[2] If only I had known
Mit ernüchterndem Blick beobachtete Draco Malfoy, wie die Muggelgeborene und Oberstreberin aus Gryffindor Hermine Granger vom Podest in der großen Halle stieg und sich mit ihrem Abschlusszeugnis in der Hand in die Arme von Ronald Weasley warf.
Der Blondschopf saß zwei Reihen hinter dem berühmten Goldenen Trio und knirschte unterdrückt und äußerst leise mit den Zähnen aufgrund dieses Bildes. Zwar hatte er allen Grund zu feiern, immerhin hatte er seinen Abschluss geschafft, doch dieser Anblick verpasste ihm einen schmerzhaften Stich in die Stelle, an der er sein mit meterdickem Eis umschlossenes Herz vermutete. Wobei das nicht mehr so ganz der Wahrheit entsprach. Besagtes Eis hatte im vergangenen Jahr nämlich zu schmelzen begonnen und war vor ein paar Wochen vollständig aufgetaut. Nämlich in dem Moment, in dem er sich nach monatelanger Freundschaft mit dem Bücherwurm in sie verliebt hatte.
Ja, richtig gelesen - Hermine Granger und Draco Malfoy waren Freunde.
Als die beiden nach Hogwarts zurückgekehrt waren, um ihr versäumtes und gleichzeitig letztes Schuljahr nachzuholen, hatten sie im Unterricht - des Häuserfriedens willen - des Öfteren zusammenarbeiten müssen und hatten eines Tages endlich und ein für alle Mal ihr Kriegsbeil begraben.
Ihre beiden besten Freunde Harry und Ron hatten darauf verzichtet ihren Abschluss nachzuholen und hatten stattdessen einer Ausbildung im Ministerium zugesagt, die den beiden nach dem Krieg angeboten worden war. Hermine hatte ein ähnliches Angebot erhalten, es jedoch abgelehnt, da sie definitiv nicht auf einen guten Abschluss verzichten wollte. Und nun hatte sie genau diesen in der Hand und ließ sich von den beiden Hohlbirnen feiern. Zurecht, wie Draco fand, immerhin hatte sie es sich nach der ganzen harten Arbeit wirklich verdient, doch am liebsten hätte er den Part des Rotschopfes übernommen und sie in seine Arme geschlossen, um ihr zu gratulieren.
Er wusste Gerüchten zufolge, dass die beiden seit Jahren Gefühle füreinander hegten und nach der großen Schlacht zusammengekommen waren, doch die Brünette hatte vor Draco nie über ihn oder deren Beziehung geredet. Irgendwann hatte er auch generell nichts mehr davon hören wollen, denn es schmerzte ihm irgendwie, auch nur daran zu denken, und inzwischen beneidete er den jüngsten Weasley-Sohn dafür.
Was er natürlich niemals zugeben würde.
Innerlich verfluchte er sich immer wieder selbst, weil er nicht schon viel früher bemerkt hatte, wie wundervoll und einzigartig die muggelstämmige Hexe eigentlich war, sondern sie jahrelang schikaniert und getriezt hatte. Wobei das noch harmlos ausgedrückt war. Er hatte ihr das Leben zur Hölle gemacht, indem er ihr immer wieder ein bestimmtes Schimpfwort an den Kopf geworfen hatte, mit dem sie seit dem schrecklichen Aufenthalt bei ihm zuhause für immer gezeichnet war.
Selbstverständlich hatte er sich irgendwann für alles entschuldigt, was er ihr jemals angetan hatte, und er hatte sich eingestehen müssen, dass es gar nicht so schwer war, sich bei jemandem zu entschuldigen.
Natürlich würde er auch das niemals offen zugeben, denn vor allen anderen trug er nach wie vor diese eiskalte Maske, doch sobald er in der Nähe von Hermine Granger war, schmolz diese Maske binnen weniger Sekunden vollständig dahin.
Er hatte ihr nie seine Gefühle gestanden, da er es immer für unangebracht gehalten hatte, ihr diese zu gestehen, wenn sie doch in einer glücklichen Beziehung war, doch es war ihm immer schwerer gefallen, es vor ihr zu verheimlichen. Immer, wenn sie miteinander gelacht oder herumgealbert hatten, hätte er sie nämlich am liebsten geküsst und sie stundenlang in seinen Armen gehalten, was vielleicht unfassbar kitschig und widerlich klang, doch so war es nun mal.
