32. Kapitel: Die Seelenkrieger
Rowin:
„Bereit?", fragte Heidrun und tat dabei fast so, als wäre sie hier diejenige, die den wer weiß wie tiefen Abgrund vor uns schon mehrfach hinuntergesprungen war. „Nicht wirklich... aber wann habe ich in meinem bisherigen Leben denn auch schonmal bekommen, was ich will", antwortete ich ihr mit leicht betrübtem Blick. „Hey, das wird schon. Sigfrid hatte ja bereits ein paar Tage Zeit, um die gröbsten Fronten etwas zu glätten, somit wird es vielleicht gar nicht so schlimm", tröstete sie mich ein wenig. Allerdings hatte ich starke Zweifel daran, dass Sigfrid großen Erfolg gehabt hatte, immerhin kannte ich Baldor und wusste aus erster Hand, wie starrköpfig er sein konnte. „Danke... dann lass uns das lieber nicht noch länger aufschieben", schlug ich vor und verwandelte ich in meine Drachengestalt. „Gute Idee", stimmte Heidrun zu und kletterte auf meinen Rücken. Da das Höhlenlabyrinth auf dem Weg zu dieser unterirdischen Kammer leider nur auf die Größe eines Menschen ausgelegt war, konnten wir Windfang beim besten Willen nicht mitnehmen. Nach dieser Mitteilung hatte sich die Drachendame natürlich erstmal ausgesprochen grummelig gezeigt, aber schließlich hatte sie diese Tatsache akzeptiert. Das heißt, zumindest nachdem ich ihr versprochen hatte, ihre Reiterin mit meinem Leben zu beschützen, sollte es darauf ankommen, wobei ich das vermutlich sowieso getan hätte. Jedenfalls stieß ich mich nun von der Kante des breiten Abgrundes ab und ließ mich so vorsichtig und kontrolliert es im freien Fall überhaupt möglich war hinuntergleiten. Heidrun auf meinem Rücken erhielt sich dabei zum Glück recht ruhig und gelassen, vermutlich weil sie mit Windfang schon einmal wildere Kunststücke geflogen war. Wenige Sekunden später erreichten wir den kleinen Vorsprung, von dem aus ein Tunnel weiter zum Seelenreich führte, wo ich kurz abbremste und flink in Selbigen einflog. Vor dem großen Eingangstor landete ich dann so sanft wie möglich, ließ Heidrun absteigen und verwandelte mich danach wieder in meine menschliche Gestalt.
Lächelnd trat ich anschließend zu dem Torbogen, der von der kunstvollen Darstellung von meinem Vorgänger, dem zweiten großen Nachtschattenkrieger geschmückt wurde. Auf Heidruns Reaktion darauf, wie ich dieses riesige Tor ganz einfach mit einer Handberührung öffnen und die einzelnen Linien der Zeichnung dabei hellorange leuchten würden, hatte ich mich schon den ganzen Flug hierher gefreut. „Lass mich raten, das ist wieder so ein Tor, was du als Seelenkrieger ganz einfach mit einer Berührung öffnen kannst, richtig?", fragte Heidrun, als sie wohl erkannt hatte, was sie hier vor sich hatte. „Ganz genau, aber die hier ist etwas anders, als das am Tempel der Nacht, was du ja auch nur offen und geschlossen gesehen hast", entgegnete ich und erinnerte mich sofort an die eher schlichte Verzierung auf diesem Tor. Ohne weitere Erklärung legte ich meine rechte Hand flach auf die linke Faust meines auf den Fels gezeichneten Vorgängers, woraufhin die einzelnen Linien der Darstellung anfingen zu leuchten. „Was bei...", wollte Heidrun wohl noch fragen, ehe ihre Stimme abbrach. „Willkommen im Seelenreich", meinte ich zu ihr, als das Tor im Boden versank und den Blick freigab. Wie erwartet blieb Heidrun nur wie erstarrt stehen und blickte auf mein Zuhause, oder wohl besser gesagt mein ehemaliges Zuhause. Auch wenn ich auf der Klippe eigentlich sehr glücklich war, musste ich jetzt jedoch zugeben, dass mir dieser Anblick der hellen, orange-rotfarbigen Kristalle in dieser Welt gefehlt hatte. „Das ist... wunderschön", murmelte Heidrun dann nach einigen Minuten andächtig. „Ja... das ist es wohl", stimmte ich ihr leise zu, „und doch wäre noch um einiges schöner, wenn ich hier noch erwünscht wäre." Einen kurzen Moment hielten wir beide daraufhin inne und wagten es zunächst nicht das entstandene Schweigen zu brechen, während mir unentwegt Erinnerungen an vergangene Ereignisse hier kamen. „Wollen wir dann losgehen?", erkundigte sich Heidrun schließlich und sah mich mitfühlend an. „Ja... je eher wir diese Sache hinter uns gebracht haben, desto früher können wir auch wieder von hier verschwinden", antwortete ich und ging durch das Tor direkt in die Eingangskammer, Heidrun folgte mir.
