Ein Tag auf der Drachenklippe
Rowin:
Es war noch relativ früh am Morgen, als ich erwachte, Heidrun schlief immer noch tief und fest in ihrem Bett. So leise wie möglich verwandelte ich mich in einen Menschen und schlich mich aus der Hütte. Mit einem Grinsen im Gesicht stürzte ich mich von dem Steg davor in die Tiefe, während des Falls nahm ich wieder meine Nachtschattengestalt an und genoss den freien Fall. Kurz vor der Wasseroberfläche stellte ich meine Flügel schließlich auf und schwang mich mithilfe der Fallgeschwindigkeit in die Lüfte. Die nächste Stunde verbrachte ich damit einige Flugkunststücke zu vollführen und die Zeit allein im unendlichen Blau des Himmels zu genießen. Nach diesem kleinen Ausflug hielt ich schließlich Ausschau nach einem Fischschwarm, um mir ein kleines Frühstück zu besorgen. Schnell fand ich einen Schwarm, der dicht unter der Wasseroberfläche schwamm und stürzte mich kopfüber ins Wasser. Keine Minute später schoss ich wieder aus dem Ozean, das Maul randvoll mit Fischen. Noch im Flug schluckte ich die Mahlzeit herunter und stürzte mich nochmal ins Meer, um mit einer weiteren Ladung Fisch im Maul wieder aufzutauchen. Diesmal schlang ich die Tiere jedoch nicht herunter, sondern flog mit ihnen zur Drachenklippe zurück und brachte sie ins Hauptgebäude. Dort entzündete ich erstmal die Feuerstelle mit einem schnellen Plasmablitz und verwandelte mich anschließend wieder in einen Menschen. Schleunigst suchte ich nach einer Bratpfanne, nach kurzer Suche fand ich auch eine, zusammen mit einigen Gewürzen und langhaltbaren, getrockneten Kräutern. Lächelnd machte ich mich ans Werk.
Heidrun:
Verschlafen öffnete ich die Augen und blickte gegen die Decke der Hütte. Es dauerte eine Weile bis ich mich daran erinnerte, dass ich mich auf der Drachenklippe in Hicks altem Haus befand und noch länger dauerte es bis ich alle Ereignisse des letzten Tages wieder zusammen hatte. Müde blinzelte ich zur Steinplatte hinüber, auf der Rowin sich schlafen gelegt hatte, um festzustellen, dass mein Drachenfreund nicht mehr hier war. Langsam richtete ich mich auf und trat noch immer etwas schläfrig aus der Hütte hinaus. Der plötzliche Sonnenschein blendete mich kurzzeitig, doch meine Augen gewöhnten sich schnell an die Lichtverhältnisse. Suchend blickte ich mich um und stellte fest, dass jemand die Feuerstelle im Hauptgebäude wieder entzündet hatte. Mit einem leichten Lächeln ging ich zum Gebäude, schon von Weitem stieg mir ein wahrhaft köstlicher Geruch in die Nase. Als ich den Versammlungsraum schließlich betrat, sah ich, dass Rowin an der Feuerstelle stand und einen Fisch in einer Bratpfanne brutzelte. „Guten Morgen, Schlafmütze!", grüßte der Seelenkrieger lachend. „Guten Morgen, Frühaufsteher", grüßte ich lachend zurück, „Was bei Thor riecht denn hier so gut?" „Das wäre dann wohl ich, mit etwas frisch gefangenem Fisch und noch einigen Gewürzen, damit das Ganze auch nach etwas schmeckt", gab er immer noch lachend zurück.