Und heute würde er sie zum letztes Mal sehen.
Dann würde jeder seinen eigenen Weg gehen und der von Hermine versprach eine Zukunft mit dem rothaarigen Kriegsheld. Sein eigener war ungewiss und er wusste selbst nicht, wohin dieser führen würde, doch er beschloss, sich einfach überraschen zu lassen.
Das Narbengesicht - auch bekannt als Harry Potter - nahm die Brünette ebenfalls in die Arme und drückte sie ganz fest, ehe seine Begleitung, Ginny Weasley, das gleiche tat.
Irgendwann war der Blondschopf selbst an der Reihe und wurde von Professor McGonagall, der Schulleiterin, nach vorne gebeten, um sein Zeugnis abzuholen, das er völlig emotionslos entgegennahm. Er warf keinen Blick darauf und um ehrlich zu sein war ihm auch völlig egal, was darin stand, denn dass er überhaupt bestanden hatte, war das einzige, auf das er Wert legte.
Auch für die Party, die im Anschluss hier stattfinden würde, konnte er nur wenig Begeisterung aufbringen, denn er wollte jegliche Begegnungen mit Hermine und Weasley an diesem Abend umgehen.
Nur am Rande bekam er mit, dass inzwischen jeder sein Zeugnis erhalten hatte und die Rede der alten McGonagall beendet war, doch erst, als sich alle von ihren Stühlen erhoben und gesammelt nach draußen gingen, um ein wenig frische Luft zu schnappen, kehrte auch er ins Hier und Jetzt zurück. Er folgte seinen beiden Freunden Blaise und Pansy, die im Laufe des Schuljahres ein Paar geworden waren und seitdem nur noch aneinander klebten, schaute jedoch immer wieder in die Richtung der Gryffindors.
Als er die große Halle verließ - die in den nächsten Minuten anhand von speziellen Zaubersprüchen in einen festlich geschmückten Raum verwandelt werden würde - und den Korridor erreichte, fasste er letztlich einen Entschluss und hielt inne.
„Geht schon mal vor, ich muss noch was erledigen.", erklärte er seinen Freunden, die sich etwas verwundert zu ihm umdrehten, wenig später jedoch hämisch um die Wette grinsten.
„Sagst du es ihr endlich?", wollte Blaise wissen, der zudem übertrieben mit den Augenbrauen wackelte und seinen Arm um die Schultern seiner Freundin legte.
Der Slytherin reagierte nicht darauf und hatte auch schon längst alles um ihn herum ausgeblendet, was die beiden ebenfalls zu bemerken schienen, denn sie gingen nicht näher darauf ein und setzten sich schließlich wieder in Bewegung, um den Innenhof des Schlosses anzusteuern.
Dracos Herz begann mit jeder einzelnen Sekunde, die verging, schneller gegen seine Brust zu hämmern, was ihm zunehmend die Kehle abschnürte und ihm die Luft zum Atmen nahm. Jeder, der ihm entgegenkam und an ihm vorbeilief, warf ihm einen fragenden, unschlüssigen Blick zu, doch sein eigener lag durchgehend auf dem Tor, das die große Halle vom Korridor trennte, in der Hoffnung, dass Hermine Granger jeden Moment auftauchen würde.
Zwar war ihm bewusst, dass ihre zwei - beziehungsweise drei - Anhängsel dabei sein würden, doch er wollte und musste sie ein allerletztes Mal sehen und dafür nahm er sogar das in Kauf.
Verkehrte Welt, ging es dem millionenschweren Malfoy-Erben durch den Kopf, doch verbannte diesen Gedankengang - und generell sämtliches Denken - sofort daraus, als die junge Hexe wenig später tatsächlich durch das große Tor ging.
Sie trug ein goldenes, schulterfreies Kleid, das bis zum Boden ging und wie verrückt im gedimmten Licht des Schlosses glitzerte. Ein wunderschönes Lächeln zierte ihr dezent geschminktes Gesicht, und ihre Haare, die sie locker nach oben gesteckt hatte, schimmerten goldbraun und sahen aus wie wunderschöne, weiche Seide.
Er musste schwer schlucken, denn ihr Anblick war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend, doch in dem Moment, in dem ihre funkelnden, rehbraunen Augen auf das Silbergrau in seinen eigenen trafen, war es vollends um ihn geschehen und sein Herz setzte aus.
