s da zu besprechen?“ sagte der russische Mann schroff. Keine der beiden Frauen antwortete darauf. Stattdessen wandte sich Miss Granger erneut an sie. „Was hat er dir angetan?“ flüsterte sie so leise, dass Narzissa sich sicher war das dieser Aufseher sie nicht gehört hatte. Die Blonde sah verwirrt zurück. „Ich kenne ihn nicht.“ antwortete sie genauso leise. Die ehemalige Gryffindor runzelte die Stirn. „Wer war das dann?“ fragte sie daraufhin.
„Ein Arzt. Es war immer nur ein Arzt. Er summte ständig dieses schreckliche Kinderlied.“ erklärte Narzissa und bemerkte, wie ihr Körper bei der Erinnerung daran erschauderte. Das war das Banale daran. Er brachte ihr unaussprechliche Schmerzen. Solche, die man sich nicht einmal vorstellen kann, wenn man sie nicht selbst erlebt hatte. Schmerzen, von denen sie nicht einmal wusste, dass sie existierten. Und dazu im Kontrast, dieses fröhliche Kinderlied. Die Unbeschwertheit mit der er es summte. Als würde er nichts weiter tun als zu stricken.
„Ein Kinderlied?“ wiederholte Miss Granger fragend. „Etwa so?“ Die ehemalige Gryffindor fing an die Melodie von Hänsel und Gretel zu summen und sofort gefror das Blut in Narzissas Adern. Sie nickte. Zu mehr war sie nicht in der Lage. Dieses Lied verfolgte sie, würde sie auf immer und ewig betäuben.
Hermione konnte es nicht glauben. Als sie zusammen mit Draco diese Akte gestohlen hatte, war sie dem Monster, der dieser einst so schönen Frau das angetan hatte, so nah gewesen. Sie hätten ihn damals zur Rede stellen können, ihr vermutlich so viel Leid erspart. Hätten sie es doch nur gewusst… hätten sie es doch nur gewusst. Doch sie verstand es nicht ganz. Was hatte Christian mit all dem zu tun? Wieso entführte er sie und offensichtlich auch Mrs. Malfoy? Was war sein Ziel? Was wollte er erreichen?
Als hätte er ihre Gedanken gehört, stand er plötzlich direkt vor ihnen. „Sagte ich nicht, ihr sollt still sein?“ Genau genommen nicht, dachte sich Hermione, doch wagte es nicht auszusprechen. Seine Stimme klang bedrohlich, als wäre er zu allem bereit. Dennoch musste sie ihn das fragen. Es war doch Christian der hier vor ihr stand, auch wenn sie ihn kaum wiedererkannte. „Warum tust du sowas?“ Sie wollte es immer noch nicht glauben, dass er es ohne jeglichen Zaubereinfluss tat. Das konnte einfach nicht sein. Es war der Arzt. Der Arzt steckte dahinter. Er musste dahinterstecken. Doch egal wie sehr sie es sich einzureden versuchte, ihr Innerstes hegte Zweifel. Sein selbstgefälliges Grinsen vorhin, hatte in ihr etwas zerbrochen.
Christian lachte gehässig. „Warum ich sowas tue? Du stellst mich als den Bösen dar?“ Die Frage war rhetorisch, denn er ließ ihr gar keine Zeit um darauf zu antworten. Stattdessen meinte er weiter: „Frag doch diesen widerlichen Bastard mit dem du so gerne das Bett teilst. Er ist der Schurke in dieser kleinen Geschichte. Er, nicht ich.“ Er schrie sie beinahe an. Hermione konnte sehen wie er seine Hände zu Fäusten ballte, den Blick starr auf ihren gerichtet. „Und das sagst du mir, während du Mrs. Malfoy und mich, gefesselt auf einer Krankenliege gekidnappt hältst?“ ihr Tonfall war spottend, was sie sofort bereute als sie es ausgesprochen hatte. Was war denn nur in sie gefahren? Einen hungrigen Löwen sollte man nicht reizen! „Du weißt gar nichts! Du bist so verblendet, dass du gar nicht mehr klarsehen kannst!“ spuckte er zurück. Hermione atmete erleichtert aus. Kurz hatte sie Angst gehabt er würde ihr einen Fluch auf den Hals hetzen.
Als er sich von ihr abwandte, schoss ihr eine einzige Frage immer wieder durch den Kopf. Was hatte Malfoy nur getan, das Christian ihn dermaßen hasste? Sie war sich sicher, dass es nicht daran lag, dass sie ihn betrogen hatte. Da musste es etwas Anderes geben. Etwas weitaus Schlimmeres.
Er war wie besessen davon. Als würde sich sein komplettes Leben einzig und allein um Draco drehen. Christian war seiner Meinung nach der Gute. In seinen Augen machte er nichts falsches. Doch was bewegt einen guten Menschen zu solch scheußlichen Taten?
Hermione merkte wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich und ihre Finger, sich ganz plötzlich eiskalt anfühlten. Ein Verdacht setzte sich in ihren Gedanken fest, der, je länger sie daran festhielt, immer deutlicher schrie. Draco Malfoy war einst ein Todesser gewesen. Und sie wusste aus eigener Erfahrung, wozu diese Leute fähig waren.
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