Drei Haselnüsse für Astrid (Teil 3)

Wenig später kehrte Astrid in ihren neuen Sachen zu Sturmpfeil zurück. Nun trug sie ein olivgrünes, langärmliches Hemd, eine ockergelbe Hose und braune Stiefel mit einem leichten Grünstich und Fell am Rand. Ihre Haare hatte sie unter den Helm hochgebunden, sodass diese ihr nur knapp bis zu den Schultern gingen. Ebenfalls trug sie nun lange, braune Lederhandschuhe. Auch ihre Armbrust und Pfeile hatte sie dabei. Man konnte sie glatt für einen Jungen halten, doch das war der Sinn ihrer Verkleidung. „Na, Sturmpfeil, wollen wir losfliegen? Und du willst auch mitkommen, Kasperle?", wendete sie sich an den Schrecken, der bettelnd fiepste. Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Warum eigentlich nicht!? Sie stieg auf Sturmpfeil, welche sogleich losflog. Kasperle folgte ihnen geschwind.

Im Wald jagte gerade eine Horde schrecklicher Schrecken einem Fuchs nach. Hicks und sein Jagdgefolge auf ihren Drachen hinterher. „Der Erste für mich", forderte Hicks das Privileg des ersten Schusses. Er zielte mit der Armbrust, schoss und traf. „Hurra!", jubelte er. „Gleich beim ersten Schuss", lobte ihn ein Wikinger. Ein Anderer holte die erlegte Beute und hielt sie triumphierend hoch. Lauter Jubel ertönte. Hicks stieg von seinem Drachen, zog sein Schwert, spießte damit einen kleinen Tannenzweig auf, der ihm gereicht wurde und drückte ihn auf die Stelle, wo der Pfeil den Fuchs getroffen hatte, wie es Brauch war. „Gratuliere! Wenn du jetzt noch einen Raubvogel triffst, dann wirst du König der heutigen Jagd werden", gratulierte ihm ein Wikinger und schüttelte ihm die Hand. Astrid sah dies von Weitem. Kasperle gurrte vor sich hin und auch Sturmpfeil wurde unruhig. „Shhh! Ganz ruhig, damit uns keiner entdeckt", flüsterte sie ihren Drachen zu.

„Diesen wertvollen Ring aus der Schatzkammer widmet unser Häuptling demjenigen Schützen, der als Erster einen Raubvogel herunterschießt. Die Jäger nach vorn", kündigte der Aufseher an. Also traten Hicks, Rotzbakke und Taffnuss, sowie einige Andere nach vorne. Auch Astrid schlich sich näher heran, jedoch so, dass keiner der anderen Jäger sie sah. „Erster Schuss", sagte Taffnuss, als er einen Raubvogel erblickte. „Zweiter Schuss", beanspruchte Rotzbakke. „Dritter", meldete sich nun auch Hicks. Taffnuss nahm den Vogel ins Visier, schoss, doch verfehlte. Ebenso erging es Rotzbakke. „Sie sind an der Reihe, Anführer", gab er dann bekannt. Hicks zielte mit der Armbrust, doch ließ sie auch gleich wieder sinken. „Er fliegt schon zu hoch", war er der Ansicht. Astrid jedoch sah das anders. Sie zielte und schoss. Wenig später landete der Raubvogel knapp vor dem Häutlingssohn im Schnee. „Was ist denn das?", wunderte er sich. Er hob den getroffenen Vogel auf, zog den Pfeil raus und hielt ihn hoch: „Wem gehört der Pfeil?". Astrid zielte erneut und traf den Pfeil genau mit einem Weiteren, sodass er dem Braunhaarigen aus der Hand geschossen wurde und abermals im Schnee landete. Verwundert blickte sich Hicks um. Jemand hob die Pfeile auf und reichte sie dem Häuptlingssohn. Dieser begutachtete, wie präzise doch der eine Pfeil den Anderen getroffen hatte.

