... Drei Enden
Wie sich vielleicht am Titel erahnen lässt, ist dies ein OS mit mehreren Enden. Es liegt also ganz in eurer Macht auszusuchen, welchen Schluss ihr haben wollt! Um zu bestimmen wie die Geschichte ausgehen soll, könnt ihr zwischen folgenden Möglichkeiten wählen:
Option 1: „Haudraufs Fehltritte sind unverzeihlich! Das bei Hicks wiedergutzumachen verlangt nach einem drastischen Opfer"
Option 2: „Man kann Hicks doch nicht jetzt schon wieder von seinem eben erst gefundenen Vater trennen! Valka hingegen hatte schon genug Zeit mit ihrem Sohn, sie ist entbehrlich"
Option 3: „Gehts noch!? Gönn' unserm armen Hicks doch mal ne Pause und lass ihm verdammt nochmal seine Eltern!"
Nun bleibt einzig die Frage: Für was entscheidet ihr euch?
Hicks war bereits auf dem Weg zu Ohnezahn, um die Insel schleunigst zu verlassen. Jedoch gelang es seinen Freunden gerade noch rechtzeitig, ihn kurz vor seinem Ziel abzufangen. Umgehend hatte Hicks ihnen versichert, dass es ihm gut ging, obwohl das natürlich eine glatte Lüge war. Niemals würde er zugeben, wenn es ihm schlecht ging. Vermutlich würde er selbst nach einem Nahtoderlebnis noch sagen, dass er okay war. Aber so war Hicks eben, er wollte nicht, dass andere sich um ihn Sorgen machten. Er wollte sie schließlich nicht mit seinen Problemen belasten. Während Fischbein und Astrid ihn nur ungläubig musterten und sich damit erhofften, dass er auf ihre stille Aufforderung reagieren und seine wahre Gefühlslage offenlegen würde, interessierten sich Rotzbakke und die Zwillinge viel mehr für die verheimlichte Vergangenheit ihres Freundes. „Also, wie kann es sein, dass du in einem Drachennest lebst, wenn du eigentlich ein Dorf hast?", wollte Raffnuss interessiert wissen. „Und wie kann es sein, dass dein Vater ein Häuptling ist? Ich dachte, er wäre Händler", wunderte sich ihr Zwillingsbruder. „Dieses Gerücht haben wir doch selbst in die Welt gesetzt, damit sich keiner über seine ständigen Besuche wundert", erklärte Fischbein dem verwirrten Thorston. „Also, Hicks, wieso hast du uns nie gesagt, dass du irgendwann ein mächtiges und einflussreiches Oberhaupt sein wirst?", hakte Rotzbakke erneut nach. „Das werde ich nicht! Ich werde die Thronfolge nicht antreten", sträubte sich Hicks gegen diese Zukunftsaussichten, um die ihn der Schwarzhaarige offenbar beneidete. Wenn es nach Hicks ginge, dann könnte Rotzbakke die Herrschaft gern anstelle seiner übernehmen. Er wollte mit seiner Geburtsinsel absolut nichts mehr zu tun haben. Er war glücklich mit dem Leben das er führte. Er hatte alles, was er brauchte und wollte. Und ganz plötzlich platzte sein Vater wieder in sein Leben und brachte sofort alles durcheinander, was Hicks sich mühevoll aufgebaut hatte.
Nachdem die Fragen seiner Freunde weiterhin zunahmen, sah der Junge sich schließlich dazu genötigt, von den ganzen schmerzlichen Erinnerungen seiner Kindheit zu erzählen, welche er bisher keinem außer seiner Mutter und Ohnezahn anvertraut hatte. „Das ist alles?" - „Du bist abgehauen, weil dein Vater dich ein einziges Mal geschlagen hat?", begegnete er bei den Zwillingen auf wenig Verständnis. „Hast du ne Ahnung, wie oft mir mein Vater als Disziplinierungsmaßnahme eine Tracht Prügel erteilt hat? Und nur weil deiner es ein Mal getan hast gibst du gleich dein Geburtsrecht auf?", erging es ihm bei Rotzbakke nicht viel besser. „Ich finde, er hat das Richtige getan. Mit häuslicher Gewalt ist nicht zu spaßen! Eine Ausnahme kann sich schneller zum Alltag entwickeln als man denkt. Und keiner sollte in Angst leben müssen, dass man von jemandem verprügelt wird, sobald man mal einen kleinen Fehler macht", stellte sich Fischbein verständnisvoll auf Hicks Seite. „Es ging mir auch nicht allein darum, dass er mir eine Ohrfeige verpasst hat. Generell hat er mir immer klar gemacht, was ich für eine Enttäuschung für ihn bin. Ich war ein Außenseiter, der niemals akzeptiert worden wäre. In meinem Dorf wurde ich von keinem gemocht. Von den Kindern meines Alters wurde ich ausgeschlossen und beschimpft und wenn ich meinem Vater davon erzählt habe, da war es ihm egal. Er hat mich nie unterstützt und wollte mich immer zu jemandem machen, der ich einfach nicht bin. Er hat so viele Erwartungen an mich gestellt, denen ich so sehr ich es auch versucht habe nicht gerecht werden konnte. Ich musste fort. Ich hab dieses Leben nicht mehr ausgehalten", senkte der Braunhaarige bekümmert seinen Kopf, als er an seine traurige Kindheit auf Berk zurückdachte.
„Das tut mir so leid, Hicks. Wieso hast du uns das nie gesagt?", bemitleidete Astrid ihren Freund. Sie konnte nicht verstehen, warum ausgerechnet der kluge, erfinderische und liebenswerte Hicks so furchtbar von seinem eigenen Dorf behandelt worden war. Diese Ausgrenzung musste eine unglaubliche psychische Belastung für den jungen Hicks dargestellt haben. Natürlich war die Ansicht, dass Drachen Freunde waren äußerst gewagt, wenn man bedachte, wie traditionell ihre Dörfer die Drachenjagd betrachteten. Dennoch sollte ein siebenjähriges Kind nie so behandelt werden. „Weil es der Vergangenheit angehört. Ich hab es hinter mir gelassen", meinte Hicks knapp. „Sieht für mich nicht so aus. Immerhin hat dich die Begegnung mit deinem Vater ziemlich aufgewühlt", war Raffnuss gegenteiliger Ansicht. „Natürlich hat es das! Er taucht plötzlich auf und bringt mein ganzes Leben durcheinander. Da ist es doch nicht verwunderlich, dass mich das aufwühlt", erachtete Hicks seine Reaktion als verständlich. „Schon, aber wenn du wirklich mit ihm abgeschlossen hättest, dann würde es dich nicht so beschäftigen, wie es das offensichtlich tut", wandte der männliche Zwilling ein. „Wir können praktisch sehen, wie in deinem Kopf tausende von Gedanken herumschwirren", musste die junge Hofferson mit einem bedauernden Lächeln zustimmen. „Vielleicht solltest du dich mit deinem Vater aussprechen? Eine Aussprache kann sehr heilend wirken und einem dabei helfen zur inneren Ruhe zu gelangen", schlug Fischbein vor. „Ja, du solltest wegen diesem kleinen Vorfall nicht die Thronfolge hinschmeißen ... Ich meine, du solltest dir davon nicht die Beziehung zu deinem Vater verderben lassen", stimmte Rotzbakke zu.
Da Hicks wusste, dass sich seine Freunde nicht geschlagen geben würden, begab er sich trotz großer Zweifel ins Dorf zurück und suchte die Aussprache mit seinem Vater. Es dauerte nicht lange, da fand er ihn und sie zogen sich in eine Gasthütte zurück, um ein privates Gespräch zu führen. Obwohl das Wort 'privat' hinsichtlich der Lautstärke, die bei der Unterhaltung verwendet wurde, eine sehr ausgedehnte Bedeutung erhielt. Nachdem schließlich alle Vorwürfe vorgetragen - oder eher vorgebrüllt - waren, hatte sich der Tonfall geändert und die Aussprache schlug eine zivilisierte und verständnisvolle Richtung ein. Es dauerte geschlagene Stunden bis das Gespräch beendet war. Doch es war nicht umsonst gewesen. Hicks hatte sich letztlich dazu durchgerungen seinem Vater die vergangenen Fehltritte zu verzeihen und ihm eine zweite Chance zu geben. Um diese glückliche Wiedervereinigung zu besiegeln willigte Hicks gezwungenermaßen ein, mit Haudrauf nach Berk zu segeln und seinem alten Zuhause einen Besuch abzustatten. Jedoch verschwieg er seinem Vater seine momentane Lebenssituation und ließ ihn in dem Glauben, bei seinen Freunden beheimatet zu sein.
Bereits am nächsten Morgen stachen die drei Berkianer in See. Während Haudrauf das Schiff steuerte versuchte Hicks wieder an seine alte Beziehung zu Grobian anzuknüpfen, was ihm wesentlich besser gelang als die mit seinem Vater wiederherzustellen. Gelegentlich warf Hicks einen Blick in den Himmel, in welchem er bei genauer Betrachtung Ohnezahn entdecken konnte, welcher ihm brav in sicherer Entfernung folgte. Gegen Mittag saß Hicks mit seinem Vater zusammen und aß etwas von den Vorräten, während Grobian das Steuer übernahm. Bald brach Haudrauf die vorherrschende Stille zwischen ihnen und räusperte sich. „Mein Sohn, ich bin wirklich froh, dass du mir verziehen hast und mich nach Berk begleitest. Es hat dich freilich Überwindung gekostet. Ich weiß, ich war in der Vergangenheit nicht der beste Vater, aber in Zukunft wird sich das ändern. Von nun an musst du nicht mehr alleine sein. Früher habe ich dich stets vernachlässigt, doch das hat ab sofort ein Ende. Ich werde für dich da sein, das verspreche ich dir", versicherte Haudrauf seinem Jungen und legte zur Bekräftigung seiner Worte eine Hand auf die Schulter des Braunhaarigen. „Es wird dauern, bis ich dir vertrauen und dich gänzlich in mein Leben lassen kann. Aber ich hoffe sehr, dass eines Tages nichts mehr zwischen uns stehen wird", wollte Hicks nicht leugnen, dass es ein langer Weg sein würde, dennoch schenkte er ihm ein kleines, hoffnungsvolles Lächeln. Haudrauf nickte verstehend. Er konnte die Vergangenheit nicht ändern und eine kaputte Beziehung war nun einmal schwerlich wieder aufzubauen. Vielleicht würde ihre Vater-Sohn-Beziehung nie ganz gekittet werden können, doch er wollte alles daran setzen, es zumindest zu versuchen.
Als schließlich die Nacht einbrach zog ein schlimmer Sturm auf. Die See war mit einem Mal rau und unruhig. Die hohen Wellen schwappten immer öfter an Bord. Haudrauf versuchte angestrengt das Schiff auf Kurs zu halten, während Grobian und Hicks damit beschäftigt waren, das hereingeschwappte Wasser mithilfe von Eimern wieder von Bord zu bekommen. Nach einigen mühsamen Stunden, die sie durchgehalten hatten, sahen sie endlich Licht am Horizont. Bald würden sie den Sturm hinter sich lassen können. Doch kurz bevor sie es aus dem Gewittergebiet rausschafften, traf eine enorme Welle auf das Schiff und Hicks, welcher gerade einen Eimer über die Reling kippen wollte, konnte sich nicht mehr rechtzeitig festhalten und fiel über Bord. Sogleich wurde er von der tobenden See empfangen und von den heftigen Wellen überschwemmt. Doch Hicks brauchte sich keine ernsthaften Sorgen zu machen, denn kurz nachdem er untergetaucht war, kam ihm sein schuppiger Begleiter zur Hilfe und fischte ihn schnellstens aus dem eisigen Wasser. „Danke, Kumpel", keuchte der Junge, sobald er sicher auf dem Rücken seines Drachens saß. Ohnezahn, welcher ebenfalls erkannt hatte, dass sie die Sturmfront hinter sich lassen könnten, beschleunigte in Richtung des Lichtes. „Wir können das Schiff nicht zurücklassen", sträubte sich der Junge jedoch. Dem Drachen gefiel das nicht besonders, da er kein Fan der plötzlichen Wiedervereinigung von Vater und Sohn war. Nichtsdestotrotz gehorchte er seinem Freund.
