9. Kapitel: Offenbarung
Rowin:
Bevor ich auf die Frage meines am Boden liegenden Feindes reagieren konnte, hörte ich auf einmal erneut ein wütendes Kreischen hinter mir. Hastig drehte ich mich in die Richtung, aus der es gekommen war und sah von dort aus nur dieses riesige Ungeheuer mit den bernsteinfarbenen Klauen auf mich zustürmen. Meine Reaktion darauf war blitzartig, intuitiv und vermutlich sehr riskant, aber auch meine beste Chance. Also stellte ich mich schnell mit einem Fuß mitten auf den Brustkorb meines Freundes und hielt die blutrote Klinge in meiner Hand noch näher an seinen Hals. Dabei starrte ich dem schwarzen Drachen genau in die Augen und schrie laut: „Bleib zurück!" Zu meiner Erleichterung weiteten sich die Pupillen dieser beinahe schon Bestie augenblicklich und sie blieb wie angewurzelt stehen, wobei sich ihre Krallen tief ins Erdreich gruben. „Schön, bleib jetzt ganz ruhig, mein Großer", sprach ich zu dem Drachen und hob meine linke Hand beschwichtigend, „ich will dir nichts tun, also bleib einfach nur dort stehen." Zwar knurrte er erbost, aber er sagte kein Wort und folgte, wenn auch wohl eher widerwillig, meiner Anweisung. „Gut und jetzt... befehle deinen Drachen meine Freunde in Ruhe zu lassen, sofort!", wies ich den am Boden liegenden scharf an, da noch immer die Geräusche des nahen Kampfes an meine Ohren drangen. „Fangzahn...", meinte er schließlich zähneknirschend und wandte sich zu dem großen Drachen um, „ruf sie zurück." Kurz hielt Fangzahn, zumindest ging ich stark davon aus, dass dies sein Name war, noch inne, ehe er sich zu den anderen Drachen umdrehte. „Hört auf zu kämpfen, hört alle sofort auf zu kämpfen!", schrie er dann so laut er konnte und sämtliche seiner Artgenossen leisteten ohne zu zögern Folge.
Sie alle warfen Fangzahn zwar einige irritierte Blicke zu, doch sie ließen von meinen Freunden ab und zogen sich etwas zurück, was mich auf einen Schlag ungemein erleichterte. „Leute, geht es euch soweit gut?", fragte ich, meinen Gefangenen dabei nicht aus den Augen lassend. „Definiere gut...", stöhnte Venatrix erschöpft und teils auch gequält, weshalb ich meinen Blick nun doch etwas zu ihr wandte. Inzwischen hatte sie wieder ihre menschliche Gestalt angenommen und stützte sich auf Gunnar, äußerlich schien sie zwar nicht verletzt, doch ich wusste genau, dass dieser Schein trügen konnte. Immerhin hatte der Seelenbund die doch eher unangenehme Nebenwirkung, Verletzungen von einer anderen Gestalt bei einer Verwandlung nur auf den tatsächlichen Körper zu übertragen. Entsprechend blieb die Kleidung dabei völlig unberührt, weshalb Venatrix durchaus mehrere ernstzunehmende Verletzungen unter ihrer noch intakten Rüstungen haben könnte. „Verstehe... Aber könnte vielleicht jemand rüberkommen und mir ein klein wenig mit unserem Freund helfen?", fragte ich dann und blickte wieder zu Genanntem hinunter, der nur grimmig dreinsah. „Mit dem größten Vergnügen!", meinte Atali genießend und ehe ich mich versah, stand sie auch schon neben mir, um die Spitze ihres Speers ebenfalls an den Hals unseres Angreifers zu halten. „Danke", erwiderte ich ihr und trat ein paar Schritte zurück, um das blutrote Schwert in meiner Hand einmal genau zu betrachten. Die Klinge war unglaublich glatt und nahezu perfekt geschmiedet, ganz anders als die Rüstung seines Besitzers, welche eher aussah, als stamme sie von einem Leihen. Noch dazu ging mir aber durch den Kopf, dass diese Waffe in der Lage war meiner Klinge, die ja von der Machart der Seelenkrieger war, zu widerstehen. Zu solch einem Kunststück waren eigentlich nur Waffen aus der Schmiede meines Volkes oder aus der des Ordens des Ewigen Feuers fähig. Allerdings waren Letztere eigentlich für eine unheimlich silberne Farbe bekannt und nicht für solch ein blutiges Rot, weshalb ich spontan eher auf die erste Option setzen würde.