„Hicks", wies Taff darauf hin, dass ein weiterer Jäger gerade aus dem Gebüsch getreten war. „Ich war es, verzeih mir", entschuldigte sich Astrid. „Wer bist du?", wollte Hicks erfahren. „Ich hab gedacht, du willst nicht mehr schießen", verweigerte sie ihm die Antwort. Hicks schaute sich mit Astrids Zustimmung die Armbrust an, welche sie bei sich trug. „Die ist doch ganz gewöhnlich", stellte er dabei fest. „Soll's denn nun weitergehen mit der Jagd?", erkundigte sich der Wikinger, der die Jagd beaufsichtigte und auch den Ring mit sich trug. „Der beste Schütze hat bereits gezeigt was er kann. Den Ring!", entschied Hicks und ließ sich die Trophäe aushändigen. Er wollte ihn Astrid an den Finger stecken, doch sie zog ihre Hand zurück.
„Er gehört dir aber", ließ er nicht locker und steckte ihr ihn über den Handschuh an. „Zeigst du noch mehr von deiner Kunst?", fragte er danach. „Es tut mir leid, dass du böse bist", meinte Astrid bloß. Rotzbakke tippte seinen Freund an und deutete auf ein Ziel. „Ob du die Zapfen dort triffst ... Dort oben auf der Fichte", sprach es Hicks dann, an den unbekannten Schützen gerichtet, aus und deutete auf das Ziel. „Sogar jedes kleine Mädchen kann das", war Astrid überzeugt. Sie zielte, wobei die drei Jungen ebenfalls versuchten mit den Augen das Ziel anzuvisieren. Nachdem sie geschossen hatte, bewegten sich die Zapfen am Ast. Irgendetwas schien sogar runtergefallen zu sein. Sofort liefen die drei Freunde los und fanden einen aufgespießten Fichtenzapfen im Schnee.

„Hey! ... Mein Drache!", forderte Hicks umgehend, als ihm auffiehl, dass sich der Unbekannte einfach aus dem Staub gemacht hatte. Laut rufend flog er durch den Wald. Als er kurz neben einem Baum landete, traf ihn ein Schneeball. Er schaute hinauf und fand ein Mädchen in den Zweigen hinter dem Baumstamm hervorlugen. Die Tanne hatte lauter dünne Äste, die weit verzweigt waren, sodass Ohnezahn nicht zu der Person hinauffliegen konnte, weshalb Hicks von seinem Drachen abstieg. „Ist hier vielleicht ein junger Jäger vorbeigeritten?", erkundigte sich Hicks. „Warum fragst du?", lautete die Gegenfrage. „Also ist er vorbeigeritten?", wiederholte er. „Aber woher? Wohin du auch blickst, im ganzen Wald gibt es nur ein Grünschnabel und ein Hühnchen ... Ohne Federn", spaßte Astrid, die ihren Helm abgesetzt hatte und ihre Haare nun wieder in ihrem üblichen Zopf trug. „Komm herunter", befahl der Braunhaarige. „Komm du rauf", entgegnete sie. „Ich sage dir, komm herunter", wiederholte Hicks seinen Befehl. „Und ich sage dir, komm herauf", spielte sie dieses Spiel mit. „Wir haben uns doch schonmal gesehn", wurde ihm bewusst. „Daran müsstest du mich aber erinnern", behauptete sie. „Hier im Wald, du kleine Eidechse. Aber diesmal entkommst du nicht", glaubte er. Hicks wollte schon hinaufklettern, als seine Freunde zu ihm stießen. „Wo steckt er denn?" - „Wo ist er?", fragten diese. „Da müssen wir sie fragen ... Wo ist sie denn nur wieder?", wunderte sich Hicks, als er hinauf sah. „Wer?" - „Das kleine Mädchen, das uns damals ausgerissen ist", sagte er. Doch so sehr sie auch schauten, sie fanden Astrid nicht. Diese jedoch blickte grinsend aus dem noch dichteren Geäst, in welches sie sich zurückgezogen hatte, zu den Männern hinunter.