Zielsicher und äußerst fröhlich ging sie auf ihn zu und befahl ihren Freunden - genau wie Draco zuvor - schon mal vorzugehen, was ihn gehörig wunderte, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihren ach so tollen Freunden von dieser Freundschaft erzählt hatte. Lediglich der Weaslette hatte sie es erklärt, als sie die beiden in der Bibliothek beim gemeinsamen Lernen entdeckt hatte, doch daran, dass Weaselbee und Sankt Potter offenbar ebenfalls Bescheid wussten, hätte er nicht mal im Traum gedacht.
Weil ihm das jedoch ziemlich egal war und die drei völlig unbeeindruckt an ihm vorbeiliefen, dachte er nicht weiter darüber nach und schloss die Hexe in eine feste Umarmung, als sie sich in seine Arme warf.
„Herzlichen Glückwunsch, Draco.", flüsterte sie leise in sein Ohr, wobei ihr warmer Atem die dünne Haut seines Halses streifte und ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.
Am liebsten hätte er sie nie wieder losgelassen und sie an der Hand genommen, um mit ihr zu verschwinden, doch er wusste, dass das nicht möglich war und diese Tatsache schmerzte ihm zutiefst.
„Herzlichen Glückwunsch zum besten Abschluss aller Zeiten, kleine Streberin.", erwiderte er schmunzelnd, um seine eigentliche Gefühlslage zu überspielen, was ihr ein leises Lachen entlockte.
Sie liebte es, wenn er sie so nannte, denn dieser Spitzname war nach 'Schlammblut' der erste gewesen, den er ihr gegeben hatte und immer, wenn sie mal wieder eine nervige Besserwisserin oder die beste in einem Test gewesen war, hatte er sie mit diesem Kosenamen angesprochen.
Was sie unfassbar niedlich fand.
„Können wir vielleicht kurz reden?", begann er nach einer Weile, von der er jede einzelne Sekunde genossen hatte, schließlich mit seinem eigentlichen Vorhaben, was die Brünette verwundert und etwas irritiert zur Kenntnis nahm.
„Tun wir doch gerade." Sie löste sich vorsichtig von ihm, zog ihre Arme nur äußerst langsam zurück und blickte ihm unschlüssig, fast schon überfordert in die Augen, die jeden einzelnen Zentimeter ihres wunderschönen Gesichts musterten.
Nachdem er einmal tief durchgeatmet und sich gesammelt hatte, schüttelte er in Zeitlupentempo den Kopf.
„Ich meinte alleine. Nicht vor allen anderen."
„Ach so, uhm... okay. K-Klar.", stotterte sie mit klopfendem Herzen - unsicher, was sie davon halten sollte - und folgte dem Blondschopf, als er sich in Bewegung setzte und einen kleinen Gang abseits des Korridors ansteuerte.
Draco wurde unglaublich schlecht und er befürchtete, sich jeden Moment übergeben zu müssen, denn er hatte noch nie in seinem Leben über Gefühle oder Ähnliches gesprochen und kam sich ziemlich dämlich vor, weil ihn das alles so mitnahm, doch diese unglaubliche Hexe bewies ihm einfach immer wieder, dass er fähig war Dinge zu tun und zu fühlen, die er bis vor einem Jahr niemals auch nur im Traum in Erwägung gezogen hätte.
„Was ist los?", wollte sie wissen, nachdem sie sich eine ganze Weile stillschweigend gegenübergestanden und sich einfach nur in die Augen gesehen hatten.
Er biss sich völlig unbewusst auf die Unterlippe und fragte sich immer wieder, was zum Teufel er hier gerade überhaupt tat, erinnerte sich allerdings schlagartig und schmerzlich daran, als sie vorsichtig ihre zarte Hand auf seine Wange legte.
„Ich wollte mich von dir verabschieden." Seine geflüsterten Worte glichen lediglich einem sanften Windhauch, doch dieser war stark genug, um alles in Hermines Innerem zum Einsturz zu bringen.
Fassungslos starrte sie ihn an, ihre Hand fiel fast schon leblos nach unten und ein großes Entsetzen machte sich auf ihrem Gesicht breit, denn in diesem Moment brach ihre Welt zusammen.