Ohnezahn drehte daher erneut um und ergriff ein im Sturm wirbelndes Seil, welches am Mast befestigt war. Das Seil fest in den Klauen haltend zog er das Schiff, sodass sie alle schneller aus dem Sturmgebiet kamen. Die Beschimpfungen der an Bord befindlichen Wikinger ignorierte das Duo dabei gekonnt. Haudrauf konnte bei den gegebenen Umständen nicht sehen, dass sein Sohn auf dem schwarzen Monster saß, welches eigentlich half und nichts Böses im Sinn hatte. Dementsprechend versuchte er in typischer Drachentötermanier Bolas und andere Waffen nach dem vor dem Schiff fliegenden Geschöpf zu werfen, welches sie vermeintlich von seinem im Wasser versinkenden Sohn wegzerrte. Doch der starke Wind und das Schaukeln des Schiffes verhinderten glücklicherweise einen erfolgreichen Treffer. Erst als sie den Sturm hinter sich gelassen hatten und die See allmählich wieder ruhiger wurde und kein Regen mehr auf sie niederprasselte ließ Ohnezahn das Seil los. Gerade rechtzeitig, bevor sich die von Haudrauf geworfene Bola um seine Beine hatte schlingen können. Der kampfbereite Häuptling wollte schon einen neuen Versuch starten, als das schwarze Tier herabsauste und vor ihm landete. Erstaunt erkannten Haudrauf und Grobian nun, dass sich Hicks auf dem Rücken des Drachens befand.
„Hicks? Was bei Thor!?", verstand Haudrauf die Welt nicht mehr. „Bei meiner Unterhose, ein Nachtschatten!", staunte der Dorfschmied. „Keine Sorge, er tut euch nichts! Das ist Ohnezahn", stellte Hicks seinen Drachenfreund vor, als er von dessen Rücken abstieg. „Du hast einen Nachtschatten unterworfen?", stieg Stolz in seinem Vater auf. „Unterworfen? Nicht doch, ich habe ihn gezähmt!", stellte der Junge richtig. „Gezähmt? Was soll das bedeuten?", wusste Grobian mit diesem Begriff nichts anzufangen. „Ich habe mich mit ihm angefreundet und eine Beziehung zu ihm aufgebaut, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen beruht", erklärte der Drachenreiter lächelnd. „Du hast dich mit einem Drachen angefreundet? Du hast wegen ihm Berk verlassen?!", mutmaßte Haudrauf zornig. „Ja, das habe ich. Und ich habe nicht wegen ihm Berk verlassen, sondern wegen dir!", konterte Hicks. „Auf ihm bist du also von der Insel gekommen, ohne eine Spur zu hinterlassen?", vermutete Grobian. „Ich bin auf einem Drachen von der Insel geflogen, ja", kratzte sich Hicks nervös am Hinterkopf. Er wollte ihnen lieber noch nichts davon erzählen, dass an jenem Tag seine totgeglaubte Mutter, mit welcher er glücklich zusammenlebte, aufgetaucht war und ihn auf ihrem Drachen mitgenommen hatte. Dafür vertraute er ihnen einfach noch nicht genug.
„Und dann bist du auf die Insel der Freya gezogen?", schloss sich für Haudrauf der Kreis. „Nein, ich lebe eigentlich in einem Drachennest. Aber ich komme oft zu Besuch in das Dorf", entschied sich Hicks dafür in dieser Hinsicht nicht weiter zu lügen. „In einem Drachennest? Wie ist das möglich? Selbst wenn man es finden würde, würden die vielen Drachen, die darin leben einen umbringen", glaubte Haudrauf diese Information nicht. „Es mag deine Vorstellungskraft übersteigen, aber Drachen sind in Wahrheit keine hinterhältigen und mordlustigen Wesen. Sie sind wesentlich verständnisvoller und hilfsbereiter als so mancher Wikinger. Und es ist wirklich keine Schwierigkeit ein Drachennest zu finden, wenn man einen Drachen hat, der einem den Weg zeigen kann. Also kannst du mir durchaus glauben, wenn ich sage, dass ich seit 10 Jahren friedlich mit ihnen zusammenlebe", wehrte der Junge diese falschen Behauptungen gekonnt ab. „So ist das also", erkannte Haudrauf voller Bitterkeit. „Ja, so ist es. Und wenn du was gegen Ohnezahn hast, dann können wir gerne wegfliegen? Denn anders als du war er immer für mich da und hat mir bedingungslos seine Zuneigung geschenkt", bot er an. „Nein, ich will nicht, dass du gehst. Dein Drache kann wenn es sein muss an Bord bleiben. Aber sorg dafür, dass er sich benimmt. Wir segeln weiter", ging der Rothaarige nicht auf diesen Vorschlag ein. Stattdessen begab er sich ans Steuer und nahm den gewünschten Kurs auf. Unterdessen ließ sich Grobian mehr über Hicks Leben mit den Drachen berichten, obwohl er noch skeptisch gegenüber dem Nachtschatten war, welcher objektiv gesehen ganz brav dalag und versuchte ein wenig zu schlafen.
Die restliche Fahrt verlief ohne weitere Vorkommnisse und die Stimmung an Bord hätte man fast schon als friedlich bezeichnen können. Jedoch dauerte die Reise Hicks Meinung nach ungewöhnlich lange. Sie waren inzwischen schon gut eine Woche unterwegs. Allerdings musste der junge Reiter einsehen, dass er es gewöhnt war auf Drachen zu reisen und es ihm deswegen wohl so viel länger vorkam. Haudrauf war wie so häufig am Steuer des Schiffes, während unweit von ihm Grobian und Hicks am Heck des Schiffes saßen und sich angeregt unterhielten. Die Stimmung war sehr ausgelassen und teilweise war Gelächter zu vernehmen. Plötzlich horchte Ohnezahn, der vor wenigen Minuten noch friedlich am Bug des Schiffes geschlafen hatte, auf und schaute sich verschreckt um. Als Hicks schließlich auf das komische Verhalten seines Freundes aufmerksam wurde, unterbrach er umgehend das Gespräch mit dem Schmied und eilte zu seinem Drachen. „Was hast du denn, Kumpel?", wollte er besorgt wissen. Doch der Nachtschatten schüttelte nur seinen Kopf. Bevor seine Ohrplatten nach oben schnellten und er alarmiert seinen Kopf wendete. Sogleich folgte der Junge dem starren Blick seines Drachens. Zuerst konnte er aufgrund des dichten Nebels nichts erkennen, doch wenig später tauchte vor ihnen eine ihm unbekannte Insel auf. „Wo sind wir hier?", murmelte Hicks verwirrt. „Endlich! Nach so vielen Jahren", war Haudrauf begeistert über diesen Fund. Hicks blickte kurz zu seinem Vater, welcher jedoch an ihm vorbei schaute. Auch als er zurück zu Ohnezahn sah waren dessen Augen starr auf den eben im Nebel aufgetauchten Vulkan gerichtet. Absolut verunsichert kehrte Hicks zu Grobian zurück, um diesen zu befragen, was das alles zu bedeuten hatte. Schließlich bezweifelte er, dass es sich hierbei um Berk handelte, denn so sehr konnte sich seine Geburtsinsel nicht verändert haben. Doch Ohnezahn zu verlassen sollte sich schon sehr bald als großer Fehler entpuppen!
Einige Minuten lang versuchte Hicks erfolglos nützliche Informationen aus dem Dorfschmied herauszubekommen. Doch dieser wich jeder Frage gekonnt aus und antwortete sehr wage. Gerade als der Braunhaarige erneut zu einer Befragung ansetzen wollte, vernahm er ein wütendes Fauchen. Natürlich erkannte er sofort, dass dieses Geräusch nur seinem geliebten Nachtschatten zuzuordnen war. Obwohl Grobian noch versuchte ihn vom Nachschauen abzuhalten, stürmte er fort. Und was er einige Meter vom Boot entfernt sah erschütterte ihn zutiefst. Ohnezahn lag hilflos in Seilen eingeschnürt am steinigen Boden der Insel und Haudrauf richtete ein Schwert auf den Hals des Nachtschattens. „Aufhören! Was tust du denn da?!", konnte Hicks nicht verstehen, was in seinen Vater geraten war. „Bleib zurück!", wies Haudrauf seinen Sohn streng an. Tatsächlich stockte Hicks und wartete auf eine Erklärung, die ihm jedoch vorenthalten wurde. „Los, Drache! Spreng den Felsen!", befahl der Häuptling an Ohnezahn gerichtet, wobei er das Schwert leicht gegen die schuppige Drachenhaut drückte. Doch Ohnezahn starrte ihn nur mit einem Todesblick an und fletschte seine Zähne. Das ließ Haudrauf keinen Zweifel daran, dass der Drache lieber sterben würde als einen Befehl von ihm auszuführen. „Lass ihn in Ruhe!", ertrug Hicks es nun nicht länger und wollte sich zwischen seinen Vater und seinen Drachen stellen, doch kaum hatte er einige Schritte auf das Duo zugetan, schwenkte Haudrauf seine Waffe zu dem Jungen, um diesen auf Abstand zu halten.
„Ich sagte, du sollst zurück bleiben!", keifte Haudrauf, wobei die Schwertspitze auf Hicks zeigte. Sofort stockten die Bewegungen des Jungen und er schaute seinen Vater mit weit aufgerissenen Augen an. Auch Ohnezahns Augen weiteten sich und er brüllte bedrohlich, wobei man dennoch heraushören konnte, dass ein Funken Angst mitschwang. Da verstand der Häuptling, dass der Drache mehr um Hicks Leben als um sein Eigenes besorgt war. „Spreng den Felsen!", wiederholte Haudrauf erneut seine Forderung, doch diesmal hielt er die Schwertspitze noch näher an den Hals seines eigenen Kindes. Umgehend gab der Nachtschatten ein gequältes Wimmern von sich. „Das kannst du nicht tun, ich bin dein Sohn!", zog Hicks schockiert die Luft ein. „Du hast mich für diese geschuppten Bestien verlassen. Du hast dich diesen Kreaturen verschrieben. Du bist kein Wikinger ... Du bist nicht mein Sohn!", entgegnete Haudrauf voller Abscheu. Selbst Grobian, welcher zwar in den Plan seines Freundes eingeweiht gewesen war, aber gewisse Zweifel diesbezüglich hegte, fand diese Worte zu harsch. Dennoch blieb er einige Meter von den Streitenden entfernt stehen und hielt sich schweren Herzens aus dieser Angelegenheit raus.
„Dann war alles, was du in den letzten Tagen gesagt hast eine Lüge?! Du hast mich bloß ausgenutzt, damit mein Drache dich zu dem Drachennest führt!? Du hast mich hintergangen!" war Hicks maßlos enttäuscht von seinem Vater, zu dem er gerade wieder Vertrauen gefasst hatte. „Ich tue das hier für Berk! Wenn ich das Nest zerstöre, wird unser Dorf endlich von den Angriffen dieser Monster erlöst sein", stellte das Oberhaupt klar. Obwohl man es ihm äußerlich nicht ansah, fiel es ihm alles andere als leicht seinen Sohn erneut zu enttäuschen und ihn zu bedrohen. Doch es musste sein. Nur so konnte er den Nachtschatten dazu bringen ihm zu gehorchen und sein Volk beschützen, denn ihm war klar, dass er auf Hicks freiwillige Mithilfe nicht bauen konnte. „Huh, das war so klar. Wie konnte ich nur denken, dass ich dir auch nur im Entferntesten etwas bedeute!? Alles, was für dich je gezählt hat, war Berk! Ich war dir doch nie wichtig! Wie naiv von mir zu glauben, dass du mich all die Jahre über tatsächlich vermisst hättest und es nun wirklich wiedergutmachen willst", brachte der gekränkte Drachenreiter mit Tränen in den Augen hervor. Beschämt wendete Haudrauf seinen Blick ab. Er konnte seinem Sohn nicht in die Augen sehen, so sehr schämte er sich. Doch nun war es zu spät. Er gab kein Zurück mehr. Er musste das jetzt durchziehen. „Wie sieht es aus, Drache?", wollte er mit ernster Stimme erfahren. Verzweifelt schaute Ohnezahn zu seinem Reiter, bevor er demütig seinen Kopf senkte, um seine Entscheidung bekannt zu geben. Noch ehe Hicks protestieren konnte, richtete er sein glühendes Maul auf den Felsen und ergab sich dem Befehl des Wikingers. Es brauchte lediglich drei Plasmaschüsse und schon brach die Felswand auf. Fluchtartig strömten die verschiedensten Drachenarten aus dem freigelegten Tunnel und verschwanden. Zufrieden senkte Haudrauf sein Schwert und Hicks eilte zu seinem Drachen, um diesen von den Fesseln zu befreien.
