Kapitel 52
Vor einer Wohnung blieb Mikey stehen. Er tastete Drakens Hosentaschen nach dem Schlüssel ab und wurde schließlich fündig.
Dem braunhaarigen war dies mehr als nur unangenehm. Er wusste auch gar nicht weshalb Mikey dies tat, bis er den Schlüssel hervor zog.
Ihm war es mulmig zumute jetzt alleine mit ihm zu sein. Zum einen, wegen der Dinge, die er heute von sich gegeben hatte und zum anderen, weil er zwölf Jahre älter war. Mikey war nun vermutlich um einiges stärker. Dabei war er schon vor zwölf Jahren unschlagbar gut gewesen. Zudem war er selbst auch noch betrunken. Hilflos traf es da sehr gut.
Nun alleine mit ihm zu sein war Selbstmord. Er musste nur eine falsche Sache sagen, ein falsches Wort in den Mund nehmen und für ihn war es das.
Mikey schloss die Tür auf.
"Ist das...meine Wohnung?"
"Tch. Wie viel hast du getrunken?"
Stimmt ja. Mikey wusste nichts von seiner Fähigkeit. Dieser Mikey dachte er hätte ihn vor zwölf Jahren verlassen.
Zugegeben es war schon interessant herauszufinden, welche Konsequenzen diese Aktion von ihm hatte.
Doch hätte er zurück in die Vergangenheit gehen sollen, bevor sie nun zu zweit alleine waren.
Andererseits, wenn Mikey ihn wirklich hätte umbringen wollen, warum hatte er ihn dann vor diesen Schlägertypen gerettet?
Draken war noch immer peinlich berührt, dass ihm dies widerfahren war. Hätte er sie doch mit Leichtigkeit fertig machen können, wenn er nüchtern gewesen wäre.
"Woher weißt du...wo ich wohne?" Draken setzten die Kopfschmerzen zu. Vermutlich würden jene Morgen noch um einiges schlimmer werden, wenn der Rausch seine physischen Schmerzen nicht mehr dämpfte.
Mikey antwortete ihm nicht. Stattdessen schloss er hinter ihnen die Tür mit seinem linken Fuß und setzte Draken dann auf der Treppe ab.
Noch immer trug er keine Schuhe, die er zu binden musste. So war es ihm möglich einfach aus den Schuhen zu schlüpfen.
Draken fehlte die präzise Koordinierung um seine Schuhe zu öffnen.
Er würde ganz gewiss nie wieder ein Glas Alkohol anfassen.
Mikey sah Draken kurz dabei zu, wie jener sein bestes gab seine Schuhe zu öffnen.
Dann kniete er sich vor ihm hin und öffnete ihm seinen linken Schuh.
Draken sah Mikey ganz überrascht an. Nie hätte er von ihm erwartet, dass er ihm jemals bei so etwas helfen würde.
Geschweige dessen, dass er sich noch vor ihm hin kniete um dies zu tun.
Gut, er hatte generell nie erwartet Hilfe dabei zu brauchen seine Schuhe aus zu ziehen...
Der Blick des rothaarigen lag auf Drakens Schuhen, als er ihm auch den rechten von seinem Fuß zog.
"Ich habe dich beobachtet. Die letzten zwölf Jahre lang. Deswegen weiß ich wo du wohnst."
Mikey sah auf Drakens Füße hinab. Er wusste, dass dies vermutlich krank auf Draken wirkte. Doch es war die Wahrheit.
"Ich habe mich nie getraut zu klingen oder dich noch einmal an zu sprechen."
Auch wenn Draken Schwierigkeiten damit hatte Mikey klar zu sehen, so benötigte er keine Brille um zu wissen, wie leer sein Blick gerade wirkte.
Mikey stand auf.
Draken wollte ihm beweisen, dass er alleine laufen konnte. Dies ging jedoch schief, wodurch er beinahe auf Mikey gefallen wäre.
"Langsam. Sonst verletzt du dich noch."
Der Rotschopf stützte Draken erneut und brachte ihn so zu seinem Bett. Erst als jener auf der Matratze saß ließ er ihn los.
"Wir haben uns vor zwölf Jahren getrennt." Draken war übel und so fasste er sich an die Stirn. "Warum erzählt du mir das jetzt?"
"Du hast mich die letzten zwölf Jahre ignoriert, wenn wir uns begegnet sind."
"Und jetzt wo ich betrunken bin und dich nicht ignorieren kann traust du dich etwas zu sagen? Tch."
Mikey sah auf den Boden. Kurz kam Stille auf.
"Was willst du überhaupt von mir?"
Lange ließ die Antwort nicht auf sich warten. Mikey drückte Draken auf die Matratze hinab, wodurch ihm erneut schwindelig wurde.
Bevor jener Widerspruch einlegen konnte, legte Mikey auch schon seine Lippen auf die des braunhaarigen.
Ohne groß nachzudenken, drückte Draken Mikey von sich.
"Was zum Teufel?! Ich lasse mich von dir nicht mehr zur Selbstverletzung missbrauchen!"