Wegen der Wachen am Tor zum eigentlichen Seelenreich hatte ich mir am meisten Sorgen gemacht, doch tatsächlich erwiesen sie sich als das geringste Hindernis. Kaum hatten sie uns vor sich gesehen, waren sie mit gezückten Waffen auf uns zugestürmt und hatten uns mitgeteilt, dass Baldor mich sehen wollte. Natürlich gab es anfangs ein paar Differenzen wegen Heidrun und der einfachen Tatsache, dass sie eben ein Mensch war, aber da die Wachen sie sowieso nicht wieder gehengelassen hätten, waren sie damit einverstanden, sie mitkommen zu lassen. Inzwischen waren wir schon auf einem der Zentralen Plätze des Dorfes der Seelenkrieger, wo sich in einer rekordverdächtigen Zeit eine gewaltige Traube aus Schaulustigen um uns gebildet hatte. „Was ist hier los?", brach plötzlich Baldors ruhige, aber dennoch gefasste Stimme durch die Situation und augenblicklich bildeten alle Seelenkrieger eine Gasse, um ihn vortreten zu lassen. „Mein Herr, Ihr hattet verlangt den verbannten Nachtschattenkrieger Rowin zu Euch zu bringen, sollte ihn einer von uns zu Gesicht bekommen. Ihr seht also, dass wir nur Eure Befehle befolgt haben", erklärte eine der Wachen, als Baldor in seine übliche weiße Tracht gehüllt und dem Seelenstab in der Hand vorgetreten war. Zu seiner linken Seite standen Leyla und Sigfrid, die mich leicht besorgt musterten, und zu seiner Rechten standen die zwei einzigen Personen, die ich jetzt nicht sehen wollte. Nämlich meine Eltern, welche mich völlig emotionslos ansahen, manche Leute ändern sich wohl niemals. „Das habt ihr gut gemacht, meine Freunde... Aber was ist denn mit ihr?", fragte Baldor und deutete auf Heidrun. „Sie ist ein Mensch und mit dem Verbannten gekommen, da wir nicht genau wussten, was wir mit ihr tun sollten, haben wir sie vorerst mitgenommen, damit Ihr ein Urteil fällen könnt", antwortete nun die andere Wache. „Das war die richtige Entscheidung, nun geht und kehrt auf eure Posten zurück", meinte Baldor und als die Angesprochenen schon Folge leisteten, wandte er sich an mich.
„Hier ist es mir etwas zu beengt... Folgt mir zu meinem Anwesen, alle Außenstehenden gehen indessen wieder an die Arbeit, damit wir die Sache in Ruhe und wie zivilisierte Leute besprechen können", ordnete der Seelenherr an, ehe er sich umdrehte und in Richtung seines Hauses ging, Heidrun und ich folgten ihm natürlich. Der Wohnsitz Baldors war schon seit Generationen auch der des Seelenherrn und somit sehr groß und aus reinstem Marmor gehauen. „Gut, nun können wir reden", stellte der Seelenherr schließlich fest, als wir den Vorplatz des Gebäudes erreicht hatten und er sich wieder zu mir und Heidrun umdrehte. Natürlich hatten uns Leyla und Sigfrid begleitet, wofür ich auch sehr dankbar war, aber zu meiner Überraschung waren auch meine Eltern geblieben, was ich nun wirklich als Letztes erwartet hätte. „Weshalb bist du hier, aber zunächst fast noch wichtiger, wieso hast du dieses... Menschenmädchen mitgebracht?", fragte er dann und zeigte abfällig nochmal auf Heidrun. „Also ich muss doch nun wirklich...", setzte Heidrun schon an, bevor ich sie mit einer Hand auf der Schulter noch aufhalten konnte, zwar mochte ich ihre leicht impulsive Art, aber hier würde sie mehr schaden als nutzen. „Heidrun ist hier, weil ich ihr vertraue und mich in der Vergangenheit schon oft auf sie verlassen konnte. Ganz davon abgesehen weiß sie sowieso schon lange von uns Seelenkriegern, also ist das alles hier gar nicht mehr so neu für sie", erklärte ich schließlich ruhig. „Dann hat sie unser Geheimnis also über diese Zeit gehütet und es niemandem verraten?", hakte Baldor nach. „Wie ihren Augapfel", gab ich wahrheitsgemäß zurück, dass neben Heidrun noch Astrid und Aliena davon wussten war immerhin nicht auf ihrem Mist gewachsen und vorerst musste Baldor das ja auch nicht unbedingt wissen.
