29. Kapitel

Chancen.
Sie sind wie die schönsten Sonnenuntergänge...
...wer zu lange wartet verpasst sie.
Zumindest sagt das ein Dichter. Wie er heißt weiß ich nicht, aber ich mag solche Sprüche, da in wenigen Worten die Wahrheit schön beschrieben wird.

Mit Vergebung habe ich eher weniger Probleme, aber wenn man jemanden andauernd eine Chance gegeben hat, dauernd gehofft hat, dass er doch noch kommt, irgendwann wird man da einfach müde.

Drake hat mich auch lange leiden lassen. Ein halbes Jahr ist harmloser als achtzehn Jahre. Außerdem zeigt Drake Reue und hat einiges getan, was mir zeigt, wie ernst es ihm ist. Mein Vater hingegen nicht. Wenn meine Vorahnung mich nicht trügt wird er uns eh in weniger als 24 Stunden verlassen und ich werde ihn nie wieder sehen.
Als wäre er nie hier gewesen.

Kein einziges Mal hat er sich versucht zu melden.
Ihm war ich egal.
Warum jetzt?
Hat Mum auf ihn eingeredet?
Wahrscheinlich deshalb, anders kann ich es mir nicht erklären.

Genervt stapfe ich nach unten. Es ist Mama zur Liebe.
Sie macht uns Kaffee und er erzählt mir seine Lebensgeschichte. Sein beruflicher Weg erklärt ein wenig seine Abwesenheit. Er war beim Militär und nie lange am gleichen Ort. Außerdem liebte er seinen Beruf und „Vater-Sein" passte gar nicht in sein Bild.

Bis heute hat er zwar eine neue Frau, aber keine Kinder. Er und sie arbeiten beide als Soldaten. Es sei mies gelaufen. Das gibt er zu, aber ihm ist es wichtig gewesen solange er dazu fähig ist seinen Beruf auszuüben. Außerdem ist er froh, dass ich eine so toughe Mama habe. Er hätte mir als etwas Weihnachts -und Geburtstagsgeld geschickt und immer etwas dazu geschrieben.

Das hat mir Mama nie erzählt.
Auch nicht was er arbeitete. Sie sagte immer, dass sie nicht wüsste, was er arbeitete.
Sie hat mich mein Leben lang belogen.

In mir wütet ein Sturm. Voller Trauer und Wut. Die ganze Zeit belogen zu werden und dann das plötzliche Erscheinen meines Vater, in dessen Leben ich ja eigentlich nur überflüssig bin, ist mir gerade zu viel.

Würde ich in mein Zimmer gehen würde Mama hinterher gehen. Ich will komplett meine Ruhe. Nicht nur ein bisschen, nicht nur für kurze Zeit, sondern so lange, bis ich mich abreagiert habe.

„Ich muss an die frische Luft", ist alles was ich nach seinem Lebenslauf sage.
Er nickt mit einem freundlichem Lächeln. Schätzungsweise erleichtert ihn das nicht mehr mein Gesicht sehen zu müssen.
Ich passe nicht in sein Leben, ich habe es verstanden.

Trotzdem schmerzt es, genauso wie die Lügen. Als ich die Tür hinausspaziere machen sich meine Tränen auf an die Oberfläche.

Direkt gehe ich Richtung Wald. Mit einer Hand verdecke ich meine Augen, damit falls mich Drake sehen sollte, er nicht sieht, dass ich weine.
Wegen meinen Tränen sehe ich nicht, dass Drake in der Straße steht und raucht. Als ich ihn erst bemerke, durch den Duft, ist es zu spät, da er mich schon längst gesehen hat. Direkt kommt er mir entgegen.

„Was ist passiert?", fragt Drake und nimmt mich in den Arm. Aus meinem Mund kommt kein Wort, aber aus meinen Augen ein halber Wasserfall. „Ich bin für dich da", sagt er. Eigentlich wollte ich nicht, dass er mich so sieht Anfangs, doch es fühlt sich an, wie Balsam für meine Seele.

„Danke", bringe ich nur heraus. Innerlich bin ich so aufgebracht...
...ich kann es einfach nicht in Worte fassen. Es fühlt sich so gut an sich nicht in diesem Moment alleine zu sein.
„Mein V..Vater i..ist da",schluchze ich.

Drake streichelt mir leicht über den Rücken und drückt mich noch fester an sich. Den Rest der Kippe zerdrückt er zuvor auf dem Boden. Sein Körper ist eingehüllt von dem Geruch von Zigaretten. Zum Glück bin ich auf ihn getroffen in mehreren Hinsichten, denn ich fange an kalt zu haben. Was denke ich mir auch nur mit einer Kapuzenjacke herauszugehen, wenn wir gerade November haben?

Als ich leicht anfange zu zittern legt Drake seine Jacke um mich.
Wie süß ist er denn bitte?
Langsam berühren meine Lippen seine. Kurz weicht er zurück und sagt:„Von deinem Haus aus sieht man uns hier noch." „Meine Mum war nie ehrlich zu mir. Ich bin es mir leid immer nach ihren Regeln zu spielen",zische ich. „Lilly, beruhige dich erst, ok? Wenn du dann noch willst ja, aber ich will nicht, dass du einen Fehler aus Impulsivität machst. Ich liebe dich und ich will daher nur das Beste", antwortet er und streichelt über meine Haare.

„Sollen wir zu mir?",fragt er, woraufhin ich nicke. Verstehen kann ich ihn schon aber irgendwie fühle ich mich doch ein wenig beleidigt.
Als ich Drakes Haus mit ihm betrete kommt mir direkt seine Mutter entgegen. „Hallo Lilly. Schön dich hier zu sehen. Warum bist du hier?", fragt sie. „Einfach nur um etwas mit Drake anzuhängen",antworte ich. Jap die Situation ist unangenehm.

„Viel Spaß euch",entgegnet sie und wir gehen hoch in sein Zimmer.
Noch nie war ich in seinem Zimmer.

Als er die Tür öffnet bin ich etwas geschockt, da ich etwas komplett anderes erwartet hätte. Seine Tapete ist in einen dunkelblau und darauf sind Acrylzeichnungen von ihm zu sehen. Das Auge, welches er gezeichnet hat sieht absolut cool aus.

„Hast du das gemalt?", frage ich, woraufhin er nickt. „Sieht richtig cool aus",sage ich daraufhin.
In seinem Zimmer hat er noch ein Doppelbett, einen Schrank, ein riesigen Schreibtisch, wobei auf einer Seite ein PC ist und auf der anderen Seite sein Kunstzeug ist, stehen.

Als ich auf den Schreibtisch sehe, traue ich meinen Augen nicht. Er hat mich gezeichnet. Direkt nehme ich das Bild in die Hand. Darauf sind viele Details zu sehen.

„Eigentlich solltest du es noch nicht sehen. Gefällt es dir?",fragt er daraufhin. „Ja", grinse ich, lege es wieder auf den Tisch, damit es nicht knickt und küsse ihn.
Noch nie hat jemand soetwas für mich gemacht. Verdammt ist das süß.

„Danke", wiederhole ich als wir vom Kuss ablassen. „Freut mich, dass es dir gefällt", lächelt er.

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