37. Kapitel: Nachwirkungen

Aliena:
Wohlige Wärme, das war so ziemlich das Erste, was ich spürte, als ich langsam wieder zu mir kam. Das Nächste war die Tatsache, dass mir so ziemlich alles wehtat, kaum eine Region meines Körpers schmerzte nicht, auch wenn es zum Teil nur ein leichter Schmerz war. Mit am schlimmsten dran war mein Gesicht, obwohl ich ja noch halb bewusstlos war, konnte ich den davon ausgehenden Schmerz ganz genau fühlen. Was hatte ich nochmal angestellt, um jetzt so lädiert zu sein? Ach ja, ich war mit Ayla abgestürzt, hatte mich mit meinen Bruder, oder eher Drachenkralle, angelegt und aufs Übelste von ihm verprügeln lassen. Nach einigen Minuten regte ich mich schließlich etwas und schlug die Augen auf, was schon nicht völlig ohne Schmerz ging, weshalb ich mich vorerst nicht mehr bewegte. Allerdings hätte ich wohl sowieso innegehalten, denn ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo genau ich hier eigentlich war, zumindest kam mir dieser Raum nicht bekannt vor. Die Wände bestanden aus massiven Steinblöcken, die fast fugenlos aneinandergereiht waren, zudem war die Einrichtung eher prunkvoll mit goldenen Verzierungen und all sowas. In einer der Ecken des Raumes wiederum stand ein recht großer Kamin mit einem Stapel Holzscheite daneben und spendete mehr als genug Wärme für den ganzen Raum. Etwas weiter im Raum befand sich noch ein großer Arbeitstisch, auf dem mehr Schriftrollen und Pergamente lagen, als ich in meinem ganzen Leben angefasst hatte. Meine wirklich sehr bescheidene Ruhestätte passte dagegen überhaupt nicht in dieses Zimmer, da es sich dabei nur um eine recht schmale mit einigen Decken gepolsterte Bank handelte. Das Ganze wirkte ziemlich improvisiert und warf bei mir sofort unzählige Fragen auf. 

Die Frage, wo ich hier eigentlich war, schob ich erstmal beiseite, da ich dazu keine direkten Anhaltspunkte finden konnte und beschäftigte mich erstmal damit, was genau passiert war. Hatten meine Freunde und somit auch ich etwa den Kampf gegen Johanns Männer und Dragona verloren? Nein, dann würde ich jetzt nämlich kaum in einem solchen Zimmer mit einem so vergleichsweise gemütlichen Lager, sondern in einer dunklen Zelle in Ketten liegen. Also mussten Rowin und die anderen gewonnen und mich hierhergebracht haben, damit ich mich von meinen Verletzungen erholen konnte. Folglich befand ich mich wahrscheinlich in Johanns Festung, die jetzt wohl von uns Drachenreitern sowie den übrigen Stämmen und Seelenkriegern kontrolliert wurde. Ja, das war die einzige logische Erklärung für diese Situation. Kaum hatte ich diesen Gedanken beendet, hörte ich mit einem Mal eine sich öffnende Tür, was meinen Blick in die entsprechende Richtung des Raumes lenkte. Dort sah ich zum einem natürlich eine solide Eichentür, die gerade geöffnet wurde und zum anderen Astrid, die gerade mit einem Schälchen Äpfel sowie Streifen getrockneten Fleisches eintrat. „Oh, du bist wieder wach!", rief sie, sobald sie wohl meine halboffenen Augen gesehen hatte und kam mit einem schnellen Schritt neben mich, bevor sie sich auf meine Augenhöhe hinkniete. „Sieht so aus... Aber was ist denn bitte nur passiert?", fragte ich etwas knurrig, was aber mehr an meinem geschundenen Körper lag. „Na ja... wir haben gewonnen", antwortete Astrid und brachte mir damit nur ein Augenrollen ab. „Ernsthaft? Bei der ganzen Menge an Ereignissen, die ich mit Sicherheit verpasst habe, sagst du mir einfach nur, dass wir gewonnen hätten?", fragte ich leicht genervt. „Schön, ich gebe zu, dass das nicht die beste Antwort auf deine Frage...", gestand sie und konnte sich ein leises Lachen wohl nicht verkneifen. „Dann gib mir doch jetzt einfach eine Bessere", gab ich nur zurück. 

