15. Der Friedensball

Mit geschickten Händen machte ich die Schlaufe meiner grauen Krawatte zu.
Mein Spiegelbild grinste mir wie gewöhnlich zu, obwohl mir garnicht zum Lachen zu Mute war.
Seit Wochen graute es mir vor dem heutigen Tag.
Der Tag des Friedensballes.

Allein wäre ich nicht auf die Idee gekommen dort aufzukreuzen, doch meine Mutter bestand darauf.
Nachdem mein Vater vor 5 Jahren nach Kriegsende verhaftet und für 25 Jahre Azkaban verurteilt wurde, hatte sie gewollt, dass ich sie auf Wohltätigkeitsveranstaltungen begleitete und ein Teil unseres Vermögens für den Wiederaufbau von Hogwarts und den Rest der Zaubererwelt spendete.

Gut, wenn sie meinte, dass es unsere Sünden beglich?!

Auch heute war wieder einer solcher Tage, bei denen meine Mutter mir am Vorabend schrieb, dass wir am nächsten Tag ein Ball oder eine Charityveranstaltung besuchen würden.
Doch dieses Mal, war es anders als sonst.
Der Bau von Hogwarts wurde letzte Woche fertig gestellt, und Professor Minerva McGonnegall lud alle Kriegshelden, Überlebenden und Mitbeteiligte der Schlacht von Hogwarts ein, um zur Feier des Wiederaufbaus von Hogwarts einen Friedensball zu veranstalten.
So schrieb der Tagesprophet.

Doch zu Mutters und meiner Überraschung, erhielten wir von der Alten tatsächlich eine persönliche Einladung per Eule.
Da war Mutter natürlich Feuer und Flamme und ich musste mit ihr - zu meinem Leidwesen - einen neuen Anzug kaufen.
Ich habe es schon immer gehasst, wenn der Schneider meine Maße nahm und dabei so komisches Zeugs redete und Fragen stellte.

Aber nun war die Prozedur überstanden und mein Anzug saß wie eine zweite Haut.
Es war ein dunkler anthrazit farbener Ton, der gut mit dem weißen Hemd und der dunkelgrünen Krawatte harmonierte.
Ich gab noch ein wenig Gel in meine Hände und strich mir damit durch die Haare, um sie ein wenig in Form zu bringen.
Sie hingen mir vorne locker in die Stirn, an den Seiten waren sie aber kurz.

Ich zwinkerte meinem Spiegelbild zu und straffte die Schultern.
Ja, so konnte ich mich definitiv sehen lassen.
Ich hatte nach dem Krieg oderntlich Muskeln aufgebaut, mein Kreuz wurde breiter und auf meinen Bauch zeichnete sich ein deutliches Sixpack ab.

Zwar wurde während des Kriegs der Name Malfoy in den Dreck gezogen, doch meine weiblichen Kontakte nahmen nicht ab.
Sie wurden sogar immer mehr.
Wenn man Geld, Aussehen und eine Portion Charme besaß, musste man sich keine Gedanken um eine Ehe machen.
Doch ich genoss mein Leben als Junggeselle, auch wenn mich meine Mutter immer wieder zu verkuppeln versuchte.
Ab und an klappte es, doch wenn dann nur für eine Nacht.

Natürlich wollte ich irgendwann mal Sässhaft werden und Kinder bekommen, nur dazu hatte ich einfach noch nicht die richtige gefunden.
-Alles zu seiner Zeit.-

Ich warf einen raschen Blick auf das Uhrglas und fluchte leise.
Meine Mutter und ich hatten uns für 19 Uhr verabredet und es war schon 5 Minuten über der Zeit.
Ich lief schnell nach draußen, hinter die Appariergrenze und ehe ich mich versah, wurde ich auch schon in einen Schlauch gepresst und wurde wenige Sekunden später an der Grenze in Hogsmead ausgespuckt.
Ich beeilte mich nach Hogwarts zu gelangen, die Schimpftiraden meiner Alten wollte ich mir nun wirklich nicht anhören.

Die Große Halle war wunderschön geschmückt, der Weihnachtsball im vierten Schuljahr war ein Witz hiergegen;
Der Boden wurde zu dunklem, glänzendem Parkett gezaubert, die Decke war geschmückt von Kronleuchtern und die vielen weiß überzogenen Tische standen um eine große Tanzfläche herum.
In der Ecke entdeckte ich noch die hell beleuchtete Bar.

,,Draco, mein Schatz!
Du bist zu spät."
Begrüsste mich meine Mutter tadelnd, hatte jedoch ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
Sie hakte sich bei mir unter und zog mich mit zu einem der Tische, die mit unserem Namen gekennzeichnet waren.
Vom Nachbartisch aus beäugte uns die Weasley-Sippschaft - oder das was davon übrig war -, denn dem Tagespropheten zu folge war einer der Weasleyclowns umgekommen.
Komischerweise regte sich bei mir keinerlei Mitleid.
Welche Ironie!

Molly Weasley warf uns mörderische Blicke zu und kam auf uns zu.
Mutter versteifte sich kaum merklich.

,,Dass sie es wagen hier aufzutauchen!" ätzte sie uns entgegen und wenn Blicke töten könnten, würde ich nun sicherlich von mehreren Dolchen durchbohrt an eine Wand genagelt sein.
Ich versuchte sie so gut es ging zu ignorieren, im Gegensatz zu mir konnte meine Mutter mit soetwas immer gut umgehen.

