14. Kapitel: Wenn du eine Legende zu lange anstarrst...

Astrid:
Seitdem wir Rowin gerettet hatten, hatte ich mich von ihm und den anderen unterbewusst zurückgezogen. Dass meine Suche nach dem Stein mich und Rowin auseinandertreiben würde, hatte ich ja vorhergesehen, aber nicht, dass es mich auch von den anderen distanzieren würde. Irgendwie tat es mir ja leid, vor allem das, was ich zu Rowin gesagt hatte, weshalb er wohl von den Drachenjägern geschnappt und vergiftet worden war. Trotzdem wollte ich nicht aufhören, nicht wenn es auch nur die kleinste Chance gab, dass ich ihn finden und Hicks damit retten könnte. Zu diesem Zweck hatte ich mir aus so vielen Quellen wie möglich verschiedene, historische Dokumente besorgt und sie nach Hinweisen durchsucht. Leider hatte ich keine gefunden, nur ein paar Verweise auf einen Gegenstand, der der vagen Beschreibung des Steins relativ nah kam. Aufgrund mangelnder Alternativen hatte ich angefangen diese Spur weiter zu verfolgen und war auf eine bestimmte Festung gestoßen, die mehrfach erwähnt wurde. Leider waren die Verfasser dieser Texte nicht so freundlich gewesen, eine Karte mit beizufügen. Seufzend setzte ich mich aufs Bett und las mir nochmal die eine Schriftrolle durch, in der dieses Bauwerk noch am ehesten beschrieben wurde. Zudem war auch eine kleine Zeichnung mit beigelegt worden, unglücklicherweise sagte mir beides absolut nichts. Ein lautes Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken und sofort fiel mir das Pergament aus der Hand. Schnell stand ich auf, eilte zur Tür und öffnete sie, erschrocken musste ich feststellen, dass Rowin davorstand. 

Augenblicklich wünschte ich mir, dass ich wenigstens noch versucht hätte, die Pergamente zu verstecken, von meinem schlechten Gewissen ihm gegenüber ganz zu schweigen. „Wie ich sehe, hast du deine Suche nach dem Stein nicht aufgegeben, so wie ich es dir geraten hatte", stellte er trocken fest und lehnte sich an den Türrahmen. „Ich konnte nicht", antwortete ich ihm ehrlicherweise. „Und, schon irgendeinen Hinweis gefunden?", fragte er. „Wieso, damit du ihn mir vor der Nase wegschnappen kannst?", fragte ich einfach zurück. „Nein, damit ich weiß, in welche Gefahr du dich begeben willst", antwortete er. „Woher willst du wissen, dass der Stein an einem gefährlichen Ort liegt?", erkundigte ich mich daraufhin. „Weil er laut Legende an einem Ort wieder erscheinen soll, dessen Erreichung selbst bereits eine Prüfung darstellt, klingt für meine Wenigkeit zumindest sehr gefährlich", erklärte er und sah mich auffordernd an. „Dann freut es dich bestimmt sehr zu hören, dass ich keine Ahnung habe, wo ich nach dem Stein suchen soll. Ich habe nur in einigen wenig glaubwürdigen Schriften einen Verweis auf eine alte Festung gefunden, nur leider hat der Verfasser keine Karte hinzugefügt", erzählte ich also. „Eine Festung?", hakte er nach und schien gespannt zu überlegen. „Ja, wieso? Weißt du etwas darüber?", fragte ich, obwohl ich nicht wirklich eine Antwort erwartete. „Ich weiß etwas über ein Bauwerk, das eventuell passen könnte. Zumindest wenn man bedenkt, dass es von Onyx, dem ersten Nachtschattenkrieger meines Volkes, erbaut wurde, also derselbe, der auch den Stein geschaffen hat", meinte er und überlegte. 