Bevor ich noch etwas sagen konnte, schnappte er sich ein auf dem Tisch liegendes Messer, nahm die Pfanne vom Feuer und warf den Fisch in die Luft. Blitzschnell schwang Rowin die Klinge durch die Luft und teilte das Tier in vier Teile, welche er mit der Pfanne wieder auffing. Vor Staunen fiel mir fast die Kinnlade runter, während Rowin ganz ruhig die einzelnen Stücke auf eine große Platte schob, auf der sich schon einige andere Fischstücke befanden. „Wenn du Hunger hast, greif ruhig zu", meinte der Chefkoch, „Ich habe genug Fische für uns beide gefangen." Bei diesen Worten nahm er sich beiläufig einen weiteren Fisch von einer zweiten Platte und legte ihn zum Braten in die Pfanne. Schweigend schnappte ich mir ein abgekühltes Stück Fisch vom Teller und biss hinein. Sofort verschlug es mir die Sprache, das schmeckte echt köstlich! „Wow", murmelte ich nachdem den Bissen heruntergeschluckt hatte, „Ich wusste gar nicht, dass du so gut kochen kannst." „Ach, du übertreibst", winkte Rowin ab. Während er bei diesen Worten kurz zu mir hinübersah, wendete er ganz einfach den Fisch, indem er ihn in die Luft warf und wieder auffing, anschließend würzte er immer noch zu mir blickend etwas nach. „Das tue ich nicht, glaub mir. Bei deinen Fähigkeiten kann ich meine Karriere als Köchin an den Nagel hängen!", meinte ich. „Ach, das sollte eine Karriere werden?", fragte Rowin sarkastisch, „Ich hätte gedacht du kochst nur, weil du hungrig bist."
Vor Lachen verschluckte ich mich fast. „Na ja, Hunger hatte ich auch, aber vor allem hatte ich einen Hausgast, den ich nicht verhungern lassen wollte", scherzte ich, „Jetzt ernsthaft, von wem hast du kochen gelernt?" „Von mir selbst", antwortete Rowin, während er einen weiteren Fisch in vier Portionen schnitt, „Ich hatte zuhause ja nie richtige Freunde und meine Eltern waren den ganzen Tag beschäftig, also hatten sie auch nie Zeit, um mit mir zu spielen. Deshalb habe ich nach etwas anderem gesucht, womit ich mich beschäftigen konnte und dabei durch Zufall ein kleines Talent zum Kochen entdeckt, was ich über die Jahre immer weiter verfeinert habe." „Das tut mir leid", versuchte ich ihn zu trösten. Je näher ich ihn kennenlernte, desto mehr tat er mir leid, zwar hatte er mich belogen, aber seine Kindheit war wirklich alles andere als rosig. Irgendwie waren wir beide uns auch ziemlich ähnlich, wenn ich so darüber nachdachte. Wir beide haben wenig bis gar keine Freunde gehabt und hatten irgendwelche Probleme mit unseren Eltern. „Vielleicht passen er und ich doch besser zusammen als ich dachte", überlegte ich so vor mich hin und wunderte mich sofort über mich selbst. Wie kam ich nur auf so etwas? Immerhin ist es ja nicht so als würden wir eine Beziehung führen, oder doch? Nein.
„Das muss dir nicht leidtun, für meine Kindheit kannst du ja nichts", erwiderte Rowin. „Trotzdem hört es sich so an, als wäre dein Leben bisher nicht gerade perfekt gewesen", gab ich zurück. „Das schon, aber daran kann man jetzt auch nichts mehr ändern", meinte er. Gerade hatte er den letzten Fisch fertig gebraten, kleingeschnitten und auf die Platte geschoben. Während ich noch ein Stück aß, holte sich Rowin einen zweiten Stuhl, setzte sich zu mir und nahm sich ebenfalls ein Stück. Für den Rest unseres Frühstücks behielten wir Stillschweigen. Nach beendeter Mahlzeit lehnten wir uns zurück und genossen einfach diesen Augenblick der Stille. „Was mir gerade einfällt, du weißt doch was deine Tätowierung bedeutet, oder?", fragte ich irgendwann. „Du hast recht, das weiß ich. Eigentlich hätte ich es dir auch gerne gesagt, aber ich wollte nicht riskieren, dass du dadurch etwas über die Seelenkrieger erfährst. Dieses Tattoo symbolisiert nämlich den Seelenbund zwischen mir und dem Nachtschatten Feuerblitz", erklärte Rowin. „Und was genau bedeuten diese Runen?", erkundigte ich mich. „Also dieser Nachtschatten symbolisiert schlicht die Drachenart, von der der Drache, der sich mit mir vereint hat, stammt", erklärte Rowin nach einer Weile, „Die restlichen Runen bedeuten übersetzt so viel wie ‚Seelenbund, mögen sich die Seelen von Drache und Mensch vereinen, um auf ewig verbunden zu bleiben'. Diese Tätowierung erhält bei meinem Volk, wie schon gesagt, jeder, der an seinem 13. Geburtstag seine Wahl besteht und seinen Seelenpartner findet."