„Was für feige Drachen! Wikinger würden sich dem Kampf stellen und nicht schändlich das Weite suchen", verhöhnte Haudrauf die hastig fliehenden Geschöpfe. „Das kann nicht dein Ernst sein!? Drachen sind wesentlich schlauer, da sie nicht einfach grundlos einen Kampf anzetteln wie du es eben getan hast. Davon abgesehen kannst du wirklich froh sein, dass sie nicht angreifen, denn gegen so viele Drachen hättet ihr alleine überhaupt keine Chance gehabt! Aber nun hast du ja erreicht, was du wolltest. Daher würde ich euch dringend empfehlen von hier zu verschwinden", riet Hicks verächtlich. „Vielleicht war der Plan wirklich nicht bis zum Ende durchdacht. Aber wieso sollten wir jetzt gehen? Die Drachen sind bereits weg", gab Grobian zu, dass sie im Falle eines Kampfes unterlegen wären, verstand jedoch die eindringliche Warnung nicht. „Die Gefolgsdrachen sind inzwischen fort, doch jedes Nest hat auch noch einen König! Und gemessen an der Reaktion seiner Untertanen habt ihr eben einen unverzeihlichen Fehler gemacht", deckte Hicks auf, der längst begriffen hatte, dass das noch nicht alles gewesen war. „Einen König? Was für ein König soll das bitte sein?", lachte Haudrauf, der die Ernsthaftigkeit der Situation maßlos unterschätzte. Wie aufs Stichwort begann plötzlich der Boden zu beben und kurz darauf brach ein gigantischer Drache aus dem Vulkan heraus und schaute sich mit vor Wut lodernden Augen um. „So ein König", meinte Hicks nur kühl mit Blick auf den Giganten.
Option 1: „Haudraufs Fehltritte sind unverzeihlich! Das bei Hicks wiedergutzumachen verlangt nach einem drastischen Opfer"
Sogleich gurrte Ohnezahn leise, um nur die Aufmerksamkeit seines Reiters, aber nicht die des riesigen Drachens zu erregen. Hicks nickte daraufhin mit dem Kopf und stieg auf den Rücken seines Freundes. „Wo gehst du hin? Du willst doch wohl nicht verschwinden!?", fürchtete Grobian, als er sah, dass Hicks ebenfalls die Flucht ergreifen wollte. „Doch, genau das werde ich tun. Denn das ist das einzig Vernünftige", bestätigte er die Vermutung. „Du kannst uns nicht alleine mit diesem Monster zurücklassen", beschwerte sich Haudrauf. „Und wie ich das kann, das wirst du schon sehen", kündigte Hicks wütend an. „Aber ohne dich sind wir chancenlos", warf Grobian ein, der entgegen seiner gelassenen und furchtlosen Fassade innerlich von Panik und Reue zerfressen wurde. „Das hättet ihr euch früher überlegen müssen, bevor ihr diesen Drachenkönig aufgeschreckt habt", zeigte sich der Junge weiterhin abweisend. „Hicks, mein Sohn, du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen. Ich bin dein Vater", versuchte Haudrauf es, der mittlerweile die Aussichtslosigkeit, diesen Kampf zu überstehen, begriff. „Ach, jetzt bin ich plötzlich wieder dein Sohn, was!? Wie kannst du es wagen, nachdem du mich ausgenutzt, beschimpft und sowohl mein als auch das Leben meines Drachens bedroht hast, zu erwarten, dass ich dir jetzt noch helfe?! Du hast kein Recht noch irgendetwas von mir zu erwarten!", ließ Hicks seine ganze aufgestaute Abscheu raus, bevor er endlich auf Ohnezahn abhob und wegflog.
Mit schnellen Flügelschlägen entfernte sich Ohnezahn immer weiter von der Vulkaninsel. „Nicht umdrehen. Nicht umdrehen. Nicht umdrehen", redete sich Hicks dabei selbst ein. Doch er verlor den inneren Kampf gegen sein Gewissen und schaute zurück. Sowie er erblickte, dass der Drachenkönig das Schiff mit seiner Schwanzkeule zerschmettert hatte und die zwei dort befindlichen Wikinger nun ohne Fluchtmöglichkeit waren, schrie er seine angestaute Wut heraus und befahl Ohnezahn erneut zu wenden. „Wieso um alles in der Welt tue ich das? Ich muss den Verstand verloren haben!", war der Drachenreiter genervt von seiner eigenen Entscheidung. Obwohl er wusste, dass sein Vater es sich selbst eingebrockt hatte und er mit seinen Taten jedes Anrecht auf Hilfe von ihm verspielt hatte, er konnte sich nicht dazu bringen sie im Stich zu lassen. Er konnte es einfach nicht mit sich selbst vereinbaren, wenn er sie auf der Insel ihrem sicheren Tod überlassen würde. So wie sich der Rote Tod herunterbeugte, um die beiden Wikinger am Boden zu verschlingen, feuerte Ohnezahn einen Plasmastrahl auf das Ungetüm ab. „Hicks, du bist wieder da", freute sich Grobian, als der Nachtschatten neben ihnen landete. „Ich wusste, dass du zu uns zurückkommen würdest", war Haudrauf sichtbar erleichtert. „Glaub mir, ich bereue es jetzt schon. Also wie lautet der Plan?", erkundigte sich Hicks. „Warum feuerst du nicht einfach einige Schüsse auf dieses Vieh ab?", schlug Grobian vor. „Das geht nicht, Ohnezahn hat nur sechs Schüsse. Und dank eurer bescheuerten Aktion, den Vulkan aufzubrechen und dem Treffer eben, hat er jetzt nur noch Zwei übrig. Das reicht keinesfalls aus, um einen Drachen seiner Größe außer Gefecht zu setzten", musste Hicks ihn da enttäuschen. „Dann bleibt uns wohl nur ein klassischer Wikinger gegen Drache Kampf", beschloss Haudrauf, der mit erhobenem Schwert und Kriegsgebrüll auf das Monster zulief. „Alles klar, Chef", folgte Grobian seinem Freund mit erhobener Axt-Prothese. „Wir sind geliefert", schüttelte Hicks verzweifelt seinen Kopf. Nichtsdestotrotz tippte er Ohnezahn kurz auf den Rücken, woraufhin sich dieser in die Luft erhob und den Wikingern in die aussichtslos erscheinende Schlacht folgte.
Während Haudrauf und Grobian verzweifelt und vergeblich versuchten den Roten Tod mit ihren Waffen zu verwunden, flog Ohnezahn vor dem Kopf des Königs umher und lenkte ihn ab. Oft entging das Flugduo nur knapp den scharfen Zähnen und heißen Feuerstößen des Giganten. „Wie sieht es da unten aus? Irgendwelche Schwachstellen?", erkundigte sich Hicks. „Sinnlos. Die Haut ist zu dick", erklang die Antwort des Dorfschmiedes. „Hast du dort oben irgendwelche Fortschritte gemacht?", gab Haudrauf die Frage zurück und wich in letzter Sekunde noch dem stampfenden Tritt des Roten Todes aus. „Auch keine. Das Vieh hat noch nicht einmal einen Toten Winkel", gab der Drachenreiter, welcher von den drei Augenpaaren seines Gegners gemustert wurde, entmutigt zurück. „Wir brauchen dringend eine funktionierende Taktik oder wir finden uns bald in Valhalla wieder", erkannte Grobian, dem langsam aber sicher die Kraft ausging. „Urg, ich hasse diese verdammte Schwanzkeule! Die kann mehr Schaden anrichten als jedes Katapultgeschoss", fluchte Hicks, welcher Ohnezahn gerade noch rechtzeitig in ein Ausweichmanöver gelenkt hatte, bevor sie getroffen werden konnten. „Da hast du wohl recht", stimmte Haudrauf zu. Kaum hatte er dies gesagt verstummte der Häuptling plötzlich und schaute sich nachdenklich um. „Was hast du vor?", wunderte sich der Schmied, als sein Freund ohne Erklärung an ihm vorbei rannte. „Ich habe einen Plan. Hicks, Grobi, ihr müsst dieses Ungetüm dazu bringen mit der Schwanzkeule nach mir zu schlagen", wies er die Beiden an und rannte zu dem Vulkaneingang, aus dem zuvor die Drachen gekommen waren. „Was? Wieso? Ich verstehe gar nichts!", war Grobian die Idee des Häuptlings schleierhaft. „Ich schon, aber das ist sehr riskant. Bist du sicher, dass du das durchziehen willst?", hegte Hicks enorme Zweifel, da er wusste, dass dieser Plan sehr gefährlich und leichtsinnig war. „Würde mich bitte mal jemand aufklären!?", forderte der Einarmige eindringlich. „Keine Zeit. Bringt den Drachen in Position! Wir ziehen das durch! Ich habe diesen Krieg begonnen und ich werde ihn beenden", war Haudrauf fest entschlossen die Aktion durchzuführen. „In was für eine Position?!", war Grobian teils verwirrt und teils genervt, dass er als Einziger darüber im Unklaren gelassen wurde, was genau geschehen sollte.
Wenig später hatte Haudrauf die gewünschte Stellung, genau vor dem freigeschossenen Höhleneingang, bezogen. Er nahm sich noch einen Moment Zeit einen sicheren Stand auf der Felsplatte zu finden, die mit lauter rutschigen Bröcklein übersät war und atmete nochmals tief ein. „Ich bin so weit", verkündete er danach. „Oh bei Thor, ich hoffe sehr, dass das klappt", betete Hicks nervös. „Hier bin ich!", provozierte Haudrauf den Roten Tod, indem er mit seinen Armen herumfuchtelte. Wie gewünscht brachte ihm dies die gewollte Aufmerksamkeit des Monsterdrachens ein. Zuerst wollte dieser einen Feuerschuss nach dem Wikinger abgeben, doch Hicks manövriert seinen Nachtschatten geschickt so, dass der Gigant sein Feuer stattdessen ihre Richtung spie. Grobian unterdessen benutzt seine Axt-Prothese, um den Riesen in den knapp über dem Boden schweifenden Schwanz zu piksen. „Na komm schon, du hässliches Monster!", schrie Haudrauf erneut. Der Rote Tod benutzte sein Maul dazu, um nach dem lästigen Nachtschatten zu schnappen, welcher vor ihm herflog wie ein nervtötendes Insekt, das um ein Stück Fleisch kreiste. Trotzdem blieben die Provokationen des rothaarigen Wikingers nicht unbemerkt. Als Grobian erneut seine Axt gegen die undurchdringbaren Schuppen des Giganten schlug, wurde der Drache dazu animiert, seine Schwanzkeule einzusetzen, um den brüllenden Wikinger loszuwerden. Genau wie geplant schlug der Riese mit seiner Schwanzkeule um sich und versuchte den Wikingerhäuptling zu treffen. Jedoch sprang dieser im letzten Moment von dem Plato hinab in den freigelegten Tunnel, sodass ihn der Angriff um Haaresbreite verfehlte. Der Schlag blieb allerdings nicht ohne Treffer, denn nun kollidierte die Keule mit voller Wucht mit der übrigen Vulkangesteinswand. Umgehend begann die untere Schicht wegzubrechen, welches eine enorme Gerölllawine auslöste, die den Roten Tod an seinen Beinen traf und zu Boden brachte.
Zusätzlich zu dem Steinrutsch bildeten sich des Weiteren enorme Risse, welche die ohnehin instabile, aber von inneren Gesteinswänden zusammengehaltene Außenwand hinaufreichten. Diese Chance ließ Hicks nicht ungenutzt und verwendete die ihm dargebotene Gelegenheit dazu, Ohnezahn anzudeuten, seine letzten zwei Plasmaschüsse zu verschießen. Diese zwei Explosionen bewirkten, dass die rissige Vulkanwand schlussendlich doch zu einem beachtlich Anteil einbrach und der Roten Tod unter den schweren Gesteinsplatten begraben wurde. Grobian war unterdessen rechtzeitig von Ohnezahn aufgepickt worden, sodass er dem rutschenden Gestein entkommen war. Als einige Minuten später alles zum Erliegen gekommen war und sich nichts mehr regte, schwebte Ohnezahn hinunter zum Boden, auf welchem er erst den Schmied absetzte, bevor er selbst landete. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf die Gesichter der Wikinger. Doch dieses hielt nicht lange, denn sie realisierten schnell, dass Haudrauf noch nicht wieder zu ihnen gestoßen war. Ihre Freude über den eben errungenen Sieg war mit einem Schlag erloschen. Schnell eilen die beiden Wikinger zu der Stelle, die vor wenigen Minuten noch ein Höhlengang gewesen war, doch nun eher einer Schotterebene glich. Nach einer kurzen Suche im Geröll wurden sie fündig. Obwohl Haudrauf unter der stabilen Felsplatte, die zuvor noch den Eingang gebildet hatte, Schutz gesucht hatte, war er von etwas kleineren Brocken eingeschüttet worden. Verzweifelt schoben die zwei Wikinger das Geröll so gut es ging beiseite, bis sie schließlich Haudraufs Oberkörper vollständig freigelegt hatten. Auf dem unteren Teil seines Körpers hingegen befanden sich einige zu große Brocken, als dass sie ein Mann mit nur einer Hand und ein Teenager hätte wegheben können.
