Drei Haselnüsse für Astrid
Astrid wohnte in einem kleinen Dorf einer sehr großen Insel. Es war nur ein Dorf von Vielen. Klein und unscheinbar war es sogar im Vergleich zu den Anderen. Es war von einer hohen Mauer umgeben und sehr abgeschieden, obwohl ihr Dorf sehr nah an der Wohnsiedlung der Oberhauptfamilie lag. Diese Wohnsiedlung, welche Berk genannt wurde, war riesig. Da war ein enorm großes Haus mit angrenzender Halle, welche größer war als so manches Dorf. Der Häuptling Haudrauf regierte von dort aus die ganze Insel. Es war mit Sicherheit ein schweres Unterfangen, aber auch ein unglaublich wichtiges. Um auch alle Dörfer seiner Insel zu vereinen, unternahm er einmal im Jahr eine Reise, wo er bei jedem der Dörfer mit seiner Familie vorbeischaute. Daher herrschte in Astrids Dorf an diesem Tage auch so helle Aufregung. Heute sollte das Oberhaupt mit seiner Frau und deren 18 Jahre altem Sohn bei ihnen erscheinen. Astrid half bei den Vorbereitungen, so wie es ihr von ihrer Stiefmutter aufgetragen worden war. Ihre Stiefmutter Mala war die Herrin in dem Dorf, zu welchem Astrid gehörte und hatte damit das Sagen.
Gerade stand Mala mit ihrer Tochter Raffnuss vor ihrem Haus. „Jeden Augenblick kann der Häuptling hier erscheinen", murmelte sie. Sie war schon ganz ungeduldig und ihr konnten die Vorbereitungen nicht schnell genug gehen, weshalb sie schrie: „Beeilt euch, ihr Faullänzer!". Sie trat hinab von ihrer Hütte in das Dorf und hielt eine Dienerin auf, die einen Teller mit gebratenen Hünerbeinen vorbeitrug. Raffnuss nahm sich sogleich Eines, doch es wurde ihr von einem kleinen blauen Schrecklichen Schrecken weggeschnappt, noch bevor sie reinbeißen konnte. „Blöder Drache", murmelte Raff genervt. „Gleich kommt unser Oberhaupt und nichts ist fertig! Was wird man von uns denken!?", beschwerte sich Mala erneut, als sie ihren Weg durch das Dorf fortsetzten. Ein Arbeiter schleppte einen Stapel Holz an ihnen vorbei, der ihm versehentlich runterfiel. „Was bist du für ein Hohlkopf! Warum ernähre ich euch alle überhaupt!?", war die Herrin sogleich zornig und stampfte wütend hinfort. „Entschuldigung", brachte der Wikinger nur noch hervor. Astrid stellte einen Eimer ab, den sie getragen hatte und erblickte den kleinen blauen Schrecken friedlich am Boden sitzen und den Rest seine Beute verspeisen. „Na, du kleiner Räuber, hat's geschmeckt?", schreichelte sie ihn kurz, bevor sie im Drachenstall verschwand.
Schnell lief sie zu der hintersten Box, wo ihre Nadderdame untergebracht war. „Sturmpfeil, meine Liebe. Hier, ich hab dir was zum Naschen mitgebracht", sie holte einen kleinen Fisch aus ihrer Tasche und gab ihn dem Naddermädchen, welche ihn sogleich verschlang. „Weißt du noch, wie ich dich vor drei Jahren von Vater geschenkt bekommen habe? ... Sei nicht traurig, ich würde ja so gern mit dir fliegen, aber du weißt doch, wir dürfen nicht. Alles ist hier aus dem Häuschen, sie erwarten das Oberhaupt. Du, aber wenn ich mit der Arbeit fertig bin, komm ich wieder, ja!?", versprach Astrid, streichelte ihren Drachen nochmal und verschwand. Mala lief gerade zum Tor, gefolgt von Raffnuss. „Kommen sie noch nicht?", erkundigte sie sich. „Herrin, es ist noch niemand zu sehen", lautete die Antwort eines Wikingers. „Ich erwarte Bescheid, wenn sie am Wald auftauchen", befahl sie und wollte zurück ins Haus. Plötzlich hörte man, wie etwas zerbrach und sie und Raff drehten sich in die Richtung aus der sie das klirrende Geräusch vernommen hatten. „Das wird wieder Astrid sein", vermutete Raffnuss. Mit einem wütenden Seufzer eilte Mala zu dem Ort des Verbrechens. Raff lief ihr natürlich nach.
