Gewitter

Ein Donner. Ein Blitz. Noch einmal ein lautes, dunkles Grollen. 

Ein Gewitter. Kein harmloses Gewitter, nein, ein großes, heftiges, schlimmes Gewitter. 

Den meisten Schüler ist es ziemlich egal, sie lachen, reden und machen das, was sie auch so gemacht hätten, um diese Zeit. 

Doch im Schulsprecherturm, im Zimmer der Schülersprecherin, sitzt ein Mädchen eng zusammengekauert. Bei jedem Donnerschlag zuckt sie heftig zusammen. 

Wie gerne würde sie jetzt lieber im warmen Gryffindorgemeinschaftsraum sitzen und sich mit ihren Freunden unterhalten, um sich von dem Sturm da draußen abzulenken, doch sie ist jetzt nicht dort. 

Sie ist Schülersprecherin und muss sich bei jedem hellen Blitz, jedem lauten Donner zusammenreißen nicht runter oder rüber zu ihrem Kollegen rüberzurennen und sich in seine Arme zu werfen. 

Ja, sie Hermine Granger, hat panische Angst vor Gewittern. 

Noch ein Donner. 

Sie hält es nicht mehr aus, ängstlich springt sie auf und rennt runter in den hell beleuchteten Gemeinschaftsraum. 

Zu ihrer großen Erleichterung sitzt er dort auf der Couch und liest ein Buch. Sie muss nicht in sein Zimmer rennen.

Noch ein lautes Grollen.

Sie schreit kurz erstickt auf, bevor sie tatsächlich auf das Sofa zu rennt und sich auch noch in Draco Malfoys Arme wirft und sich angsterfüllt an ihn klammert. 

Dieser zuckt zusammen und sieht erschrocken das Mädchen an. 

Was soll das?! Was tut sie da?, fragt er sich.

Doch als ihn die Erkenntnis trifft, dass Hermine Granger, Kriegsheldin, Streberin, beste Freundin von Harry Potter und Muggelgeborene Angst vor dem Gewitter hat, entfährt ihm ein leises raues Lachen. 

,, Granger, Granger, Granger, hast du etwa Angst vor dem Gewitter?!", schmunzelt er.

,, Das ist nicht witzig!", faucht die Angesprochene.

Draco lächelt, legt das Buch kurz zur Seite und nimmt sie richtig in den Arm.

,, Ach Klein-Granger ..."

,, Ich bin nicht klein!"

,, Doch das bist du. Und bei Gewitter kann man dich nicht einschätzen ...", meint er, als Hermine sich wieder ängstlich an ihn kuschelt. ,, Im einen Moment, bist du das kleine, ängstliche Kätzchen und in der nächsten Sekunde bist du wieder diese Kampfkatze, die jeden und alles einfach nur anfaucht.", lacht er und spielt mit einer ihrer Haarsträhnen. 

Ein Donner, lauter als die davor. Dunkel und laut, wie zwanzig Bässe zusammen, nein, noch viel lauter. 

Hermine schreit erschrocken auf und klammert sich noch mehr an Draco, welchem gerade erst der Ernst der Lage bewusst wird. 

Dieses süße, wundervolle Mädchen in seinen Armen hat wahrscheinlich Todesängste und er kann sie ihr nicht nehmen. 

Er überlegt fieberhaft. 

Was soll er bloß tun?!

Sie versteinern? 

Nein, es würde nichts an ihren Ängsten ändern ...

Aber was, was konnte sie von diesem schrecklichen Tumult da draußen ablenken oder sie gleich gänzlich davon abhalten, daran zu denken?!

Wo würde sie nichts mitbekommen? 

Im Raum der Wünsche!

,, Hör zu, Hermine, wir beide gehen jetzt in den Raum der Wünsche, da wirst du sicher nichts von dem Gewitter da draußen mitbekommen und wir können beide lesen.", schlägt er vor, doch Hermine schüttelt den Kopf. 

,, An sich, ist das keine schlechte Idee, nur der Raum der Wünsche ist noch nicht wieder vollkommen repariert ... du weißt doch, dass das Dämonsfeuer ihn komplett zerstört hat, obwohl der Horkrux wohl auch einiges dazu beigetragen hat.", bringt Granger zitternd hervor. 

,, Mmm ... du hast recht."

Und da fällt Draco etwas ein! 

Warum bin ich da nicht schon früher drauf gekommen?!, fragt er sich.

