28. Kapitel: Und der Plan ging auf...

Rowin:
Alarmiert zog ich bei Viggos Aussage mein Schwert aus der Scheide, doch es war bereits zu spät. Eine ganze Horde schwerbewaffneter Drachenjäger hatte das Tor bereits passiert und den Raum gestürmt. „Runter mit den Waffen und Hände hoch, sofort!", verlangte einer von ihnen barsch. „Nur so am Rande, ich würde tun, was sie sagen. Immerhin sind sie ganz locker 15 und ihr gerademal drei", meinte Viggo von hinten. „Oh, unsere Chancen stehen gar nicht mal schlecht", gab ich nur zurück. „Da wäre ich mir ja nicht ganz so sicher, wenn ich an deiner Stelle wäre", meinte plötzlich eine Stimme, die ich jetzt gerade wirklich nicht hören wollte. Wie auf Kommando machten die Drachenjäger auf einmal Platz und ließen Kelbek sowie auch diesen Dragona, beide mit gezogenen Klingen, in die Kammer treten. Damit hatte sich die Kräfteverteilung schlagartig zu unserem Nachteil verändert, denn die beiden allein wären vermutlich schon zu viel für mich und dann noch die vielen Jäger... „Nehmt die Waffen runter... dieser Punkt geht wohl an sie", meinte ich also schließlich und legte mein Schwert langsam auf den Boden. Zwar dauerte es ein paar Sekunden, aber dann hörte ich, wie meine Freundinnen es mir gleichtaten. „Kluge Entscheidung Rowin", meinte Dragona grinsend, woraufhin ich ihn leicht erschrocken ansah. „Ja, ich kenne deinen Namen. Ein kleiner, kostenloser Ratschlag von mir, gehe zu jedem Moment davon aus, dass es nichts gibt, von dem ich nicht weiß. Zum Beispiel weiß ich, dass du an der Rückseite deines Gürtels noch einen Dolch trägst, von dem du hoffst, dass er dich aus dieser Miesere holen kann", gab Dragona hochnäsig zurück und streckte die Hand auffordernd aus. Widerwillig zog ich den Dolch mit spitzen Fingern aus der Scheide und legte ihn in die Hand meines Gegenübers, der ihn danach achtlos wegwarf. 

„So ist es recht und was ich auch weiß, ist dass Aliena nun irgendwo da draußen dabei ist zu verzweifeln. Sie möchte euch unbedingt helfen, aber ihr ist bewusst, dass sie einen offenen Kampf gegen so viele Jäger nicht überstehen wird. Eure Drachen liegen übrigens längst im Tiefschlaf und werden auf unser Schiff geladen, also braucht ihr gar nicht erst zu hoffen, dass sie euch helfen", erklärte er dann weiter. „Du hast das alles geplant... und ich wette, dass du auch das Buch in Sturmpfeils Satteltasche geschmuggelt hast", murmelte ich leise und ungläubig. „Aber nicht doch... das war Kelbek. Dennoch ist es schön zu sehen, wie du kurz vor deiner Niederlage die Puzzleteile zusammensetzt, weil du nämlich recht hast, ich hatte das alles geplant. Ihr steht jetzt nur deshalb hier, weil ich wollte, dass ihr jetzt hier steht! Ich wollte, dass sich Astrid auf die Suche nach dem Stein des Aufstiegs begibt, weil euch das hat unvorsichtig werden lassen. Was ich nicht wollte, war dass du den Tempel der Nacht betrittst Rowin, weshalb ich ja auch Kelbek und die Drachenjägerschiffe geschickt habe, um dich davon abzuhalten. Letztendlich hat es zwar nichts gebracht, aber da du trotzdem hier stehst ist dieser Verlust zu vernachlässigen. Außerdem haben euch diese kleinen Auseinandersetzungen sicher immer wieder darin bestätigt, dass ihr auf dem richtigen Weg seid, was auch ein netter Nebeneffekt ist. Doch jetzt würde ich gerne zum Geschäftlichen kommen... Viggo!", meinte Dragona dann in Richtung des Genannten, der mit dem Opal in der Hand auf ihn zutrat. „Weißt du überhaupt, mit wem du da gerade Geschäfte machst, Verräter?", fragte ich, als Viggo an mir vorbeiging. „Ja, mit der vermutlich mächtigsten Person in diesem Inselreich", antwortete er. „Nein, mit dem Auftraggeber von dem Mann, der deinen Bruder ermordet und dasselbe bei dir versucht hat", klärte ich ihn auf. 