Draken rutschte auf dem Bett nach hinten und brachte so möglichst viel Abstand zwischen ihn und den rothaarigen, der nun wieder vor dem Bettrand stand.
"Du bist verlobt! Was zum Teufel machst du eigentlich?!"
Draken erkannte Mikey nicht wieder. Was war nur in ihn gefahren?
Erst ließ ihn Emmas Tod kalt. Dann schlug er Chifuyu direkt vor seinen Augen und jetzt küsste er ihn auch noch obwohl er verlobt war. Was ist mit dem Mikey passiert, den er kannte? Der treuesten Person nach Chifuyu? Hatte er sich all dies wirklich nur eingebildet?
Es dauerte einige Augenblicke, bis sein Sichtfeld ansatzweise erkennbar war.
Mikey hatte sich ausatmend auf die Bettkannte gesetzt und sein Gesicht in seinen Händen vergraben.
Er schien vollkommen fertig zu sein.
Langsam aber sicher schien Draken wieder klar denken zu können.
"Mikey... Alles in Ordnung?"
Draken widerstrebte es sich dem rothaarigen zu nähern nach dem, was dieser eben getan hatte.
"Nichts ist in Ordnung." Mikey kniff die Augen zusammen.
Draken irritierte dies. Eigentlich sollte man doch davon ausgehen, dass er sich auf seine Hochzeit mit Kisaki freute. Dies schien jedoch nicht der Fall zu sein.
Mikey war in Ketten gelegt. Kisaki war die einzige Person, die ihn noch leiden konnte. Er konnte den blondhaarigen unmöglich auch noch verlieren.
Er kam sich wirklich so vor, als hätte er sich selbst in Ketten gelegt und Kisaki den einzigen Schlüssel gegeben.
Mitsuya und Chifuyu hatten mittlerweile Angst vor ihm. Pah und Peh-chin ebenso. Takemichi erst recht. Sie alle hassten ihn, weil keiner von ihnen Toman verlassen durfte. Sie hassten ihn, weil er unberechenbar geworden war.
Gleichzeitig war seine Beziehung zu Kisaki keine richtige Beziehung.
"Aber du heiratest doch in einer Weile. Solltest du nicht eigentlich glücklich mit Kisaki sein?"
"Ich bin nicht mit Kisaki zusammen weil ich ihn liebe, Draken." Sie hatten sich auseinander gelebt. Deswegen benutzte Mikey seinen alten Spitznamen nicht länger. Es schmerzte. Doch es war wie es war.
Der Blick des braunhaarigen lag auf Mikey, der sein Gesicht noch immer in seinen Händen versteckt hatte.
"Ich bin mit ihm zusammen gekommen, weil ich mich selbst nicht mehr ausstehen konnte. Es war eine Beziehung, die es nur auf sexueller Ebene gab. Ihm war es egal ob ich sie als Selbstverletzung benutzte...doch mittlerweile glaube ich, dass er genau darauf aus war."
"Was meinst du damit? Ihr liebt euch gar nicht?"
"Wir haben uns nie geliebt." Mikey fuhr sich durch die Haare.
"Warum heiratet ihr dann?"
"Er ist der einzige, der mich nicht hasst." Mikey drehte sich zu Draken um. "Und ich möchte ihn nicht auch noch verlieren." Ganz egal was es ihn kostete. Die Narben, welche seinen Körper zierten, die roten Striemen an seinen Gelenken und die Blauen Flecken und Schnittwunden. Mikey ertrug alles, wenn es hieß, dass er nicht alleine war.
Mit Selbstverletzung hatte es angefangen und am Ende gab es keinen Ausweg mehr.
Draken dachte er hätte jene Verletzungen von Kämpfen heimgetragen, doch...
"Hat er dir die ganzen Verletzungen zugefügt?"
Mikey sah seitlich auf die Matratze.
"Der kann was erleben!" Draken wollte aufstehen, doch verlor er fast sofort wieder die Balance und landete geradewegs auf dem Bett.
"Vielleicht solltest du erst einmal wieder nüchtern werden..."
Mikey war sich sicher, dass sich Draken danach an nichts mehr erinnern würde und selbst wenn, er würde ihn noch immer verabscheuen nach all den Dingen, die er getan hatte.
"Seit wann macht er das schon?!"
"Angefangen hat es kurz nachdem du Toman vor zwölf Jahren verlassen hast."
War das zu direkt? Mikey wollte Draken keine Schuldgefühle geben.
"Das war meine Entscheidung. Dich trifft keine Schuld daran."
Kurz nachdem er Toman verlassen hatte. Hieß dies...
Draken warf einen Blick auf die Uhr. Es war bereits drei Uhr nachts.
Hieß dies, dass Kisaki in der Vergangenheit Mikey schon vergewaltigt hatte?!
Obgleich es so klang als hätte Mikey dem zugestimmt, konnte Drakens Meinung nach von Zustimmung gar keine Rede sein. Kisaki hatte ihn aufs übelste manipuliert und er hatte nur die Chance dazu, weil er Mikey allein gelassen hatte.
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