Das Berk Gedenktheater
Heute war ein kühler Sommertag und die Sonne schien nur leicht durch das Wolkendach. Die kleine Truppe hätte sich wirklich einen besseren Tag aussuchen können, um nach Berk zu fliegen, doch Haudrauf hatte sie mit einer dringenden Schreckenspost sofort zurückgeholt. Nicht einmal Hicks wusste, was das Anliegen seines Vaters war. Normalerweise schrieb er immer, worum es sich handelte, doch nun!? Daher vermutete Hicks, dass es nichts erfreuliches war. Schließlich landeten die sieben Drachenreiter auf der kleinen Insel. Das Oberhaupt erwartete die Ankömmlinge bereits auf dem Dorfplatz und forderte sie sogleich auf, ihm in die Große Halle zu folgen. Als sie dort angekommen waren, wollte der Anführer der Jugendlichen endlich wissen, was denn nun los war: „Vater, was ist passiert? Wurdet ihr von jemandem angegriffen?" - „Angegriffen!? Im Gegenteil!", lachte Haudrauf. Verwirrt warteten die Freunde auf eine Erklärung, die auch gleich folgte: „In einer Woche feiern wir den Tag des aller ersten Friedensschlusses Berks mit einem verfeindeten Stamm. Dieser Stamm war lange Zeit mit den Berkianern verfeindet, doch vor nunmehr fast 50 Jahren wurde dieser Streit beigelegt und eine Freundschaft entstand. Leider ist die Insel dieses alten Stammes vor langer Zeit vernichtet worden und wir haben seither alle 10 Jahre zu ihrem Gedenken ein Fest veranstaltet. Es ist ein alter Brauch, dass ein Theaterstück von der Jugend aufgeführt wird und die Ingermanns haben freundlicherweise angeboten, sich um alle diesbezüglichen Vorbereitungen zu kümmern. Fischbein, da du zur Familie Ingermann gehörst, wird dir die Ehre zuteil, das Stück zu schreiben. Raff, Taff ihr werdet die Hauptrollen übernehmen, da es immer am einfachsten war, die einem Geschwisterpaar zu geben. Die Anderen helfen bei den Vorbereitungen. Ich möchte, dass alles perfekt wird, immerhin sind 50 Jahre eine ziemlich große Sache! Vermasselt es ja nicht!". Mit dieser Mahnung verließ Haudrauf auch schon den Saal.
„Uuuuhhh! Ich darf das Stück schreiben!? Das ist unglaublich! Oh Thor ich muss mich sofort informieren!", rasch eilte Fischbein zu dem Aufbewahrungslager der alten, antiken Schriftrollen, wo nur wenige Wikinger Zutritt hatten, doch zu ebendiesen gehörte er. Für ihn war es eine riesige Chance, da er sich als Verfasser des 50 jährigen Friedenstheaters einen Platz in den alten Schriftrollen sichern würde und so nicht in Vergessenheit geraten könnte. „Was!? Ich ... Eine Hauptrolle!? Wer ist denn auf so eine blöde Idee gekommen?", fragte Taff. „Soll das etwa bedeuten, dass ich mich mit meinem Bruder ver ... Würg! ... Vertragen muss?", streubte sich Raffnuss lautstark, wobei ihr dieses Wort nur schwer über die Lippen kam. „Hah! Geschwister die sich vertragen? Dass es das überhaupt gibt!? Also die Zwillinge streiten sich doch andauernd. Man wird das ein Reinfall!", lachte Rotzbakke und verschwand. Hicks und Astrid waren überaus zufrieden mit ihrer Aufgabe. Aber es war ihnen bereits jetzt klar, dass Rotzbakke ihnen keine Hilfe sein würde. „Also ich glaube auch nicht wirklich, dass Raff und Taff das hinkriegen", flüsterte Heidrun. Da konnten Hicks und Astrid nur zustimmend nicken. Die Zwillinge waren bereits wieder am streiten, als Heidrun die Große Halle verließ, um ihrem festen Freund Fischbein in das Archiv zu folgen. Sie wollte ihn so gut es ging unterstützen, immerhin waren sie erst vor wenigen Wochen ein Paar geworden und das war eine tolle Gelegenheit, um ihm zu zeigen, wie sehr sie hinter ihm stand.