„Nein! Nicht doch!", schüttelte Hicks ungläubig seinen Kopf, als sich der Wikinger nicht regte. „Haudrauf", murmelte Grobian niedergeschlagen. „Ohnezahn", flehte der Junge seinen Drachen an. Sogleich begann der Nachtschatten die schweren Brocken, die noch auf dem Häuptling lasteten wegzutragen. Hustend und schwer keuchend gab Haudrauf letztlich ein Lebenszeichen von sich. Aber man konnte erahnen, dass die schwere Last, die auf ihm gelegen hatte und die zu kleinen Teilen noch auf ihm lag, schmerzhafte Quetschungen und höchstwahrscheinlich schwere innere Verletzungen verursacht hatte. Hicks machte sich wieder an die Arbeit und wollte seinem Drachen dabei helfen, die letzten verbliebenen Steine von seinem Vater zu heben, doch dieser stoppte ihn. „Lass es. Es hat ... Keinen Zweck", hielt Haudrauf ihn schwer hustend auf. Er hatte bereits als die Steine über ihn hereinbrachen erkannt, dass es keine Chance auf Rettung für ihn gab. Daher bevorzugte er es, seine letzten Minuten nicht damit zu verschwenden, Geröll wegzuräumen. Alles, wonach er sich jetzt noch sehnte war, dass sein Sohn ihm in der verbleibenden Zeit beistand und ihm noch ein letztes Mal Gehör schenkte. Ohnezahn schaute mitleidvoll zu dem im Sterben liegenden Wikinger, welcher sich seinem Schicksal ergab. Er hatte ihm die Bedrohung seines Reiters keinesfalls vergeben, aber dieses Ende hatte er sich dennoch nicht für den Vater seines Freundes gewünscht. Da Ohnezahn wusste, dass Haudrauf ihn nicht mochte entschied er sich schließlich dazu, dem im Sterben liegenden Wikinger seine Ruhe zu lassen und in einiger Entfernung zu warten, bis sein Reiter wieder zu ihm stoßen würde.
Hicks unterdessen schaute seinen Vater mit Tränen in den Augen an. Ihm war bewusst, worauf es hinauslaufen würde. Und er bedauerte ungemein, dass es so gekommen war. Zwar hatte er vorhin erst entschieden, dass es keine Zukunft für ihre Beziehung gab, doch diese Art von Trennung hatte er sich keinesfalls gewünscht. Nun müsste seinem Vater ein endgültiges Lebe Wohl sagen. Aber wie könnte er das? Das Einzige, was sein Vater sich jetzt noch erhoffte, war sicherlich seine Vergebung. Doch Hicks konnte ihm keine ehrliche Absolution erteilen. Nicht nach den jüngsten Geschehnissen. Also schwieg er und wartete ab, was Haudrauf zu sagen hatte. Denn ihm zuzuhören war wohl gerade das Einzige, was er seinem Vater aufrichtig zu geben im Stande war. Inzwischen kniete Grobian ebenso wie Hicks auf dem schmutzigen Untergrund neben seinem besten Freund. Obwohl er genügen Schlachten geschlagen hatte und mit Kriegsopfern vertraut war, so schmerzte dieses mehr als sonst. Er war im Begriff seinen besten und treuesten Freund zu verlieren. Das er nichts dagegen tun konnte, um es zu verhindern lastete schwer auf ihm. Jedoch konzentrierte er sich vorerst darauf, Haudrauf das Ableben so leicht wie möglich zu machen. „Du hast es geschafft, mein Freund. Berk ist jetzt sicher. Du kannst dich nun ausruhen und sicher sein, dass es deinem Volk gut geht", versicherte Grobian ihm daher schniefend. „Danke, Grobi. Du ... Warst der beste und loyalste Freund ... Den ich hätte haben können. Danke für alles", widmete Haudrauf seinem Freund einige Worte, bevor er zu seinem Sohn schaute und mühsam seine Hand nach ihm ausstreckte. Kurz zögerte Hicks, bevor er seine kleine Hand in die Große seines Vaters legte und in dessen trüben Augen schaute, welche verrieten, dass das Leben aus ihm entwich.
„Es tut mir so unendlich Leid! Ich habe dich all ... All die Jahre so vermisst. Mein einziger ... Wunsch war es ... Alles wiedergutmachen ... Zu können. Doch ich habe alles ... Kaputt gemacht", keuchte Haudrauf mühsam hervor. Ihn verließen seine Kräfte und es war mehr als deutlich, dass sein letzter Atemzug kurz bevor stand. „Ich habe dich auch vermisst, Vater", raunte Hicks mit tränenüberströmten Wangen. Es war das Einzige, was er ehrlich erwidern konnte, denn er konnte nicht leugnen, das die jüngsten Handlungen seines Vaters fast ausschließlich Schaden angerichtet hatten. „Mein größtes Ziel ... War es ... Mich mit dir zu versöhnen und ... Ich habe es vermasselt. Ich ... Wünschte wir hätten mehr ... Zeit gehabt. Aber vielleicht ... Kannst du mir ... Mir dennoch ... Verzeihen, was ich tat?", kurz leuchtete ein kleiner Hoffnungsschimmer in seinen trüben Augen auf, die nur auf seinen Sohn gerichtet waren. Langsam öffnete der Teenager seinen Mund, welcher ihm sicher nicht einzig wegen der staubigen Luft so trocken vorkam. So sehr er sich auch bemühte, die entlastenden Worte blieben aus. Hicks bedauerte es zutiefst, dass er nicht einfach behaupten konnte, dass er seinem Vater alles vergeben würde, damit dieser in Frieden gehen konnte. Aber diese Lüge brachte Hicks selbst im Angesicht des nahenden Todes nicht über seine Lippen. So schloss er seinen Mund wieder und senkte bedauernd den Kopf. Sogleich verflog die aufgeblitzte Hoffnung in den tränenden Augen des Sterbenden, welcher verstehend nickte. Obwohl er wusste, dass seine Bitte unglaublich viel verlangt war, war er dennoch ein wenig enttäuscht. Allerdings nicht von Hicks, sondern von sich selbst. Er hatte es nur sich selbst zuzuschreiben, dass er so versagt hatte. Nein, er verdiente Hicks Vergebung nicht. Insgeheim war er sogar ein wenig erleichtert, dass Hicks es nicht gesagt hatte. Denn er hätte gewusst, dass es nicht ehrlich gemeint war. Somit war es vermutlich besser, dass er seinen Sohn nicht mit einer gelogenen Freisprechung verließ. Dieser Moment zwischen ihnen sollte ehrlich sein. Diese letzte Unterhaltung sollte Hicks nicht in Frage stellen müssen. Letztlich war Haudrauf es nur noch wichtig, dass Hicks die Wahrheit kannte und wusste, wie er für ihn empfand.
„Es ist okay ... Ich liebe dich. Und ich bin so stolz auf dich ... Mein Sohn. So stolz", seine Worte glichen nur noch einem Flüstern und zuletzt konnte man es eher als ein Hauchen bezeichnen. Dann schlossen sich Haudraufs Augen für immer. Grobian nahm seinen Helm ab und schaute andächtig auf den Boden, um seinem Freund die letzte Ehre zu erweisen. Auch Hicks senkte seinen Kopf, als ihm bewusst wurde, dass Haudrauf nun endgültig fort war. Nach einer Schweigeminute ließ Hicks vorsichtig die Hand seines toten Vaters los. Ruckartig stand er auf und lief eilig von der Grabstätte fort. Er konnte den Anblick nicht länger ertragen. Nun hatte er seinen Vater endgültig verloren. Und dieses Mal gab es keine Möglichkeit auf eine Wiedervereinigung. Und keine Chance ihm zu sagen, dass auch er ihn trotz allem liebte. „Hicks", legte Grobian ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter, als er ihn eingeholt hatte. Schnell wischte der Junge sich die Tränen aus den Augen, bevor er sich dem Wikinger zuwendete. „Wir sollten ihn bestatten", schniefte Hicks und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es ihn doch schmerzte. In Anbetracht dessen, dass er so wenig Kontakt zu seinem Vater gehabt und sie sich nicht gerade gut verstanden hatten, war Hicks momentan ganz und gar überfordert mit der Trauer, die ihn mit einer unerwarteten Intensität traf, mit der er so nie gerechnet hätte. Doch Grobian wusste, wie es in dem Jungen wirklich aussah, denn auch er trauerte und tat sich schwer damit, das Ableben seines besten Freundes zu akzeptieren. Dennoch beließ er es dabei und zwang Hicks nicht dazu, über dieses traurige Thema zu reden. Er konnte ihn nicht dazu drängen, wenn er noch nicht dazu bereit war und offensichtlich war Hicks es nicht. Zusammen kümmerten sie sich stattdessen darum, dass Haudrauf eine, einem Oberhaupt gebührende, Schiffsbestattung erhielt.
Nachdem der Tote auf einem der in Hegas Höllentor verschollenen Schiffe ins Jenseits geschickt worden war, flog Hicks den Schmied zu einem noch seetüchtigen Boot, welches zwischen zwei Felsen feststeckte. Für Ohnezahn war es nicht allzu schwer das Boot zu befreien, sodass der Rückkehr nach Berk nichts mehr im Wege stand. „Zwar etwas ramponiert, aber für unseren Heimweg wird es wohl ausreichen", schätzte der Schmied. „Es tut mir leid, Grobi, aber ich kann das nicht. Ich kann nicht nach Berk. Ich bin kein Oberhaupt. Ich bin alles andere als ein echter Wikinger. Ich kann kein Dorf leiten. Besonders nicht nach ..." - „Ist schon gut. Ich verstehe. Du brauchst Zeit. Das war alles ziemlich viel. Mach dir keine Sorgen um das Häuptlingsamt. Du bist noch so jung. Ich zwinge dich nicht mit 15 dein Erbe anzutreten. Ich kümmere mich um Berk, keine Sorge. Und wenn du eines Tages bereit bist ..." - „Und wenn ich es nie bin?", unterbrach Hicks ihn sogleich voller Selbstzweifel. „Ich bin sicher, dass du eines Tages bereit sein wirst. Auch wenn du es im Moment noch nicht siehst, du hast es in dir, das weiß ich. Aber ich kann dich nicht dazu zwingen Berks Häuptling zu werden. Wenn du es wirklich nicht willst, dann brauchst du nicht zurückzukehren. Aber falls du eines Tages doch bereit bist, Haudrauf seine Fehler zu verzeihen und das dir vermachte Häuptlingsamt anzutreten, dann steht es dir jederzeit frei nach Berk zu kommen", versicherte ihm Grobian verständnisvoll. „Danke", war Hicks dankbar für die Unterstützung und das Verständnis des Schmiedes. „Wie auch immer du dich entscheiden magst, ich hoffe sehr, dass wir uns irgendwann wiedersehen. Aber bis dahin pass gut auf dich auf. Und auf deinen gewöhnungsbedürftigen Freund", versuchte der Blonde den Abschied etwas aufzuheitern. „Wir werden uns sicher wiedersehen. Vielleicht nicht auf Berk, aber wir sehen uns wieder, versprochen. Und das werde ich. Pass auch gut auf dich auf, Grobi", umarmte Hicks den Erwachsenen. Dann stieg er auf seinen Nachtschatten und erhob sich in die Luft. „Machs gut, Jungchen", winkte der Schmied ihm noch hinterher. So trennten sich ihre Wege. Grobian kehrte nach Berk zurück, wo er von der furchtbaren Tragödie berichten würde und Hicks machte sich auf den Heimweg zur Drachenzuflucht, wo er seiner Mutter von dem Geschehenen erzählen und in Ruhe seine Gedanken ordnen und um seinen verstorbenen Vater trauern würde.