„Wirklich unglaublich, aber wieso leuchtet es, bei euren Verwandlungen? Ich meine, es ist doch nur ein Tattoo?", fragte ich. „Allerdings kein normales Tattoo", antwortete er mit einem Grinsen, „Wir erhalten es auf magische Weise sobald wir uns endgültig mit unserem Seelenpartner vereint haben. Niemand weiß genau wie es funktioniert, aber wir wissen, dass diese Tätowierung nicht mehr wegzubekommen ist." „Wow", staunte ich, „und dieser Seelenpartner ist die Drachenseele, die euch Seelenkriegern am meisten entspricht, richtig?" „Ja, genau", bestätigte er, „du lernst echt schnell." Augenblicklich wich jedoch ein großer Teil von Rowins Freude aus seinem Blick. „Was ist los?", fragte ich besorgt. „Ich muss immer wieder daran denken, was die anderen Seelenkrieger dir antun werden, wenn sie dich finden und herausfinden wie viel du über uns weißt", gestand er mit gesenktem Blick. „Keine Sorge, ich bin zäher als ich aussehe! Wenn die mich fertig machen wollen, können die es gerne versuchen!", erwiderte ich enthusiastisch.
„Mir gefällt dein Selbstvertrauen, aber gegen einen Seelenkrieger hast du keine Chance", warnte er, „Du hast es noch nicht gemerkt, da du außer mir noch keinen anderen von uns getroffen hast und ich nicht gegen dich kämpfen will, aber der Seelenbund macht uns viel stärker, als normale Menschen." „Aber das könnt ihr doch nur in eurer Drachengestalt ausnutzen, oder?", fragte ich, zugegeben etwas unsicher. „Oh nein", meinte Rowin sofort, „die Auswirkungen eines Seelenbundes sind auch in der menschlichen Gestalt deutlich spürbar. Kurz gesagt sind wir Seelenkrieger deutlich stärker, schneller und ausdauernder, als es andere Menschen sind. Allgemein lässt sich sagen, dass jeder Seelenkrieger, selbst in seinem schwächsten Moment oft stärker ist, als ein normaler Mensch in bester Verfassung." „Das ist ein Scherz, oder?", fragte ich leicht verzweifelt. „Leider nicht", gab Rowin zurück. Kurz versuchte ich, nicht auszurasten. Mein ganzes Leben lang hatte ich jeden Kampf angenommen und meist auch gewonnen, doch nun kamen Gegner auf mich zu, die ich einfach nicht schlagen konnte.