Schon am übernächsten Tag konnten die Proben beginnen. Fischbein, der die letzten beiden Nächte durchgearbeitet hatte, um das Stück so gut wie fertig zu stellen, schaute bei den Proben zu, damit auch ja alles nach seinen Wünschen gespielt würde. Die Zwillinge waren widerwillig ebenfalls erschienen und standen nun auf der Bühne, die jedoch noch über keine Kulisse oder Beleuchtung verfügte. Am Anfang lief es super, die Streit-Szenen wurden von den Geschwistern glaubwürdig vorgetragen, was größtenteils daran lag, dass sie sich wirklich mit allem und jedem stritten. Doch als es zu der Szene kam, wo die Zwillinge sich vertragen sollten, ging die ganze Sache den Bach hinunter, sodass die Thorston Geschwister sich sogar weigerten, jemals wieder etwas gemeinsam zu tun. Dagegen verstießen sie natürlich sogleich, als sie auf ihrem gemeinsamen Zipper davonflogen, doch ihre Zusammenarbeit auf der Büne war definitiv beendet. Heidrun war bereit einzuspringen und ganz plötzlich war auch Rotzbakke einverstanden. Aber als sie am darauffolgenden Tag die Proben begonnen, kamen sie auch nicht viel weiter. Eigentlich kamen sie nicht einmal so weit wie die Zwillinge, da Rotzbakke andauernd versuchte, Heidrun von sich zu überzeugen und sie Fischbein auszuspannen. Dies regte nicht nur Heidrun auf, sondern auch ihren Freund, der die schwarzhaarige Drachenreiterin sofort aus dieser Situation befreite. Jedoch stand er nun erneut ganz am Anfang. Die Vorführung war in vier Tagen und sie hatten noch keine Schauspieler für die Hauptrollen.
Nun hieß es für Fischbein sich etwas zu überlegen: 'Also Raff und Taff sind raus, da sie sich nie vertragen könnten, jedenfalls nicht auf Befehl hin. Rotzbakke ist einfach eine zu große Zumutung, welche Wikingerin würde das schon mitmachen? Heidrun will ich es nicht nochmal antun mit einem fremden Mann auf der Bühne stehen zu müssen ... Naja eigentlich will ich mir das nicht antun! Aber ich kann auch nicht mitmachen! Ich habe viel zu viel zu tun und da ist dann auch noch dieses bescheuerte Lampenfieber! Also gut, die weibliche Hauptrolle zuerst: Raffnuss und Heidrun sind raus ... Also bleibt nur noch ... O oh! Astrid wird sich niemals darauf einlassen und ganz davon abgesehen kann ich sie auf gar keinen Fall mit Rotzbakke spielen lassen! Einer von den Beiden würde die Vorstellung bestimmt nicht überleben und dieser jemand wäre ganz sicher nicht Astrid! Aber ich muss sie einfach überreden, nur wie? Und mit wem soll sie überhaupt zusammenarbeiten? Rotzbakke geht gar nicht, ich selbst kann das nicht tun und Taffnuss ist auch ausgeschlossen ... Nicht doch! Hicks wird nie einwilligen! Wie soll ich es nur schaffen Astrid und Hicks davon zu überzeugen, auf die Bühne zu gehen, obwohl sie es nicht wollen? Dabei weiß ich, dass sie das toll machen würden! Astrid und Hicks wären eigentlich die perfekte Besetzung, immerhin vertragen sie sich und Hicks wäre so ziemlich der Einzige, bei dem Astrid nicht ausrasten würde, wenn sie das Stück spielt. Sie sind meine letzte Rettung! Ich muss es schaffen, sonst ist das Stück ruiniert!'.