Ihr war natürlich bewusst, dass dieser Tag einmal kommen würde, an dem sie Hogwarts verlassen mussten, doch innerlich hatte sie gehofft, dass diese sonderbare Freundschaft zu Draco bestehen und erhalten bleiben würde.
„W-Was? Aber... warum?"
„Darum.", antwortete er nur, hielt dabei sein Abschlusszeugnis in die Höhe und blickte seinem Gegenüber wehmütig in die schimmernden Augen.
„Aber... das heißt doch nicht... also... ich dachte, dass... dass wir-" „Dass wir was?"
„Dass wir... Freunde sind.", hauchte sie, ihre Hände waren inzwischen zu zwei Eisklötzen mutiert, die sie zu Boden und in die Knie zwingen wollten, doch die Brünette hielt mit aller Kraft stand und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Sind wir ja auch. Und genau da liegt das Problem." „Draco, was... Wovon redest du? Wir... wir können uns doch weiterhin treffen, weil... wir haben uns doch gut verstanden und... ich hab immer sehr gerne Zeit mit dir verbracht und-"
„Es geht aber nicht.", fiel er ihr ein weiteres Mal ins Wort, worauf sie kurzzeitig verstummte und eine Stille einkehrte, die äußerst bedrückend und unangenehm war.
„Warum nicht?" Ein feuchter Film legte sich über ihre Augen, als sie diese Worte aussprach, was dem jungen Malfoy einen imaginären Schlag ins Gesicht verpasste, denn er hatte sich geschworen, sie nie wieder zu verletzen und der Verursacher für ihre Tränen zu sein, doch er konnte nicht anders. Er konnte nicht weiterhin mit ihr befreundet sein und dabei zusehen, wie sie mit diesem Volltrottel von Weasley glücklich wurde.
Was für manche vielleicht feig klingen mochte, doch Draco war trotz allem ein Gentleman, der inzwischen genau wusste, wann er verloren hatte. Und sich in eine Beziehung einzumischen oder einem anderen Mann die Frau auszuspannen, kam für ihn nicht in Frage.
Er wandte seine Augen von ihren ab, da er ihrem Blick nicht mehr länger standhalten konnte, und richtete ihn stattdessen auf ihre vollen Lippen, die sich ihm fast schon verführerisch entgegenstreckten.
Was sich als großer Fehler entpuppte, denn plötzlich packte ihn eine tiefe Sehnsucht, die ihn abermals diesen einen, besonderen Drang verspüren ließ, und die fast schon schreiend verlangte, gestillt zu werden.
Es kostete ihn jegliche Selbstbeherrschung, sich nicht einfach auf sie zu stürzen und sie zu küssen, doch in dem Moment, in dem sie sich verlegen und sichtlich nervös auf die Unterlippe biss, verlor er gänzlich und ein für alle Mal diesen Kampf und kapitulierte.
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, beugte sich zu ihr herunter und drückte seine Lippen bestimmend auf ihre, um sie in einen liebevollen und atemberaubenden Kuss zu verwickeln, in den er all die Leidenschaft steckte, die er gerade aufbringen konnte.
Hermine war anfangs völlig überrumpelt und brauchte ein paar Sekunden, um überhaupt erst zu realisieren, was gerade passierte, doch als diese Erkenntnis auch den hintersten Teil ihres Gehirns erreicht hatte, erwiderte sie diesen Kuss mit einer Selbstverständlichkeit, die den Blonden vollkommen aus der Bahn warf. Er hatte keine Ahnung, was im Anschluss passieren würde und er wartete eigentlich nur darauf, dass sie ihm eine Ohrfeige verpassen würde, doch diese blieb überraschenderweise aus.
Stattdessen krallte sie sich mit ihren zarten Händen in sein schwarzes Jackett, um ihn noch näher zu sich zu ziehen, doch Draco wollte diesen Abschied nicht noch schlimmer und herzzerreißender machen, als er ohnehin schon war, und ließ demnach von ihr ab.
Schwer atmend und wie in Trance blickten sich die beiden in die Augen und versanken in denen des jeweils anderen. Ihre Nasenspitzen waren nur Millimeter voneinander entfernt und ihre Herzen schlugen im Gleichtakt und viel zu schnell, doch das war gerade alles Nebensache. Es war, als würde sich die Welt viel langsamer drehen, um dem ungleichen und doch so ähnlichen Paar mehr Zeit zu schenken, damit sie diesen magischen und besonderen Moment genießen und in sich aufsaugen konnten.