„Gut... Also nachdem du mit Ayla und Drachenkralle aus der Arena geflogen bist, lief es für uns im Kampf immer besser und besser. Zum einen, weil die wilden Drachen wohl langsam begriffen hatten, dass wir ihnen nichts Böses wollten und zum anderen auch, weil Johann die Flucht ergriff, was der Moral seiner Männer einen herben Schlag versetzte. Außerdem hatte das Chaos in der Arena und die Flucht von Johann aus ihr auch den Effekt, dass seine Flotte draußen verunsichert wurde. Unter anderem auch, weil die Kapitäne der Schiffe wohl annahmen, dass Johann in diesem Chaos gestorben wäre, womit sie sich untereinander um die Führung zerstritten. So konnten unsere Freunde und Verbündeten sie dann tatsächlich zurückschlagen, viele ihrer Schiffe zu Kleinholz verarbeiten und obendrein auch die Festung angreifen. Inzwischen haben wir die komplette Insel eingenommen und gesichert sowie die Überlebenden von Johanns Männern entweder gefangen oder in die Flucht geschlagen. Jedenfalls haben unsere Leute beim Absichern der Gassen dann dich und Ayla gefunden und hier in die Festung gebracht, damit eure Wunden versorgt werden konnten. Was mit euch passiert und wo Drachenkralle hin ist wissen wir allerdings nichts, weshalb wir schon gespannt darauf gewartet hatten, dass du aufwachst, um es uns zu erzählen", erzählte Astrid schließlich umfangreich. „Da habe ich ja wirklich einiges verpasst... Wo ist Ayla jetzt eigentlich und wie lange war ich genau bewusstlos?", fragte ich und sah Astrid dabei etwas besorgt an. „Sie ist unten in der Arena, zusammen mit den anderen Drachen, die während den Kämpfen verletzt worden sind. Die Seelenkrieger haben sich auch schon gut um sie gekümmert, also musst du dir keine Sorgen um sie machen. Was deine letzte Frage angeht... Du warst ziemlich genau einen Tag lang bewusstlos, wer auch immer dich so zugerichtet hat, war nicht gerade zimperlich", antwortete meine Freundin und aus ihrem Blick konnte ich lesen, dass sie bereits eine Vermutung hatte, wem ich diese Verletzungen zu verdanken hatte. 

Allerdings war es jetzt auch wirklich nicht schwer darauf zu kommen, weshalb ich es einfach frei heraus sagte. „Es war Atreus... Er, oder na ja... wohl eher Drachenkralle hat mich so zugerichtet", gestand ich also. „Das haben wir uns schon gedacht... Übrigens haben wir ihn auf der ganzen Insel nicht gefunden, unsere Männer suchen in diesem Moment noch nach ihm, auch auf dem Meer in der Nähe", erwiderte Astrid und sah mich mitfühlend an. „Das ist nicht nötig... ruf sie zurück", gab ich fast im selben Augenblick zurück und bekam dafür einen verwirrten Blick meiner Gegenüber zu sehen. „Was?", fragte sie daraufhin noch und legte den Kopf grübelnd etwas schief. „Er ist nicht mehr gefährlich, also müsst ihr auch nicht mehr nach ihm suchen... Ich weiß, mein Zustand ist nicht gerade der beste Beweis dafür, aber... so unschön es klingt, wenn Drachenkralle mich wirklich hätte töten wollen, dann würde ich jetzt nicht hier liegen. Denn er hatte schon die Gelegenheit dazu, aber ganz offensichtlich hat er sie nicht genutzt, also muss mein Bruder doch noch irgendwo in ihm sein... Ja, Drachenkralle ist jetzt gerade irgendwo dort draußen, aber ich bin mir ganz sicher, dass Atreus mindestens an seiner Seite ist, damit er niemanden verletzt", erklärte ich ihr also und hoffte inständig, dass sie mir glauben würde. „Na schön, wenn du dir so sicher bist... Nur werden wir ihn trotzdem irgendwann suchen müssen, immerhin können wir ihn ja nicht auf unbegrenzte Zeit dort draußen rumlaufen lassen", erinnerte mich Astrid. 

„Werden wir auch nicht... Wenn Atreus nämlich tatsächlich wieder zu seinem alten Ich gefunden hat, dann gibt es nur einen Ort, zu dem er jetzt gehen wird und da kann ich ihn erwischen... Das einzige Problem an der Sache ist allerdings, dass ich den Flug dorthin im Moment wohl noch nicht schaffen würde, aber das macht nichts... Immerhin dürfte Atreus auch nur ein Schiff haben und damit braucht von hier aus mindestens eine Woche bis dorthin, also habe ich noch genau Zeit, um aufzuholen", gab ich zurück und lächelte wieder etwas, endlich mal wieder ein kleiner Lichtblick. „Wenn du meinst...", erwiderte Astrid nur und ich konnte einen leichten Zweifel in ihrem Gesicht lesen. Verständlich, ich konnte mir ja selbst auch nicht sicher sein, wie mein Bruder wieder Herr seines Körpers war... Ich wusste nur, dass er auf jeden Fall einen kleinen Einfluss auf seine Handlungen hatte, anderenfalls wäre ich jetzt ja nicht mehr am Leben.