Option 2: „Man kann Hicks doch nicht jetzt schon wieder von seinem eben erst gefundenen Vater trennen! Valka hingegen hatte schon genug Zeit mit ihrem Sohn, sie ist entbehrlich"
„Es wäre besser gewesen, wenn du nicht nachgefragt hättest", wandte sich Grobian an seinen Freund. „Woher sollte ich denn wissen, dass in diesem Vulkan zusätzlich zu den unzähligen Drachen noch ein gigantisches Monster haust!?", verteidigte sich das Oberhaupt schnippisch. „Du hättest mich fragen können. Du hättest generell mit mir reden können, anstatt einfach eine Selbstmordmission zu starten. Aber nein! Wieso auch? Ich meine, du hast ja noch nie viel mit mir gesprochen und einfach ohne Rücksicht auf andere gehandelt", warf der Junge ihm vor. „Ich weiß ich habe einige Fehler gemacht ..." - „Einige!?", unterbrach Hicks aufgebracht. „Okay, ich habe viele Fehler gemacht. Ich habe als Vater versagt, das ist mir klar. Aber ..." - „Ich unterbreche eure Aussprache nur äußerst ungern, aber dieses Monster hat ganz offensichtlich nicht vor, darauf zu warten, bis ihr eure Familienprobleme behoben habt. Also könntet ihr eure ganzen angestauten Emotionen noch für einige Stunden zurückdrängen und euch fürs Erste darauf konzentrieren diesen Kampf zu gewinnen?!", bat Grobian eindringlich. Erst jetzt bemerkten die zwei Haddocks, dass der Rote Tod, während sie sich gestritten hatten, das Schiff in Brand gesteckt hatte. „Grobi hat Recht, wir werden später darüber sprechen", stimmte Haudrauf daher zu. „Ich kann dir nicht versichern, dass ich nach diesem Debakel hier überhaupt noch ein Wort mit dir wechseln werde", zeigte sich Hicks hingegen kühl. Er würde die zwei Wikinger nicht alleine auf einer Insel mit diesem Monster zurücklassen, aber er würde nicht erneut den Fehler machen, seinem Vater zu schnell zu vertrauen. Die Sache mit dem Vertrauen war ohnehin schon heikel genug. Wenn es ein Mal gebrochen wurde, ist es nur schwer wiederzuerlangen und selbst dann ist es oft nicht das Selbe wie zuvor. Und Haudrauf hatte das angeknackste Vertrauen zwischen ihnen vorhin regelrecht mit einem Schwert zerschnitten. Nein, Hicks vertraute Haudrauf nicht mehr. Vielleicht würde er das auch nie mehr. Obwohl Haudrauf bewusst war, dass diese Reaktion von Hicks nach allem, was kürzlich vorgefallen war, verständlich war und er nichts anderes erwarten durfte, traf ihn diese klare Abweisung doch hart. Es wusste, dass es sein Fehler gewesen war und er es abermals vermasselt hatte. Dennoch hoffte er inständig auf eine dritte Chance, die ihm Hicks verständlicherweise nicht zu geben gewillt war.
„Irgendwelche Ideen, wie wir dieses Monster bezwingen können?", erkundigte sich Grobian. „Mein Plan sieht so aus ...", doch bevor der berkianische Häuptling seine Strategie erklären konnte, war Hicks auf Ohnezahn schon zum Roten Tod geflogen, um den Kampf aufzunehmen. „Hicks, was um Thors Willen soll das werden? Ich war noch nicht fertig!", beschwerte sich Haudrauf. „Du hast damit gedroht meinen Drachen zu töten und ihn dazu gezwungen diesen Krieg anzuzetteln. Ohnezahn wird sich deinem Plan sicher nicht anschließen", rief Hicks ihm genervt zu. Wie um die Worte seines Reiters zu bekräftigen schnaubte Ohnezahn zustimmend und warf den Wikingern einen von Misstrauen und Wut sprühenden Blick zu. Natürlich würde Ohnezahn einen von Hicks befürworteten Befehl, selbst wenn er von Haudrauf kam, nicht verweigern, doch es würde dem Drachen sehr missfallen. Dementsprechend bevorzugte der Braunhaarige es, seinen treuen Freund nicht in eine unangenehme Situation zu bringen und es als Duo zu regeln, wie sie es meistens taten und was sie bisher immer zum Erfolg geführt hatte. In einem schwindelerregendem Tempo umkreiste Ohnezahn die Beine des Roten Todes und flog gelegentlich zu dem Kopf hinauf, um den Drachen aus der Fassung zu bringen und ihn hoffentlich zu einem Fehltritt auf dem rutschigen Schotter zu verleiten, der ihn zu Fall bringen würde. Denn wie jedem bewusst war, war ein am Boden liegender Drache ein toter Drache. Vielleicht würde es durch einen Sturz zu einer Verletzung kommen oder es könnte eine Schwachstelle des Giganten zum Vorschein gelangen. Doch bisher blieb diese Strategie erfolglos. Plötzlich tauchten Haudrauf und Grobian neben den Pranken des Giganten auf und versuchten mit ihren Waffen etwas auszurichten, was selbstredend nicht mehr als eine lächerliche und unwirksame Geste darstellte. Die Haut des Riesen war dafür einfach zu dick. „Pass auf!", schrie Hicks voller Panik, als er bemerkte, dass der Rote Tod, welcher langsam ins Straucheln kam, im Begriff war, seine Pranke auf Haudrauf hinabzusenken. Ohnezahn konnte gerade noch rechtzeitig den Häuptling auflesen und in forttragen, bevor er von dem Riesen zerstampft wurde. Dies machte unglücklicherweise jeden Fortschritt, den Hicks und Ohnezahn in ihrem Plan erzielt hatten zunichte. Der Rote Tod konnte sich abregen und fand ohne den nervtötenden Drachen, der seine Beine umkreiste, einen sicheren Stand und erlangte seine Kontrolle zurück.
„Was sollte das? Ihr habt dort nichts zu suchen! Wenn wir es schaffen das Ungetüm umzuwerfen könnt ihr nicht schnell genug ausweichen", tadelte Hicks die ungewollte Einmischung der zwei Wikinger, nachdem er Haudrauf in einiger Entfernung abgesetzt hatte. „Wir können dich diesen Kampf doch nicht alleine beschreiten lassen", weigerte sich Grobian, welcher hinzugekommen war. „Es ist zu gefährlich für euch", hielt der Drachenreiter entschieden dagegen. „Achtung!", warnte Haudrauf ihn, denn schon schnappte der Rote Tod nach dem fliegenden Duo, welches dank der Warnung um ein Haar noch den spitzen Zähnen entging. „Das war knapp", keuchte Hicks. „Hör zu, mein Sohn. Ob du es willst oder nicht, ich werde dich nicht mehr alleine lassen. Ich bin für dich da", stellte Haudrauf in einem eindringlichen, doch auch ungewohnt besorgten Tonfall klar. Für einen Moment dachte Hicks sogar daran, ob er seinem Vater nicht doch noch eine letzte Chance gewähren sollte. Doch bevor er zu einer Entscheidung kommen konnte, versuchte der Rote Tod erneut einen Biss-Angriff zu verüben. Allerdings wurde dieser von einem präzisen Treffer auf den Nacken des Giganten verhindert. Verwundert schauten sich die Wikinger um, in der Hoffnung den unbekannten Schützen auszumachen. Tatsächlich tauchte keine Minute später ein Sturmschneid aus den Wolken auf. Vor Erleichterung strahlend deutete Hicks seinem Drachen an, zu dem Verbündeten zu fliegen, nachdem er den Berkianern ein strenges 'Ihr wartet hier' zugeworfen hatte.
„Was hast du getan, Hicks?! Man legt sich nicht mit dem König eines Drachennestes an! Das habe ich dir doch beigebracht", tadelte ihn seine Mutter umgehend. Zwar hatte sie schon vermutet, dass etwas nicht in Ordnung, als sie sich mit Wolkenspringer auf die Suche nach ihrem seit Tagen verschwundenen Sohn begeben hatte, aber mit so einer Katastrophe hatte sie sicher nicht gerechnet. „Das wollte ich ja auch nicht, aber Ohnezahn wurde dazu gezwungen", erklärte Hicks sogleich, als er neben seiner Mutter her flog. „Na schön, das klären wir später. Zuerst müssen wir dieses Chaos unter Kontrolle bekommen", seufzte die Frau und verschaffte sich einen genaueren Überblick. „Vater und Grobian sind hier", platzte die Neuigkeit aus Hicks heraus und deutete auf die schwerlich zu erkennbaren Wikingern unter ihnen. Verdutzt blickte seine Mutter erst ihn an, bevor sie hinab zu den zwei Männern schaute. „Er war es, der diesen Kampf angezettelt hat, nicht wahr?", wurde ihr bedauernd bewusst. „Ja, er hat mich bedroht, um Ohnezahn zum Kooperieren zu bewegen", bestätigte er diese Vermutung. „Ich hatte immer befürchtet, dass seine Obsession die Drachen zu besiegen zu weit gehen würde, aber das ...", schüttelte sie voller Enttäuschung den Kopf. „Es tut mir leid, Mutter. Ich hätte ihm erst gar keine Chance mehr geben dürfen", bereute Hicks es. „Nicht doch, mein Sohn. Du siehst immer das Gute in Anderen, das macht dich aus. Es ist nichts falsch daran zu glauben, dass sich Menschen ändern können, selbst wenn man sich manchmal täuscht", stellte sie umgehend klar, dass sein Vertrauen in das Gute nichts Schlechtes war. „Es war dennoch ein Fehler. Er hat mich die ganze Zeit nur benutzt, um das Drachennest zu finden", meinte Hicks in einem Ton, der wesentlich verletzlicher klang als er es beabsichtigt hatte. „Ich glaube du täuscht dich in deinem Vater. Ja, er hat Fehler begangen, aber ich weiß, dass er dich liebt. Das hat er immer getan, da bin ich mir sicher. Die Zeit, in der er gedacht hat, er hätte uns Beide verloren muss ihn verändert haben. Vielleicht solltest du sobald das hier vorbei ist noch eine letzte Aussprache mit ihm führen", hielt Valka es für das Beste.
Hicks nickte nur stumm. Er verstand nicht recht, wie seine Mutter so ruhig bleiben konnte nach dem, was er ihr eben erzählt hatte. Doch er hatte nicht bedacht, wie es für seinen Vater wohl gewesen war 10 Jahre in dem Glauben zu verbringen, dass seine gesamte Familie von Drachen ausgelöscht worden war, nur um zu erfahren, dass sein Sohn ihn für eines dieser verhassten Geschöpfe verlassen hatte. Nun fühlte sich der junge Drachenreiter tatsächlich etwas mies. Er teilte zwar die Ansicht seines Vaters im Bezug auf die Drachen keineswegs, aber ihm war sehr wohl bewusst, wie tief dessen Hass verankert war und welch Verrat die Freundschaft zu Ohnezahn in seinen Augen dargestellt haben musste. Vielleicht hätte er diese Eskalation verhindern können, hätte er sich mehr Mühe gegeben seinem Vater die ganze Geschichte zu erzählen und ihn von der wahren Natur der Drachen zu überzeugen, anstatt ihn von Ohnezahn fernzuhalten und ihm seine Lebensgeschichte vorzuenthalten. Selbstverständlich war Valka ebenso bestürzt von dem Vorgefallenen, doch sie fühlte sich unfassbar schuldig, dass sie nicht den Mut besessen hatte, um zu Haudrauf zurückzukehren und die ganzen Missverständnisse, die sich angehäuft hatten, friedlich aus dem Weg zu räumen. Vielleicht hätte sie schon vor Jahren nach Berk zurückgehen sollen, um ihm die Wahrheit zu beichten, anstatt sich zu verstecken und ihr Wissen über die Drachen für sich zu behalten. In ihren Augen trug sie ebenfalls eine Mitschuld daran, dass die Situation so ausgeartet war. Das Einzige was ihr nun übrig blieb, war dieses Schlamassel in Ordnung zu bringen und Hicks davor zu bewahren sich in den Hass hineinzusteigern.