„Woher hast du das hier?", fragte ich den in schwarz Gehüllten am Boden und blickte ihn eindringlich an. „Einfach gefunden, als ich die Inseln hier erforscht habe", antwortete er mir nur in einer zwar ruhigen, aber dennoch drohenden Tonlage. „Was interessiert dich das Schwert, mich würde erstmal interessieren, wen wir hier überhaupt vor uns haben", schaltete sich Atali ins Gespräch ein und blickte unseren Angreifer scharf an. „Also schön... Mein Name ist Jay und ich bin sowas wie der Wächter dieser Inseln sowie auch seiner Drachen. Wann auch immer irgendwelche Wikinger oder Drachenjäger uns zu nahe kommen sorge ich dafür, dass... sie entweder nicht mehr berichten können, was sie gesehen haben, oder so dermaßen vergrault sind, dass sie sich diesen Inseln niemals wieder auch nur auf 100 Seemeilen annähern", erklärte der schwarz Gerüstete, Jay. „Und danach hängst du ihre Leichen in den Bäumen auf, um die nächsten Eindringlinge zu vergraulen, oder etwa nicht?!", wollte Heidrun, die inzwischen auch zu uns getreten war, genau wie der Rest unserer Gruppe, mit lauter Stimme wissen. „Nein! Das heißt... nicht bei jedem. Die meisten der Toten verbrenne ich an einer abgelegenen Klippe der Insel hier, um zumindest noch etwas Gnade bei dieser zugegeben schrecklichen Arbeit zu zeigen. Einzig und allein mit den letzten paar Mitglieder einer mysteriösen Gruppierung, die ich nicht wirklich einordnen kann, aber die sicher keinen Spaß versteht, bin ich so umgesprungen. Allerdings haben die sich auch alle selbst das Leben genommen, um der Gefangenschaft zu entgehen und der Letzte hat mich sogar gewarnt, dass sein Meister einen Trupp Krieger schicken würde, um mich zu töten. Meine Vorsicht war also durchaus angebracht und nun ja... ehrlich gesagt war das auch der Grund für meinen ruppigen Empfang. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass ihr eben dieser Trupp Krieger seid und wollte mich beschützen", erläuterte Jay ausführlich.
„Dann... Dann hast du uns einfach nur mit einer ganz anderen Partei verwechselt und hättest uns nicht angegriffen, wenn wir dich nicht gestört hätten?", hakte Heidrun nach. „Ganz genau, auf den äußeren Inseln leben sowieso keine meiner Drachen, weshalb ich dort die gelegentlichen Besucher dulde. Einzig und allein, wenn sie die Hauptinsel betreten, was aufgrund der vielen Untiefen und Riffe gar nicht so oft vorkommt, gehe ich gegen sie vor", bestätigte Jay. „Ich verstehe... Atali, lässt du ihn bitte aufstehen?", fragte ich die Anführerin der Flügelmädchen, welche mich leicht entsetzt ansah. „Soll das ein Witz sein? Er hat mich gefangen und gefesselt!", warf sie entgegen und machte keine Anstalten meiner Bitte zu folgen. „Ich weiß, aber das scheint ja nur eine Verwechslung gewesen zu sein, ganz davon abgesehen, dass unser neuer... Freund hier ebenso wenig feindlich gegenüber Drachen eingestellt ist, wie wir es sind. Ich sage nicht, dass wir ihm blind vertrauen sollten, immerhin hat er zweifellos fragwürdige Dinge getan, aber wir sollten uns vielleicht seine Geschichte anhören, bevor wir urteilen", versuchte ich sie zu überzeugen. „Also ich stimme für seinen Vorschlag! Lasst mich einfach aufstehen, damit wir alle die Waffen weglegen können um uns ganz zivilisiert zu unterhalten", meinte Jay sofort. „Mhm... Na schön, machen wir vorerst es auf eure Art... Ich kann ihm ja auch später noch einen Arm aus dem Gelenk drehen", lenkte Atali unter einem bissigen Kommentar ein und nahm ihre Waffe weg. „Äh, sie macht doch nur einen Scherz, oder?", erkundigte sich Jay nur nach einem unsicheren Lachen und sah sich in der Runde um, wir schwiegen nur alle. Leise schluckend stand unser neuer Bekannter anschließend auf, doch kaum stand er wieder auf den Füßen, verpasste ihm Atali die wohl deftigste Ohrfeige in der langen Geschichte der deftigen Ohrfeigen.