Nachdem er beschlossen hatte, dass Hicks und Astrid die Hauptrollen übernehmen sollten, kehrte er zu seiner Freundin zurück, die gerade in der Arena trainierte. „Hey, hast du eine Lösung gefunden?", fragte Heidrun sogleich liebevoll, als sie ihn sah. „Naja ... Ja! Aber das wird nicht leicht", stöhnte er. „Was ist denn das Problem?", erkundigte sie sich. „Die Einzigen, die für diese Aufführung in Frage kämen, sind Hicks und Astrid! Aber beide wollen nicht auf der Bühne stehen und sich vor dem Volk 'blamieren' wie sie es sagen", jammerte er. „Hicks und Astrid? Das ist doch perfekt! Bei ihnen würde das Stück bestimmt ein voller Erfolg! Hmm ... Mach dir keine Sorgen, ich habe schon einen Plan, wie wir sie dazu bringen können, die Rollen anzunehmen", grinste Heidrun und flüsterte ihrem Freund die Idee ins Ohr. Sofort machten sie sich an die Ausführung und kehrten anschließend in die Arena zurück.
Knapp eine Stunde später tauchte ein wütender Hicks bei ihnen auf und schrie: „Fischbein, was fällt dir ein, meinem Vater zu erzählen, dass ich die einzige Option für die männliche Hauptrolle sei? Jetzt zwingt er mich bei diesem dummen Stück mitzuspielen! Ich verstehe ja, dass du dringend jemanden brauchst, der diese Rolle übernimmt, aber dass du zu solchen Mitteln greifst, hätte ich wirklich nicht von dir gedacht!" - „Es tut mir leid, aber sonst hättest du doch nie ja gesagt", entschuldigte sich Fischbein kleinlaut. Hicks jedoch blieb hart und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „Ach komm schon, Hicks! Es wird bestimmt nicht so schlimm, immerhin hast du Astrid die ganze Zeit an deiner Seite", versuchte Heidrun es ihm schmackhaft zu machen. „Ihr zieht Astrid da mit hinein? Sie will doch genauso wenig mitspielen wie ich!", rief er empört. „Zusammen schafft ihr das bestimmt, da bin ich mir sicher", versuchte es Fischbein. Heidrun verließ die Arena, um ihre Freundin aufzusuchen und die Jungs in Ruhe zu lassen. Der blonde Drachenreiter war nicht gerade sehr erfreut darüber, dass seine Partnerin ihn mit dem wütenden Wikinger alleine ließ, aber immerhin musste diese sich noch um Astrid kümmern, die noch gar nicht wusste, dass sie in dem Theaterstück spielen würde. Der rundliche Junge brauchte noch Ewigkeiten, um seinen Freund und Anführer zu besänftigen, doch schließlich gab Hicks nach, immerhin konnte er gegen den Willen seines Vaters eh nicht ankommen.