Nach dieser Erkenntnis herrschte vorerst wieder Stille zwischen uns, als ich schließlich anfing die verstrichene Zeit am Stand der Sonne abzuschätzen. Leicht entsetzt stellte ich fest, dass es bereits Mittag war. Rowin hatte meinen Blick wohl auch gesehen, denn er blickte ebenfalls ungläubig nach draußen. „Wie wäre es mit einem kleinen Ausflug? Ich meine so ein paar schnelle Flugkunststücke vom Rücken eines Nachtschattens sind schon was Schönes und letztes Mal sind wir dazu ja nicht gekommen", fragte er und musste offensichtlich fast loslachen. Auch ich musste mir, in Erinnerung an unseren ersten Flug auf Windfang, ein Lachen verkneifen. „Warum nicht", sagte ich dann, „ich habe mich schon immer gefragt, wie sich Hicks wohl fühlt, wenn er allein mit Ohnezahn durch die Lüfte rast." „Dann los!", rief er dann und sprang auch schon auf. Grinsend folgte ich Rowin nach draußen, wo er am Rand der Plattform, vor dem Haus stehen blieb und sich in einen Nachtschatten verwandelte. Wieder beugte er sich leicht nach unten, um mir das Aufsteigen zu erleichtern, was ich gerne annahm. Nachdem ich relativ sicher auf seinem schuppigen Rücken saß, drehte Rowin seinen Drachenkopf zu mir warf mir einen ‚Kann es losgehen?'-Blick zu. „Ja, aber sei bitte vorsichtig", bat ich.
Rowin:
Ich musste schmunzeln, als Heidrun mich bat, ihren ersten wirklichen Ausflug auf einem Nachtschatten vorsichtig anzugehen. Kurz überlegte ich, ob ich einfach ihre Aussage ignorieren und mich mit voller Geschwindigkeit in den Himmel stürzen sollte. Schlussendlich kam mir jedoch eine bessere Idee, für welche ich mich dann auch entschied. Quälend langsam öffnete ich meine Flügel und schwang mich übertrieben behutsam in die Luft. Ruhig und gemächlich drehte ich einige Runden hoch über dem Ozean, wobei wir sogar von einigen Schrecklichen Schrecken und Seemöwen überholt wurden. Nach einer Weile wurde es Heidrun endlich zu langweilig, weshalb sie mir gegen den Kopf tippte und fragte: „Entschuldigung, aber geht das nicht etwas schneller?" Darauf hatte ich die ganze Zeit lang gewartet, mit einem breiten, zahnlosen Grinsen warf ich ihr einen ‚Wenn es sein muss!'-Blick zu und ging ohne Vorwarnung in einen Sturzflug über. Heidrun kreischte erschrocken auf, was mich noch mehr dazu anspornte, ihr die schnellsten Flugmanöver und Kunststücke vorzuführen, die ich kannte.
Kurz bevor wir ins Meer eintauchten, streckte ich die Flügel und nutzte die Fallgeschwindigkeit für einen rasanten Aufstieg. Als wir auf Höhe der Wolken waren legte ich die Schwingen wieder an und vollführte eine nie enden wollende Rolle zur Seite. Immer wieder überschlugen wir uns und nach den Geräuschen, die von meinem Rücken kamen, zu urteilen, wurde meiner Mitfliegenden schon nach zehn Rollen schlecht. Trotzdem hörte ich erst nach 15 auf und stürzte mich danach wie ein Pfeil wieder in die Tiefen. Gurrend vor Freude wiederholte ich den ganzen Vorgang mit dem freien Fall und dem Wiederaufstieg, nur dass ich dieses Mal nicht zu einigen Schrauben, sondern Loopings ansetzte. Auch hierbei wurde Heidrun wohl ziemlich schnell übel, weshalb ich nach etwa sieben, oder acht Überschlägen aufhörte und mich damit begnügte im Zickzack durch die Wolken zu jagen. „Langsamer Rowin!", presste die Berserkerin es irgendwann heraus, „Bitte, ich glaube ich muss gleich..." Den Rest des Satzes sollte ich wohl nie erfahren, da Heidrun plötzlich ein würgendes Geräusch von sich gab. Sofort reagierte ich, indem ich mein Tempo drastisch verlangsamte und nur noch geradeaus flog.