„Nun gut, das genügt mir fürs Erste... Aber nun zum deutlich wichtigeren Punkt, warum genau bist du hier? Mein Schwiegersohn hier hat mir da ja schon eine kleine Geschichte erzählt, weshalb ich auch den Befehl gab, dich zu mir zu bringen. Leider bin ich mir nicht sicher, was Sigfrid genau meint, da sich sein sogenannter Bericht mehr wie ein Märchen anhört, mit dem man kleine Kinder erschreckt. Der Orden des Ewigen Feuers wäre noch am Leben und eine neuer Dämonenkönig hervorgetreten, um die Welt ein weiteres Mal zu bedrohen. Noch dazu hätten sie sich mit einer Gruppe an Menschen zusammengetan, die organisiert auf Drachenjagd gehen und hätten als Krönung auch den lange verschollenen Nachtschattenring gefunden. Ehrlich gesagt fällt es mir mehr als nur schwer auch nur irgendwas daran zu glauben, also vielleicht kannst du mich ja erleuchten, was geht im Inselreich dort draußen vor sich?", fragte Baldor und nun konnte ich ziemlich eindeutig heraushören, dass er seine Gelassenheit nur vorspielte. „Nun ja, alles an dieser Geschichte entspricht der reinen Wahrheit Baldor. Der Orden hat wirklich bis heute überlebt, hat wirklich dieses Bündnis mit einem erklärten Feind der Drachen geschmiedet und hat auch wirklich den Nachtschattenring gefunden", versuchte ich den leider recht sturen Seelenherren zu überzeugen. „Unmöglich, der Orden ist tot und der Ring verloren. Was du da beschreibst, kann überhaupt nicht wahr sein, abgesehen vielleicht von den Drachenjägern, aber was sollen die uns kümmern? Wir leben hier unten sicher und geborgen vor ihnen versteckt, ganz davon abgesehen, dass sie niemals nach hier unten ins Seelenreich vordringen könnten", stritt Baldor sofort ab. „Ich fasse es nicht! Da steht eine Bedrohung vor deinen Toren und du weigerst dich sie zu sehen!", warf ich ihm vor.
„Oh, ich sehe klar genug, um eindeutig zu sehen, was im Moment von Bedeutung ist und das sind nicht irgendwelche Feinde, die bereits seit Jahrhunderten tot sind. Nein, wirklich von Bedeutung bist gerade nur du Rowin, du allein", stellte Baldor klar. „Ich? Was soll ich denn bitte getan haben?", fragte ich ungläubig. „Nun, du bist trotz deiner Verbannung wieder hierher zurückgekommen, was mir das Recht gibt, dich ohne Weiteres zu exekutieren!", rief Baldor auf einmal eiskalt und sprang im nächsten Moment mit zum Schlag erhobenem Stab auf mich zu. Geistesgegenwärtig schaffte ich es Heidrun, die ja neben mir stand zur Seite zu schubsen, dem Angriff so zu entgehen und mein Schwert zu ziehen. Viel Zeit bis zur nächsten Attacke hatte ich jedoch nicht, da Baldor sofort wieder zuschlug und mich damit weit zurückdrängte. Am Rande bekam ich dabei mit, wie Heidrun mir wohl helfen wollte, Sigfrid aber schnell zu ihr lief und sie zurückhielt, was mich ungemein beruhigte. Gegen Baldor hätte sie leider keine Chance und ich wollte mich nicht noch um sie sorgen müssen, mein Gegner allein machte mir schon genug Druck. So ungern ich das nämlich auch tat, musste ich doch zugeben, dass Baldors Ruf des nahezu unbesiegbaren Kämpfers nicht von irgendwo herkam. Er wechselte unheimlich oft die Kampfform und ließ mir somit kaum eine andere Wahl, als zu verteidigen, um so auf Ausdauer zu gehen. Leider wusste ich, dass mein Gegenüber über ein ungemein großes Durchhaltevermögen verfügte und mich in dieser Disziplin vermutlich ganz locker übertreffen würde. Verzweiflung stieg in mir auf, als Baldor immer stärker und schneller zuschlug, während meine Paraden langsam aber sicher immer langsamer, sowie auch träger wurden. Ich konnte einfach nicht gegen ihn bestehen, dieser Gedanke ging mir permanent durch den Kopf, was schlussendlich wohl zu meinem Verhängnis wurde, da Baldor meine Ablenkung natürlich schamlos ausnutzte.