Einige Tage später herrschte in Malas Haus wieder großer Aufruhr. Lauter Dienstmägde waren anwesend und bereiteten Mala und Raffnuss auf den Ball vor. Ihre Kleider erhielten nun den letzten Schliff. „Astrid, bring mal die Knöpfe her!", befahl die Herrin. „Astrid, wo hast du die Spitze?", erkundigte sich Raff keine Minute später. „Die Halskette, Astrid!", rief da auch schon wieder ihre Stiefmutter. So spurtete Astrid hin und her. Schnell brachte sie ihrer Stiefmutter die gewünschte Kette und wollte sie ihr anlegen, doch Mala nahm sie ihr aus der Hand und reichte sie einer anderen Dienerin, die sie ihr anlegen sollte. „Grobian, leg Felle von der Tür bis zum Wagen", befahl Mala dann. „Sehr wohl", schon eilte Grobian, um den Auftrag auszuführen. „Na, wie gefall ich dir?", wollte Raffnuss von ihrer Stiefschwester wissen, als sie endlich fertig war. „Sehr schön", fand Astrid. „Sehr schön? Wunderschön, Raffnuss!", verbesserte Mala die unzureichende Antwort. „Meinen Hut!", befahl sie danach einer Dienerin. „Vielleicht möchtest du mit uns mitkommen auf den Ball? Hast du nicht Lust?", wollte Raff von Astrid wissen. „Ich weiß ja, dass ich nicht mitdarf nach Berk", erkannte die Gefragte die List. Doch sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben: „Aber vielleicht darf ich wenigstens zum Fenster hereinschauen?". Raff prustete laut los vor Lachen. „Und wer wird hier aufräumen? Hm? Und die Wäsche machen? Was?", erkundigte sich ihre Stiefmutter hochnäsig. „Bis zum Morgen wird alles fertig sein, bestimmt!", versprach Astrid sogleich. Sie würde alles versprechen. Sie würde nicht schlafen, um die Arbeit zu erledigen, nur um zumindest für wenige Stunden am Ball teilwohnen zu können. Selbst zuschauen würde ihr reichen. „Ach, wenn du nicht genug Arbeit hast, bekommst du eben noch welche drauf", weigerte sich Mala das zuzulassen. „So ... So", sie schüttete eine Schale Mais und eine Schale Linsen auf den Boden. „Bis wir zurück kommen will ich kein einziges Körnchen mehr sehen. Den Mais hier hin. Die Linsen da hin ... Ha!", informierte sie Astrid und verschwand dann triumphierend. Astrid kniete sich auf den Boden und betrachtete ihre Zusatzarbeit. „Und ich werde dir dann morgen erzählen, wie oft ich mit dem Häuptlingssohn getanzt habe", Raff vermischte mit ihrem Fuß absichtlich noch mehr die Lebensmittel am Boden.

'Nein! Ich liebe Hicks, du liebst nur seinen Titel! Er fliegt gerne auf seinem Drachen und sucht im Wald nach Abenteuern, damit könntest du doch gar nichts anfangen! Ihr passt nicht zusammen, wieso willst du ihn denn? Doch nur, weil er einmal das Oberhaupt wird! Ich würde ihn auch lieben, wenn er das nicht wäre. Aber das interessiert natürlich keinen!', war Astrid von dieser Aussage zutiefst verletzt.

„Halt mir die Schleppe", wies Raffnuss sie dann an und reichte ihr ihre Schleppe. Sogleich ergriff Astrid diese, doch als Raff fortging, ließ sie nicht los. „Huach", erschrak Raff, als ihr das auffiel. „Ich würde sie dir nur beschmutzen, halt sie dir selber", entgegnete Astrid grinsend. Wütend stampfte Raffnuss davon und ließ ihre Stiefschwester zurück. Mala und Raffnuss stiegen in den Wagen. Alle Dorfbewohner kamen und sahen zu. Auch Astrid war erschienen und schaute traurig, wie ihre Stieffamilie ohne sie abfuhr. „Sei nicht traurig, wir können ja zusammen auf dem Hof tanzen, heute Abend", versuchte Fischbein sie aufzumuntern, doch das schlug fehl. „Verschwinde und mach uns lieber was zu essen", schickte Grobian ihn weg. „Ganz wie belieben, Chef", verbeugte sich Fischbein gespielt und lief hinfort. „Du bist traurig, ich weiß ... Aber leider kann ich dir nicht helfen", bemittleidete Grobian das Mädchen, welches leider bereits abgehauen war.