„Warum erzählst du mir das?", fragte ich misstrauisch, „Du warst doch von Anfang an dagegen, dass ich den Stein suche, also wieso hilfst du mir jetzt?" Bei der letzten Frage schüttelte Rowin kurz den Kopf, ehe er mir antwortete: „Ganz einfach, weil ich dich vermutlich sowieso nicht aufhalten kann, dafür bist du viel zu stur. Das Einzige, was ich tun kann, ist so gut es geht sicherzustellen, dass du bei deiner leichtsinnigen Suche nicht stirbst. Außerdem wirst auch du dir irgendwann eingestehen müssen, dass die ganze Unternehmung von vorne an, komplett sinnlos war und ich werde dabei sein, um dir zu sagen ‚Ich habe es dir ja gesagt!'. Aber dein Überleben steht natürlich im Vordergrund." So ganz wusste ich nicht, was ich von der Antwort halten sollte, aber da ich keine weitere Möglichkeit sah, konnte ich Rowins Hilfe nicht ablehnen. „Also, wo finden wir diese Festung?", fragte ich kurz entschlossen. „Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass dieser ‚Tempel der Nacht' irgendwo sehr weit abgelegen von allem anderen stehen soll. Meinem Volk ist sein genauer Standort bereits vor Jahrhunderten verloren gegangen", meinte er und schien weiterhin über etwas nachzudenken. „Toll, und ich dachte du wärst hilfreich", kommentierte ich. „Warte, warte", bat er, „es gibt vielleicht, aber auch nur vielleicht einen Ort, an dem wir erfahren könnten, wo sich der Tempel befindet." Diese Nachricht jagte augenblicklich einen Stromstoß durch meinen Körper. „Wo?", fragte ich also völlig überstürzt. „In einem der ersten Stützpunkte der Seelenkrieger in eurem Inselreich, bereits vor Jahrhunderten verlassen", erklärte er. „Gut, und wo genau befindet er sich?", hakte ich nach. „Das ist der Teil, der dir vermutlich nicht besonders gefallen wird", meinte Rowin und sah zur Seite. 

„Wo ist es?", fragte ich erneut. „Auf der Insel der Werwolf-Flügler", antwortete er mir schließlich. „Werwolf-Flügler? Ich dachte, es wären ganz normale Wölfe, die dafür sorgen, dass keiner mehr diese Insel verlässt?", erkundigte ich mich verwundert. „Nicht ganz, während des ersten Krieges meines Volkes haben sich unsere Leute dort verschanzt und so vermutlich den Grundstein für die Legende um diese Drachen gelegt", erklärte mir Rowin. „Also, gibt es auf dieser Insel gar nichts mehr, dass irgendwie bedrohlich ist?", hakte ich nach. „Nicht so richtig, höchstens ein paar wilde Drachen, aber ansonsten dürfte es dort keine außergewöhnlichen Gefahren geben", bestätigte er. „Gut, dann werde ich mir das einmal ansehen", stellte ich fest und begann mir etwas Proviant zusammenzupacken. „Aber nicht allein, ich werde mitgehen", meinte Rowin plötzlich und stieß sich vom Türrahmen ab. „Ach, und warum bist du auf einmal so hilfsbereit?", fragte ich verwundert. „Wie schon gesagt, ich kann dich unmöglich aufhalten, aber ich kann wenigstens versuchen auf dich achtzugeben", erklärte er kopfschüttelnd. „Wie du willst, dann treffen wir uns in spätestens zehn Minuten bei den Ställen?", schlug ich vor. „Sollte genug Zeit sein, um die nötigsten Dinge einzupacken", lenkte Rowin ein und ging in Richtung seiner Hütte davon. Ich sammelte inzwischen weitere Gegenstände zusammen, die ich bei diesem kleinen Ausflug vielleicht gebrauchen könnte. Kurze Zeit später war ich damit fertig und ging zum Stallgebäude, wo ich sofort Sturmpfeil sattelte. Einige wenige Minuten später kam auch Rowin mit seiner offensichtlich gut gefüllten Umhängetasche und seinem typischen Schwert. Schweigend wartete er, bis Sturmpfeil abflugbereit war, verwandelte sich dann schließlich und erhob sich unter kräftigen Flügelschlägen in den Himmel, ich folgte ihm dicht auf. Über die gesamte Reise hinweg sprachen wir nicht ein einziges Wort. Obwohl das ja nicht so überraschend sein sollte, da ich ihn als Drache natürlich nicht verstehen konnte, fühlte ich mich dennoch etwas unwohl dabei, dass wir uns so ignorierten.