Ehe ich mich versah hatte ich mich entwaffnet und mir die massive Spitze des Seelenstabs gegen den Kopf geschlagen, wodurch ich mehrere Meter weit weggeschleudert wurde. „Noch genauso schwach, wie damals schon!", spottete Baldor lachend und ich hörte seine Schritte näherkommen, während ich keuchend auf dem Boden kniete. Für einen kurzen Moment dachte ich tatsächlich darüber nach, was wohl genau passieren würde, wenn ich jetzt verlieren würde, natürlich abgesehen davon, dass ich sterben würde. Dragona würde den Ring seinem Herrn überbringen, der dann genug Macht hätte, um sich offen zu zeigen und alle Macht in den bekannten Inselreichen für sich zu fordern. All unsere Verbündeten und sonstigen Wikinger würden dann ausgelöscht und die Drachen allesamt getötet werden, wenn sich der über Jahrhunderte aufgestaute Zorn unseres Feindes entladen würde. Astrid, Aliena, Heidrun... alle meine Freunde würden dann ebenfalls sterben. Sie würden sterben. Sterben. Sterben. Mit einem Mal riss ich die Augen wieder auf und neue Kraft strömte durch meine Adern, als hätte ich irgendeine Art von totem Punkt in mir überwunden. Nein, ich wollte nicht zulassen, dass sie alle sterben müssten. Zumindest nicht, solange ich noch einen Rest Kampfgeist in mir übrighatte. Mit einem wütenden Aufschrei richtete ich mich also wieder auf, drehte mich gleichzeitig um und schlug Baldor zu kräftig ins Gesicht, dass seine Lippe aufplatzte und er ein gutes Stück zurückstolperte. Ungläubig blickte mich der Seelenherr daraufhin an und seine Augen weiteten sich erschrocken, was ich nicht so recht nachvollziehen konnte. Allerdings war es mir aktuell auch recht egal, solange ich nur die Möglichkeit hatte, weiter gegen Baldor zu kämpfen, was ich auch tat. Obwohl ich keine Waffe mehr hatte ging ich in die Offensive und schlug ohne jede Unterbrechung auf meinen Gegenüber ein, womit ich zu meiner Überraschung erstaunlich viel Schaden anrichtete.
Baldor war bereits nach kürzester Zeit nicht mehr in der Lage klar zu denken und war praktisch nur noch eine wehrlose Übungspuppe, was ich dieses Mal ausnutzte. So schlug ich ihm den Stab aus der Hand und zwang ihn mit einem hochgezogenen Knie in den Bauch auf den Boden zwang. Während Baldor anschließend keuchend versuchte wieder irgendwie zu Kräften zu kommen, ging ich zu meinem zuvor fallengelassenen Schwert hinüber und hob es auf, um damit zum einem Gegner zurückzutreten. „Na los...", murmelte er und schloss die Augen, „bring es schon zu Ende..." Ein Teil von mir wollte es tatsächlich mit ihm beenden, doch dann dachte ich daran, wie viele wohl noch wegen dem Orden und den Dämonenflüglern sterben würden. Also entschied ich mich für das einzig Richtige, nämlich sein Leben zu schonen, anstatt meinem inneren Verlangen nach Rache nachzugehen. „Na mach schon!", schrie Baldor, woraufhin ich meine Klinge, die ich vorher noch knapp über seinen Nacken gehalten hatte, blitzartig hochriss und auf ihn niedergehen ließ. Danach herrschte erstmal Stille, während ein Großteil der weißen Haare von der Oberseite von Baldors Kopf langsam zu Boden fielen. Ich hatte es nicht getan, obwohl bei dem Ausruf des Seelenherrn dieser eine Teil von mir seiner Bitte nur zu gern gefolgt hätte, hatte ich es nicht tun können. „Das ist zwar der Weg eines Seelenkriegers, aber es ist nicht der meine... zumindest nicht mehr", erklärte ich, als Baldor ungläubig zu mir aufsah. „Behalte ruhig, was von deinem Leben noch übrig ist, aber ich werde nicht zusehen, wie du diese Welt zum Untergang verurteilst", fügte ich noch hinzu. „Du bist immer noch so ein kleiner, schwacher, feiger...", bevor Baldor seinen Satz zu Ende sprechen konnte, hatte ich ihm den Griff meines Schwertes direkt in den Mund gerammt und ihn somit unsanft auf den Rücken gedreht, wo er erstmal eine nicht gerade unbedenkliche Menge blutiger Zähne ausspuckte.
