Dritte Woche - erster Tag

"Du!" schrie Granger wütend als er gerade durch die Türe in ihr Café schritt und das alt bekannte Leuten über der Türe vernahm. "Was hast du gemacht?" Draco lachte und setzte sich entspannt auf seinen üblichen Platz. "Bekomme ich erstmal einen Kaffee bevor du mich anschreist? Um was geht es denn?" fragte er ruhig und legte einen Arm über die Bank.

Genervt verdrehte Granger die Augen. "Ich wurde sitzen gelassen und ich denke du weißt ganz genau wieso." Gespielt überrascht tippte Draco sich mit einem Finger an sein Schlüsselbein und zog die Augenbrauen nach oben. "Das war gestern? Das tut mir aber leid, ich hab Mr. Botjev gefragt ob er mit mir einen trinken geht da es mir so schlecht ging." meinte er schadenfroh und betonte die Worte genauso wie sie es vor einiger Zeit getan hat. "Sehr lustig. Spucks aus." sagte die Brünette trocken. 

Es ging ihm gewaltig auf die Nerven dass sie so tat als würde er ihr irgendwie Rechenschaft schulden. Sie hatte überhaupt nicht so mit ihm zu reden wie sie es gerade tat, sie sollte ihm lieber dafür danken dass er sie vor einem gewaltigen Fehler bewahrt hatte. "Weißt du was Granger, such ruhig die Schuld bei mir. Was kann ich denn dafür dass du versetzt worden bist?" sagte er ernst. "Außerdem hab ich immer noch keinen Kaffee, ich dachte das hier wäre ein guter Laden?" seine Stimme klang bedrohlich und Granger starrte ihn einen Moment lang unentschlossen an. 

"Du denkst doch nicht ernsthaft dass ich dir das abkaufe oder? Du kommst hier rein, tust so als wärst du Gott höchstpersönlich, machst mir irgendwelche Vorschriften mit wem ich ausgehen darf und mit wem nicht und als der Kerl dann nicht auftaucht, nachdem du so ziemlich alles versucht hast mir das auszureden, bist du noch so dreist und tust so als wäre das meine Schuld?" schrie sie ihn fassungslos an. 

Sofort wanderten alle Blicke auf die ehemalige Gryffindor und der Laden verstummte. Peinlich berührt sah sich Hermione um. Verdammt. Sie wollte nicht so ausrasten aber sein Verhalten machte sie einfach rasend. Was bildete sich dieser Trottel eigentlich ein? Doch sie hatte keine Lust die Show des Tages zu werden und so griff sie kurzerhand nach seinem Arm und zerrte ihn von der Bank runter und in ihr Büro. 

Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen brüllte sie ihn erneut an. "Du hast mir nicht zu sagen mit wem ich mich treffe und mit wem nicht! Wenn du schon so besorgt um meine Gesellschaft bist solltest du vielleicht darüber nachdenken, ob du dich nicht in Zukunft von meinem Café fernhalten willst, denn der einzig schlechte Umgang hier bist du! Mr. Botjev hat ein Geschäft, hat etwas in seinem Leben erreicht, hat seine Ziele und Vorstellungen und einen Plan. Er ist ein guter Kerl! Du hast nichts von alledem. Du bist grausam und hast schreckliche Dinge getan, verdammt Malfoy du bist ein Todesser!" 

Er ließ ihre Hetztirade über sich ergehen und behielt dabei eine perfekte Maske auf seinem Gesicht. Das Mädchen vor ihm war außer sich, gestikulierte wild mit den Armen und redete sich immer weiter in Rage. Also tat er das Einzige was ihm einfiel. Er ging auf sie zu, hielt ihre beiden Hände fest umklammert und schaute ihr tief in die braunen Augen. 

Augenblicklich verstummte sie und sah ihn an. Er merkte wie ihre Muskeln sich entspannten und ihr Körper lockerer wurde und dann, wie ihr die Tränen ins Gesicht stiegen. Sie schaute ihn noch eine Weile stumm an, ehe sie bitterlich anfing zu weinen und sich in seine Arme fallen ließ. Er wusste nicht was passiert war, oder was sich geändert hatte aber er ließ es geschehen und hielt sie einfach nur still fest. 

Seine Arme schlossen sich eng um ihren Körper, eine Hand lag um ihre Taille, die andere hatte er in ihren wilden Haaren vergraben, und gab ihr halt. Das Mädchen hatte ihren Kopf an seiner Brust vergraben und weinte qualvoll. So standen sie eine ganze Zeit lang da, ohne das jemand etwas sagte. 

Irgendwann wurde ihr schluchzen leiser, bis es schließlich ganz verebbte und dann hatte sie endlich wieder genug Kraft um sich von seinem warmen Körper zu lösen und zu ihm aufzusehen. "Es tut mir leid." sagte sie verlegen und wollte Abstand zwischen die beiden bringen. Doch Draco ließ das nicht zu. Er schnappte ihren Arm und zog sie so wieder näher zu sich. 