In der Küche schimpfte die Köchin gerade mit dem Küchenjungen. „Du bringst mich noch mal ins Grab, du Tollpatsch", schrieb Gothi mit ihrem Stab in den am Boden verstreuten Sand. Fischbein kniete am Boden und wollte die Scherben einsammeln, als Mala gefolgt von ihrer Tochter hereinstürmte. Als sie die Scherben erblickte, ergriff sie die Peitsche, die an der Wand hing und trat näher. Astrid eilte zu Fischbein, kniete sich neben ihn und sammelte die Scherben auf. „Wer war das?", verlangte Mala zu erfahren. „Sei nicht böse, Herrin! Es war die Schüssel, die eh schon einen Sprung hatte", versuchte Gothi sie milde zu stimmen, jedoch waren ihre geschriebenen Worte umsonst. „Danach hab ich nicht gefragt", entgegnete Mala bloß. Mit dem Griff der Peitsche hob sie Fischbeins Kinn an, sodass er sie ansehen musste. Diesem liefen bereits Tränen über die Wangen. „Nun?", wollte die Frau streng wissen. „Mutter, ich war es. Ich bitte dich um Verzeihung", griff Astrid schnell ein. Sie wusste, dass Mala ihr im Gegensatz zu Fischbein nichts tun würde. Daher nahm sie gerne die Schlud auf sich, um ihn zu schützen. „Hm", machte Mala nur überheblich und schickte Astrid mit einem Fingerzeig hinfort. Die Peitsche warf sie achtlos weg und wandte sich an die Köchin: „Alles vorbereitet? Die Braten? Die Mehlspeisen? Das Met?". Ihr Blick schweifte dabei über den Tisch mit besagten Köstlichkeiten. „Aber ja, Herrin, es ist alles fertig", schrieb die Köchin sogleich und nickte. „Das will schon was heißen, so edle Gäste zu bewirten. Dass du uns nichts verpatzt!" meldete sich Raffnuss zu Wort, die sogleich von ihrer Mutter Zuspruch erhielt.
Doch Mala ging kurz darauf zu Astrid, die an der Feuerstelle arbeitete. Astrids Zopf löste sich von der Arbeit langsam auf und ihr Gesicht war schwarz vor Ruß. „Ich weiß wahrhaftig nicht, ob du so ungeschickt bist oder ob du alles nur absichtlich und zum Trotz machst", keifte Mala sie an und strich ihr die aus dem Zopf losgelösten Haare hinters Ohr. „Dein Vater hat mir eine schöne Erbschaft hinterlassen. Naja, wie der Vater, so ..." - „Vater lässt du aus dem Spiel! Du hast von ihm das ganze Gut bekommen", konnte Astrid sich nicht beherrschen. Sie hatte ihren Vater geliebt. Leider war er viel zu früh an einer Krankheit gestorben. Seit seinem Tod hatte sie mit ihrer Stiefmutter auskommen müssen. Mala hasste sie. Vermutlich war es Neid, weil Astrid begabter und schöner war als ihre eigene Tochter Raffnuss. Oft hatte Astrid mit dem Gedanken gespielt, das Dorf zu verlassen. Alt genug war sie ja. Und sicherlich würde es ihre unechte Mutter sowieso nicht stören. Vielleicht wäre sie sogar froh darüber. Aber da Astrid keine Ahnung hatte, wo sie sonst hin sollte, blieb sie lieber. „Wie sprichst du denn mit mir!?", war Mala sauer und ging erstmal wütend zu Raffnuss, „Hast du das gehört?". Raffnuss nickte sogleich. Sie wollte, dass ihre verhasste Stiefschwester Ärger bekam. Ihre Mutter kam diesem auch schnell nach. „Aber dass du das nur weißt, die Zeiten sind vorbei, wo dein Vater mit dir durch die Wälder geflogen, dich mit der Armbrust schießen und noch allerlei andere Dummheiten gelehrt hat. Als ob du ein Junge wärst! Jetzt bin ich hier die Herrin und du bist die Magd! Versorg also den Herd und kümmere dich um die Asche! Und zu dem Drachen darfst du auch nicht. Nicht auf zehn Schritte!", schimpfte Mala weiterhin. Astrid hatte bereits Tränen in den Augen, aber das störte Mala nicht. Wie konnte sie es nur wagen, alle schönen Erlebnisse, die Astrid und ihr Vater gehabt hatten so in den Dreck zu ziehen!? Das traf Astrid härter als die erniedrigenden Arbeiten, die sie zu verrichten hatte.