„Was sollen wir jetzt tun?", erkundigt der Junge sich kurz darauf. „Wir müssen deinen Vater und Grobian von hier wegschaffen. Es ist zu gefährlich für sie", bestimmt Valka die Evakuierung der Insel. „Aber sie weigern sich, mich zurückzulassen", entgegnet der Junge, während Ohnezahn erneut einen Plasmastrahl abfeuert und einem Feuerschwall auswich. „Dann musst du mit ihnen gehen", ließ sich die erfahrene Drachenreiterin nicht beirren und flog ein gekonntes Manöver, um dem Maul des Giganten zu entgehen. „Niemals, ich werde dich sicher nicht alleine lassen", protestierte Hicks aufgewühlt. „Ich schaff das schon, mein Sohn. Außerdem ist das kein Kampf für einen Teenager. Lass mich das erledigen", ließ sie sich nicht umstimmen. Ihre oberste Priorität war wie immer ihr Sohn. Sie würde ihn nicht in so einen gefährlichen Kampf verwickeln. Er war ein unglaublich guter Drachenzähmer und bei weitem stärker als er aussah, aber er war auch noch sehr jung und dies war eine potenziell fatale Schlacht. Nichts auf der Welt würde sie dieses hohe Risiko eingehen lassen. Das Wohlergehen ihres Sohnes war ihr das Wichtigste. „Aber ...", versuchte Hicks verzweifelt ein weiteres Mal anzusetzen. „Geh schon. Bring die Beiden in Sicherheit. Und bleib bei ihnen", unterbrach sie ihn. „Na schön. Pass auf dich auf Mutter", gab der Junge schließlich nach. „Mach dir keine Sorgen um mich, mein Junge. Mir wird es gut gehen", lächelte Valka ihm zu. Hicks erwiderte mit einem besorgten, erzwungenen Lächeln, bevor er Ohnezahn umkehren ließ und zu den Wikingern am Boden lenkte. Gekonnt packte der schwarze Drache die Berkianer mit seinen Klauen und flog zügig von dem Schlachtfeld fort.
Valka schaut dem sich zurückziehenden Gespann erleichtert hinterher. Nun, da sie ihre Familie in Sicherheit wusste, konnte sie sich gänzlich auf den gigantischen Drachen konzentrieren. „Auf geht's, Wolkenspringer", gab sie ihrem treuen Sturmschneid ein Zeichen. Dieser flog zum Kopf des Roten Todes, sodass seine Reiterin die Aufmerksamkeit des Riesen erlangen konnte, um ihn hoffentlich zu besänftigen. Bedauerlicherweise spielte der Drachenkönig da nicht mit und ließ sich nicht beruhigen. Stattdessen vermehrten sich die Angriffe, sodass Valka letztlich einsehen musste, dass ihr nichts anderes übrig blieb als den Drachen zu erledigen. Obwohl sie diese drastische Maßnahme hasste, sah sie ein, dass es in diesem Fall die einzige Möglichkeit war, um die Sicherheit und den Frieden auf dieser und den umgebenen Inseln sicherzustellen. Schnell brachte sie den Roten Tod dazu ihr zu folgen und flog mit Wolkenspringer vor dessen Maul, darauf bedacht nicht gefressen oder geröstet zu werden. Gezielt steuerte sie ihn auf eine lange Reihe von Seefelsen hin, in der Hoffnung, dass das riesige Tier möglichst gegen viele davon stoßen würde. Tatsächlich tat ihr der Drachenkönig diesen Gefallen und brach ohne weiteres durch die meisten kleinen Felsen hindurch. Doch je weiter sie flogen, desto massiver wurden allmählich die Steinsäulen und das ständige Durchbrechen führte dazu, dass der Gigant auf Dauer ein wenig benommen wurde und langsam dazu überging den Hindernissen auszuweichen. Valka jedoch wollte dies vermeiden und steuerte ihren Sturmschneid auf einen ganz bestimmten Felsen zu, welcher beinahe die Größe einer kleine Insel aufwies. Aufgrund des Felsumfangs würde sich das Ausweichen schwierig gestalten. Als Valka ihrem treuen Begleiter den Plan mitteilte gurrte Wolkenspringer beunruhigt, womit er seine Zweifel bezüglich des Vorhabens auszudrücken versuchte. „Wir kriegen das hin, Wolkenspringer. Alles wird gut", versicherte sie ihm daraufhin.
Konzentriert darauf den Abstand zu ihrem Verfolger möglichst klein zu halten und den perfekten Moment zum Ausweichen abzupassen steuerte das Duo daher auf den Felsen zu. Als der richtige Augenblick gekommen war, wich der Sturmschneid zur Seite und kurz darauf krachte ihr Verfolger gegen den Felsen. Mit einem schmerzverzerrtem Brüllen tauchte der Rote Tod im Meer unter, während Brocken des durch den Aufprall zerstörten Felsens auf ihn niederregnete und ihn ohne Zweifel begruben. Zwar war die Bestie bezwungen, doch mit ihm sollte auch Valka dieser waghalsigen Aktion zum Opfer fallen. So sehr sich Wolkenspringer auch bemüht hatte den Felsbrockenregen auszuweichen, so war es ihm letztlich doch nicht geglückt. Einer der Steine hatte ihn erwischt und seine Reiterin von seinem Rücken gestoßen. Mit Tränen in den Augen ergab sich Valka ihrem unausweichlichen Schicksal, als sie sich umgeben von Steinen dem nassen Tod näherte. „Verzeih mir, Hicks, mein Sohn", betete sie zu den Göttern, bevor sie hart auf dem Wasser aufschlug und in den Fluten versank, wo sie neben dem Roten Tod ihr ewiges Grab finden sollte. Wolkenspringer hingegen war es trotz dessen, dass er von dem Treffer benebelt war, gelungen, auf einen niedriger gelegenen, kleinen Seefelsen hinabzugleiten. Auf diesem schlug er unsanft auf und verlor daraufhin das Bewusstsein, womit zugleich sein trauriges Grölen nach seiner verlorenen Reiterin abrupt verstummte.
Hicks, welcher nichtsahnend auf der anderen Seite der Insel Schutz gesucht hatte, konnte die Warterei nicht länger aushalten. Was Grobian und Haudrauf ihm zu sagen versuchten hörte er überhaupt nicht. „Das dauert zu lange. Vielleicht braucht sie unsere Hilfe. Lass uns zurück", entschied Hicks daraufhin an sein geflügeltes Reptil gewand. Ohnezahn gurrte zustimmend und raste zurück zum ursprünglichen Kampfplatz. Grobian und Haudrauf riefen ihnen noch hinterher, doch davon ließ sich das Duo nicht beirren. Wenige Minuten später landete der Nachtschatten vor der Felsspalte, aus der der Rote Tod herausgebrochen war, doch nun war weit und breit keine Spur von dem Giganten. „Mutter? Mutter, wo bist du!?", machte sich Panik in dem Jungen breit. Verzweifelt schaute er sich nach irgendeinem Hinweis um, wo sich seine geliebte Mutter befinden könnte, doch er fand kein Anzeichen darauf, dass sie in der Nähe war. „Ohnezahn?", flehte Hicks verzweifelt, doch auch sein Drache konnte in dem dichten Nebel nichts ausmachen und winselte bedauernd. Kopfschüttelnd stieg Hicks von dem Nachtschatten und lief verzweifelnd nach seiner Mutter rufend in der Gegend herum. Sie musste hier irgendwo sein. Da entdeckte er schließlich, wie ein Drache aus dem Nebel auftauchte und direkt auf ihn zusteuerte. „Wolkenspringer", erkannte Hicks mit einem erleichterten Seufzer. Lächelnd wartete er darauf, dass der ihm so bekannte Drache seiner Mutter neben ihm landen würde. Nach diesem Debakel wünschte sich Hicks nichts sehnlicher als seine Mutter in die Arme zu schließen und zurück zur Zuflucht zu fliegen, wo sie ihm erzählen würde, wie ihr der Sieg gelungen war, während sie zusammen eins ihrer grauenhaft schmeckenden Gerichte aßen. Doch als Wolkenspringer neben ihm landete und traurig den Kopf senkte, konnte Hicks erkennen, dass Valka nicht bei ihm war. All die Freude und Erleichterung verschwand mit einem Mal.
„Nein. Nein, bitte nicht", schüttelte Hicks vehement den Kopf, so als würde sich die Realität ändern lassen, wenn er sich nur stark genug gegen die Wahrheit sträubte. Doch es half alles nichts. Er musste erkennen, dass seine Mutter es nicht geschafft hatte. Und so sehr er es sich auch wünschte, sie würde nie wieder zu ihm zurückkehren, um ihn in den Arm zu nehmen oder mit ihm Drachen zu zähmen. Selbst ihre furchtbaren Speisen würde sie ihm nie wieder zubereiten und als ihm dies bewusst wurde, bereute er, dass er so oft davor abgehauen war. Alles, was er jetzt wollte, war die Zeit zurückzudrehen und der Essensankündigung seiner Mutter nachzukommen, anstatt zu seinen Freunden zu flüchten und dort auf seinen Vater zu treffen, doch das war unmöglich. Diese Erkenntnis brach plötzlich über ihn herein und zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Mit Tränen überströmten Wangen fiel er auf seine Knie und ließ seinem Kummer freien lauf. Ohnezahn gurrte mitleidig und schaute ihn mit großen traurigen Augen an. Doch auch er wusste, dass er seinem Freund in dieser Situation nicht wirklich helfen konnte. Wolkenspringer drückte seinen Kopf sanft gegen Hicks zitternden Körper, woraufhin dieser seine Arme um den Hals des Drachens schlang, als ob sein Leben davon abhängen würde. „Das ist alles meine Schuld. Ich hätte sie ... Sie nicht allein lassen dürfen", warf er sich schluchzend vor, woraufhin Wolkenspringer ihn sogleich böse anknurrte. Der reiterlose Drache wusste, dass Valka nie gewollt hätte, dass Hicks sich die Schuld für ihren Tod gibt und tief in sich drinnen wusste Hicks das auch. Doch bevor er es sich selbst erlauben würde, dies anzuerkennen, würde wohl noch eine ganze Weile vergehen. Aber bis es soweit war, würde Wolkenspringer in Valkas Sinne alles daran setzten, um Hicks klar zu vermitteln, dass es sich das nicht einreden sollte und dass ihn keine Schuld traf.
Es war unklar wie lange Hicks dort am Boden kauerte und seine Tränen über Wolkenspringers schuppige Haut tropfen ließ, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Schließlich jedoch legte sich eine Hand auf die Schulter des Jungen. Er wusste, dass es nicht seine Mutter sein konnte, denn die Hand war viel zu groß und schwer. Es erschien ihm unendlich lang her, seit er die leichte, zarte Hand seiner Mutter auf der Schulter gespürt hatte und er fürchtete sich davor, dass er irgendwann vergessen würde, wie es sich angefühlt hatte. Als sich der Druck auf seiner Schulter leicht erhöhte, wendete Hicks zögerlich seinen Blicks zur der Person, die neben ihm stand. Trotz der von Tränen getrübten Sicht erkannte er seinen Vater, welcher ihn mitleidig und voller Kummer betrachtete. Hicks wusste nicht, was über ihn kam, als er aufsprang und sich laut schluchzend in die Arme seines Vaters warf. „Es wird alles wieder gut, mein Sohn. Ich bin für dich da", streichelte Haudrauf ihm zärtlich durchs Haar und drückte ihn ein wenig fester an sich. Vielleicht war es der Verlust seiner Mutter, der Hicks aus Verzweiflung in die Arme seines Vaters trieb. Oder aber es war ihrem Rat geschuldet, mit welchem sie ihn dazu ermutigen hatte wollen, ihm noch eine Chance zu geben. Allerdings könnte es auch nur die Aussicht darauf gewesen sein, zur Zuflucht zurückzukehren und sich der zerschmetternden Einsamkeit stellen zu müssen, die ihn dort erwartete, sodass eine Versöhnung mit seinem Vater und der Aufenthalt auf Berk ihm ein wenig Halt und Trost versprach. Was es auch sein mochte, in diesem Moment und angesichts seiner Verletzlichkeit schienen die Worte seines Vaters für Hicks wie ein Versprechen. Ein Versprechen, dessen er sich sicher sein konnte. Von nun an würde Haudrauf wirklich für ihn da sein und möglicherweise würde mit der Zeit auch wieder alles gut werden. Zwar nicht das Selbe gut, an welches er gewöhnt war, aber vielleicht ein neues, anderes Gut. Fest stand nur, dass er es herausfinden wollte.
Option 3: „Gehts noch!? Gönn' unserm armen Hicks doch mal ne Pause und lass ihm verdammt nochmal seine Eltern!"