Rowin:
Es waren so viele. So unendlich viele, die im Kampf gegen Johanns Drachenjäger verletzt worden waren. Ich hatte das bisher noch gar nicht wirklich realisiert, aber als ich dann das erste Mal nach Sigfrid gesehen hatte, wurde ich natürlich doch damit konfrontiert. Die Zahl der Verletzten war so hoch, dass all unsere Heiler damit beschäftigt waren, sie zu versorgen... und trotzdem reichten unsere Kapazitäten in diesem Gebiet nicht aus. Nicht wenige mit harmlosen, oder eher beinahe alle mit nicht tödlichen, Verletzungen mussten sich vorerst irgendwie selbst zusammenflicken, bis einer der richtigen Heiler sich um sie kümmern konnte. Mein einziger Trost an dieser ganzen Sache war, dass all die verschiedenen Gruppen an Leuten, ob nun Menschen oder Seelenkrieger endlich friedlich miteinander auskamen. Man hatte aufgehört zu fragen, wer gerade Hilfe brauchte, stattdessen wurde sich überall nur noch gefragt, wer gerade die nötige Hilfe geben könnte. Zumindest ein kleiner Trost bei all den Verletzten und leider auch Toten... Beim Gedanken an Letztere lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, immerhin hatte es meine Eltern auch getroffen... Ich erinnerte mich noch genau daran, wie Leyla gestern Abend mit einer Mischung aus Unsicherheit und Mitleid im Gesicht zu mir gekommen war. „Rowin es... es tut mir leid...", hatte sie gesagt, wobei ich da natürlich noch nicht verstand, worauf sie hinauswollte. „Was ist denn?", hatte ich daraufhin nur irritiert zurückgefragt. „Deine Eltern... sie sind in der Schlacht gefallen...", hatte sie mir daraufhin gestanden, was mich jedoch erschreckend kalt gelassen hatte. „Dann ist es eben so", hatte ich nur erwidert und mich schon wieder zum Gehen gewandt. „Warte? Willst du denn nicht wenigstens wissen, was genau passiert ist?", hatte Leyla noch gefragt und ich konnte die Unsicherheit in ihrer Stimme genau hören. „Wieso sollte ich? Von mir wollten sie doch auch niemals etwas wissen...", war die einzige Erklärung, die ich ihr in diesem Moment hatte geben können, ehe ich auch schon gegangen war. 

Mit einem kurzen Kopfschütteln vertrieb ich diese Gedanken wieder und konzentrierte mich mehr darauf, was ich als nächstes vorhatte. So beschleunigte ich meine Schritte also etwas und erreichte schon wenig später ein halb eingestürztes Gebäude, irgendeine Lagerhalle, wenn ich mich richtig erinnerte. Darin saßen ein grundlegend schwarz gefärbter Skrill, dessen Schuppen aber einen leichten Stich ins Violette hatten und die Person, die ich früher wohl als Letztes auf unserer Seite erwartet hätte, Viggo. „Bist du... gekommen, um mich gefangen zu nehmen? Haben die anderen sich am Ende doch darauf geeinigt, dass ich für meine früheren Taten verurteilt gehöre?", erkundigte er sich, ohne sich auch nur etwas zu mir umzudrehen. „Weder noch... Die Beschützer der Flügels, vor allem natürlich Mala und Trok, aber auch Heidrun noch ein bisschen, versuchen zwar weiterhin die anderen zu überzeugen, dich nicht einfach so gehen zu lassen, aber... Fürs Erste konnten sie sich noch nicht einigen", antwortete ich ihm wahrheitsgemäß. „Weißt du... Ich konnte niemals verstehen, wieso Ohnezahn Hicks gegenüber so treu war, als ich ihn noch zum Feind hatte... Ich konnte auch einfach nicht verstehen, weshalb Johann damals noch auf ihn hörte und die Drachen so viel besser behandelte, als ich es getan hätte... Natürlich, wenn man sie nicht bei Laune hält, dann werden sie nur aufsässig, aber trotzdem gingen die Beiden damals einen Schritt zu weit für mich... Drachen waren zu dieser Zeit für mich nur ein Mittel, um eine ordentliche Summe Gold zu verdienen", erklärte der ehemalige Drachenjäger und bei dem letzten Satz knurrte die Skrill-Dame neben ihm. Schnell legte Viggo seine Hand auf ihre Schnauze und streichelte sie etwas, was die Drachin schnell wieder beruhigte. 