„Reiker ist nicht tot, Rowin. Ich habe nur gesagt, dass er weniger Glück hatte als ich, aber ich habe nie behauptet, dass er gestorben ist", erwiderte Viggo zu meiner Überraschung. „Ganz recht, Viggos großer Bruder ist ein Gefangener von uns und gegen einen gewissen Gefallen, den ich nun eingefordert habe, habe ich zugestimmt ihn wieder laufen zu lassen", fügte Dragona noch hinzu. „Du siehst also, es ist nichts Persönliches zwischen uns, aber dieser Stein ist das Lösegeld für meinen Bruder und wenn ich euch betrügen muss, um ihn zu bekommen, dann soll es so sein", erklärte Viggo. „Gut gesagt, aber meine Geduld ist langsam am Ende, deshalb schlage ich vor, dass du mir den Stein jetzt sofort gibst", knurrte Dragona, steckte sein Schwert weg und hielt die rechte Hand danach ausgestreckt vor sich. „Nur wenn du mir versprichst, dass du Reiker ohne Weiteres freilässt, nachdem du ihn hast", verlangte Viggo. „Du hast mein Wort", versprach der rotäugige Mann, woraufhin ihm der Drachenjäger den Opal in die Hand legte. „Ah, endlich! Nach 300 Jahren Suche und 100 Jahren Dilemma, weil wir nicht an ihn herankamen, liegt er endlich in meiner Hand!", murmelte Dragona und sah seine Beute lächelnd an. „Ach ja, was genau ist denn so besonders an diesem Stein?", fragte ich etwas wütend. „An dem Stein selbst? Gar nichts", antwortete mein Gegenüber und ließ Selbigen zu meinem Entsetzen einfach fallen, ehe er ihn mit dem Fuß zertrat. „Aber das, was darin verborgen lag", fügte er hinzu, nahm den Fuß zur Seite und hob einen kleinen, runden Gegenstand auf. „Das ist nicht möglich", murmelte ich leise. „Und doch ist es wahr", erwiderte Dragona und pustete etwas Kristallstaub von seinem Fund. „Der Nachtschattenring", murmelten wir beide danach völlig synchron. „Der was?", fragte Heidrun verwirrt. „Oh, nur das mächtigste Artefakt, das Onyx jemals erschaffen hat und das ganz nebenbei die letzte Komponente im Plan meines Herrn ist", erklärte Dragona grinsend. 

„Dein Herr ist tot... Der Dämonenkönig wurde schon vor 400 Jahren vom Ersten meiner Linie getötet!", erinnerte ich meinen Gegenüber, welcher schlagartig anfing zu lachen. „Oh wie dumm du doch bist! Glaubst du wirklich, dass der Dämonenkönig eine einfache Person ist? Nein...", meinte er schließlich, „nein er ist eine Aufgabe... die Aufgabe diese Welt zu begraben und eine Neue aus ihrer Asche aufzubauen. Davon einmal abgesehen, hast du dich jemals gefragt, was mit seinem Sohn passiert ist?" Bei dieser letzten Frage weiteten sich meine Augen schockiert, denn natürlich war mir bewusst, worauf Dragona da anspielte. „Ja genau, Onyx hat vielleicht den ersten Dämonenkönig getötet, aber seine Blutlinie konnte dennoch bis heute überdauern", fasste er meine Gedanken anschließend nochmal in Worte. „Das Einzige, was jetzt noch fehlen würde, wäre dein Tod, besonders weil du jetzt keine Tür mehr für mich öffnen musst, damit ich an das, was dahinter liegt, kommen kann. Aber daraus wird nichts, denn damit würde ich dir nur den Heldentod geben, was ich nicht erlauben kann. Stattdessen wirst du deine letzten Tage, als Rudersklave auf einem Schiff verbringen, ständig gedemütigt und ausgenutzt... Was deine Freundinnen betrifft, ich werde sie den Drachenjägern überlassen, sollen die mit ihnen machen, was sie wollen", erzählte Dragona genießerisch, woraufhin ich entschlossen die Augen zu Schlitzen verengte und ihn ansah. „Wenn du das tust, werde ich dich töten. Egal wo du dich versteckst, oder wie viele du zu deinem Schutz abstellst, ich werde einen Weg finden an dich ranzukommen und dich dann umzubringen", stellte ich klar. „Hm, das werden wir ja sehen", entgegnete Dragona, bevor er sich zum Tor wandte, mir dabei den Saum seines Umhangs ins Gesicht schlug und die Kammer verließ.