„Das war für all das Leid, was du mir zugefügt hast, wobei... eigentlich sollte ich dir danken, denn mich von hier zu verbannen, war das Beste, was du in meinem ganzen Leben für mich getan hast. So konnte ich meinen eigenen Weg finden und... noch andere Dinge", meinte ich zunächst noch leicht wütend, zum Ende aber wieder eher ruhig, wobei ich bei den letzten Worten leicht zu Heidrun schielte. Sie schien einfach nur erleichtert zu sein, dass ich diesen Kampf nun doch überlebt hatte und wenn Sigfrid wohl nicht vergessen hätte seine Hand von ihrer Schulter zu nehmen, wäre sie nun wahrscheinlich auf mich zugestürmt. Lächelnd steckte ich mein Schwert also wieder ein und ging in ihre Richtung, um Baldor machte ich mir nicht wirklich Sorgen, da er längst und mehr als eindeutig besiegt war. Allerdings sollte ich mich da wohl getäuscht haben, denn kaum war ich halb am Ziel, hörte ich hinter mir ein leises Stöhnen, sowie das Schaben von Metall auf Metall. Sekundenbruchteile später drang dann das markante Pfeifen an mein Ohr, was immer erklang, wenn eine schmale Klinge der Seelenkrieger durch die Luft wirbelte. Wie vom Donner gerührt blieb ich daraufhin stehen, als ich genau hörte, wie eine solche Klinge dicht hinter mir einen Körper getroffen hatte. Doch genauso schnell wurde mir klar, dass hier etwas fehlte, was ich eigentlich fest erwartet hatte. Kein Schmerz. Ich fühlte keinen Schmerz, also hatte mich diese Klinge nicht getroffen, sondern stattdessen... Langsam drehte ich mich zu Baldor um, der tatsächlich ein kurzes Messer, was er wohl nach mir hatte werfen wollen, in der Hand hielt. Nur war er jetzt in der Bewegung erstarrt und ließ die Waffe kurz darauf fallen, um den feuerroten Griff des Dolches, der in seiner Brust steckte, zu packen. Röchelnd sah er noch einige Sekunden über meine Schulter hinweg, bevor er dann in sich zusammenfiel und nur noch reglos auf dem steinernen Boden liegenblieb.
Etwas irritiert von dem Ganzen drehte ich mich wieder um und sah in die Richtung, in die Baldor vorhin noch geblickt hatte. Dort stand Leyla mit eindeutig noch zum Wurf erhobenen Arm und einer leeren Dolchscheide, die mit den Schuppen eines Feuerschweifs überzogen war. Sie hatte also ihren Ehedolch geworfen, um mir das Leben zu retten und somit ihren eignen Vater zu töten. Ihrem entsetzten Blick nach zu urteilen war Leyla aber mindestens genauso sehr wie ich davon überrascht und wankte ein klein wenig, während sich ihre Atmung schlagartig beschleunigte. „Ich... ich musste das einfach tun... Was er dir angetan hat war von Anfang an falsch, deshalb musste ich... ich musste...", stotterte sie, ehe sich einige Tränen in ihren Augen sammelten. „Ich weiß, danke Leyla", gab ich zurück, bevor Sigfrid mit einem Mal bei ihr war und sie tröstend in den Arm nahm.
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