„Doch dann habe ich Flinkschwinge hier kennengelernt... Sie war von allen Drachen unter der Arena am schwersten in Ketten gelegt worden, vermutlich nur logisch, wenn man bedenkt, wie mächtig Skrills doch sind... Ich hatte sie kaum befreit, da war sie schon über mich hergefallen, allerdings nicht, um mich zu fressen, wie ich im ersten Moment vermutet hatte, sondern um mich dankbar abzuschlecken, wie eine Schmusekatze... Früher hätte ich sie wohl genau wie Johann behandelt und entweder zur Schau gestellt, oder zum Verkaufen ausgestopft, aber... Seit gestern kommt mir der bloße Gedanke daran schon falsch vor und ich kann einfach nicht anders, als mich gut dabei zu fühlen, dass Flinkschwinge mich jetzt auf Schritt und Tritt verfolgt, um auf mich aufzupassen", setzte Viggo seinen Monolog fort und krauelte den Skrill, Flinkschwinge, dabei sanft unterm Kinn. „Du hast dich wirklich verändert... Aber ich glaube, dass du dich mit dem Zeitpunkt irrst, du warst nämlich schon nicht mehr derselbe, wie früher einmal, als du uns in den Tunneln verlassen hast", wies ich ihn hin und setzte mich schließlich neben ihn. „Ach ja?", fragte er nur überrascht. „Ja, früher hättest du uns nämlich zurückgelassen, möchte ich wetten, oder etwa nicht?", stellte ich meine Gegenfrage. „Nun... Ich denke da hast du Recht... Früher wäre ich wohl geflohen, um Pläne für eine spätere Rache an Dragona zu schmieden, anstatt euch zu helfen", gab mir Viggo Recht. „Nur leider glaube ich, dass die anderen die auf Dauer trotzdem nicht vertrauen werden... Bisher haben sie es ja auch nur getan, weil du mit deinem strategischen Geschick sehr gut dabei helfen konntest, unsere Stellungen hier schnell und effektiv zu festigen. Nun ist die Gefahr eines Angriffs der Überlebenden von Johanns Truppen nicht mehr so groß, weshalb die anderen, wie du schon vermutet hast, darüber nachdenken, ob man dich für deine früheren Taten verurteilen sollten...", eröffnete ich Viggo. 

„Ich wusste es... Wie stehst du denn dazu?", fragte er vorsichtig. „Na ja, du hattest deine Gelegenheit uns zurückzulassen und zu verraten, aber du hast es nicht getan... Stattdessen hast du uns geholfen, noch dazu die vielen Drachen aus ihrer Gefangenschaft befreit und mit Flinkschwinge auch noch einen Drachen als Begleiter gewinnen können... Ich denke mal, dass du dich soweit geändert hast, dass du jetzt keine Gefahr mehr darstellst und es jetzt auch keinen Sinn mehr hätte, dich zu bestrafen", erklärte ich ihm. „Hm, nur leider wird deine Meinung wohl nicht reichen, um die anderen umzustimmen...", murmelte Viggo leise. „Ja, leider... Aber einmal angenommen, du könntest jetzt einfach so gehen, ohne dass dich jemand aufhalten würde... Wohin würdest du dann gehen?", fragte ich ihn mit einem leichten Lächeln. „Gute Frage... Aber ich habe gehört, dass Schottland um diese Jahreszeit sehr schön sein soll, also vermutlich dorthin...", erzählte er und krauelte Flinkschwinge noch etwas fester. „Schottland, eine gute Wahl, wenn die Geschichten stimmen, die ich so gehört habe... Übrigens sind inzwischen die meisten Seelenkrieger wieder von ihrer Patrouille um die Insel zurück und natürlich entsprechend erschöpft... Zudem sind auch noch viele andere von meinen Leuten im Kampf verletzt oder getötet worden. Ich bin zwar kein Experte für solche Sachen, aber... Wenn wir jetzt völlig überraschend einen Trupp zusammenstellen müssten, der sagen wir einfach mal einen Deserteur verfolgen soll, dann würde das eine Weile dauern... Und wenn dieser Deserteur dann auch noch auf einem sehr schnellen Drachen reitet, hätte er vielleicht sogar eine Chance zu entkommen... Ich wollte dich nur einmal fragen, ob du eine Idee hättest, wie wir dieses Problem nur mit unseren Leuten am Boden bewältigen könnten", berichtete ich ihm und zwinkerte Viggo kurz zu. 