Die beiden Erwachsenen schauten erschrocken zu dem riesigen Drachen. Noch nie zuvor war ihnen ein vergleichbares Ungetüm begegnet. „Wieso hast du uns nicht vorher von dem Monsterkönig erzählt?", warf Haudrauf seinem Sohn vor. „Wann denn? Etwa, als du dein Schwert auf mich gerichtet hast und damit drohtest, mich zu töten?!", verteidigte sich dieser gereizt. „Kein Grund jetzt nachtragend zu sein, wir sollten uns lieber um unser riesen Problem dort kümmern", grummelte Grobian, als der Rote Tod das Schiff hinter ihnen in Brand gesteckt hatte. „Ich hab allen Grund nachtragend zu sein. Aber du hast recht, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich darüber Gedanken zu machen", stimmte Hicks genervt zu. Ohnezahn hatte diesen Kampf, wenn auch gezwungenermaßen, angezettelt, also mussten er und sein Reiter auch dafür gerade stehen und es beenden. „Ihr bleibt hier. Oder noch besser, ihr geht auf die andere Seite der Insel, während ich mich um unseren großen Freund hier kümmere", ordnete Hicks an, als er auf Ohnezahn aufstieg, „Nein, das werden wir sicher nicht tun", weigerte sich Haudrauf unverzüglich. „Wie nein? Wir haben keine Zeit das jetzt auszudiskutieren, ihr müsst verschwinden", wiederholte er. „Lass uns dieses Biest zusammen bezwingen. Als Vater uns Sohn", schlug der Rothaarige vor. „Huh, jetzt bin ich also plötzlich wieder dein Sohn, was?!", lachte Hicks spöttisch auf. „Komm schon, Jungchen. Das hat Haudrauf vorhin nicht so gemeint und das weißt du", wollte Grobian ihm zusätzlich besänftigen. „Ach, ist das so!? Es hat sich zumindest ziemlich ernst angefühlt, als er das Schwert auf mich gerichtet hat", konterte der Drachenreiter, als er an den Vorfall zurückdachte. „Hicks, ich weiß, dass ich dein Vertrauen nicht verdient habe, aber wir müssen in diesem Kampf zusammenarbeiten. Und ob es dir gefällt oder nicht, ich bin dein Vater und ich weigere mich daneben zu stehen und zuzusehen, wie du alleine dafür gerade stehst, was ich zu verantworten habe", erklärte Haudrauf seinem Jungen in einem etwas ruhigerem, aber eindringlichem Tonfall. „Na schön, aber passt auf euch auf. Ohnezahn und ich haben keine Zeit euch die ganze Zeit retten zu kommen", willigte Hicks schließlich seufzend ein. „Du wirst es nicht bereuen, wir halten dir den Rücken frei", versprach Haudrauf und rannte mit seinem Schwert bewaffnet ins Gefecht. „Alles klar, es kann losgehen", erhob Grobian seine Axt-Prothese und stürmte ihm nach in die aussichtslose Schlacht. „Das wird nicht gut ausgehen", erkannte Hicks bereits jetzt, als er die Beiden schreiend fortrennen sah. Ohnezahn gurrte in bedauernder Zustimmung, bevor er abhob und sich dem Kampf stellte.
In zwei Einheiten unterteilt versuchten sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Waffen den Drachen zu besiegen. Die Bodentruppe, bestehend aus Grobian und Haudrauf, versuchte angeschwemmte Überbleibsel von Schiffen mit ihren Waffen zuzuspitzen, um den Roten Tod damit - aus mehr oder weniger sicherer Entfernung - zu bewerfen und womöglich zu verletzen. Allerdings war die Haut des Giganten zu dick, weshalb die improvisierten Holzspeere wohl nicht mehr als ein Piksen auslösten. Unterdessen probierte die Lufteinheit, gebildet von Hicks und Ohnezahn, ihr Glück damit, den Drachen dazu zu bringen, all seine Schüsse zu verschießen, sodass er ihnen weniger entgegenzusetzen hatte. Doch bedauerlicherweise schien der Rote Tod eine enorme Anzahl an potenziell tödlichen Feuerstößen abfeuern zu können. Lange würden sie ihren Widerstand wohl nicht mehr aufrechterhalten können, aber sie würden nichtsdestotrotz bis zum bitteren Ende weiterkämpfen. „So wird das nichts", beschwerte sich Grobian, welcher bereits ein wenig erschöpft war. „Also wenn du einen anderen Plan parat hast, dann lass ihn ruhig hören. Ich bin offen für Vorschläge", rief Haudrauf daraufhin zurück, wohl wissend, dass sein Freund keine Alternative vorzubringen hatte. „Ich werde versuchen ihn in die Luft zu lotsen, vielleicht finde ich so eine Schwachstelle", beschloss Hicks und verkündete seinen Plan, als er kurz in Hörweite anhielt. Da er jedoch wusste, dass sein Vater damit nicht einverstanden sein würde, setzte er ihn sogleich nach der Ankündigung in die Tat um, sodass dem Wikinger gar keine Gelegenheit zur Beschwerde blieb.
Ohnezahn feuerte einen Plasmastrahl auf die Flügel des Giganten und nahm schnell nach oben reiß aus. Als er zurückblickte erkannte er, dass der Riese sich in der Tat in die Luft erhoben hatte und ihnen nun folgte. Schnell sausten sie davon und wichen dabei einigen Seefelsen aus, die der Rote Tod jedoch unbeirrt durchbrach. Der König war ihnen dicht auf den Fersen und sein Maul schnappte bereits nach dem mutigen Gespann, welches verzweifelt versuchte mehr Abstand zu gewinnen. „Komm sofort zurück, Hicks. Du schaffst das nicht allein", schrie Haudrauf ihm ängstlich zu. Einen Augenblick später riss der Riesendrache erneut sein Maul auf und wollte einen Feuerstrahl auf den vor ihm befindlichen Drachen abfeuern, der ohne Zweifel zu dessen Ableben geführt hätte. Doch bevor es so weit kommen konnte, wurde der Rote Tod von mehreren Schüssen auf seinem Rücken und Nacken von seiner abscheulichen Tat abgehalten. „Keine Sorge, er ist nicht allein", erklang kurz darauf eine Hicks wohlbekannte Stimme. Staunend blickte er zu den erschienenen Drachen, die den Giganten einkreisten. „Hey, Leute, was macht ihr denn hier?", strahlte Hicks erleichtert, als er seine Freunde sah. „Wir hatten so ein Gefühl, dass du wiedermal in Schwierigkeiten steckst", antwortete ihm Astrid. „Und wie es aussieht hatten wir recht ... Leider", fügte Fischbein bedauernd hinzu. „Also echt, Hicks, dich kann man nie alleine lassen", schimpfte Rotzbakke ihn. „Wie gerätst du nur immer in solche gefährlichen Situationen?" - „Ja, im Ernst, sag es uns! Wir wollen das auch können", waren die Zwillinge wie immer begeistert von diesen abgefahrenen Erlebnissen, in welche sie dank ihm verwickelt wurden. „Das ist eine lange Geschichte. Ich werd es euch später erklären, aber jetzt müssen wir uns erst einmal um den hier kümmern", lenkte Hicks die Aufmerksamkeit auf den Kampf zurück.
Während sie geredet hatten, hatten ihre treuen Drachen abwechselnd Schüsse auf den Riesen in ihrer Mitte abgefeuert und waren danach seiner Konter ausgewichen. Offensichtlich war der Drachenkönig äußerst genervt von der zusätzlichen Unterstützung, weshalb er wild um sich schnappte und Feuer spie. Einige Minuten lang funktionierte ihre Formation und es schien so, als ob sie den König in der Tat erschöpfen könnten. Doch so weit kam es dann doch nicht. Gerade als der Rote Tod einen Schuss auf Rotzbakke abgefeuert feuerte, woraufhin dieser umgehend zur Seite flog, war Fischbein zur selben Zeit der Schwanzkeule ausgewichen. So kam es, dass sie zwar dem Angriff ihres Gegners entgangen waren, doch nicht in der Lage waren, ihren Kurs rechtzeitig zu ändern, sodass sie ineinanderkrachten und beide auf ihren Drachen zu Boden gingen. „Fischbein und Rotzbakke sind raus", berichtete Astrid daraufhin. „Hilfe, wir sind getroffen", meldete sich Raffnuss direkt danach zu Wort. Der Zipper der Zwillinge war von einem Flügelschlag des Riesen getroffen worden und nun kreiselten sie hinab, um dann neben den anderen ausgeschalteten Reitern auf dem Boden aufzuschlagen. Die am Boden verbliebenen Erwachsenen waren mittlerweile zu den aus dem Kampf ausgeschiedenen Teenagern geeilt, um sich zu vergewissern, dass sie soweit in Ordnung waren. „Geht es euch gut?", erkundigte sich Grobian bei den Zwillingen, während sich Haudrauf auf die anderen Zwei konzentrierte. „Ging uns nie besser", behauptete Taffnuss stöhnend. Unterdessen versuchte Haudrauf Fischbein zu helfen, welcher nach der Landung von seinem Drachen überrollt worden war. Gleichzeitig bemühte sich Hakenzahn seinen Reiter aus dem Geröll zu ziehen, in welchem Rotzbakke kopfüber gelandet war und worin er erstaunlicherweise feststeckte.
„Hicks, was machen wir jetzt?", wandte sich Astrid verunsichert an den Braunhaarigen. Sie waren die letzten Verbleibenden ihrer Gruppe und versuchten nun alleine den Riesen in Schach zu halten, doch dieser verschaffte sich allmählich die Oberhand. „Ich überleg mir was", versicherte der Junge ihr. „Du solltest dich besser beeilen, ich weiß nicht wie lange wir ihn noch beschäftigen können ... Stachelschuss", befahl sie ihrer Nadderdame, welche bereits all ihre Schüsse aufgebraucht hatte. Auch Ohnezahn hatte mittlerweile nur noch einen einzigen Plasmastrahl zu verschießen übrig, was die Situation noch prekärer machte und die Anzahl der möglichen Optionen verminderte. Als der wütende Riese jedoch sein mit Gas gefülltes Maul auf Hicks richtete hatte er die passende Idee. „Ohnezahn, jetzt!", befahl er seinem Nachtschatten im geeigneten Augenblick seinen letzten Schuss zu tätigen. Ohne zu zögern kam dieser der Bitte seines Reiters nach. Sogleich entzündete sich das Gas im Maul des Roten Todes und richtete offenbar erheblichen Schaden im Inneren des Drachens an, denn wenige Sekunden später begannen die Flügel des Monsters aufzureißen. „Es funktioniert", jubelte Astrid beeindruckt und erleichtert zugleich. „Ja, sieht ganz so aus", freute sich Hicks. Jedoch ein wenig zu früh. Ein Moment der Unachtsamkeit führte dazu, dass der zornige und verwundete Drachenkönig erfolgreich nach dem Nachtschatten schnappte, bevor seine Flügel ihn nicht mehr trugen und er mit seiner Beute herab stürzte. Ohnezahn schrie gequält von Schmerz, als er von dem Riesen hinabgezogen wurde. Seine linke Schwanzflosse klemmte zwischen den spitzen Zähnen seines Feindes, welcher keine Anstalten machte sie loszulassen. Es war deutlich zu erkennen, dass der Gigant fest entschlossen war, den kleinen Drachen mit in den Tod zu zerren. Als Sturmpfeil jedoch zielgenau einige Stacheln auf die Augen des Königs abfeuerte, schrie er auf und Ohnezahn entkam. Kurz darauf schlug der Rote Tod mit einer gewaltigen Explosion auf dem Boden auf, woraufhin sich alle schleunigst in Sicherheit brachten und versuchten ihre Köpfe zu schützen. „Komm schon, Kleiner, du schaffst das", ermutigte Hicks seinen verletzten Freund. Ohnezahn gab sein Bestes der Explosion, die unter ihm wütete, rechtzeitig zu entkommen, doch seine von den scharfen Zähnen zerschlitzte Schwanzflosse ließ dies nicht zu. So kam es, dass er der Schwanzkeule des Monsters nicht ausweichen konnte und Hicks von seinem Rücken geschleudert wurde und den tosenden Flammen entgegen fiel. „Ohnezahn!", schrie dieser verzweifelt nach seinem treuen Reptil. Der Nachtschatten fürchtete sich so um das Leben seines Reiters, dass er ihm ohne zu zögern ins Feuer nachfolgte.