Heidrun war nun bei Astrid im Wald angekommen, die dort Axtwerfen übte. Nach einigen belanglosen Fragen kam sie schließlich zum Punkt: „Astrid, was würdest du eigentlich davon halten, wenn du die Hauptrolle in Fischbeins Theaterstück übernehmen würdest?". Die Axt traf mit voller Wucht gegen den Baum, sodass dutzende Splitter durch die Luft sausten. Dies war sicher kein gutes Zeichen, das war Heidrun spätestens klar, als Astrid sich schlagartig umdrehte und laut 'Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein!?' rief. „Fischbein braucht dringend eine weibliche Besetzung", erklärte sie ruhig. „Soll er doch eine andere Wikingerin nehmen! Ich mache da jedenfalls nicht mit!", lehnte Astrid ab. „Da wird Hicks bestimmt sehr enttäuscht sein", murmelte Heidrun, jedoch bewusst so, dass es gut zu hören war. „Was, Hicks spielt mit?! Freiwillig?", die Blondine konnte es nicht glauben. „Ja, er hat sich sehr gefreut, dass er mit dir spielen darf", schönigte es die Schwarzhaarige. „Ich glaube eher, dass ihr es Haudrauf erzählt habt und Hicks nun gezwungen ist, die Rolle zu übernehmen! Wie könnt ihr ihm das nur antun?!", durchschaute es die Berkianerin sofort. „Wir hatten keine andere Wahl! Trotzdem war er froh, dass er mit dir spielen darf, wenn er das schon machen muss! Das habe ich ihm ganz deutlich angesehen", meinte Heidrun. „Und wenn schon", weigerte sich Astrid gegen die Andeutung ihrer Freundin.
Doch Heidrun gab nicht auf. „Hey, ich habe schon mal gehört, dass zwei Wikinger sich bei den Proben einer Aufführung ineinander verliebt haben und noch vor der Premiere zusammen gekommen sind", berichtete diese. „Ich bin nicht in Hicks verliebt! Wir sind nur Freunde! FREUNDE!", protestierte Astrid wütend. „Schon gut, schon gut! Aber an diese 'Liebe am Theater' glaube ich! Das soll schon oft vorgekommen sein. Ziemlich oft! ... Dann werde ich mich wohl mal im Dorf umhören, wer bereit wäre mit diesem ... Ehm ... 'Bescheidenen, heroischen Drachenreitertypen' auf der Bühne zu stehen. Wer weiß, vielleicht hat Hicks schon bald eine feste Freundin", grinste Heidrun schelmisch. Sie drehte sich um und ging langsam in Richtung Dorf, damit ihr Bluff wirken konnte. Astrid stand regungslos da und wurde von dieser Vorstellung ganz blass im Gesicht. Schließlich fasste sie sich und rannte in großen Schritten der Berserkerin hinterher: „Heidrun, warte! ... Na schön, ich mach es! Aber nicht, weil ich in Hicks verliebt bin, verstanden!?" - „Sicher doch", lachte Heidrun etwas sarkastisch, was Astrid rot werden ließ. Ihr war es unangenehm, dass ihre Freundin offensichtlich durchschaut hatte, dass sie Angst hatte, Hicks an eine andere Wikingerin zu verlieren und eifersüchtig war.
Am nächsten Morgen begannen die Proben und diesmal schafften sie es tatsächlich das Stück bis zum momentanen Ende durchzuspielen. Schon nach einiger Zeit war es ziemlich gut gelaufen. Während der ersten Szene war die Stimmung noch etwas angespannt gewesen, doch bald hatte sich das gelegt und Hicks und Astrid waren wieder das gelassene, unschlagbare Team wie sonst auch. Nun, da die Proben endlich klappten, konnte Fischbein sich auf die endgültige Fertigstellung konzentrieren, denn es fehlte noch die aller letzte Szene, wo die beiden zukünftigen Stammesführer offiziell Frieden und Freundschaft schlossen. Hier plante Fischbein eine große Zeremonie, was aber schlecht darzustellen war, weshalb er es immer wieder umarbeiten musste und noch einen weiteren Tag zu keinem Ergebnis kam. Nun war es der Abend vor dem letzten Probetag. So gut wie alle Szenen saßen perfekt und es fehlte nur noch der minimale Feinschliff und natürlich die letzte Szene, die Fischbein heute noch fertigstellen musste. Heidrun war etwas enttäuscht, dass Hicks und Astrid weiterhin nur Freunde waren und nicht schon ein Paar, weshalb sie ein leckeres Essen für Fischbein zubereitete, um ihrem Freund von einer ganz speziellen Ideen für die Abschlussszene zu überzeugen.
Fortsetzung folgt ...
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