„Warum tust du das?", verstand Hermine immer noch nicht und durchbrach somit als erste diese Stille, doch Draco konnte nur den Kopf schütteln.
„Das fragst du jetzt nicht ernsthaft, oder? Die schlauste Hexe unseres Jahrgangs kann nicht mal eins und eins zusammenzählen."
Sein warmer Atem streifte ihre Lippen und schickte sofort mehrere tausend Volt durch ihren Körper, der nach diesem Kuss ohnehin in Flammen zu stehen schien.
In ihrem Gehirn ratterte es wie verrückt und sie versuchte angestrengt, dieses Chaos darin zu sortieren und zumindest ansatzweise in Ordnung zu bringen, doch dann traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag und Draco bildete sich sogar ein, das Licht, das ihr in diesem Moment aufging, sehen zu können.
„Draco, d-das... warum... warum hast du denn nichts gesagt?"
„Es hätte nichts geändert.", antwortete er schulterzuckend und schielte anschließend betrübt zu Boden. „Jeder weiß, dass du und Weasley unzertrennlich und ein Traumpaar seid und... ich wollte nicht, dass es irgendwie komisch zwischen uns wird. Ich meine... was hättest du denn gesagt, wenn ich, ein Todesser, dir gesagt hätte, dass ich-"
„Hör endlich auf, dich als Todesser zu bezeichnen!", tadelte sie ihn, während sich aufgrund seiner vorherigen Worte eine kleine Menge an Tränen in ihren Augen ansammelte, die sie jedoch erfolgreich herunterschluckte.
Merlin, wenn ich das gewusst hätte, lamentierte Hermine in Gedanken und konnte kaum fassen, dass sie seine Blicke und Taten nie richtig gedeutet hatte. Denn jetzt, da er es mehr oder weniger laut ausgesprochen hatte, machte alles irgendwie Sinn.
Sie war heilfroh und erleichtert, weil er sich ihr endlich geöffnet hatte und grinste gleichzeitig in sich hinein, da ihr die nächsten Worte geradezu auf der Zunge brannten und sie jetzt schon äußerst gespannt war auf seine Reaktion.
„Ron und ich sind nicht zusammen."
Ab dem Moment, in dem dieser Satz Hermines Lippen verließ, vergingen fünf, zehn, vielleicht auch fünfzehn Sekunden - sie hatte keinerlei Zeitgefühl mehr - bis Draco sich über die Bedeutung ihrer Worte bewusst wurde.
„WAS?!"
Sie schmunzelte. „Du hast schon richtig verstanden."
„Ihr seid... nicht zusammen?", hakte er restlos überfordert nach, ließ sie dabei keinen Moment aus den Augen und beobachtete daraufhin, wie sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen zauberte.
„Nein, sind wir nicht. Also... wir waren es mal, aber... wir haben relativ früh gemerkt, dass wir uns in irgendetwas verrannt und uns in unseren Gefühlen getäuscht haben. Er ist wie ein Bruder für mich und... ja, wir sind unzertrennlich, weil wir so viel zusammen durchgestanden und erlebt haben, aber... letzten Endes waren, sind und bleiben wir immer nur Freunde."
Merlin, wenn ich das gewusst hätte, ging es nun auch ihm durch den Kopf, den er ungläubig und zum gefühlt tausendsten Mal innerhalb weniger Minuten schüttelte.
„Aber... er ist doch deine Begleitung für heute Abend.", warf er schließlich dazwischen, fesselte sie dabei mit seinen glänzenden silbergrauen Augen und spürte, wie seine Beine an Halt zu verlieren drohten.
„Ja, aber... wir sind als Freunde hier. McGonagall hat ihn und Harry eingeladen und... eigentlich ist er auch nur meine Begleitung, weil... na ja... weil mich... sonst keiner gefragt hat..."
Noch während sie sprach, färbten sich ihre Wangen und generell ihr komplettes Gesicht knallrot, da es ihr unfassbar unangenehm und irgendwie auch peinlich war, diese Worte auszusprechen.
Draco nahm ihre Reaktion anfangs äußerst argwöhnisch zur Kenntnis und hatte im ersten Moment auch keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte, doch ihr unsicherer und verlegener Blick, mit dem sie schüchtern zu ihm aufsah, sprach Bände und ließ nun auch ihm ein Licht aufgehen.