Ein pochender Schmerz machte sich in seinem Kopf breit. Sein gesamter Körper fühlte sich taub an. Vermutlich aufgrund des tagelangen Liegens. Vorsichtig öffnete Hicks seine Augen, kniff sie jedoch gleich wieder zusammen. Erneut versuchte er es und diesmal mit Erfolg, auch wenn seine Sicht noch ein wenig benebelt war. Vorsichtig richtete er sich auf und blinzelte einige Male. Verwundert sah er sich um. Dieses Haus erschien ihm so fremd und doch vertraut. Nicht weit entfernt flackerte ein Feuer. Doch was ihn wesentlich mehr interessierte war der schlafende Nachtschatten, der nahe seines Bettes ruhte. Mit einem Mal fiel Hicks wieder ein, was geschehen war. Anscheinend musste der Kampf gegen den Roten Tod siegreich geendet haben, aber er wusste auch, dass Ohnezahn dabei verletzt worden war und machte sich nun unglaubliche Sorgen um das Wohlbefinden seines Freundes. „Ohnezahn?", raunte Hicks mit belegter Stimme. Dieser spitzte sogleich die Ohren und hob müde seinen Kopf. Bei dem Anblick des wachen Jungen breitete sich ein breites Drachengrinsen auf seinen Lippen aus und er gurrte fröhlich. Erleichtert atmete Hicks aus. Zwar hatte auch der Nachtschatten sich offensichtlich noch nicht gänzlich von dem Kampf erholt, aber er lebte noch. Ohnezahn erhob sich schwerfällig auf seine Beine und trottete langsam auf ihn zu. Hicks hingegen schwang sich sogleich aus dem Bett, um auf seinen Freund zuzulaufen, doch kaum war er aufgestanden durchzog ihn ein furchtbarer Schmerz und er kippte um. Natürlich war Ohnezahn sofort zur Stelle, um seinem taumelnden Freund aufzuhelfen. Hicks erkannte nicht umgehend, wo genau das Problem las. Anfangs dachte er noch, dass er einfach zu voreilig gewesen war, doch als er sich an Ohnezahn abstützte und an sich heruntersah erkannte er das wahre Problem. Erschrocken zog er die Luft ein, als er die Prothese an seinem linken Bein erkannte. Mit Tränen in den Augen schaute er zu seinem Freund, der ihn bedauernd ansah. Doch es funkelte auch noch etwas anderes in den Augen seines treuen Reptils. Ein kleines, aufmunterndes Lächeln schlich sich auf Ohnezahns Gesichtszüge, was den Jungen noch mehr verwirrte. Aber dann sah er die erhobene Schwanzflosse seines Drachens. Oder besser gesagt die erhobene halbe Schwanzflosse, welche Ohnezahn im präsentierte. „Du auch, mein Freund, huh?!", verstand Hicks und musste ebenfalls leicht lächeln. Einen Teil seines Körpers zu verlieren war nicht leicht und es würde sicher noch einige Probleme verursachen. Und dennoch, so schrecklich es auch war, spendete es ihm ein wenig Trost, dass er das nicht alleine durchmachen musste. Sein bester Freund teilte sein Schicksal und obwohl Hicks sich gewünscht hätte, dass sein Drache nicht verletzt worden wäre, kam er nicht umhin es als ein Zeichen zu sehen, dass sie beide eine ähnliche Verletzung an ihrer linken Seite davongetragen hatten. Vielleicht konnte man das ja auch als eine Art Verbindung betrachten, die zeigte, dass sie wahrlich zusammengehörten. Jedenfalls war klar, dass sie froh sein konnten überhaupt noch zu leben und dass sie das Beste daraus machen würden. Und zusammen würde ihnen das sicherlich gelingen, daran bestand kein Zweifel.
Humpelnd und an Ohnezahn gestützt machte sich Hicks auf den Weg zur Türe. Als er sie öffnete und sich umschaute wurde ihm auch bewusst, wo er sich befand. Er war auf seiner Heimatinsel. Doch bevor er in sich horchen konnte, um herauszufinden, wie er zu diesem Aufenthalt stand, eilten schon sein Vater und Grobian herbei. „Hicks, mein Sohn. Du bist wach. Wie fühlst du dich?", war Haudrauf unglaublich erleichtert, als er ihn an der Türe angelehnt stehen sah. „Ja, ich ... Ich bin okay. Was ist passiert?", erkundigte er sich verwirrt. „So genau wissen wir das nicht, Jungchen. Aber als wir dich nach der Explosion gefunden haben, warst du sicher in den Flügeln deines Drachens eingewickelt. Allerdings mussten wir dein Bein amputieren. Ich hab dir erstmal diese Prothese gegeben. Ich dachte sie passt besser zu dir als so ein Holzbein. Und glaub mir, ein Bein zu verlieren ist nicht so schlimm wie seine Hand. Ich sprech da aus Erfahrung", versuchte Grobian die Stimmung aufzuhellen und hob demonstrierend seine Arm-Prothese hoch. „Danke, Grobi. Das wird schon gehen. Auch wenn ich noch ein wenig daran tüfteln werde", lächelte Hicks ihm dankbar zu. „Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob wir das mit deinem Drachen wieder in Ordnung bringen können ... Tut mir leid, mein Sohn", war Haudrauf aufrichtig betrübt. „Ich bin sicher, dass mir da etwas einfallen wird. Mach dir keine Sorgen, Kumpel. Wir kriegen das schon wieder hin", zeigte sich Hicks zuversichtlich und munterte seinen Drachen damit auf. Ohnezahn jedoch machte sich keine Sorgen. Er vertraute Hicks mit seinem Leben und wusste, dass er seine Versprechen hielt und ihn nicht im Stich lassen würde.
„Hicks, du lebst!" - „Thor sei Dank!", erklangen unerwartet die Stimmen seiner Freunde hinter ihm. Kaum dass sich Hicks umgedreht hatte, fand er sich auch schon in Astrids Armen wieder. „Jag mir nie wieder so eine Angst ein", flüsterte sie ihm ins Ohr und drückte ihn noch enger an sich. Hicks nickte nur leicht und gab ihr als Bekräftigung einen sachten Kuss auf die Schläfe, ohne sich aus der Umarmung zu lösen. Bedauerlicherweise wurde der ruhige Moment zwischen den Beiden schon sehr bald unterbrochen. Immerhin wollten auch die anderen Reiter ihren aufgewachten Freund begrüßen. Jedoch blieb seinen Freunden ebenfalls nicht viel Zeit, denn kurz darauf landete ein nur zu bekannter Sturmschneid neben dem Haus. „Mutter?", war Hicks verwundert, was sie hier machte. „Mein Sohn! Geht es dir gut? Deine Freunde haben mich geholt. Sie meinten, dass du verletzt wärst und nicht aufwachst. Ich habe mir ja solche Sorgen um dich gemacht", zog sie ihn abermals in eine Umarmung. Sie drückte ihn zärtlich an sich, darauf bedacht ihm keine weiteren Schmerzen zuzufügen und atmete erleichtert ein. Den ganzen Flug über war sie von schlimmen Gedanken gequält worden. Daher war sie nun umso glücklicher, dass sie ihren Sohn in die Arme schließen konnte. „Mir geht es gut, Mutter. Ich bin froh, dass du da bist", versicherte er ihr mit einem Lächeln. Zögerlich ließ die Frau ihren Jungen los und streichelte Ohnezahn zur Begrüßung. „Danke, dass du ihn gerettet hast", flüsterte sie ihm danach zu. Ohnezahn gurrte nur, womit er ihr zeigte, dass es für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen war. „Valka?", hauchte Haudrauf erstaunt, als er sich von dem Schock, seine vermeintlich tote Frau vor sich zu haben, erholt hatte. Sie hingegen wendete sich wütend an ihn und funkelte ihn mit ihren Augen böse an, bevor sie keifte: „Was fällt dir ein unseren Sohn in einen derart gefährlichen Kampf zu verwickeln. Er könnte tot sein!". Schuldbewusst senkte das Oberhaupt seinen Blick. Er wusste, dass er einen immensen Fehler begangen hatte. Bedauerlicherweise war es auch nicht der erste Fehltritt, den er sich im Bezug auf Hicks geleistet hatte, sehr wohl aber der Verheerendste. Immerhin hatte sein Sohn wegen seinem Sturkopf und blindem Hass ein Bein verloren und das konnte er nicht ungeschehen machen, egal wie sehr er es sich wünschte. „Es tut mir so unglaublich leid", schaute er mit Tränen in den Augen und Reue in der Stimme auf.
Auch in Valkas Augen funkelten Tränen. Ihr fiel dieses Wiedersehen nicht leicht. Aber für sie war es außer Frage gestanden, dass sie diese Reise antreten würde, schließlich war es um das Leben ihres Sohnes gegangen. Doch wie sie ihren Gemahl so sah, so voller Wehmut und Reue, da verflog ihre Wut. Haudrauf hatte sich so einiges geleistet, aber trotz all der Jahre, die sie getrennt waren, so kannte sie ihn immer noch gut genug, um zu wissen, wann er aufrichtig war und das war er in diesem Moment. „Bitte gebt mir noch eine letzte Chance. Wir könnten wieder eine Familie sein ... Mit den Drachen", setzte Haudrauf nach, wohl wissend, dass er die schuppigen Reptilien nach allem was vorgefallen war nicht mehr ausschließen konnte. Valka wollte ihm verzeihen. Das wollte sie wirklich. Schließlich hatte auch sie Fehler begangen, hatte ihren Mann alleine mit ihrem Sohn zurückgelassen und später ihren Sohn zu sich geholt ohne ihn davon in Kenntnis zu setzten. Sie wusste, dass ihre Entscheidungen ihm unendlich viel Kummer und Schmerz gebracht hatten und sie hatte es selbstsüchtig in Kauf genommen. Wenn er bereit war ihr das zu vergeben, dann erschien es ihr nur gerecht, wenn auch sie ihm vergab. Allerdings war sie sich nicht sicher, wie es Hicks damit ging, da er schließlich der Leidtragende in diesem ganzen Fiasko gewesen war. Sie wollte es nun berichtigen und ihre Familie wieder vereinen, doch nicht ohne Hicks Zustimmung. „Sohn, was meinst du? Ich stehe hinter dir, egal wie du dich entscheidest. Du musst wissen, ob du ihm noch eine weitere Chance geben kannst oder nicht", überließ sie ihm die Wahl. Sie wusste, dass es nicht unbedingt toll war diese schwerwiegende Entscheidung auf Hicks abzuwälzen, doch einfach Haudraufs Angebot anzunehmen ohne dass er es wollte und ihn somit auszuschließen oder in etwas hineinzudrängen, wofür er nicht bereit war, erschien ihr noch schlimmer.
„Ich denke nicht, dass ich ihm wieder vertrauen kann. Zumindest nicht so schnell", fing Hicks an und Haudraufs Herz wurde schwer, als er die Zurückweisung erhielt. „Aber ich würde dennoch gerne versuchen das alles wieder hinzukriegen ... Als Familie", beendete der junge Drachenreiter seine Entscheidungsverkündung. Tatsächlich war dieser Entschluss für ihn erstaunlich schnell festgestanden, was vor allem daran lag, dass es für ihn die einmalige Gelegenheit war eine komplette Familie zu haben. Diese Chance durfte er sich nicht entgehen lassen. Und selbst wenn es schief gehen würde, dann brauchte er sich zumindest nicht vorzuwerfen, dass er es nicht versucht hätte. Erleichtert schaute Haudrauf auf und eilte zu seinem Sohn, um ihn in eine Umarmung zu ziehen. „Ich werde dich nicht enttäuschen, mein Sohn. Nie mehr", versicherte er ihm. Hicks nickte nur. Er wusste nicht, ob er ihm diese Worte tatsächlich glauben konnte, aber er war gewillt es darauf ankommen zu lassen. Lächelnd schloss sich Valka den beiden Männern ihres Lebens an und wurde sogleich in die Familienumarmung integriert. Allen Beteiligten war bewusst, dass es mehr als nur schwer für sie sein würde alles Vorgefallene aufzuarbeiten und zusammenzufinden, aber sie würden sich die allergrößte Mühe geben, so viel stand fest. Für Grobian war es zumindest jetzt schon ersichtlich, dass sie ihre Differenzen irgendwann überwinden würden, immerhin war er gut mit Haudrauf und Valka befreundet und Hicks ... Naja, er war so ziemlich eine Mischung der Beiden. Sie würden es mit der Zeit hinbekommen, da würde der Schmied glatt all seine Bein-Prothesen drauf verwetten und seine Unterhose noch dazu. Er freute sich jetzt bereits darauf wieder Zeit mit seinem ehemaligen Schützling in der Schmiede zu verbringen und an seine Freundschaft mit Valka anzuknüpfen. Aber besonders freute er sich auf das nächste Snoggletog, an dem endlich keiner aus der Haddock-Familie, die außerdem auch seine Familie darstellte, fehlen würde. Wie genau die Drachen in dieses Leben hineinpassten, würde sich schon irgendwie ergeben. Irgendwie und irgendwann würde alles so kommen, wie es sein sollte, schließlich hatte ja auch alles was passiert war - schöne und schlechte Erinnerungen, gute und schlechte Entscheidungen - dazu geführt, dass sie jetzt hier versammelt waren, bereit für eine gemeinsame Zukunft.
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