Dragona:
Lächelnd fuhr ich mit meinem Messer über die kleine, hölzerne Nachtschattenfigur in meiner Hand und trug etwas mehr Material ab. Inzwischen sah sie schon recht gut aus, wirkliche Details wies die Skulptur zwar noch nicht auf, aber das ließ sich später noch nachholen. Langsam griff ich nach dem hohen Weinglas auf meinem Schreibtisch, drehte es ein paar Mal und führte es schließlich an meine Lippen. Ohne jede Art von Ankündigung, dafür mit einem ungeheuren Schwung wurde im nächsten Moment die Tür aufgerissen, die krachend gegen die Wand meines Arbeitszimmers schlug. Vor Schreck ließ ich dabei das Glas fallen, welches klirrend auf dem Boden zersprang, und so ergoss sich der ganze köstliche Wein auf dem steinernen Boden. Wütend blickte ich zur Tür und erkannte, dass es Johann war, der mich so rüde gestört hatte, hinter ihm standen des Weiteren noch Krogan und zwei Drachenjäger Wachen. „Wie oft habe ich gesagt: KLOPFT AN!", fragte ich schreiend und haute so stark mit der Faust auf den Tisch, dass sämtliche Gegenstände darauf einen Hüpfer machten. „Das ist jetzt nicht wichtig", meinte Johann zornig, „viel wichtiger ist es, dass meine Männer die Überreste der ‚Sturmrächer' gefunden haben." Ein etwas unwohles Gefühl breitete sich in mir aus, als mein Gegenüber diesen Namen aussprach, immerhin war dies das Schiff, welches Kelbek und ich niedergebrannt hatten. Also gab ich mich desinteressiert, nahm mein Messer wieder in die Hand und tat so, als würde ich die Figur weiter inspizieren. „Und was genau könnte daran so wichtig sein, dass du mich so unsensibel störst?", fragte ich so gelassen wie möglich. Sollte es zu einem Kampf kommen, könnte ich es bestimmt mit ihnen aufnehmen, besonders in Anbetracht der beiden Krieger meines Waffenbruders Kelbek, die sich ebenfalls im Raum befanden. 

„Ganz einfach, weil von ihr nur noch ein ausgebranntes Wrack übrig war und anscheinend noch einige Leute an den Mast gekettet waren. Das ist nicht im Geringsten die Art der Drachenreiter, aber nach dem, was ich über dich und Kelbek weiß, könnte es durchaus eure sein. Also, habt ihr meine Männer ermordet und mein Schiff niedergebrannt?!", erkundigte sich Johann zorngeladen. „Vielleicht, vielleicht auch nicht...", meinte ich vollkommen tonlos. „Spiel keine Spielchen mit mir, sondern erzähl mir ganz genau, was du und Kelbek getan habt!", verlangte der Drachenjäger mit Nachdruck. „Oder was?", fragte ich und sah ihn zum ersten Mal in diesem Gespräch direkt an, „Was willst du schon tun, womit du nicht unsere Abmachung gefährden würdest?" Über diese Gegenfrage dachte Johann eine ganze Weile lang nach, bis sich sein Mund schließlich zu einem tückischen Grinsen verzog. „Ich könnte dich töten. Inzwischen hast du mir schon so einige Edelsteine geliefert, zwar nicht genug, um mein Imperium zu seiner alten Größe aufzubauen, aber genug, um einen gute Grundlage dafür zu haben. Ich könnte dich also hier und jetzt zusammen mit deinen Wachen töten, ohne dass mich die Drachenreiter gleich überrennen könnten und keiner würde es je erfahren", stellte Johann fest und sofort zogen seine Begleiter ihre Waffen. „Oh, das glaube ich nicht", gab ich zurück und legte meine Hand auf den Knauf meines Schwertes, während meine Wachen ihre komplett zogen. „Und ich bin von Eurer Theorie genauso wenig überzeugt", hörte ich plötzlich Kelbeks Stimme hinter den Drachenjägern. Als ich meinen Blick etwas zur Seite richtete, sah ich ihn tatsächlich dort auf dem Gang mit seinen anderen vier Kriegern stehen, alle hatten ihre Klingen blankgezogen. 

