1. Kapitel: Ein Tag auf Berk
Hicks:
Nur eher schwach drangen die ersten Sonnenstrahlen durch die Holzwände der Hütte, um mich darauf hinzuweisen, dass der Tag inzwischen anbrach. Obwohl ich eigentlich noch ein ganzes Weilchen hätte liegenbleiben können, stand ich auf, zog mich schnell an und ging nach unten in den Wohnraum der Hütte. Dort aß ich noch schnell eine gebratene, jetzt natürlich kalte, Hühnerkeule vom Frühstück meines Vaters und packte mir auch ein paar Äpfel sowie einen Laib Brot für den Tag über ein. Genau so lief eigentlich fast jeder Morgen für mich ab, tatsächlich hatte sich mein Zeitplan ziemlich fest eingespielt und Abweichungen gab es nur sehr selten. Zwar fand ich es anfangs etwas schade, dass ich meistens nur abends etwas Zeit mit meinem Vater verbringen konnte, aber das glich ich dann irgendwann aus, indem ich meine Planung etwas abänderte. Das war wohl der ständig bleibende Nachteil, wenn dein Vater das Dorfoberhaupt war und du selbst den Posten des Leiters einer Drachenakademie innehattest. Gut gelaunt verließ ich also die Hütte und wurde überraschend von der hellen Sonne geblendet, der Tag war wohl doch etwas weiter fortgeschritten, als ich es gedacht hatte. Nun ja, angesichts des großen Festes, was ich gestern noch zusammen mit so ziemlich allen anderen hier auf Berk gefeiert hatte, war es gar nicht so verwunderlich, dass ich etwas Stück verschlafen hatte. Mit etwas schnellerem Schritt bewegte ich mich also zu dem neuen Stallgebäude hinter dem Haus, welches extra für Ohnezahn, Ayla und ihre Jungen gebaut worden war.
Irgendwie war es zwar schade, dass mein Freund nicht mehr bei mir im Zimmer schlief, aber ich gönnte ihm auch die gemeinsame Zeit mit seiner Familie... und die wollte ich sicher nicht alle in meinem Zimmer haben. Auch wenn die Kleinen natürlich unheimlich süß waren, sie konnten schon sehr anstrengend sein, besonders Dusk war dafür wohl das beste Beispiel. Offenbar hatte er sich nämlich ganz fest vorgenommen so schnell wie möglich das Fliegen zu erlernen, nur war das für einen gerade einmal zwei Jahre alten Jungdrachen völlig unmöglich. Da der Kleine das aber einfach nicht hinnehmen wollte, versuchte er es immer wieder aufs Neue und stellte bei seinen Flugversuchen gerne alles auf den Kopf, was sich gerade im Raum befand. Nur böse konnte man Dusk nicht wirklich sein, dafür war er einfach zu süß, was eigentlich auch auf die vier anderen Junge zutraf... Mit diesem Gedanken im Kopf ging ich zu halboffenen Stalltür, klopfte einmal kurz, um mich anzukündigen und betrat anschließend den großen Raum. Sofort hatten die Kleinen mich natürlich bemerkt, aber den meisten war ich zum Glück egal, anstatt mich also zu beachten, tollten sie lieber wieder zusammen herum. Oder nun ja, alle außer Dart, die gurrte freudig, lief auf mich zu und sprang auf meinen Arm, wo sie sich erstmal streicheln ließ, sowas war ziemlich typisch für sie, weshalb ich das schon erwartet hatte. Worauf ich mich jedoch nicht ganz gefasst hatte, war dass mich drinnen ein wahres Bild für die Götter erwarten würde. Genauer gesagt eine Aliena, die sich mit einer schnurrenden Eclipse auf dem Schoß an den Bauch ihrer Tagschattendame geschmiegt hatte und scheinbar etwas vor sich hindöste.