„Aber denk ja nicht, dass ich meine kleine Entführung von deiner Seite aus so schnell vergessen werde!", stellte sie dabei noch klar, während Jay einige Schritte nach hinten wich und sich schwer nickend die Wange hielt. „Also... Wo genau können wir denn gut über alles reden?", fragte ich ihn, um wieder aus das eigentliche Thema zurückzukommen. „Am besten im Hort der Flederflügler hier auf der Insel, wo ich auch meine bescheidene Bleibe aufgebaut habe. Dort hätten wir alle genug Platz, ein warmes Feuer und etwas zu trinken", antwortete Jay, während ich ihn nur leicht verwirrt anblickte. „Flederflügler?", fragte ich ratlos. „Na, die hier lebenden Drachen, wie Fangzahn oder... praktisch alle, die euch vorhin angegriffen haben. Äh, nochmal Entschuldigung dafür", erklärte Jay verlegen lächelnd. „Gut, solange wir dabei nicht gefressen werden...", meinte Minden und blickte die anwesenden Drachen misstrauisch an, woraufhin Jay nur leise schmunzelte. „Ihr habt mein Wort, dass euch nichts passiert", versicherte er daraufhin. „Gut, dann werden wir also... Oh nein! Nein, nein, nein, nein!", unterbrach Terek sich selbst und tastete wie wild die Seiten seines Halses ab. „Terek, was ist denn los?", fragte ich verwirrt und teilweise auch besorgt, ansonsten war er doch immer so ruhig. „Meine Kette! Die Halskette mit dem Anhänger, die ich immer trage... sie ist weg!", meinte er und suchte mit seinem Blick hektisch den Boden um sich herum ab. „Hm, da wird sich wohl im Kampf irgendwie der Verschluss gelöst haben", erwiderte Gunnar grüblerisch. „Ist doch völlig egal, wie ich sie verloren habe, wichtig ist nur, dass ich sie wiederfinde!", gab Terek leicht knurrig zurück.
„Hey, ganz ruhig. Wenn du dich so aufregst, dann wird es dir kaum auch nur irgendwas nutzen, also bleib lieber ruhig und denk genau darüber nach, wo du sie zuletzt hattest. Davon ausgehend können wir dann grob bestimmen, wo die Kette gelandet ist und sie suchen", erklärte Minden und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Wir?", fragte Terek leicht überrascht. „Ja, wenn niemand etwas dagegen hat, dann helfe dir dabei, deine Kette wiederzufinden, während die anderen sich Jays Geschichte", meinte sie und blickte leicht fragend in die Runde, wir nickten alle nur. Ohne eine Vorwarnung hörten wir Venatrix auf plötzlich leise, aber gequält stöhnen und als ich zu ihr blickte, erkannte ich genau, wie sie sich nun deutlich mehr auf Gunnar stützte, als vorher schon. „Ich glaube, du solltest deine Wunden lieber sofort versorgen, Venatrix. Diese Flederflügler scheinen dich doch schwerer getroffen zu haben, als du es zugeben möchtest", riet ich ihr. „Nein, wirklich... Es geht schon", meinte sie nur verbissen zurück, obwohl man ihr deutlich ansah, dass es ihr nicht wirklich gut ging. „Rowin hat Recht, wenn wir dich nicht auf der Stelle wieder zusammenflicken, dann wirst du am Ende noch ernsthaft zu Schaden kommen", schaltete sich Gunnar ins Gespräch ein. „Gunnar bitte... Es geht mir gut", versuchte Venatrix ihn abzuwimmeln. „Das tut es nicht und das weißt du auch. Mir ist völlig egal, was du davon hältst, aber ich werde mich jetzt um deine Verletzungen kümmern, während die anderen mit Jay reden", stellte Gunnar in einer Stimmlage klar, die keinen Widerspruch duldete. Zwar wollte Venatrix noch protestieren, aber er brachte sie mit einem kurzen Blick zum Schweigen. „Gut... Dann sind es wohl nur noch du, ich, Heidrun, Atali und natürlich unsere Drachen", meinte ich zu Jay. „Scheint so", gab dieser zurück.