,,Ich weiß nicht was ihr Problem ist Mrs. Weasley.
Wir haben eine persönliche Einladung von der Schulleiter erhalten und sind ihrer Bitte natürlich nachgekommen.
Guten Tag!"
Damit zog sie mich weg an die Bar.
Ich orderte einen Cocktail und Mutter einen perlenden Prosecco.
Normalerweise trank sie keinen Alkohol, doch die kleine Auseinandersetzung mit dem Weasley Oberhaupt musste sie wohl ziemlich aus der Bahn geworfen haben.

,,Sag, Draco, hattest du in letzter Zeit eigentlich noch ein Date?" fing sie recht unverbindlich an und ich stöhnte innerlich.
,,Ja, einige." antwortete ich knapp und sah mich gelangweilt um.

,,Draco, du weißt was ich meine.
Irgendwelche... vielversprechenden Dates, die nicht nur eine Nacht bleiben um dann am nächsten Tag leichtbekleidet aus dem Manor schleichen?"

,,Nein. Mutter, ich habe einfach noch nicht die richtige gefunden, okay?
Und ausserdem bin ich gerade mal 22.
Ich will zuerst mein Leben leben und Spaß haben."
Sagte ich zwinkernd und lehnte mich lässig zurück.

,,Ich wurde mit 18 Jahren verheiratet." gab sie trocken wieder und kippte den Rest ihres Getränks den Rachen hinunter.
,,Ich möchte schließlich Enkelkinder!"
Ich ließ ein Schnauben verlauten und sie wand sich wieder den Menschen auf der Tanzflächen zu.
,,Eine Schande, dass du hier überhaupt ganz allein, ohne eine Begleitung aufgekreuzt bist." zischte sie.

,,Schau mal dort, Draco.
Da ist eine hübsche Frau ohne Begleitung.
Sie scheint sogar in deinem Alter zu sein.
Geh doch mal hin."

,,Ganz sicher nicht." gab ich kopfschüttelnd zurück und orderte einen weiteren Drink.
Doch bevor ich ihn nehmen konnte, hatte Mutter sich das Glas bereits gegriffen und in die Blumenvase neben der Bar gekippt.
,,Geh hin, Draco Lucius Malfoy, oder du kannst dein Erbe vergessen!"
Sie gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf und ich machte mich schleunigst auf dem Weg.

Ich schlenderte gelassen zu der Frau mit dem dunkelroten Kleid mit der Schleppe und dem üppigen Ausschnitt.
,,Darf ich um diesen Tanz bitten?" fragte ich höflich und setzte sogar zu einer leichten Verbeugung an, stoppte jedoch als ich sah wie Hermine Granger ihren Kopf zu mir wand.
,,So sieht man sich wieder, Malfoy." frotzelte sie und ergriff meine ausgestreckte Hand.
Ich führte sie immer ich ein wenig perplex zur Tanzfläche und legte meine Hand an ihre Hüfte.

Nach einer Weile des Schweigens sah sie zu mir auf.
,,Und, immernoch auf der Brautsuche, Malfoy?"

Überrascht sah ich sie an.
,,Ich sag es mal so; ich genieße mein Leben als Junggeselle.
Und bei dir?
Trauerst du immer noch Weasley nach?"
Sie gab ein verächliches Schnauben von sich.
,,Ronald ist ein Arsch.
Es war nicht schwer über ihn hinweg zu kommen."

Vor etwa einem Jahr hatte Weasley Granger vor dem Traualtar für Lavender Brown sitzen gelassen und natürlich hatte der Tagesprophet eine riesen Welle darum geschoben.
Aber es sah tatsächlich so aus, als wäre Granger wirklich über ihm hinweg, so wie sie nun gleichgültig an die Decke starrte.
,,Du siehst hübsch aus." lenkte ich von Thema ab, aber es stimmte.
Sie hatte ihre langen braunen Zotteln zu einem gebändigtem Dutt auf dem Kopf zusammengebunden und ihr nackter Hals zierte eine schlichte filigrane Kette, welche von ihrem - durch das Kleid angehoben - Decolté noch mehr betont wurde.

Das Lied endete und ein sanfter langsamer Stehblues setzte ein.
Sie errötete als ich sie näher zu mir zog und sie ihre Arme schüchtern um meinen Nacken schlang.
,,Kein Grund rot zu werden, Granger." raunte ich und auch plötzlich fühlte sich meine Stimme so seltsam belegt an.

Ich wusste garnicht wie lange wir hier noch so nah bei einander standen und tanzten, die Lieder wechselten von Zeit zu Zeit, mal schneller und mal langsamer.
Verständlich, dass wir nun völlig aus der Puste waren.
,,Darf ich dich auf einen Drink einladen?" hechelte ich und sie ergriff meine Hand.
,,Möglicherweise?"

Ich grinste und sah im Hintergrund Mutter, die mir zustimmend einen Daumen hochstreckte.
Wir stießen mit unserem Rotwein an und ich folgte ihrer Bewegung, als sie das Glas an die Lippen setzte und mich dabei ansah.
Komischerweise spürte ich dabei ein eigenartiges Kitzeln in mir.

Ich wusste ich hatte mir geschworen mit dem Heiraten noch zu warten, aber wer hatte etwas von einen Date gesagt?
Da würde ich vielleicht eine Ausnahme machen.

Wer hätte das gedacht?

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