,, Minchen, ich weiß, dir wird das jetzt nicht gefallen, aber wir gehen jetzt in den Slytheringemeinschaftsraum-", beginnt der Malfoyjunge, doch wird er sofort von der Kriegsheldin unterbrochen: ,, Warte, was?! Ich gehe ganz sicher nicht in den Slytheringemeinschaftsraum! Ich denke nicht mal dran! Und warum überhaupt?! Das würde an der Situation auch nichts ändern!"

,, Doch, wir Slytherins bekommen 90 Prozent der Gewitter nicht mit, weil unser Gemeinschaftsraum unter dem Schwarzen See liegt. Du hörst da unten weder das Donnern, noch den Regen und du siehst auch keine Blitze.", erklärt er seinen Vorschlag. 

,, Aber ich bin nur ein Sch-", fängt sie an.

,, Nenn dich nicht so, außerdem bin ich bei dir.", wird sie jedoch sofort von Draco unterbrochen.

,, O-okay.", stottert das Mädchen überfordert.

Vorsichtig steht Draco mit Hermine in den Armen auf. 

,, Draco, was tust du da?!", fragt Hermine, als Draco sie über seine Schulter legt und in Richtung des Portraits läuft. 

,, Ich bringe dich in den Slytheringemeinschaftsraum.", sagt er, als sei es das normalste der Welt, dass er Draco Malfoy Hermine Granger in den Gemeinschaftsraum der Schlangen trägt. 

Nachdem ihre anfänglichen Proteste nichts gebracht haben, hat sich unsere Kriegsheldin schließlich mit der Situation abgefunden. Sie muss dem Slytherin recht geben, denn je näher sie dem Gemeinschaftsraum kommen, desto leiser wird auch das Donnern, bis es schließlich gänzlich verstummt. 

Hermine merkt, wie Draco plötzlich stehen bleibt und etwas murmelt, dann hört sie etwas leise quietschen und schließlich wird es wieder heller. 

Tatsächlich, sie sind im Gemeinschaftsraum der Schlangen, welcher zu Hermines Erleichterung fast vollkommen leer ist. 

Draco trägt sie zu einer Couch und setzt sie schließlich auf dieser ab. Erst jetzt sieht sich Hermine ganz genau um. 

Sie sieht das grüne Feuer in den Kaminen lodern, doch dann stockt ihr der Atem. Direkt vor ihr ist ein riesiges Fenster und vor dem Fenster sind Fische und viele andere Kreaturen. Fasziniert sieht sie aus dem Fenster. 

,, Wow.", haucht sie. 

Draco lächelt sie an und setzt sich neben sie. Hermine kuschelt sich zu seiner Überraschung wieder an ihn und legt ihren Kopf auf seine Schulter. Sein Grinsen wird nur noch breiter und er legt einen Arm um den Bücherwurm. 

So sitzen sie ein Weile da, bis Blaise Zabinis Neugierde siegt und er zu den beiden läuft. 

,, Hey, Draco, wen hast du denn da mitgebracht?", fragt er. 

,, Ähm-"

,, GRANGER?!", unterbricht Blaise ihn, als er in das Gesicht der Person sieht, die da an seinen besten Freund gekuschelt sitzt.

Hermine sieht in komisch an und kuschelt sich noch ein bisschen mehr an Draco. 

,, Was tut sie hier?"

,, Sie sitzt hier.", lautet Dracos schlichte Antwort. 

,, Jaja, schon klar. Aber jetzt mal im Ernst, was macht sie hier?!"

,, Ich habe Angst vor Gewittern und Draco war so nett und hat mich hier runtergebracht, damit ich nichts mehr von dem Tumult da draußen mitbekomme."

,, Es gewittert?!", fragt Blaise überrascht und Draco schaut Hermine mit einem 'Was-habe-ich-dir-gesagt'-Blick an. 

Schließlich entsteht zwischen den drein ein Gespräch, was noch Stunden dauert. 

,, A-also, was ich mich schon den ga-anzen A-bend frage ist, warum hast du ü-berha-u-upt so ein-e Angst vor Gewittern?", gähnt Draco so gegen halb zwei. 

Merlin sei Dank ist morgen Samstag!

Tränen treten in Hermines Augen. Sofort zieht Draco sie näher an sich heran. 

,, Als ich vier war, gab es ein schlimmes Gewitter u-und ...", sie stockt kurz, bevor sie weiter erzählt. ,, Wir saßen im Wohnzimmer ... und ... da ... dann ... ist ein Blitz eingeschlagen ... nicht in unser Haus ... sondern in unseren Baum ... Der brennende Baum ... er ... er fiel in unser Wohnzimmer ... mein Dad ... als ... er wurde unter mehren Trümmern eingeklemmt und Mum und ich konnten ihm nicht helfen ... nicht mal mit Magie ... Er verblutete, weil ein Eisennagel ..." Hermine bricht ab. Sie kann nicht weiter erzählen. Noch immer hört sie die Schreie ihrer Mutter und ihre eigenen. Sie sieht ihren Dad, wie er verblutet und ...