Mein Klopfen hatte sie aber natürlich geweckt und schon setzte sie sich kerzengerade auf, was sowohl von Ayla, als auch von dem neben ihr liegenden Ohnezahn mit einem Lachen kommentiert wurde. „Oh, tut mir leid, falls ich dich geweckt habe, aber... Müsstest du nicht langsam bei Gothi sein? Oder wann beginnt deine Arbeit als frisch ernannte Heilerin von Berk?", fragte ich sie schmunzelnd. „Ein bisschen Spielraum müsste ich noch haben...", meinte Aliena, nachdem sie kurz nach der Sonne gesehen hatte, „und ich habe dir doch schon oft genug gesagt, dass du nicht so auf meiner Ernennung herumreiten sollst." Diese Aussage brachte mich augenblicklich zum Kichern, sie mochte es nämlich überhaupt nicht, wenn ich sie daran erinnerte. Nicht, weil sie sich für ihre neue Position schämte, eigentlich war sie sogar sehr stolz darauf es in einem so jungen Alter schon so weit geschafft zu haben, aber... Es machte Aliena auch ungemein nervös. „Hey, du wirst das schon schaffen. Immerhin scheinen deine bisherigen Patienten ja sehr zufrieden mit deiner Arbeit gewesen zu sein", versuchte ich sie etwas aufzuheitern. „Ja... Aber nur weil ich im Gegensatz zu Gothi nicht jedem einen Stock über die Rübe ziehen, wenn er mal etwas Dummes macht...", murmelte Aliena nur leise, was mich erneut zum Schmunzeln brachte. „Na siehst du? Das ist doch schonmal ein guter Anfang, um etwas Vertrauen zu den Leuten hier aufzubauen... Das mit dem Stock kannst du ja noch nachholen, wenn du so alt bist wie Gothi", erwiderte ich und sofort mussten wir beide laut lachen. Allerdings konnte ich es mir einfach nicht verkneifen einmal über meine Schulter zu blicken, um zu kontrollieren, dass Gothi nicht aus dem Nichts hinter mir aufgetaucht war.
„Also dann... Ich hole nur eben schnell meine Tasche von oben und gehe dann gleich zu Gothi, bevor sie doch ungeduldig wird und mir doch noch eins überzieht", erklärte Aliena noch, als sie sehr zum Missfallen von Eclipse aufstand. „Dann wünsche ich dir schonmal viel Spaß mit deinen heutigen Patienten", rief ich ihr noch hinterher, als sie die Treppe an der Seite des Raumes nach oben ging, wo sie ihre kleine Wohnung hatte. „Also dann Kumpel... Wollen wir los?", fragte ich anschließend an Ohnezahn gewandt und bekam von meinem Freund ein breites Grinsen zurück. Zum Abschied schleckte er seiner schneeweißen Gefährtin nochmal sanft über die Schnauze, wofür er ein helles Gurren bekam, ehe er aufstand und zu mir trat. „Keine Sorge, ich hatte ohnehin geplant, die Stunde heute etwas kürzer zu gestalten, damit ich und Astrid etwas mehr Zeit für uns haben. Dann kannst du auch sehr gerne wieder gehen und deiner Familie etwas Gesellschaft leisten", erklärte ich ihm, was Ohnezahn sichtlich freute. „Dann fliegen wir mal ab, ja?", erkundigte ich mich noch, woraufhin mein Freund vorfreudig nickte, mit mir nach draußen ging und mich auf seinen Rücken steigen ließ. Kaum hatte ich ihm signalisiert, dass ich sicher saß, stieß sich Ohnezahn auch schon vom Boden ab und schwang sich so schnell er konnte in die Lüfte. Genießend schloss ich die Augen und genoss einfach nur den Wind des Fluges in meinem Gesicht. Mein Freund schien ähnlich viel Spaß zu haben, jedenfalls gurrte er freudig und machte noch einige Kunststücke, bevor er langsam aber sicher in Richtung der Arena steuerte.