Aliena:
„Verdammt, das sieht nicht gut aus", murmelte ich leise und zog die Riemen meines neuen Schilds fester um meinen Arm. Mehr Drachenjäger, als ich zählen konnte, hatten die Ruine gestürmt und meine Freunde sicher schon gefangen genommen, während Sturmpfeil und Windfang bereits vorher betäubt wurden. „Na schön, wie genau bekomme ich sie denn jetzt...", bevor ich diesen Gedanken beenden konnte, bohrte sich plötzlich ein schwarzer Pfeil direkt neben meinem Gesicht in einen Baumstamm. Ruckartig drehte ich meinen Kopf in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war und erkannte den Schützen auf Anhieb. „Drachenkralle", schoss es mir durch den Kopf, als ich den metallenen Arm der Gestalt in den Baumkronen erkannte. Mehr Zeit blieb mir auch nicht, denn schon hatte der Kerl einen zweiten Pfeil an die Sehne gelegt und zielte damit genau auf meinen Kopf. Gerade noch rechtzeitig konnte ich meinen Schild hochreißen und den Pfeil damit abfangen, allerdings hinterließ er eine sichtbare, kleine Delle in dem Metall. Ehe er eine weitere Gelegenheit zum Schuss hatte, schnappte ich mir den größten Stein, den ich in meiner Nähe finden konnte, und schleuderte ihn nach meinem Angreifer. Glockenhell erklang das Geräusch des Aufpralls durch den Wald, als der Stein die Maske genau zwischen den Sehschlitzen traf. Dies schien Drachenkralle so sehr zu überraschen oder auch zu irritieren, dass er die Balance verlor und aus dem Geäst auf den Boden fiel. Zu meinem Bedauern federte er den Sturz ganz leicht ab, sah mich mit seinen feurigen Augen an und legte sich seinen Bogen wieder quer über den Rücken. Stattdessen zog er nun seinen langstieligen Morgenstern mit der linken Hand, hielt ihn waagerecht vor sich und schien einen am Ende des Griffs verborgenen Mechanismus zu betätigen. Daraufhin schnellte eine schmale, gefährlich aussehende Klinge aus dem Stiel und schlagartig musste ich schlucken, als ich mich fragte, was der Kerl noch für Tricks auf Lager hatte. 

Meine Frage wurde abrupt beantwortet, indem Drachenkralle einen weiteren Mechanismus am oberen Ende des Stiels zu betätigen schien und die Waffe dann nach links zur Seite schwang. Vor meinen Augen schoben sich plötzlich einzelne Teile des Stiels auseinander, wodurch sich eine Art von Kette bildete, an anderen Ende die schwere, stachelbesetzte Kugel hing. „Wow", stöhnte ich leise und konnte mich nur geradeso aus der Starre herauslösen, um mein Schwert zu ziehen. Kaum blitze meine silberne Klinge im hellen Tageslicht auf, stürmte Drachenkralle auf mich zu und holte mit dem Morgenstern aus. Knapp schaffte ich es nach rechts auszuweichen, wo sofort die Klauen von seinem rechten Arm nach mir schlugen, weshalb ich nur noch zurückhasten konnte. Gleich im nächsten Moment flog die Kugel wieder auf mich zu und ich sprang wieder zurück, um nicht getroffen zu werden. Dieses Spiel wiederholte sich eine Weile, bis ich schließlich aufs Ganze ging und den Morgenstern mit meinem Schild abfing. Zwar hinterließ das auch eine ziemliche Delle darin, aber es brachte mir auch gleichzeitig die Möglichkeit, nah an seine linke, ungeschütztere Seite zu kommen. Von dort aus versuchte ich einen Schlag gegen seinen Oberarm zu führen, doch er wich mit einem großen Schritt nach rechts aus, aber nicht weit genug. Die Spitze meiner Klinge brachte ihm noch eine einigermaßen tiefe Wunde bei, durch die er gezwungen war, seine Waffe fallenzulassen. Ein wütendes Knurren entwich der Kehle meines Gegenübers, als er mit seiner Metallfaust nach mir schlug. Schnell wich ich kurz zurück, ehe ich einen senkrechten Hieb gegen ihn versuchte, was er aber zu meinem Entsetzen mit seiner stählernen Hand einfach abfing. Mit vor Schock geweiteten Augen musste ich mitansehen, wie mir meine Waffe einfach aus der Hand gerissen und danach zur Seite geworfen wurde. 