„Gib mal her", befahl die Herrin einer vorbeilaufenden Wikingerin, die eine Schale Erbsen trug. Sie schüttete die Erbsen in einen Trog mit Asche und stellte die Schale auf den Tisch. „Bis Mittag wirst du die Erbsen herauslesen und dann kommst du mich um Entschuldigung bitten. Ich werde dir schon deinen Stolz und Trotz aus dem Kopfe treiben", fuhr Mala fort und schüttelte den Eimer, sodass sich Asche und Erbsen vermischten. Sie stellte den Trog wieder hin: „Und wehe dir, du lässt dich blicken, wenn der Häuptlingszug vorbeikommt!" - „Aber Mutter, ich würde mich doch nicht über die schmutzige Astrid aufregen", grinste Raffnuss überlegen und führte ihre Mutter weg. Astrid ergriff den Eimer und wollte sich an die Arbeit machen, da trat Fischbein zu ihr: „Dankeschön, Astrid! Darf ich dir dabei helfen?". Jedoch schüttelte sie nur den Kopf. Gothi ließ ihren Stab wütend auf den Rücken ihres Helfers sausen. Er konnte sie doch nicht alleine mit der ganzen Arbeit lassen! Diesem eindeutigen Zeichen ging er auch sogleich nach. „Naja, Mädchen, es ist eben die Stiefmutter und nicht die Richtige", kritzelte Gothi in den Sand, da sie Astrid bemittleidete, doch diese sah das etwas anders: „Vater hat Raffnuss genauso lieb gehabt wie mich, als er noch lebte". Traurig zog sie sich in einen kleinen Raum zurück, welcher ihr Zimmer war und schüttete den Eimer aus.
'Das hab ich nun davon. Anstatt den Häuptlingssohn zu treffen muss ich diese unnötige Arbeit erledigen. Daweil würde ich ihn doch so gerne sehen', jammerte sie in Gedanken.
Sie setzte sich auf den Boden und begann die zeitaufwändige Arbeit. Da flogen zum Fenster einige Feuerwürmer herein. Verwundert stand Astrid auf und ging zum Fenster. Ein Feuerwurm landete auf ihrem Arm. „Meine Freunde! Die Erbsen in die Schale und die Asche in den Eimer. Einverstanden?", wischte sie sich eine Träne weg und der Feuerwurm flog zu den Anderen. Sogleich machten sich die kleinen Drachen an die Arbeit. Astrid zog sich ihre Fellweste über und ging aus der Kammer. Vor der Tür saß ein kleiner grüner Schrecken. „Na, kommst du wieder Naschen, Murli? Daraus wird nichts, jetzt darfst du nicht rein", musste Astrid den Schrecken enttäuschen. Doch der Drache gab nicht auf. Daher füllte Astrid eine Schale mit Drachenminze und stellte sie vor das grüne Reptil, das sogleich friedlich gurrend daran schnüffelte. „Ist das genug? ... Ja, das riecht gut, reicht nur nicht. Machs gut", lächelte sie und ging fort. Sogleich eilte Astrid in den Stall und versuchte sich anzuschleichen. „Na, Astrid, ist der Häuptling immer noch nicht da?", wollte Grobian erfahren, der sich gerade um die Nadderdame kümmerte. „Wie hast du gemerkt, dass ich es bin?", war die Blondine verwundert. „Ich nicht, das war Sturmpfeil, die wittert dich auf eine Meile", entgegnete er. „Und warum siehst du dir nicht mit den anderen den Festzug an?", wollte Grobian dann erfahren. „Sie lassen mich nicht", gestand Astrid und begann damit ihren Drachen zu streicheln. Eigentlich wäre sie gerne anwesend, aber sie hatte ja kein Mitspracherecht. „Ich bin sowieso lieber bei euch", log sie kurz darauf. „Nichtmal auf den Thronerben bist du neugierig?", fragte der einarmige Wikinger. „Als er letztes Jahr hier vorbeigeflogen ist, hab ich ihn ja schon gesehen", meinte sie bloß. „Na und? Hat er dir gefallen?", bohrte Grobian nach. „Sturmpfeil gefällt mir viel besser, nicht wahr, Süße?", versuchte sie abzulenken. Sie konnte nicht leugnen, dass ihr der Häuptlingssohn gefiel. Ja, er gefiel ihr sogar sehr. Allerdings wollte sie das vor Grobian nicht zugeben. „Sie kommen", ertönte da ein lauter Ruf von draußen. „Da sind sie schon", mit diesen Worten eilte der Mann hinfort.