Es dauerte eine, zumindest für mich, erstaunlich lange Zeit, bis sich Heidruns Magen soweit beruhigt hatte, dass sie wieder gefahrlos sprechen konnte. „Bist du verrückt geworden?", fragte sie mich dann. Mit einem gespielten Unschuldsblick drehte ich meinen Kopf zu ihr und stellte dabei erstaunt fest, dass sie ganz schön grün im Gesicht geworden war. „Tja, so ein Flug auf einem Nachtschatten ist eben doch anders, als einer auf einem Klingenpeitschling", dachte ich amüsiert. „Du brauchst gar nicht so unschuldig dreinzublicken, ich weiß doch, dass das alles Absicht war", meinte sie und versuchte dabei wohl wütend zu klingen, was ihr jedoch nicht gelang. Stattdessen brachte mich ihre Aussage nur zum Lachen, was Heidrun noch mehr aufregte. „Hör sofort auf so zu lachen!", forderte die Berserkerin, „Das ist echt nicht witzig!" Mit einem verspielten Grinsen warf ich ihr einen ‚Ist es doch!'-Blick zu und erntete dafür noch einen wütenden Blick von Heidrun. Aber um es mir nicht mit ihr zu verscherzen, ging ich langsam runter und landete auf einer kleinen Insel vor der Drachenklippe. Dort ließ ich meinen Gast schließlich absteigen und verwandelte mich zurück in einen Menschen. „Was sollte das denn?", fragte Heidrun leicht verärgert. „Tut mir leid, aber in meiner Nachtschattengestalt übernimmt mein Seelenbruder einen großen Teil der Kontrolle über meine Handlungen und er will gerne mal spielen", entschuldigte ich mich, erntete dafür aber ein vorwurfsvolles Gefühl von Feuerblitz.
„Du erwartest nicht ernsthaft, dass ich dir das glaube, oder?", fragte Heidrun. „Stimmt, das tue ich wirklich nicht", antwortete ich und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Offensichtlich war mein Lachen ziemlich ansteckend, denn keine Minute später wand sie sich ebenfalls in einem Lachkrampf und hielt sich den Bauch. Nachdem wir uns endlich beide beruhigt hatten, was überraschend lange dauerte, hatte Heidrun meinen kleinen Streich schon wieder vergessen. „Das hier ist langsam wirklich wie ein Tag auf der Drachenklippe mit Hicks und den anderen", meinte Heidrun dann. „Wegen den Flugkunststücken?", fragte ich neckend. „Nein, weil es eine Überraschung nach der anderen gibt", gab sie kichernd zurück. „Ich hoffe das heute waren angenehme Überraschungen?", erkundigte ich mich. „Größtenteils ja", meinte Heidrun. „Freut mich zu hören", gab ich zurück, „Wollen wir dann zurück zur Klippe?" „Gerne, aber dieses Mal bitte ohne diese ganzen Kunststücke", bat sie. „Wenn du es unbedingt willst, werde ich es dir nicht verwehren", lenkte ich schmunzelnd ein.
Bevor Heidrun noch etwas erwidern konnte, nahm ich wieder meine Nachtschattenform an und bedeutete ihr aufzusteigen. Mit etwas Misstrauen in ihrem Blick folgte sie meiner Geste und hielt sich gut an mir fest. „Kann losgehen", meinte sie dann. Kurz war ich versucht, doch noch einige rasante Flugkunststücke zu vollführen, aber dann entschied ich mich, Heidruns Toleranz nicht weiter auf die Probe zu stellen. Deshalb flog ich ganz entspannt und gesittet herüber zum Gemeinschaftshaus und landete vorsichtig auf den Holzbrettern. „Na geht doch", sagte Heidrun, als sie wieder abstieg. Mit einem Lächeln nahm ich wieder meine menschliche Gestalt an. Gerade wollte ich noch etwas zu ihr sagen, als ich plötzlich vom Schrei eines Klingenpeitschlings unterbrochen wurde. Zuerst dachte ich es wäre Leyla und zog kampfbereit mein schlankes Schwert, mit Erleichterung stellte ich jedoch fest, dass es nur Windfang war. „Windfang!", hörte ich Heidrun neben mir voller Freude rufen. Mit einem Lächeln steckte ich das Schwert wieder ein und beobachtete wie sich der Drache majestätisch neben ihrer Reiterin auf den Boden fallen ließ. Sofort umarmte Heidrun den Hals ihrer treuen Gefährtin, die sich über dieses Wiedersehen ebenfalls zu freuen schien. Doch kaum hatten sich die beiden wieder voneinander gelöst, blickte Windfang zu mir herüber und knurrte wütend.