Vor dem Tor sah ich schon eine kleine Menge an Menschen sowie Drachen versammelt, relativ weit vorne Astrid und Fischbein, die mir beim Unterrichten viel halfen. Sofort kam das ungute Gefühl in mir auf, dass ich der Letzte war, auf den alle gewartet hatten. „Ah, hast du dich auch entschlossen einmal aufzutauchen?", fragte Astrid und hätte dabei wohl ansatzweise wütend klingen können. Aber ich kannte sie natürlich gut genug, um zu wissen, dass sie das nur spielte und mich damit nur ein kleines bisschen aufziehen wollte. „Tut mir leid, ich hatte etwas verschlafen", gab ich als kurze Entschuldigung zurück, während ich von Ohnezahns Rücken stieg und mich den anderen aus der Menge zuwandte. „Also gut Leute, da gestern wir gestern wohl alle auf dem Fest zur Feier des Frühlingsbeginns waren und vermutlich noch deshalb heute wohl nicht ganz wach werden, habe ich mich dazu entschlossen, den heutigen Tag etwas entspannter anzugehen", erklärte ich als Erstes, woraufhin ein Stöhnen der Erleichterung durch die Menge ging. „Zuerst steht ein kurzer Vortrag von Fischbein über die Koordination zwischen euch zukünftigen Drachenreitern bei Gruppeneinsätzen. Danach gehen wir dann noch einmal ein paar Flugübungen durch und anschließend ist der Tag auch schon vorbei", erzählte ich allen und stieß dabei an sich auf viel Begeisterung. Nach einem für manche durch die ganze Nacht gehendem Saufgelage wäre weiterer Unterricht auch ziemlich sinnlos.
Ohnezahn:
„Na dann Kumpel, genieße noch den Rest des Tages", meinte Hicks, als er mir zum Abschied leicht über den Kopf streichelte und anschließend zu Astrid hinüberging. Nach dem zum Glück doch sehr kurzen Training in der Drachenakademie war ich mit Hicks und Astrid, sie natürlich auf Sturmpfeil, noch schnell zur abgewandten Seite Berks geflogen. Anscheinend wollte sich mein zweibeiniger Freund noch mit seiner blondhaarigen Gefährtin ein paar schöne Stunden vor dem Sonnenuntergang machen, oder so. Um ganz ehrlich zu sein, hatte ich bei dem Teil nicht mehr genau hingehört, da ich einfach wieder zurück zu meiner Familie wollte. Immerhin war es für Ayla alleine doch eine ziemliche Arbeit, alle unsere fünf Junge bei Laune zu halten, was sie mich auch regelmäßig wissen ließ. Deshalb freute ich mich auch schon so sehr darauf, diesen Abend mit meiner hübschen Gefährtin und unseren kleinen Schätzen zu verbringen. Natürlich konnten die Fünf auch vergleichsweise schnell anstrengend werden, aber trotzdem ließ es mein Herz jedes Mal höherschlagen, wenn ich etwas Zeit mit ihnen verbringen konnte. Entsprechend trödelte ich auch nicht weiter, sondern nickte meinen zweibeinigen Bekannten und Sturmpfeil nur noch kurz zu, ehe ich mich mit kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte erhob. Anschließend flog ich so schnell ich konnte in Richtung des weitläufigen Gebäudes, in dem ich mit meiner doch recht großen Familie lebte, und kam bereits nach wenigen Minuten an. Kaum war ich vor dem geöffneten Tor gelandet, stürmte auch schon das erste meiner Jungen auf mich zu, genauer gesagt der kleine Dusk.
Natürlich versuchte er dabei auch wieder sich mit seinen noch viel zu kleinen Flügeln in die Luft zu schwingen, brachte aber nur ein süßes Flattern zustande. Während ich noch über meinen Sohn schmunzelte, hatte dieser bereits den Abstand zwischen uns überwunden und sich an meine Brust gekuschelt. „Vati!", rief er dabei laut und schnurrte herzerwärmend. Ebenfalls leise schnurrend senkte ich meinen Kopf zu ihm hinunter und schleckte ihm ganz sanft über den Körper. „Na, mein Süßer... Warst du auch schön artig?", fragte ich ihn lächelnd, was er sofort mit einem eifrigen Nicken bestätigte. „Wie ich sehe, bist du heute etwas früher da, als sonst... Hat dein Mensch seinen Unterricht zur Abwechslung etwa einmal pünktlich beenden können?", hörte ich auf einmal die Stimme meiner Gefährtin neben mir witzeln. „Sehr lustig, meine Schöne...", entgegnete ich ihr und stupste ihre Stirn einmal mit meiner Schnauze an. „Aber möchtest du dich jetzt wirklich darüber unterhalten, oder lieber den Rest des Tages zusammen mit mir und natürlich unseren Kindern verbringen?", fragte ich sie daraufhin und lächelte sie liebevoll an. „Hm, was für eine schwierige Entscheidung...", antwortete Ayla nur ironisch und lächelte ebenfalls. „Wollen wir dann vielleicht hinter dem Haus hier ein wenig mit unseren Kleinen spielen und ihnen vielleicht noch den einen oder auch anderen Fisch fangen?", erkundigte ich mich, leider wohl etwas zu laut. Denn sofort standen auf einmal fünf kleine Jungdrachen leise fiepend vor uns und bettelten uns mit geweiteten Augen an, genau das zu machen.