„Nein... Im Moment habe ich dazu keine gute Idee", meinte er nur und zwinkerte mir ebenfalls zu. „Schade... Aber dann gehe ich mal wieder", erwiderte ich und stand wieder auf, ehe mein Blick kurz auf Flinkschwinge liegen blieb. „Ihre Schuppen sind noch ganz schmutzig von der Gefangenschaft... und etwas abgemagert wirkt sie auch noch... Bitte versprich mir, dass du von nun an gut für sie sorgen wirst, ja?", verlangte ich noch leise von Viggo, woraufhin er mir kräftig zunickte. „Natürlich", fügte er dann noch hinzu. „Gut", entgegnete ich ebenfalls nickend und streichelte dem Skrill noch kurz für den Rücken. Danach ging ich ohne ein weiteres Wort und legte bald an Tempo zu, um so schnell wie möglich etwas Distanz zwischen mich und das Gebäude zu bringen.

Heidrun:
Inzwischen war es schon Abend geworden und die langsam untergehende Sonne tauchte den Himmel in ein wundervoll rotes Licht. „Ich hatte mir schon fast gedacht, dass ich dich hier finden würde", hörte ich plötzlich Rowins Stimme hinter mir und als ich mich umdrehte, stand er tatsächlich dort auf dem Wehrgang von Johanns ehemaliger Festung. „Na ja, es muss ja für dich ein harter Tag gewesen sein, vor allem mit den ganzen Gesprächen darüber, wie genau wir mit Viggo weiter umgehen sollen... Da lag es für mich einfach auf der Hand, dass du etwas Ruhe und Schönheit für dich alleine genießen willst", erklärte er und trat zu mir. „Ja... Letztlich hätte ich mir das mit Viggo wohl sparen können, vor allem auch, weil ich selbst mir unsicher war, was meine persönliche Entscheidung zu ihm betrifft, aber... Hinterher ist man eben immer schlauer", antwortete ich nur und wandte mich wieder zum Sonnenuntergang. „Allerdings", meinte er nur, folgte meinem Blick und schien daraufhin ebenfalls einfach nur das Farbspiel zu genießen. „Das ist wieder einer dieser Momente, von denen du vor dem gestrigen Kampf gesprochen hast, oder?", fragte Rowin dann plötzlich und tastete sachte mit seiner linken Hand nach meiner Rechten. „Ja, wieso?", fragte ich nur zurück, während ich seine Hand nahm und sie sachte drückte. „Na ja, ich dachte mir einfach, dass... ich dir noch einen solchen Augenblick schulde, nachdem ich den Letzten vor dem Kampf ungeschickterweise zerstört habe", erklärte er und über seine Hand konnte ich spüren, wie er sich zu mir drehte, was ich ihm ohne zu zögern gleichtat. 

„Zu diesem Schluss könnte man in der Tat kommen, ja...", entgegnete ich nur und näherte mich seinem Gesicht, er tat dasselbe. Einige Sekunden später waren unsere Lippen so dicht beieinander, wie sie es nur selten zuvor waren, und da vergaß ich dann alles. Ich vergaß den Stress des Tages über diese Sache mit Viggo, die Frust darüber, dass dieser Stress auch noch umsonst war und auch die Tatsache, dass wir gerade eine Schlacht um Johanns Festung geführt hatten. Stattdessen schloss ich einfach nur noch die Augen und küsste Rowin kräftig auf den Mund. Nur Sekundenbruchteile später erwiderte er die Geste mit derselben Leidenschaft und machte mich damit einfach nur glücklich. So glücklich war ich nicht mehr, seitdem Hicks mir damals bei den Drachenjägern geholfen hatte, mich wenigstens zeitweise von Dagur zu lösen. Allerdings war das hier noch ein ganz anderer Maßstab, den ich so noch nie zuvor gekannt hatte, und ich wusste nur eines, nämlich dass nur Rowin mich auf Dauer so glücklich machen konnte. „Ich liebe dich!", meinte ich dann nur noch, als sich unsere Lippen wieder voneinander lösten, woraufhin Rowin nur warm lächelte. „Ich liebe dich auch", gab er zurück und augenblicklich wurde mir noch viel wärmer ums Herz, als bisher ohnehin schon. Ganz kurz lächelten wir uns danach noch an, aber dann lagen wir uns auch schon wieder in den Armen und küssten uns erneut.

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