Astrid holte sich einen Korb, nahm sich eine Schüssel und kniete sich vor die verschütteten Körner. „Ach je, das schaff ich nicht mal in einer Woche", seufzte sie bei dem Anblick. Doch auch diesmal eilten die Feuerwürmer zu ihrer Rettung. „Meine lieben Feuerwürmer, seid ihr wieder gekommen, um mir zu helfen? Den Mais in die eine Schüssel, die Linsen in die Andere", lächelte sie. Die kleinen Drachen ließen sich das nicht zweimal sagen und fingen sogleich an. „Ohne euch wäre ich nie damit fertig geworden. Habt vielen Dank", bedankte sich die Blondine und verließ das Zimmer, um Rosalie einen Besuch abzustatten. Dort angekommen nahm sie ihre Schatulle an sich und öffnete sie. „Vater hat immer gesagt, dass ich auf Sturmpfeil zu meinem ersten Ball fliegen werde. Und Mutter hat mir versprochen, ein wunderschönes Tanzkleid zu nähen, mit einem Schleier. Dazu einen langen Mantel und rosa Tanzstiefel", erzählte sie in Erinnerungen schwelgend. „Und geblieben ist mir nur Sturmpfeil", wurde sie traurig. Doch Rosalie schaute sie mit großen Augen an. „Aber nein, ich hab ja noch viel mehr Schätze bei dir im Versteck. Vor allem drei Zaubernüsse. Eigentlich nur noch zwei", verbesserte sie sich und betrachtete sie zwei Haselnüsse. Der braune Drache gurrte auffordernd. „Du meinst also auch?", vergewisserte sich Astrid und blickte kurz zu den Nüssen. Astrid brach eine Nuss von dem Ästchen ab, schloss ihre Augen und warf sie hinter sich.

'Bitte, bitte, lass es funktionieren!', flehte sie.

Als sie sich umdrehte lag dort ein wunderschönes Ballkleid. Glücklich hielt sie es vor sich und drehte sich im Kreis, als ob sie tanzen würde. Doch kurz darauf wurde sie von einem bekannten Krächzen unterbrochen. Sie schaute hinab und entdeckte ihre Drachendame. „Sturmpfeil, wie kommst du denn hier her? Und wer hat dich gesattelt?", wunderte sie sich, als sie den wunderschönen mit zartrosanem Stoff überzogenen Sattel erblickte. Wie aus einem Reflex heraus drehte Astrid sich zu Rosalie, doch diese mied ihren Blick.