Lächelnd nahm ich die Hand von meiner Waffe und blickte die Drachenjäger auffordernd an, diese wirkten auf einmal gar nicht mehr so mutig. Unter einem mürrischen Blick gab Johann seinen Männern ein Zeichen die Waffen zu senken, was diese auch taten. „Also schön, aber ich möchte euch Beiden geraten haben sowas in Zukunft zu unterlassen", meinte er offensichtlich genervt. „Was sollen wir denn getan haben, was ihr uns auch mit Sicherheit nachweisen könnt?", fragte ich und grinste dabei provozierend. Zornig ballte mein Gegenüber seine Hand zur Faust und ging ohne ein weiteres Wort, dafür mit hochrotem Gesicht, aus dem Raum, dicht gefolgt von seinen Begleitern. „Hat er etwas bemerkt?", fragte Kelbek leise, als er zu mir trat. „So mehr oder weniger, aber er hat nichts Handfestes", antwortete ich. „Trotzdem macht er mir Sorgen, was ist, wenn er nächstes Mal etwas indirekter plant dich auszuschalten?", erkundigte er sich besorgt. „Das soll er ruhig mal versuchen", entgegnete ich gelangweilt und griff wieder nach der Nachtschattenskulptur. „Wie dem auch sei, unsere Späher berichten, dass sich Rowin zusammen mit dieser Astrid auf den Weg zur Insel der Werwolf-Flügler gemacht hat", erzählte Kelbek und setzte sich mir gegenüber an den Tisch. „Bist du dir sicher?", hakte ich nach. „Ja, sie waren es, definitiv", bekräftigte er seine Aussage erneut. „Gut, das ist wirklich sehr gut", erwiderte ich und griff nach meinem Weinglas, ehe mir wieder einfiel, dass es zerbrochen war. „Ich hatte mich schon gefragt, wann es endlich soweit sein würde", führte ich meine Aussage leicht mürrisch zu Ende.

Rowin:
Nach etwa einer Stunde Flug kam unser Ziel endlich am Horizont in Sicht und bereits wenig später landeten wir am Strand, wo ich mich zurückverwandelte. „Also, wo genau ist dieses Versteck der Seelenkrieger?", fragte Astrid und blickte sich um. „Ich muss leider zugeben, dass ich davon keine Ahnung habe. Mein Volk hat diese Insel schon seit Jahrhunderten nicht mehr betreten und somit wurde auch die genaue Lage des Verstecks hier vergessen", antwortete ich und streckte meine erschöpften Muskeln. „Na toll, sollen wir jetzt etwa die gesamte Insel über Kopf kriegen?", wollte sie leicht genervt von mir wissen. „Erstmal würde ich sagen wir denken einmal logisch über das Ganze nach. Meine Vorfahren sind damals wie heute ausschließlich in ihrer Drachengestalt gereist, was bedeutet, dass sie einen freien Platz zum Starten und Landen in der Nähe brauchten", erklärte ich. „Gut, das schließt den Wald schonmal Wald aus, zumindest habe ich aus der Luft keine Lichtung oder so gesehen", meinte Astrid. „Genau, außerdem wollten meine Vorfahren sichergehen, dass ihr Rückzugsort von niemand Ungeladenem entdeckt wird. Somit ist es gerade auf einer recht kleinen Insel, wie dieser hier, wahrscheinlich, dass sie kein Gebäude errichtet haben", listete ich weiter auf. „Du meinst also, die Seelenkrieger von damals haben ein unterirdisches System an Tunneln gebaut?", fragte Astrid, der anscheinend ein kleines Lichtlein aufgegangen war. „Stimmt, also los. Lass uns den Eingang zu den Höhlen suchen", stellte ich fest. Gesagt, getan. Schnell hatten wir das kleine Stück Land durchsucht und bereits nach kurzer Zeit waren wir an einem kleinen Berg im Inland fündig geworden. 