Leise vor mich hin grübelnd blickte ich mich in der großen Höhle, welche wie ein improvisiertes Zimmer eingerichtet war, noch einmal gründlich um. Auf einem breiten Tisch, der aus mehreren Steinen zusammengestapelt war, lagerten zahlreiche Werkzeuge, während einige Kerzen darauf Licht spendeten. Ziemlich in der Mitte, wo wir saßen, befand sich eine kleine Feuerstelle, wo Jay sehr wahrscheinlich sein Essen grillte, während ein paar Kisten an der Seite standen. Mit meisten stach mir aber der wohl eher traurige Versuch von einem Strohbett an der hinteren Wand ins Auge. „Also schön, wir sind in deiner Bleibe angekommen, haben uns ums warme Feuer versammelt und sogar alle noch einen Krug frisches Wasser... Aber könntest du uns jetzt vielleicht erzählen, wer du bist und wo du herkommst, wie du es versprochen hast?", fragte Atali schließlich und funkelte Jay mit einem düsteren Ausdruck in den Augen an. „Nun, das bin ich euch in jedem Fall schuldig", gab Jay zurück und ich war mir ziemlich sicher, dass ein klein wenig Reue in seiner Stimme mitschwang. Anschließend atmete er nochmal tief durch, ehe er sich ein letztes Mal in unserer Runde umsah und danach anfing zu erzählen:
„Vielleicht überrascht es euch ja, aber ich war nicht immer der, den ihr heute hier vor euch seht... Streng genommen war ich früher einmal genauso, wie beinahe jeder andere. Damals lebte ich aber auch noch auf einer ganz anderen Insel, ein gutes Stück weit von hier entfernt im Norden. Mein Stamm war jedoch allem Anschein nach unter einem glücklichen Stern geboren worden. Jedenfalls war er bereits früh auf die genau Zusammensetzung einer Pulvers gestoßen, welches schon bei Kontakt mit dem kleinsten Funken explodiert. Wir nannten es Schwarz- oder auch Schießpulver, da wir damit dazu in der Lage waren spezielle Waffen herzustellen, die kleine Kugeln aus Metall mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf das Ziel feuerten. Trotz dieser unglaublichen Waffen, mit denen wir einen gewaltigen Vorteil gegenüber den Wikingerstämmen aller anderen Inseln in der Nähe hatten, wollten wir nur in Frieden leben. Doch daraus wurde leider nicht sonderlich viel, als eines Tages eine gewaltige Flotte an Kriegsschiffen auf unserer Insel eintraf, die unter dem Kommando von einem Mann namens Drago Blutfaust stand. Er hatte es damals auf unser Schwarzpulver und die damit gefertigten Waffen abgesehen, welche wir ihm auf der Stelle ausliefern sollten. Zusätzlich verlangte er noch von meinem Stamm, dass er sich vollständig seiner Armee anschließen solle, aber... Unsere Anführer weigerten sich. Daraufhin entfesselte er jedoch eine Macht, der wir noch niemals begegnet waren, genauer gesagt die Macht eines gewaltigen Großen Überwilden, der fast die gesamte Insel vereiste. Anschließend schickte Drago noch seine Krieger in Begleitung einiger schwer gepanzerter Drachen, um die wenigen Überlebenden von uns zu töten. Ich... war der Einzige, der diesem Schicksal entkommen konnte und das auch nur weil sich eine Eltern für mich geopfert haben.