„Was ist denn mit dir los Süße?", fragte Heidrun. „Ich glaube sie ist immer noch wütend, weil ich dich entführt habe", vermutete ich und wandte mich danach an die Drachendame, „Es tut mir leid, dass ich deine Reiterin entführt und dich bedroht habe. Ich war verzweifelt und konnte nicht riskieren, dass Heidrun Hicks erzählt, was ich bin, daher wusste ich mir nicht anders zu helfen." Eine Weile blickte Windfang zwischen mir und Heidrun hin und her. „Meine Reiterin scheint dir zu vertrauen", meinte der Klingenpeitschling dann, „Also werde ich dir verzeihen, doch wenn du auch nur einen kleinen Fehler machst, nur eine kleine Aktion, die Heidrun schadet, werde ich dich fertigmachen." „Also das klingt fair", erwiderte ich. „Warte mal, du kannst Windfang verstehen?", fragte Heidrun ungläubig. „Genauso wie Windfang uns versteht, du vergisst, dass Drachen hochintelligent sind, oder warum denkst du, weiß Windfang immer genau, was du von ihr möchtest?", antwortete ich. „Das war mir schon klar, aber wieso bei Thor kannst du Windfang verstehen?", wiederholte Heidrun ihre Frage. „Jetzt vergisst du, dass die Hälfte meines Geistes immer noch der eines Drachens ist. Selbst jetzt gerade, wo ich eigentlich ein Mensch bin, habe ich trotzdem Zugriff auf das Wissen meines Seelenbruders", erklärte ich. „Unglaublich", staunte Heidrun.
Den Rest des Tages verbrachten Heidrun und Windfang damit, durch den Himmel zu gleiten, um etwas verlorene Zeit aufzuholen. Ab und an gesellte ich mich zu ihnen, doch die meiste Zeit ließ ich die Beiden in Ruhe, stattdessen machte ich mich daran eine zweite Hütte, in der ich schlafen konnte, sauber zu machen. Dabei entschied ich mich für eine, die blau gestrichen und mit einem hölzernen Nadder-Kopf verziert war, also vermutlich die von Astrid. Drinnen befand sich ein wahres Wirrwarr an Waffen, offensichtlich hatte sie ihre Hütte etwas hastig verlassen und konnte dabei nicht alle ihre Waffen einpacken. Am Abend flog ich noch schnell los, um einige Fische zu fangen, die ich dann zu einem kleinen Abendessen zubereiteten wollte. Natürlich brauchte ich dieses Mal etwas mehr Fisch, da ich ja noch einen ganzen Drachen mitzuversorgen hatte, aber in der Hütte hatte ich auch ein kleines Netz gefunden, was ich zum Fischen umfunktioniert hatte. So hatte ich trotz allem relativ schnell die nötige Menge an Fischen zusammen, die Meisten davon hatte ich für Windfang in einen Korb gepackt, nur einige wenige, bereitete ich für Heidrun und mich zu. Kurz nach Sonnenuntergang kamen die Reiterin und ihr Drache schließlich zurück und machten sich hungrig über das Essen her.
„Also, bei jedem anderen Koch hätte ich nicht zweimal an einem Tag Fisch essen können", behauptete Heidrun zwischen zwei Bissen, „aber bei dir schmeckt es einfach zu gut." „Danke für das Lob", erwiderte ich. „Und hast du eine zweite Hütte zum Schlafen aufgeräumt, während Windfang und ich in der Luft waren?", fragte sie. „Allerdings, wenn ich mich nicht täusche müsste es die von Astrid sein", gab ich zurück. „Hättest du was dagegen, wenn ich die Hütte nehme und du wieder in Hicks Haus schläfst?", erkundigte sie sich. „Nein, von mir aus können wir das so machen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top