„Warte mal, bin... bin ich dieser 'sonst keiner'?" Er wollte keinesfalls selbstverliebt und egoistisch rüberkommen, doch ihr Gesichtsausdruck und ihre Verlegenheit beantworteten seine Frage bereits, noch bevor sie sich selbst dazu hätte äußern können. Dennoch nickte sie.
„Weißt du, ich... hab dich... sehr, sehr gern und... also... sogar mehr als das, a-aber... ich hab mir immer wieder eingeredet, dass ein Schlammbl-"
„Sag dieses Wort nicht!", schimpfte er, was sie kurz innehalten ließ.
„Dass eine Muggelstämmige wie ich einem Reinblut wie dir sowieso nicht würdig ist und... und du sowieso niemals Gefühle für mich entwickeln könntest.", beendete sie letztlich doch noch ihren Satz, inzwischen glich ihr Gesicht einer überreifen Tomate, die kurz vorm Aufplatzen war.
„Das ist mit Abstand das Dümmste, das sich dein hübsches Köpfchen jemals zusammengereimt hat.", schmunzelte er sachte, als er einen letzten Schritt auf sie zumachte. Hermine hingegen war weniger nach Lachen zumute und senkte beschämt den Kopf, was er jedoch sofort zu verhindern wusste, indem er vorsichtig ihr Kinn umspannte und es leicht nach oben drückte.
Eindringlich sah er ihr in die Augen, die warmer, flüssiger Schokolade ähnelten, und wollte ihr auf diese Weise ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben, was glücklicherweise Wirkung zeigte, denn nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, nahm sie ihren letzten Mut zusammen und ergriff erneut das Wort.
„Du hast nicht interessiert gewirkt und... irgendwann hab ich die Hoffnung einfach aufgegeben, weil... ich meine... wer könnte schon eine nervige und besserwisserische Streberin lieben, die den ganzen Tag in der Bibliothek sitzt und irgendwelche Bücher wälzt?" Ihren Worten folgte ein ergebenes, fast schon frustriertes Seufzen und wäre die Stimmung im Moment nicht so bedrückt und angespannt gewesen, hätte Draco über diese Worte vermutlich einfach lauthals losgelacht.
„Ich.", lautete stattdessen seine knappe Antwort, die er breit grinsend, gleichzeitig aber auch todernst von sich gab, was zur Folge hatte, dass Hermines Herz schlagartig aussetzte.
Sie meinte sich verhört zu haben oder sich in einem Traum zu befinden, denn sie konnte nicht glauben und sich auch keinesfalls vorstellen, dass Draco Malfoy gerade tatsächlich zu ihr gesagt hatte, dass er sie lieben könnte.
„W-Was?"
Ob ich vielleicht doch im Krieg umgekommen bin?, fragte sie sich selbst, da dies ihre einzig logische Erklärung für all das war, doch in dem Moment, in dem er vorsichtig ihr Gesicht in seine Hände nahm und seine Stirn an ihre legte, verwarf sie diese dämlichen Gedanken wieder und ihr wurde endgültig bewusst, dass das hier tatsächlich die Wirklichkeit war und sie sich in der Realität befand.
„Ich könnte dich lieben.", schmunzelte er aufgrund ihrer Verwirrtheit und Ratlosigkeit, genoss jedoch, dass er sie derartig aus der Fassung bringen konnte. Doch damit nicht genug.
„Besser gesagt tue ich das schon längst, kleine Streberin.", waren seine letzten Worte, bevor er diese auf ewig besiegelte, indem er die Distanz zwischen ihnen schloss, seine Lippen bestimmend auf ihre legte und sie - zum zweiten Mal an diesem magischen Abend - küsste.
Und beide wussten, dass das erst der Anfang war.
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Viel zu viel Kitsch und keine Spannung, ich weiß, aber ich fand die Idee dahinter ganz süß und vielleicht öffnet es dem ein oder anderen ja auch die Augen. Man sollte seine Gefühle niemals verstecken oder verleugnen, weil man sonst nie erfahren wird, ob der andere nicht auch so fühlt.
Einen schönen Tag Euch allen, bleibt gesund und bis zum nächsten Oneshot :)
Eure Emma <3
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