Nachdem unsere Angreifer dann endlich abgezogen sind, versuchte ich verzweifelt noch weitere Überlebende oder zumindest etwas Brauchbares zu finden, doch... Leider waren sämtliche Waffen sowie auch Vorräte, die noch übrig waren, entweder von Dragos Männern geplündert oder aber unter schweren Trümmern begraben. So verbrachte ich die nächsten Tage ganz allein in der Eiseskälte des nahen Winters und das ohne etwas zu Essen, Trinken oder auch ein warmes Feuer. Als ich mich schließlich schon fast aufgegeben hatte, wurde ich zu allem Überfluss auch noch von einem Rudel hungriger Wölfe angegriffen. Scheinbar war ich für sie genau richtig als kleine Mahlzeit zwischendurch, aber... genau in dem Moment, wo sie sich auf mich stürzen wollten, wurde ich gerettet. Genauer gesagt ist Fangzahn hier dazwischen und verjagte die Wölfe, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass er mich anfangs überhaupt nicht bemerkt hat. Er wollte sich nur seine nächste Mahlzeit jagen, was mir in dieser Situation zwar für den Moment das Leben rettete, aber bereits kurz nachdem die Wölfe fort waren, bemerkte Fangzahn mich. Ganz kurz dachte ich schon, dass sich mein Schicksal, nämlich als Mahlzeit für irgendein Tier zu enden, einfach nur verzögert, doch dann geschah etwas, was ich nicht erwartet hatte. Allem Anschein nach hatte Fangzahn doch tatsächlich Mitleid mit mir und kuschelte sich eng um mich herum, sodass mich sein dickes Fell wärmen konnte. Zunächst was das wirklich seltsam für mich, schließlich passiert so etwas ja nicht gerade häufig, aber... Nach einigen Sekunden war ich einfach nur dankbar dafür, dass sich jemand um mich gekümmerte und nicht wollte, dass ich in der Kälte sterbe. Ehe ich mich versah, war ich dann auch schon eingeschlafen und als ich am nächsten Morgen erwachte, glaubte ich zunächst ich würde noch träumen. Immerhin lag ich eingekuschelt im dichten Fell am Bauch eines Drachens und wurde von dessen Schwingen fast schon sachte zugedeckt.
Allerdings war es real, wie ich schnell feststellte, allerspätestens wohl, als ich mich langsam aber sicher mit Fangzahn anfreundete und er mich als einen seiner Artgenossen anzusehen schien. Mithilfe von seiner Kraft konnte ich danach aus den Ruinen meines Dorfes nach einigen Dingen bergen, die mir noch gute Dienste leisten sollten. Schlussendlich wurde mir aber klar, dass ich auf meiner alten Insel nicht mehr länger bleiben konnte und ließ mich von Fangzahn hierherfliegen, in die Heimat der Flederflügler, welche mich einfach akzeptieren. Im Gegenzug schwor ich mir ihre Heimstätte, die sie so großzügig mit mir teilten, auf ewig zu verteidigen und vor ungebetenen Gästen zu schützen."