Zwischen den zahlreichen Felsen versteckt, lag ein schmaler Eingang, gerade groß genug für einen Drachen, der in einer weite, unterirdische Kammer führte. An der Wand waren mehrere Schriftzeichen zu erkennen, welche sofort meine Aufmerksamkeit erweckten. „Das ist eine alte Wikingersprache", stellte ich interessiert fest. „Warte mal, willst du damit sagen, dass du das lesen kannst?", erkundigte sich Astrid. „Nicht gut, aber ja", antwortete ich und sah die Zeichen nochmal ganz genau an. „Nimm dich in Acht vor der Bestie. Kehre um, bevor du zu ihm wirst. Dein Schicksal ist besiegelt", übersetzte ich schließlich. „Na das klingt ja nicht so lustig", stellte Astrid leicht besorgt fest. „Keine Sorge. Ich bin mir sicher das stammt nur von einigen abergläubischen Wikingern, die von diesem Werwolf-Flügler Mythos überzeugt waren und der gründet sich ja auf den Seelenkriegern, welche schon lange weg sind", erklärte ich. Scheinbar beruhigt nickte Astrid und ging mit Sturmpfeil tiefer in die Höhle hinein, während ich noch in Gedanken hinzufügte: „Nun ja, zumindest hoffe ich das." Trotz der relativ beachtlichen Größe der Kammer, führte sie bei Weitem nicht so tief ins Innere der Erde, wie wir geglaubt hatten. So standen wir schließlich nach kurzer Zeit in einem etwas kleineren Teil der Höhle, in welchem mir sofort eine Art Grabstein oder so in Drachenform auffiel. „Gut, dann ist das wohl die falsche Höhle", stellte Astrid trocken fest. „Da wäre ich mir nicht so sicher, immerhin weisen die Warnungen am Eingang eindeutig darauf hin, dass dieser Ort irgendwas mit dem Mythos und somit den Seelenkriegern zu tun hat", überlegte ich laut vor mich hin und trat zu der Wand. Sie verlief überraschend gerade und beinahe schon senkrecht, so als wäre sie nicht natürlichen Ursprungs. 

„Sehr interessant, wirklich", murmelte ich leise und legte meine Hand auf das Gestein. Es war genauso rau, wie normaler Fels und als ich dagegen klopfte, hörte es sich auch nicht im Entferntesten hohl an, trotzdem war ich mir sicher, dass wir hier richtig waren. „Rowin, da ist nichts weiter als Stein, Stein und noch mehr Stein", meinte Astrid und schüttelte den Kopf. „Da wäre ich mir nicht so sicher", gab ich zurück, zog den rechten Handschuh aus, legte meine Hand an die Wand und konzentrierte mich. Einen Moment lang geschah nichts, aber dann leuchteten plötzlich einige hellrote Linien auf dem Gestein auf, welche ein torähnliches, doch sehr schönes Muster ergaben. Sowohl Astrid, als auch Sturmpfeil blieb bei diesem Anblick der Mund offenstehen, während ich nur lächelte. „Angeblich sollen meine Vorfahren vor all den Jahren in der Lage gewesen sein, die Tore zu ihren geheimen Schlupfwinkeln als Teil einer Felswand zu tarnen. Sieht aus wie eine Wand, fühlt sich an wie eine Wand und ist so widerstandsfähig wie eine Wand, nur ist es eben keine Wand, sondern eine Tür. Ganz offensichtlich entspricht dieses Gerücht der Wahrheit", erklärte ich den Beiden. „Gut, aber ich sehe kein Schloss und selbst wenn bezweifle ich, dass du den Schlüssel hättest, also müssen wir da wohl auf die harte Tour durch", stellte sie fest und zog einen Hammer, sowie Meißel aus Sturmpfeils Satteltasche. „Mein Magnesiumfeuer ist da vielleicht etwas effektiver", warf der Nadder ein und sah mich auffordernd an. „Ganz ruhig, alle Beide", verlangte ich, „wenn die Geschichten über diese Türen stimmen, dann sind sie unglaublich stabil, wenn sie geschlossen sind. Mit Gewalt kommt man da unmöglich durch, aber angeblich sollen die Seelenkrieger selbst der Schlüssel sein." Bevor meine beiden Gegenüber noch etwas sagen konnten, strich ich weiter über das Wandbild, auf der Suche nach irgendetwas Auffallendem. Schließlich fand ich ein bestimmt es Symbol, relativ im Zentrum, und drückte vorsichtig mit der flachen Hand dagegen. 