Tröstend zieht Draco sie auf seinen Schoß und umschließt sie fest mit seinen Arme. Hermine klammert sich an ihn. 

Draco streicht ihr unbeholfen über den Rücken und sieht zu Blaise, doch dieser schaut ihn nur ratlos an. 

So geht es noch eine Weile, bis man Hermines gleichmäßiges Atmen hören kann. 

,, Ich gehe jetzt auch mal ins Bett ...", murmelt Blaise. ,, Schläfst du heute hier oder trägst du sie wieder in euren Gemeinschaftsraum?"

Draco überlegt kurz. ,, Wir gehen wieder in den Gemeinschaftsraum." Mit einem Blick auf Hermine fügt er hinzu. ,, Besser gesagt, ich gehe und trage sie."

Vorsichtig hebt der Junge das Mädchen wieder hoch und läuft Richtung Ausgang. 

Als sie schließlich wieder in ihrem eigenen Gemeinschaftsraum sind, will Draco sie in ihr Bett bringen, doch sie klammert sich an ihn und murmelt: ,, Nein. Ich will nicht." Verwundert sieht Draco das schlafende Mädchen an. ,, Bei dir schlafen.", murmelt Hermine weiter.

Er merkt nicht, wie sich auf seinem Gesicht ein riesiges Grinsen ausbreitet, als er in sein Zimmer läuft, noch immer Hermine tragend. 

---Nächster Morgen---

Hermines Sicht:

Ich hatte heute Nacht vielleicht einen komischen Traum ... 

Ich habe geträumt, dass es ganz schlimm gewittert hat und Malfoy mich dann in den Slytheringemeinschaftsraum gebracht hat und ich mich mit Blaise und Draco unterhalten habe ... und ihnen sogar erzählt habe, wieso ich so eine große Angst vor Gewittern habe ... Und dass Draco mich getröstet hat und total liebevoll war. 

Totaler Schwachsinn! Als ob Draco sich je so um mich kümmern würde! 

Das war nur eine Wunschvorstellung von meinem Gehirn. 

Leider ... 

Es wäre so schön, wenn es real wäre ... aber Draco Malfoy hasst mich! Ja, okay, vielleicht nicht hassen, wir sind ja mittlerweile ein wenig befreundet und er erfindet schon neue Spitznamen für mich, aber trotzdem wird er mich niemals lieben. 

Und der Traum war nur mein Unterbewusstsein ... und er ist nur entstanden, weil ich Draco liebe. Ja, so muss es sein!

Unzufrieden mit der Situation, klammere ich mich noch mehr an den Jungen neben mir. 

Warte was?! Junge? Neben mir?! 

Verwirrt sehe ich neben mich. 

Draco Malfoy. 

Entsetzt reiße ich die Augen auf. Ich liege in Draco Malfoys Armen! ICH MUSS NOCH TRÄUMEN! 

Ich schließe noch einmal die Augen, aber als ich sie wieder öffne, hat sich nichts verändert.

Halt! Es hat sich was verändert! Draco grinst mich an und murmelt: ,, Bist du jetzt auch wach, kleines Minchen?"

Langsam nicke ich. 

Es war kein Traum! Es ist die wundervolle Realität!

,, Danke, für gestern.", murmele ich leise und er grinst mich an. 

,, War doch selbstverständlich."

,, Nein, war es nicht. Ich meine du magst mich nicht mal sonderlich."

,, Das stimmt. Ich mag dich nicht. Ich ... Merlin noch mal ... Ich liebe dich und für die Person, die man liebt würde man alles machen. Wirklich alles.", sagt er leise. 

,, Warte, du liebst mich?!"

,, Ja, Granger, das tue ich. Können wir das jetzt bitte auch wieder vergessen?", fragt er. 

,, Nein, können wir nicht!"

,, Warum nicht, Hermine?!", stöhnt er. 

,, Weil du mir gerade das einzige, was ich je hören wollte, gesagt hast! DAS KANN ICH JETZT NICHT EINFACH VERGESSEN!"

,, Du wolltest schon immer, dass ich 'Ich liebe dich' zu dir sage?", fragend hebt er einen Augenbraue. 

,, Ja, weil ich dich auch liebe.", sage ich leise

Draco strahlt mich an, bevor er mich küsst. 

Der Kuss fühlt sich anders an, als der mit Ron damals in der Kammer. Besser, echter, einfach richtig. 

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