Nachdem Jay seine Erzählung beendet hatte, schwiegen wir alle erstmal und versuchten das Gehörte zu verarbeiten. „Dann... Dann hast du all diese Jahre also ganz allein hier auf dieser Insel verbracht?", fragte Heidrun nach einigen Minuten. „Nun ja, ganz streng genommen haben mir Fangzahn und die anderen Flederflügler die ganze Zeit über Gesellschaft geleistet, aber... Auf Menschen bezogen war ich für etwa sechs Jahre allein auf dieser Insel, das stimmt", antwortete Jay und blickte bei den Worten mit leicht trüben Ausdruck in den Augen ins Lagerfeuer vor sich. Ich warf derweil einen etwas unsicheren Blick zu Heidrun, welche meine Stimmung ziemlich genau widerspiegelt, und zu Atali, die nur kaum merklich den Kopf schüttelte. Schließlich wandte ich mich an Fangzahn, welcher sich genau wie Windfang unmittelbar vor dem Höhleneingang gemütlich zusammengerollt hatte. „Hey Fangzahn, dürfte ich dich kurz etwas fragen?", irritiert hob der Titanflügler den Kopf und blickte mich an. „Ja, ich kann verstehen, was du sagst", beantwortete ich seine unausgesprochene Frage, was sofort Jays ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. „Moment, warum kannst du denn bitte mit Drachen reden?", fragte er fast schon geschockt. „Oh äh... Das ist eine sehr gute Frage, die... dir Heidrun im Moment viel besser erklären kann, als ich", wimmelte ich ihn ab und machte mir eine Notiz, meiner Frau in sehr naher Zukunft ihr Lieblingsessen als Entschuldigung zuzubereiten. Während Jay nun aber von Heidrun in das Geheimnis der Seelenkrieger, was inzwischen nicht mehr ganz so geheim war, eingeweiht wurde, ging ich schnell zu dem Flederflügler hinüber, nachdem er mir nur schwach zugenickt hatte. „Worum geht es denn?", erkundigte sich dieser nun abschätzend. „Nun ja... Ich bin mir einfach nicht ganz sicher, was ich von Jay und seiner Geschichte halten soll, weshalb ich dich fragen wollte, ob es stimmt, was er zu seiner Beziehung zu euch Drachen gesagt hat", erklärte ich ihm.
„Jedes einzelne Wort. Nachdem ich ihn schon halbtot auf seiner alten Insel gefunden hatte, konnte ich es einfach nicht übers Herz bringen ihn erfrieren zu lassen und habe ihn gerettet. Danach haben wir uns dann irgendwie angefreundet und schließlich hat er mich hierher begleitet, wo er sich seitdem gut um uns Flederflügler kümmert", berichtete der Drache und sah dabei lächelnd zu Jay hinüber. „Also ist er ein Freund der Drachen?", hakte ich vorsichtig nach. „Sogar ein sehr großer Freund und Beschützer von uns Drachen, in der Tat", bestätigte Fangzahn nochmal. Nickend nahm ich seine Aussage zur Kenntnis und wollte anschließend schon wieder zurück zu den anderen gehen, als der Flederflügler doch nochmal das Wort an mich richtete. „Jetzt möchte ich dich etwas fragen... nämlich wie bei allen Drachen du dazu in der Lage bist zu verstehen, was ich sage", wollte Fangzahn neugierig wissen. „Nun ja... Das ist zwar etwas komplizierter, aber grundlegend kann man sagen, dass ich dich verstehe, weil ich selbst zum Teil ein Drache bin", antwortete ich ihm, woraufhin er mich jedoch nur noch verwirrter ansah. „Wie schon gesagt, es ist kompliziert... Was hältst du davon, wenn ich dir alles ausführlich erkläre, nachdem ich mit meinen Freunden alles über den kleinen Zwischenfall mit dir und Jay gesprochen habe?", erkundigte ich mich vorsichtig. „Hm, kann ich akzeptieren... Und bitte seid etwas nachsichtig mit meinem Reiter, er hatte einfach nur Angst und wollte uns beschützen", meinte Fangzahn noch und sah mich leicht flehend an. „Ich werde es auf jeden Fall mit in die Runde geben, aber was die anderen davon halten kann ich dir leider nicht sagen, weshalb ich dir auch nichts versprechen werde", gab ich so behutsam wie möglich zurück. „Das ist... auch schon alles, was ich von dir verlangen könnte, vielen Dank", erwiderte der Flederflügler und rollte sich anschließend wieder gemütlich zusammen.