Ohne größere Probleme ließ sich die Platte mit dem Symbol ein gutes Stück nach hinten drücken und im nächsten Augenblick versank das Tor einfach im Boden. „Ich bitte einzutreten", meinte ich und machte ein einladende Geste ins Innere der Höhle. „Danke für die Einladung", meinte Astrid, packte ihr Werkzeug wieder weg und trat näher. „Aber Sturmpfeil dürfte dort wohl kaum reinpassen", bemerkte sie und blickte zu ihrem Drachen. „Allerdings, würdest du vielleicht hier draußen den Eingang bewachen Sturmpfeil?", fragte ich zustimmend. „Wenn es sein muss", murrte sie. „Gut, dann sehen wir uns das hier einmal an", meinte ich und blickte in den Höhleneingang. Links und rechts an der Wand hing jeweils eine Fackeln, welche Sturmpfeil auf meine Bitte hin entzündete. Schweigend nahmen Astrid und ich uns jeder eine und traten danach den langen Gang entlang zum Versteck der Seelenkrieger. In regelmäßigen Abständen befanden sich auf beiden Seiten weitere Fackeln, die wir natürlich entzündeten. Nach einer überraschend langen Zeit, wie ich fand, gelangten wir schließlich in einen etwas größeren Raum, der an sich komplett leer war. Von seiner gegenüberliegenden Seite führte lediglich ein weiterer Tunnel tiefer in die Höhle hinein und vor diesem Eingang standen zwei Statuen in Form von etwa menschgroßen Drachen. „Seltsam, diese Art habe ich ja noch nie gesehen", murmelte Astrid und betrachtete die Figuren interessiert. „Ich auch nicht", gab ich zurück, „zwar kommen mir diese Drachen schon irgendwie bekannt vor, aber ich kann sie keiner Art zuordnen, die mir bekannt wäre." Leicht entsetzt sah Astrid erst mich und dann wieder die steinernen Skulpturen an. „Na, wenn du als jemand, dessen Volk über alle Drachen kennt, es sagt, dann muss es ja stimmen", meinte sie nachdenklich. 

„Sei dir da lieber nicht zu sicher, immerhin war Ayla auch der erste Tagschatten, den ich zu Gesicht bekommen habe. Bei uns Seelenkriegern gab es noch nie jemanden, der sich mit einem Tagschatten verbunden hat und inzwischen glauben wir auch, dass es nie jemanden geben wird", erklärte ich. „Trotzdem, ihr wisst, dass es Tagschatten gibt", argumentierte sie. „Lass uns diese Diskussion verschieben und weitergehen, sonst kommen wir nie an", schlug ich vor und ging weiter, Astrid folgte mir. Diesmal dauerte es nicht ganz so lange, bis der Gang ein Ende fand und sich zu einem weiten Raum öffnete. Sofort entzündete ich die Feuerschale auf dem Sockel zu meiner Linken, doch was dann geschah, hätte ich mir nicht mal in meinen kühnsten Träumen vorstellen können. Sobald das Feuer in der Schale brannte, zogen sich hellrot leuchtende Linien den Sockel hinunter und setzten sich am Boden, sowie über die Wände fort. Innerhalb von Sekunden war der gesamte Raum in rotes Licht getaucht, wodurch die Fackeln überflüssig waren und wir sie in jeweils eine der leeren Halterungen neben dem Eingang. „Genau wie zuhause im Seelenreich", murmelte ich leise und erntete dafür einen überraschten Blick von Astrid. „Was? Hast du tatsächlich gedacht, dass wir in einem Höhlensystem ohne Licht leben würden?", fragte ich. „Nun, nein aber... Ach, vergiss es", meinte sie und wandte sich dem Raum zu. Darin befand sich in der Mitte ein großer Kartentisch, auf dem noch einige Pergamentrollen lagen, und unzählige Regale an den Wänden, in denen noch viel mehr Schriftstücke lagerten. Allerdings standen auch noch zwei weitere von diesen Drachenstatuen in der Kammer, welche mir einen Schauer über den Rücken jagten. Irgendwie war mir nicht geheuer bei ihrem Anblick, aber warum? Es waren doch einfach nur zwei Figuren aus Stein, vollkommen harmlos.

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