Dann legte er wie selbstverständlich beide Hände um ihr Gesicht und wischte die letzten Spuren der Tränen aus ihren Augen. "Hey, ist schon gut." flüsterte er beruhigend und streichelte zärtlich ihre Wangen. Das brachte der ehemaligen Gryffindor ein kleines Lächeln auf die Lippen. 

"Ist es nicht eigenartig dass ich ausgerechnet mit dir darüber rede?" fragte sie ihn und drückte seine Hände von ihrem Gesicht. Sie drehte sich um und setzte sich auf den Boden vor ihrem Schreibtisch, den Rücken daran gelehnt. Draco tat es ihr gleich. "Worüber?" fragte er besorgt und sah sie aufrichtig an. 

Granger schüttelte den Kopf und vergrub ihn zwischen ihren Knien. "Todesser haben mir alles genommen Malfoy. Ich musste meine Eltern vergessen lassen dass sie mich kannten, um sie vor euch zu schützen. Ich habe meine Freunde auf dem Schlachtfeld sterben sehen, einem nach dem anderen. Noch heute höre ich diese furchtbaren Worte die den Tod bringen in meinen Ohren widerhallen, sehe dieses olivgrüne Licht als würde es in Zeitlupe auf sie zukriechen. Dann ihre leeren Augen und das starre, vom Schmerz gezeichnete Gesicht. Viele hatten ihr ganzes Leben noch vor sich, keiner hatte es verdient zu sterben. Und dann sehe ich da noch andere Gesichter. Todesser. Ich sehe das Böse in ihren Augen glitzern, die Freude an dem Morden. Bellatrix Lestrange..." sagte sie und ihr Blick glitt automatisch an ihren Unterarm.

Draco sah wie sich ihr Körper mit einer Gänsehaut überzog und wie das zierliche Mädchen augenblicklich anfing zu zittern. Sie davon erzählen zu hören war anders als er es erwartet hatte. Falls er überhaupt je erwartet hatte mit ihr darüber zu sprechen. Sie hatte viel Leid erlebt, viel verloren. Er bereute es zwar nicht diese Entscheidungen getroffen zu haben, er war sich sicher das es die Richtigen waren und doch tat sie ihm leid. 

Mitleidig legte er einen Arm um sie und streichelte sanft über ihr Haar. "Weißt du Granger nicht nur du hast viel verloren." hörte er sich plötzlich sagen und wusste nicht woher diese Worte kamen. Er hörte sich fremd an, so als wäre er nur ein Betrachter der von außen zusieht. "Mein ganzes Leben lang habe ich mit den Menschen verbracht die du den Feind nennst. Meine Familie, meine Freunde, alle die ich kannte und mit denen ich Umgang pflegte waren Todesser oder sollten es zumindest einmal werden. Und dann kam der Krieg und ich habe für all das gekämpft was ich kannte, was mir wichtig war und schließlich haben wir verloren. Ich habe sie alle verloren. Jeder der mir früher einmal etwas bedeutet hatte ist jetzt entweder tot oder in Askaban und ich sitze aus irgend einem Grund mit dir hier auf dem Boden." 

Es war lächerlich. Sie war nie seine Freundin gewesen, er hatte sie früher nicht einmal gemocht. Ganz im Gegenteil er hatte sie verabscheut und nun, da ihm alles genommen worden ist, war er hier. "Das Leben ist ganz schön scheiße oder? Aber es ist nun mal unser Leben. Wir können an unserer Vergangenheit nichts mehr ändern, aber wir können versuchen die Zukunft besser zu machen. Wir müssen nur dafür kämpfen." murmelte er vor sich hin ohne wirklich zu realisieren dass er sie immer noch in seinem Arm hielt. Es war als würde er all diese Worte nur zu sich selbst sagen. Erst als sie ihren Kopf leicht bewegte, wurde ihm ihre Gegenwart wieder bewusst. 

"Es tut mir leid Granger." flüsterte er in ihr Ohr und das Mädchen sah ihn mit großen Augen an. "Ich entschuldige mich stellvertretend für alle Todesser, für das Leid das sie dir gebracht haben. Du hast es nicht verdient." sagte er leise und sein Herz klopfte so stark gegen seine Brust, dass er dachte es würde gleich hinaus hüpfen. Er hatte sich noch nie so aufrichtig entschuldigt und es machte ihn ziemlich nervös. 

Grangers Blick wurde mitfühlend, weich. Ihre Augen musterten seine eine Ewigkeit lang, als schien sie zu überlegen ob er es ernst meinte. Es war ihm egal ob sie ihm glaubte, es war wichtig dass sie es gehört hatte. Sie war ein guter Mensch auch wenn das allem widersprach was er jemals gelernt hatte. 

"Danke Malfoy." erwiderte sie dann schließlich. Allerdings tat sie das so leise, dass er es kaum gehört hatte. "Mir tut es auch leid. Todesser hin oder her, du hast deine Familie ebenso verloren wie ich meine, ganz egal auf welcher Seite wir standen." flüsterte sie zu seiner Überraschung.