Alle Wikinger hatten sich versammelt und erwarteten die Häuptlingsfamilie gespannt. „Ach, bin ich aufgeregt. Mama, ob der Häuplingssohn auch dabei ist?", war Raff nervös. Währenddessen schlich sich Astrid mit Sturmpfeil durch die Hintertür davon. Der kleine blaue Schrecken flatterte blüllend zu ihr. „Wo treibst du dich denn rum, Kasperle, du Ausreißer? Jetzt spiel nur nicht den Scheinheiligen! Sei brav und geh zurück, den Häuptling begrüßen, lauf! Du weißt doch, wir dürfen nicht mehr im Wald jagen gehen. Ich bin bald mit Sturmpfeil zurück und jetzt geh nach Hause, geh!", wies sie ihn an. Traurig wimmernd befolgte er ihren Befehl. Astrid ging zu einer kleinen Hütte, zu der man erstmal eine Holztreppe hochklettern musste. Sie öffnete die Bodenklappe und kletterte hinein. „Rosalie?", rief sie und trat lächelnd zu dem kleinen braunen Nachtschrecken. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Färbung war er von seinem Schwarm verstoßen worden und war nun alleine. Jedoch hatte er bei Astrid ein schönes neues Zuhause gefunden. „Hütest du meine Schätze gut?", streichelte sie dem Drachen über den Kopf. Dieser gurrte bejahend. „Ja ja, ich weiß schon", nickte Astrid und ergriff eine kleine Schatulle. Sie setzte sich auf einen Stuhl und betrachtete den Inhalt. In Gedanken versunken fuhr sie mit dem Finger über eine Metallspange. Danach nahm sie einen kleinen Handspiegel und brachte ihre Haare wieder in Ordnung. Auch wischte sie sich die Asche, die auf ihrem Gesicht war, mit einem Tuch weg. Sturmpfeil krächzte ungeduldig und Astrid stellte die Schachtel zurück an ihren Platz neben dem Nachtschrecken. „Sturmpfeil ruft mich. Wir haben wenig Zeit, weißt du!?", erklärte sie noch schnell. Sie wunk kurz Rosalie zu und dann nahm sie den Drachensattel, welcher in dieser Hütte untergebracht war und stieg die Treppen hinunter.
Unterdessen traf gerade der Häuptlingszug ein. Lauter Wikinger auf Drachen trabten voran. In einem Wagen, der von Drachen gezogen wurde, befanden sich der Häuptling und seine Frau. Mala eilte herbei: „Schneller!", rief sie einigen Wikingern zu, die Tische mit Essen brachten. Dann wendete sie sich nochmal schnell an ihre Tochter: „Verneige dich tief. Vergiss nicht zu lächeln. Fortwährend. Hast du verstanden!?". Raffnuss nickte leicht. Der Häuptling schaute sich suchend um und wendete sich dann an einen Wikinger, der auf seinem Drachen neben dem Wagen herritt: „Wo ist mein Sohn, Preceptor? Und Rotzbakke und Taffnuss?" - „Das ist unerklärlich, Chef. Ich hatte ihnen gerade einen Vortrag gehalten über erhabenes Benehmen und wie ich mich umsehe, als ich aus dem Wald kam, waren sie verschwunden", musste Kotzbakke gestehen. Valka musste unweigerlich grinsen, sie wusste genau, wie ihr Sohn war. Für seine 18 Jahre war er noch ein ziemlicher Freigeist. Er suchte lieber nach Abenteuern, anstatt sich auf sein zukünftiges Amt vorzubereiten. „Sofort auffinden, zurückbringen, scharf rügen ... Nein, das nicht. Letzteres will ich selbst besorgen", befahl Haudrauf jedoch streng. Sofort flog Kotzbakke auf seinem schon etwas älteren und langsamen Drachen hinfort. Nun wandte Haudrauf sich lächelnd zu Mala, die sich umgehend tief verbeugte. So auch Raffnuss. Die anderen Dorfbewohner taten es ihnen gleich.