Auf dem Ball wurden gerade sämtliche Gäste der Häuptlingsfamilie vorgestellt. Hicks wünschte sich gedanklich an einen anderen Ort. Irgendwo, ganz egal. Hauptsache weg von diesem langweiligen Ball. Nur leider konnte er sich nicht auf Ohnezahn schwingen und abhauen. Das würde ihm nicht gelingen. Wieso war er nur nicht schon vor Beginn weggeflogen? „Mach doch kein Gesicht, als ob du Drachenminze kauen würdest. Lächle ein bisschen", fiel es Haudrauf auf und nachdem Hicks seine Augen verdreht hatte, zwang er sich ein Lächeln ab. Doch kurz darauf konnte er sich seinen Kommentar, welcher ihm auf den Lippen lag, nicht mehr zurückhalten: „Ich möchte dich sehen, wie du lächelst, wenn man dich mit solchen Schnepfen verheiraten will ... Vater, ich bitte dich, verschieben wir's auf's nächste Jahr" - „Hörst du ihn? Und das soll einmal mein Nachfolger sein", seufzte Haudrauf. „Zum Zanken hättet ihr kaum eine bessere Gelegenheit finden können", konnte Valka es nicht fassen. „Hast du gesehen, wie der Prinz dir zugelächelt hat?", glaubte Mala, nachdem sie und Raffnuss vorgestellt worden waren. „Hab ich je so ein Theater gemacht wegen des Heiratens?", machte Haudrauf weiter. „Nur hast du damals Mutter geheiratet. Und mir lässt du lauter unbekannte Mädchen vorführen", ließ Hicks das nicht auf sich sitzen. Bei diesen Worten konnte sich Valka nicht beherrschen und musste kurz kichern, doch dieses verebbte, als ein etwas beleibteres, aufdringlich lächelndes Mädchen in einem leuchtend rotem Kleid vorgestellt wurde. „Wäre es nicht besser, wenn du dein Temperament beim Tanzen beweisen würdest?", schlug Valka daraufhin vor. „Ach, mir ist schon alles egal. Zeigt mir eine und ich hol sie zum Tanz", ergab Hicks sich. Der Häutling ließ sich das nicht zweimal sagen und machte eine Handgeste.

Ein Wikinger kündigte an, dass der Tanz nun eröffnet würde. Sogleich hofften alle Damen, dass sie die Glückliche sein würden, die der Häuptlingssohn zum Tanz auffordern würde. Doch erstmal stand Hicks einfach nur gelangweilt neben seinen Eltern. „Mach schon, das ist sehr unhöflich", drängte sein Vater ihn. „Was sagst du zu der hübschen Blonden mit der silbernen Schleppe?", schlug seine Mutter vor. „Nimm lieber die Schwarzhaarige mit der grünen Schleppe, huh?", riet Haudrauf dann. „Was soll ich da groß wählen? Ich mach einfach die Augen zu", entschied Hicks und ging los. Wie angekündigt schloss er tatsächlich seine Augen. Er hatte absolut keine Ahnung, welche Dame er wählen sollte, weil er einfach kein Interesse an einer von den Anwesenden hatte. Erst als er stehen blieb und sich verneigte öffnete er die Augen wieder. Er war kurz vor Raffnuss stehen geblieben. Diese trat einen Schritt vor und verbeugte sich ebenfalls, doch die rundliche Dame in dem roten Kleid, welche neben Raff stand ergriff dreist die ausgestreckte Hand des Häuptlingssohnes und machte somit sich zur Tanzpartnerin. Hicks, dem es eigentlich sowieso egal war, weil er an Keiner Interesse hatte, ließ dies zu und führte sie zum Tanzen in die Mitte der Tanzfläche. Die Musik fing an zu spielen und die Wikinger begannen zu tanzen. „Hohlkopf, hättest du nicht schneller sein können?", beschwerte sich Mala bei ihrer Tochter. Doch dann wurde auch Raffnuss zum Tanzen aufgefordert. Allerdings war weder Mutter noch Tochter sehr zufrieden damit, da es eben nicht der Häuptlingssohn war. Hicks unterdessen hatte so seine Probleme damit, mit der Dame im roten Kleid zu tanzen. Aber das lag nicht an ihm, sondern daran, dass sie irgendwann die Führung übernahm und ihn schließlich sogar drehte und hochhob, sodass seine Füße den Boden nicht mehr berührten.

'Ich weiß, ich bin schmal und leicht, aber das ist ein neuer Tiefpunkt. Warum muss ich mich eigentlich immer blamieren?', schlug er sich in Gedanken seine Hand an den Kopf.