Draco sah sie lange an. Er wusste nicht wie er damit umzugehen hatte. Noch nie hatte sich jemand dafür interessiert wie es ihm ging. Ihre braunen Augen strahlten eine unglaubliche Wärme aus und umschlossen ihn damit. Er fühlte sich frei und geborgen, so wie schon lange nicht mehr. "Frag mich nicht warum ich das jetzt tue." flüsterte er ihr zu ehe er sanft seine Lippen auf ihre legte und sie zaghaft küsste. 

Es war kein Kuss wie er ihn kannte. Es war einer mit dem er zum Ausdruck bringen wollte wie Dankbar er für ihre Worte war, ein Kuss der versuchte das gegenseitige Leid voneinander zu nehmen. Er war schüchtern und dennoch wahnsinnig intensiv. Es war als würde er sich in seine Seele brennen und einen schützenden Mantel um all den Schmerz legen, den er erlebt hatte. 

Für Hermione kam dieser Kuss aus dem Nichts und doch schaffte er es ihr Bild von dem hinterlistigen Slytherin, dem skrupellosen Todesser um 180 Grad zu drehen. Sie hatte nie darüber nachgedacht dass auch die anderen geliebte Menschen verloren hatten. Sie hatte ihnen immer nur die Schuld gegeben. Vielleicht waren sie auch an allem Schuld, nein sie waren es ganz sicher und doch hatten sie nur für ihre Überzeugungen gekämpft. Ihre Mittel und Wege waren scheußlich und herzlos. Sie haben die Zauberei für das Böse missbraucht und doch hatte Malfoy ein kleines Loch in ihren abgrundtiefen Hass gegen all diese Leute gerissen. Sie waren ebenso wie sie Menschen, die für ihre Liebsten alles opfern würden und für ihre Ideale gekämpft hatten. Mit dem einen Unterschied dass sie auf der falschen Seite gestanden hatten. 

Als sich Malfoy von ihr löste konnte sie nicht anders als zu lächeln. Er hatte sich ihr geöffnet, ihr einen Einblick in seine geschundene Seele gewährt und sich verletzbar gemacht. Wenn Hermione es gewollt hätte, hätte sie ihm damit richtig weh tun können. Er vertraute ihr und das Gefühl, das er ihr damit gab strömte wie flüssiges Gold durch ihre Adern. Seine wunderschönen sturmgrauen Augen wirkten so klar wie nie zuvor. 

Doch aus unerfindlichem Grund schob Malfoy sie dann sanft von sich und stemmte sich vom Boden auf. "Ich werde jetzt gehen. Es tut mir leid dass ich dein Date vermasselt habe, ich werde es nicht nochmal machen. Schreib diesem Trottel doch einfach dass ich alles sabotiert habe und bitte ihn erneut mit dir auszugehen. Er wird das schon verstehen." und damit verschwand der blonde Mann aus ihrem Büro und ließ sie völlig verwirrt, an ihren Schreibtisch gelehnt, sitzen. 

***

Was tat er da nur? Fragte sich Draco immer wieder und wieder, als er es endlich geschafft hatte in der Arbeit anzukommen. Hektisch tigerte er in dem Raum auf und ab. Es schien als wäre die Küche in den letzten paar Minuten geschrumpft. Hier war einfach kein Platz, wie hatte er es denn nur je hier aushalten können? Die ganzen Möbel engten ihn ein, es war als würde plötzlich alles im Weg stehen. 

Wütend schmiss er einen leeren Kessel von dem Tisch direkt vor ihm, welcher krachend auf dem harten Fliesenboden landete und ein paar Vögel vor seinem Fenster aufschreckte. Was war denn nur in ihn gefahren? Warum hatte er Granger das alles erzählt? Es war ihm doch egal. Es war ihm egal, alles war ihm egal. Es gab niemanden der ihm etwas bedeutete. Keinen!

Zornig trat er nach dem bereits am Boden liegenden Topf. Es war nur ein Spiel. Ein guter Schachzug, er brachte sie dazu etwas in ihm zu sehen. Sie sollte sich in ihn verlieben damit er frei kam. Das war der Plan und wenn er ihr solche Dinge erzählte, dann würde sie mehr in ihm sehen. Sie war nicht wie die anderen Frauen, sie wollte etwas tiefsinniges. Einen Mann mit echten Gefühlen und den hatte er ihr damit gegeben. 

Ja, es war nichts weiter als ein guter Trick. Eine glatte Lüge die sie dazu brachte sich mit ihm verbunden zu fühlen. Draco grinste. Er war gut, sehr gut. Beinahe hätte er sich selbst geglaubt, doch er kannte sich besser. Granger war auf ihn reingefallen. Es hatte ihn ziemlich viel abverlangt, aber er hatte es geschafft. Er war der Freiheit wieder ein Stückchen näher.

Und mit diesen Gedanken hob er den geschundenen Kessel auf und begab sich zurück an die Arbeit.

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