Astrid flog fröhlich auf Sturmpfeil umher. Sie fühlte sich endlich wieder frei. Es war eine Ewigkeit her, seitdem sie geflogen war. Aber was sollte sie tun? Sie durfte eben nicht! Der Schnee glänzte auf den Nadelbäumen. Astrid fühlte sich so wohl, dass sie die Kälte vergaß. Sie liebte es auf Sturmpfeil durch den Wald zu reiten. Dann konnte sie all ihre Sorgen vergessen. Doch als sie auf drei Wikinger aufmerksam wurde, landete sie sogleich und beobachtete diese heimlich. Die drei jungen Männer waren mit Armbrüsten bewaffnet und stapften durch den hohen Schnee. Ihre Drachen warteten brav in einiger Entfernung. Astrid stieg von ihrem Nadder ab und verfolgte die Männer unauffällig. Einer war dünn und hatte blonde, lange Haare. Der Zweite war etwas kräftiger gebaut und hatte schwarze Haare. Beide trugen einen Helm mit Hörnern. Der Letzte jedoch unterschied sich von den Anderen. Er trug keinen Helm, war schlank, aber gut gebaut und hatte kastanienbraune, verwuschelte Haare.
'Ich fass es nicht, das ist der Häuptlingssohn! Ich habe so ein Glück, dass ich ihn doch noch sehen konnte. Er sieht unglaublich gut aus!', schwärmte Astrid innerlich.
Als ein Reh vorbeilief, hielt der Braunhaarige die Anderen mit einer einfachen Handbewegung auf. „Das könnt ihr vergessen", murmelte Astrid grinsend. Die Jungen blieben stehen und zielten sogleich mit ihren Armbrüsten, bereit zu schießen. Doch ganz unerwartet traf den Braunhaarigen ein Schneeball. Der Pfeil schoss hoch in die Luft und das Reh flüchtete. Kichernd zog sich Astrid weiter in ihre Deckung der Tanne zurück. „Wo sind deine Schießkünste geblieben, Anführer?", lachte Rotzbakke und auch Taff musste kichern. „Da!", wies Hicks seine Freunde auf das Mädchen hin, welches gerade fortrannte. „Hinterher!", nahm er sogleich die Verfolgung auf. Seine Begleiter folgten ihm. Schnell eilte Astrid durch den Wald. Die Jungen dicht hinter ihr. Hinter einem Stein versteckte sie sich kurz. Als ihre Verfolger davor standen, lief sie einfach in die andere Richtung weiter. „Da!", rief Taffnuss, der sie gesehen hatte und schon ging die Verfolgung weiter. Als Nächstes suchte Astrid in einem kleinen Graben schutz. Die Männer sprangen über sie hinweg und sie ging einfach wieder zurück. Doch erneut entdeckte Taff sie: „Von allen Seiten. Einer geht hier lang, einer geht da lang und er geht nach links". So teilten sie sich also auf.
Rotzbakke und Taffnuss eilten dem fremden Mädchen direkt hinterher. Irgendwann hielt Astrid kurz bei einem Baum, um Luft zu holen. Plötzlich trat Hicks aus seinem Versteck hervor, in dem er ihr aufgelauert hatte. Sie wollte schon in die andere Richtung verschwinden, da tauchte Taffnuss vor ihr auf. Und auch Rotzbakke kam nun herbeigelaufen. „Ist das alles?", fragte dieser enttäuscht. „Wie du siehst, mehr ist es nicht", antwortete Taff. „Das ist ja ein kleines Mädchen", erkannte Hicks, der sich neben seine Freunde stellte. „Ein Hühnchen ohne Federn", setzte der Blonde nach und die Jungen mussten lachen. Hicks wollte näher zu dem Mädchen und streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie schlug sie weg und wuschelte ihm durch die Haare.
'So leicht werde ich es dir nicht machen', bestimmte Astrid für sich.
„Sieh mal einer an, sie will mit uns raufen", war Hicks überrascht. „Vielleicht möchte sie auch gern den Po versohlt kriegen", schlug Rotzbakke vor. „Oder lieber ins Gestrüpp fliegen", war Taff der Meinung. „Da könnt ihr warten bis ihr schwarz werdet, Hohlköpfe", streckte Astrid ihre Zunge raus und lief schnell hinfort. „Oh, gleich kannst du was erleben!" - „Grünschnabel!" - „Dir zeigen wir's!", schnell nahmen die Jungen wieder die Verfolgung auf. Doch nach einer Weile gelangte Astrid zu den Drachen der drei Jungen. „Ihr werdet doch nicht mit einem kleinen Mädchen raufen wollen, drei Männer wie ihr", rief sie den näherkommenden Wikingern zu und schwang sich schnell auf den Nachtschatten. „Spring ab, er wirft dich sonst runter", warnte man sie, doch sie hörte nicht. Schnell flog sie hinfort. „Komm sofort zurück", sagte Hicks. „Du wirst nicht weit kommen", meinte Taffnuss. „Das nimmt ein schlimmes Ende, an den Drachen geht nicht mal der Stallmeister dran", erinnerte sich Rotzbakke. „So ein verrücktes, dummes Mädchen", stieß Hicks seine Armbrust in den Schnee. Allerdings kam er nicht umhin, ihren Mut und ihre kecke Art zu bewundern. Astrid jedoch flog trotz der Warnungen einfach weiter. „Los, hinterher", befahl der Braunhaarige nun und stieg auf den Riesenhaften Alptraum. Taffnuss stieg auf seinen Drachen auf und Rotzbakke lief zu Fuß.