Brüllend stürzte sich Drachenkralle dann nochmal mit erhobener Metallfaust auf mich, doch dieses Mal war ich zum Glück etwas mehr vorbereitet, meine Reaktion erfolgte somit blitzartig und intuitiv. Ich duckte mich unter seinem Schlag hinweg, griff mit der rechten Hand nach oben an seine Maske, trat ihm von unten kräftig zwischen die Beine und hebelte seinen Körper dann einfach über mich hinweg. Mit einem lauten Keuchen kam mein Gegner hinter mir wieder auf dem Boden auf und rollte sich über Selbigen ab, um sich nur kurz darauf wieder aufzurappeln, da erst bemerkte ich, dass ich noch immer seine Metallmaske in der Hand hielt. Schmal lächelnd starrte ich diese für eine Sekunde lang an, ehe ich sie fallenließ und darauf wartete, dass diese sogenannte Drachenkralle sein Gesicht in mein Blickfeld drehte. Doch kaum konnte ich in die orange, roten Augen meines Gegenübers blicken, setzte mein Herz für einen Moment lang aus. „Atreus?", fragte ich ungläubig, als ich das Gesicht meines Gegenübers, als das meines tot geglaubten Bruders erkannte. „Wer zum Dämonenkönig soll denn bitte Atreus sein?", fragte er nur eiskalt zurück und starrte mich dabei verwirrt an. Auf der anderen Seite lief mir nur ein Schauer über den Rücken, als mein Bruder sowohl mich, als auch seinen eigenen Namen nicht zu erkennen schien. Vor Schock über diese Wende des Schicksals wurden meine Finger mit einem Mal ganz schlaff, sodass mein Schild klappernd zu Boden fiel. Atreus hingegen ließ sich diese Chance nicht entgehen und schlug mich gnadenlos mit seinem Metallarm nieder, woraufhin ich das Bewusstsein verlor.

Viggo:
„Du hast mir wahrlich gute Dienste geleistet und dir deinen Preis verdient, mein Freund", meinte Dragona in seiner typisch überheblichen Tonlage, während wir auf das große Drachenjägerschiff zugingen. „Ich bin nicht dein Freund, ich will nur meinen Bruder abholen und dich dann hoffentlich niemals wiedersehen", gab ich zurück. „Ganz wie du meinst", entgegnete er darauf nur und blieb vor der Laufplanke stehen. Ungeduldig schaute ich hinauf und atmete erleichtert aus, als einer der Jäger Reiker, wenn auch in Handschellen, hinunterführte. „Nehmt sie ihm ab", befahl Dragona und deutete kurz auf die Handschellen. Sofort leistete der Jäger Folge und Sekunden später landete das Metall auf dem Holz. „Na los, geh schon zu deinem Bruder", meinte Kelbek, der ebenfalls am Ende der Planke stand. Erst noch etwas unschlüssig, dann aber mit sicherem Schritt kam Reiker zu mir getreten und sah mich leicht ungläubig an. „Du bist auf ihre Forderungen eingegangen", stellte er einfach nur fest. „Du bist mein Bruder...", antwortete ich einfach nur. „Danke", gab er dann nur zurück. „Jederzeit wieder... und jetzt lass uns gehen", schlug ich vor und drehte mich schon von dem Schiff weg, als ich plötzlich Dragonas Hand auf meiner Schulter spürte. „Ich befürchte, es gibt da noch ein letztes Problem", murmelte er leise, zog mich ohne Vorwarnung zu sich und schlug mir kräftig in die Magengrube. Schnaufend sackte ich zusammen, während Reiker irgendetwas brüllte, was ich nicht verstand, daraufhin aber wohl grob ein gutes Stück von uns weggeschleudert wurde. „Wir... wir hatten eine Abmachung!", schrie ich so laut wie möglich an Dragona gerichtet. „Ja und diese Abmachung sah vor, dass ich Reiker gehenlassen würde, aber es war niemals die Rede davon, dass du auch gehen darfst", erklärte dieser gelassen. „Verräter!", spuckte mein Bruder aus, schlug den nächstbesten Drachenjäger in seiner Nähe nieder und schnappte sich dessen Schwert. Derart bewaffnet stürmte er anschließend auf Dragona zu, jedoch konnte er kaum fünf Schritte zurücklegen, bevor ihn auf einmal ein Messer in die Brust traf. „Nein!", schrie ich noch immer keuchend und blickte zu Kelbek, der den Arm noch zum Wurf gehoben hatte. Grinsend beobachtete Dragonas Freund, wie Reiker langsam in sich zusammenfiel und schließlich röchelnd erschlaffte.

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