Warm lächelnd über die unglaubliche Treue dieses Drachens drehte ich mich nun wieder zu den anderen um und trat zu ihnen, sofort lag der Blick von Jay auf mir. Fast schon körperlich spürte ich, wie er meine Erscheinung nun von oben bis unten musterte, als wolle er mich nochmal in neuem Licht betrachten. „Deinem Blick nach zu urteilen, haben die anderen dir davon erzählt, wer ich bin?", fragte ich ihn vorsichtig. „Das haben sie, aber... Um ehrlich zu sein kann ich es im Moment einfach nicht so richtig glauben", gestand Jay, was ich vollkommen verstehen konnte. Anstatt allerdings noch etwas zu sagen, verwandelte ich mich einfach in meine Nachtschattengestalt und grinste meinen Gegenüber dann schief an, während diesem fast die Gesichtszüge entgleisten. Zwar dauerte es ein paar Sekunden, aber schließlich fasste er sich wieder und atmete tief durch, ehe er leise murmelte: „Es ist... alles wahr." Ganz leise musste ich schmunzeln, bevor ich meine menschliche Form annahm und die Arme vor der Brust verschränkte. „Schön, dass wir das auch klären konnten", meinte ich dann noch, was Jay bloß mit einem schwachen Nicken zur Kenntnis nehmen konnte. „Gut, habt ihr schon eure Meinung zu Jay getroffen?", fragte ich danach an Heidrun und Atali gewandt. „Kommt darauf an, was sich bei deinem Gespräch mit dem Drachen ergeben hat", erwiderte Atali und Heidrun nickte ebenfalls zustimmend. „Er hat bestätigt, was Jay uns erzählt hat, nicht nur in Bezug darauf, wie sie sich kennengelernt haben. Auch die Tatsache, dass sich Jay fürsorglich um die hier lebenden Flederflügler kümmert, hat er mir nochmal bestätigt. Mit aus diesem Grund würde ich ihm auch noch eine zweite Chance geben", berichtete ich ihnen kurz. „Verstehe... Ich denke, ich werde mich dir dabei anschließen, zumindest hätten wir dann bei einem etwaigen Kampftraining viel Zeit uns für seinen kleinen Willkommensgruß zu rächen", erwiderte Heidrun und rieb sich vorfreudig die Hände. „Gut, wie genau sieht es mit dir aus, Atali?", erkundigte ich mich vorsichtig, da ich in ihrem Blick deutlich lesen konnte, wie negativ sie gegenüber Jay eingestellt war. „Wenn ihr das für richtig haltet, dann... Soll es an mir nicht scheitern", lenkte sie schließlich ein und im selben Moment atmete Jay erleichtert auf.
So, hier nochmal eine kleine Nachreichung in Sachen Urheberrecht:
Die Charaktere Jay und Fangzahn, sowie generell die Flederflügler als Drachenart stammen von @DevGre5 und nicht von mir. Somit habe ich auch keine Rechte an ihnen, sondern nur die Erlaubnis ihres Schöpfers, sie hier zu verwenden, sowie sein offenes Ohr, wenn ich Hilfe beim Umgang mit ihnen brauche. Falls ihr euch jetzt (verständlicherweise) fragt, warum ich das nicht auch im Vorwort mit abgearbeitet habe, fragt euch als nächstes einfach mal, wie sehr ihr in den letzten Kapiteln wohl mitgefiebert hättet, wenn ihr von Anfang an gewusst hättet, dass Jay und die anderen in diesem Buch vorkommen. Richtig, vermutlich gar nicht, weil ihr direkt erkannt hättet, dass das hier Jay und Fangzahn sind. Deshalb trage ich es hier eben nach, also alles gut?
Schaut übrigens auch gerne mal bei @DevGre5 und seinen Geschichten zu Dragons vorbei, zwar ist er in mancher Hinsicht noch kreativer und "experimentierfreudiger" als ich es bin, aber das heißt noch lange nicht, dass sie schlecht wären, eher im Gegenteil.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top