Astrid war bereits bei ihrem eigenen Drachen angelangt. „Flieg zu deinem Reiter, los!", befahl sie dem Nachtschatten, nachdem sie abgestiegen war. Dieser flog auch brav hinfort und die Blondine stieg auf ihren Nadder auf und flog endgültig weg. Ohnezahn kehrte wieder zurück zu seinem eigentlichen Reiter. „So eine Wilde", murrte Rotzbakke. „Ach, eine Tracht Prügel verdient sie", fand Taffnuss. „Eher einen Orden, meine Freunde! Dafür, dass sie uns so reingelegt hat", war Hicks der Meinung. Damit stieg er von dem Alptraum und ging zu seinem eigenen Drachen. Irgendwie hatte das Mädchen etwas, das musste er sich insgeheim eingestehen. „Hicks!", ertönte Kotzbakkes Stimme plötzlich aus der Ferne. „Jungs, was tut ihr mir an!?", beklagte er sich, während er neben seinem Drachen durch den tiefen Schnee stapfte. „Ab in den Wald", flüsterte Hicks seinen Freunden zu und schnell waren alle auf ihren Drachen und flogen in den Wald hinein, fort von ihrem Lehrer.
Im Dorf machten sich Haudrauf und seine Frau eben wieder auf den Weg. Sie gingen zu ihrem Wagen, wobei Mala neben ihnen herlief. „Chef, ich kann gar nicht sagen, wie unsäglich wir uns auf auf dich gefreut haben, so wie auch auf deine gnädige Frau Gemahlin, so wie auch auf deinen Sohn" - „So wie auch auf das ganze Gefolge und so weiter und so weiter", beendete Haudrauf ihre Rede. „Herzlichen Dank", er ergriff einen Becher, den Raffnuss ihm lächelnd brachte. „Meine Tochter Raffnuss konnte vor Aufregung gar nicht schlafen. Und der Nachfolger hat nicht geruht diesmal mit vorbeizusehen?", erkundigte sie sich dann. „Aber ja, ja, er hat geruht. Aber er hat sich auf der Reise bei dem Studium der Schönheiten der Natur aufgehalten", beschönigte Haudrauf es. „Das ganze Jahr haben wir uns so auf den Tag gefreut, an dem du an unserem untertänigsten Dorf vorbei nach Berk fahren wirst. Einmal hab ich sogar davon geträumt, du hättest uns zum Ball eingeladen. Meine Raffnuss und meine Wenigkeit. Ein so lebhafter Traum ist das gewesen. Du hast gesagt, komm nur liebe Raffnuss, wir werden dich sehr gerne sehn. Hmm!?", forderte Mala den Häuptling indirekt auf. Dieser hatte es natürlich schon längst verstanden und schaute zu seiner Frau, die ihm nur leicht zunickte. „Wir würden euch sehr gerne sehen", sprach Haudrauf dann. „Mit Vergnügen. Dank, für die Gastfreundschaft", fügte Valka hinzu. Dann stieg sie in den Wagen: „Fahr'n wir weiter". Haudrauf nahm neben ihr Platz und gab das Handzeichen zum Aufbruch. „Ab", fügte er noch hinzu.
„Chef, das ist für uns eine unsägliche Ehre", daraufhin verbeugte sich Mala nochmals. Und wieder machte Raffnuss das Verhalten ihrer Mutter nach. Schon setzte sich der Häuptlingszug in Bewegung. „Nun, das wär geschafft. Man kann ja schließlich nicht wissen, ob du nicht jemandem unter so vielen Herrschaften ins Auge fallen wirst. Vielleicht sogar dem Häuptlingssohn", freute sich Mala. Raffnuss freute sich schon jetzt bei dieser Vorstellung, weshalb sie kicherte. „Na, so hässlich bist du doch nicht", meinte es ihre Mutter. „Ha ha", brachte Raff nur ein gequältes, unechtes Lachen hervor.
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