„Sieht ganz so aus, als hätten die Kleinen hier schon entschieden", meinte Ala nur und musste dabei leise vor sich hin lachen. „Ja, es hat fast den Anschein...", stimmte ich ihr zu und wandte mich zu der weiten Grasfläche. Nur wenige Sekunden später waren unsere Jungen auch schon wie von einer Leine gelassen losgelaufen und jagten sich spielerisch ein klein wenig. Lachend folgten Ayla und ich ihnen und mischten etwas mit, wobei wir aber natürlich ganz genau darauf aufpassten, dass sich niemand verletzte. Immerhin waren ihre Schuppen in diesem jungen Alter noch nicht besonders fest und widerstandsfähig, womit ihre ohnehin schon kleinen Körper noch verletzlicher waren. So ging das vielleicht eine Stunde, der vielleicht auch etwas länger, genau konnte ich das nicht abschätzen, dafür hatten wir einfach zu viel Spaß miteinander. Dann aber waren die Kleinen endlich so etwas wie erschöpft und ließen sich alle dicht beieinander im weichen Gras nieder, um sich etwas auszuruhen. Während Ayla dann bei ihnen blieb, nur damit sie keinen Unsinn machten, was schon öfter vorgekommen war, ging ich solange eine Runde fischen. Dabei beeilte ich mich natürlich ganz besonders und bekam auch in relativ kurzer Zeit ein gutes Maul voller kleinen Fischen zusammen, die für meine Süßen genau richtig sein müssten. In so einem jungen Alter konnten sie nämlich noch nicht allzu große Happen schlucken oder auch beißen, weshalb wir ihr Essen entweder wortwörtlich vorkauen, oder einfach kleinere Fische fangen mussten. Für gewöhnlich entschieden wir uns für Letzteres.
Gerade hier auf einer Insel der Wikinger bot es sich an, da die ansässigen Fischer es mehr auf die großen Fische abgesehen hatten und die Kleinen nicht anrührten. Kaum war ich wieder bei meiner Familie gelandet, erwarteten mich natürlich schon fünf hungrig aufgerissene Mäulchen. „Hunger! Hunger!", riefen ihre Besitzer immer wieder, was mich erneut zum Schmunzeln brachte. Es war einfach zu süß, wie die Kleinen noch gar nicht richtig sprechen konnten und nur über einzelne Wörter kommunizierten. „Ist ja schon gut... Hier, die sind alle für euch", beruhigte ich sie also, nachdem ich die Ladung Fisch vor ihnen abgelegt hatte. Augenblicklich machten sie sich wie ein Rudel ausgehungerter Schrecklicher Schrecken über das Futter her, manchmal war ihr Appetit wirklich nicht mehr ganz von dieser Welt. Immerhin fraßen sie gefühlt mehr als ihre Mutter, während diese sie alle ausgetragen hatte... und das war nicht wenig gewesen. Aber wer konnte den Fünf das auch nur irgendwie übelnehmen, wenn sie sogar beim Fressen zu süß aussahen? Da ihre Zähnchen ja auch noch nicht richtig scharf waren, verließen sie sich bei den doch etwas größeren Fischen eher aufs Reißen, was teilweise nicht ganz klappte und nun ja... Es sah einfach nur göttlich aus, wie Hicks jetzt wohl sagen würde.
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