Seine Eltern konnten ihren Augen ebenfalls nicht trauen. „Wie ich sehe, hab ich bisher den Geschmack von unserem Sohn überhaupt nicht gekannt", raunte Haudrauf nur erstaunt und fassungslos zugleich. Valka konnte sich bei diesem Kommentar ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Astrid war gerade in Berk angelangt. Sturmpfeil landete vor der Treppe, die zum Eingang führte. Astrid sprang ab und streichelte ihre Drachendame nochmals. Dann stieg sie die Treppe empor und schaute zum Fenster herein. Drinnen tanzte gerade Hicks mit der Frau im roten Kleid und Taffnuss mit Raffnuss. Doch in einer geeigneten langsamen Drehung ergriff diese den Arm des Thronerben und führte ihn sachte zu sich, sodass er nun ihr Tanzpartner war. Hicks war noch total perplex von dem Wechsel, doch er war für den Tausch eigentlich ganz dankbar. Er hätte mit jeder Wikingerin lieber getanzt als mit dieser aufdringlichen Dame, an welche er geraten war, also tanzte er einfach weiter. „Mein Schmuckstück", freute sich Mala, als sie ihre Tochter mit dem Häuptlingssohn sah. Auch Haudrauf und Valka waren wenigstens etwas zufriedener. Astrid jedoch, die ihre Stiefschwester mit dem Mann, den sie liebte, tanzen sah, war zutiefst enttäuscht und auch verletzt, sodass eine Träne ihre Wange hinunterkullerte. Sie wendete sich ab und bekam daher nicht mehr mit, was sich drinnen als Nächstes abspielte. „Kommst du von weit her?", erkundigte sich Hicks gelangweilt. „Jedenfalls ist die Entfernung nicht weiter gewesen als mein sehnsüchtiger Wunsch mit dir zu tanzen", schleimte sich Raffnuss sogleich ein. „Obwohl ich dir dauernd auf die Stiefelspitzen trete?", hinterfragte er das. „Für mich ist das eine Ehre, Häuptlingssohn. Ich würde mit dir bis ans Ende dieser Welt tanzen", säuselte sie nur weiter. „Du hast ja eine Courage", war Hicks der Meinung. „Davon kann ich dir leihen so viel du nur wünschst", bot sie an. „Ich danke vielmals, ich mache keine Schulden", wies er sie jedoch ab und ließ sie stehen. Astrid war mittlerweile wieder bei ihrem Drachen angelangt und streichelte den Nadder traurig.

'Natürlich tanzt er mit Raff, wieso bin ich nur gekommen? Um meine große Liebe mit meiner verhassten Stiefschwester tanzen zu sehen? Das hätte ich mir nicht antun sollen! Ob er sie liebt? Aber was, wenn er es nicht tut? Wenn er nur aus Höflichkeit mit ihr tanzt, immerhin ist er der Häuptlingssohn?! Sollte ich es vielleicht einfach riskieren und doch noch den Ballsaal betreten? Schließlich habe ich es schon bis hierher geschafft', zweifelte sie.

„Was meinst du, Sturmpfeil, ob ich zurückgehen soll?", fragte sie ihre Nadderdame. Sogleich nickte diese entschlossen. „Also gut, ich mach's", entschied Astrid. Sie stieg erneut die Stufen empor, zögerte bald darauf wieder und hielt kurz inne. Sofort krächzte Sturmpfeil und drängte sie zum Weitergehen. „Sei nicht böse, ich geh ja schon", verstand Astrid und machte sich endgültig auf den Weg. Jeder Wachmann und jeder Gast, an dem sie vorbeilief, schaute ihr beeindruckt nach. Sie war zweifelsohne die Schönste. Ihren zartrosanen Umhang hatte sie einer Wache gegeben. Nun trug sie nur noch das rosane Kleid mit silbernen Verzierungen und zartrosanen weiten Ärmeln. Diese waren aus sehr dünnem Stoff. Auch die Schleppe und der Gesichtsschleier, den sie dabei hatte, waren aus diesem Material. Ihre Stiefel waren silbern und zierlich geschnitten. Staunend darüber, dass sie tatsächlich hier war, schaute sie sich um und schritt langsam den Gang entlang zum Ballsaal.

Fortsetzung folgt ...

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