Die Wahrheit

Rowin:
Unruhige, ziemlich düstere Träume hatten mich die ganze Nacht über geplagt, weshalb ich froh war, endlich von einigen Sonnenstrahlen geweckt zu werden. Einige Sekunden vergingen, bevor ich rekapituliert hatte, wo genau ich mich befand. Ich lag in einer Höhle, die bis gestern Abend noch von einem Riesenhaften Albtraum bewohnt wurde, denn ich aus Frust und Wut herausgefordert hatte. Nach einem gewonnen Kampf hatte ich mir seine Höhle unter den Nagel gerissen und mich darin meiner Trauer hingegeben, bis ich mich am Abend in den Schlaf geweint hatte. „Na, sind wir endlich bereit mir etwas Aufmerksamkeit zu schenken?", fragte Feuerblitz bockig. Gestern war ich so traurig, wütend und frustriert, dass ich ihn einfach ausgeblendet habe. „Tut mir leid, dass ich dich ignoriert habe, Feuerblitz", bat ich um Verzeihung, „Ich wollte gestern einfach nur meine Ruhe haben und mit niemandem reden." „Ich weiß, aber dann lass uns wenigstens jetzt über die Sache mit Heidrun reden", schlug mein Seelenbruder vor.

Sofort verfinsterte sich meine Stimmung wieder etwas. „Muss das sein?", murrte ich. „Ja, das muss sein Rowin", erwiderte Feuerblitz, „Ich glaube da gibt es nämlich ein paar Sachen, die du nicht ganz richtig verstanden hast." „Was soll man da bitte nicht richtig verstehen", gab ich kurz angebunden zurück, „Sie hat in mir nur den großen starken Nachtschattenkrieger gesehen und sich in ihn und seine Macht verliebt. Dann hat sie gestern erkannt, dass dieser Krieger bereits vergeben ist und hat mit mir Schluss gemacht. Eigentlich ziemlich einfach zu verstehen, warum willst du nochmal darüber reden?" Die Stimme meines besten Freundes in meinen Gedanken war laut und wütend, als er mir antwortete, was mich völlig erschrak. „Weil du da etwas grundlegend falsch verstanden hast Rowin!", sprach er zornig, „Denkst du wirklich, dass Heidrun sich in den großen Nachtschattenkrieger verliebt hat, wo du ihr doch nicht mal erklärt hast, was das Besondere daran ist, so jemand zu sein? Außerdem warst du an den Tagen, an denen du Heidrun in ihren Fähigkeiten als Seelenkriegerin unterwiesen hast, so glücklich, wie noch nie zuvor. Das habe ich in deinem Geist eindeutig gespürt, also versuch erst gar nicht es zu leugnen, mein Freund. Darüber hinaus habe ich schon immer gespürt, dass du dich sowohl im Seelenreich, als auch in der Öffentlichkeit der Berserker Insel immer verstellt hast und dabei eher unglücklich warst. Einzig und allein bei Heidrun warst du jemals du selbst und noch dazu überglücklich. Du lässt dir die Sicht von deinen schlechten Erfahrung aus deiner Vergangenheit vernebeln und kannst dadurch nicht mehr klar denken. Wenn du die Situation mal ganz genau betrachtest, musst du doch zugeben, dass sich Heidrun nur in dein wahres Ich verliebt haben kann und nicht in den großen Nachtschattenkrieger!"

Die Worte meines Seelenbruders hatten mich völlig verunsichert, könnte er recht haben? Heidrun hatte sich ja entschuldigen wollen, als sie mich verfolgt hatte, nur das ich viel zu verletzt war, um sie richtig zu verstehen. „Sie hat es bereut was sie gesagt hat und ich Idiot habe sie einfach weggestoßen, als sie um Verzeihung bitten wollte", schoss es mir durch den Kopf. „Ja, also beweg gefälligst deinen dreimal verfluchten Hintern zurück auf die Drachenklippe und entschuldige dich bei ihr, du selbstbemitleidendes Drachen-Baby!", forderte Feuerblitz mit Nachdruck. Sofort richtete ich mich auf, erhob mich mit einigen Flügelschlägen in den Himmel und nahm zielstrebig Kurs auf die Drachenklippe. Hoffentlich hatte Heidrun noch nicht beschlossen zu ihrer Insel zurückzufliegen.

Es dauerte kaum eine Stunde bis ich den Weg zum alten Stützpunkt von Hicks Truppe hinter mich gebracht hatte. Als erstes sah ich im Gemeinschaftshaus nach, doch dort war Heidrun nicht. Hektisch hob ich wieder vom Boden ab und suchte die ganze Insel nach ihr ab, jedoch ohne Erfolg. Gerade wollte ich zur Berserker Insel aufbrechen, um dort nach ihr zu suchen, als ich ganz kurz über Hicks Hütte hinwegflog und dabei eine völlig geschaffte Heidrun aus der Tür treten sah. „Hat sie bis eben gerade geschlafen?", fragte ich mich im Stillen, „Die Arme hat das gestern wohl noch schlimmer getroffen, als mich." Trotzdem stieß ich einen lauten Freudenschrei aus, immerhin war sie noch hier geblieben und ich musste nicht extra das ganze Inselreich nach ihr absuchen. Heidrun hatte den Schrei natürlich gehört und blickte mir erleichtert entgegen. „Rowin!", rief sie freudig und ich dachte schon sie würde sich gleich verwandeln, um mir entgegen zu fliegen. Glücklicherweise erkannte sie wohl gerade noch rechtzeitig, dass ich zum Landeanflug angesetzt hatte, weshalb sie stehen blieb. Etwas zu hastig kam ich auf den Holzbrettern auf und verlor dabei fast mein Gleichgewicht, das bescherte mir ein lautes Lachen seitens Heidrun und Feuerblitz. Normalerweise hätte ich mich darüber aufgeregt und sofort verlangt, dass beide aufhören sollten, doch im Moment war ich einfach nur froh sie lachen zu sehen. Lächelnd nahm ich wieder meine menschliche Form an und trat zu Heidrun hinüber.

Eine Weile lang standen wir einfach nur da, ohne dass sich einer traute, ein Gespräch anzufangen. „Ich bin so froh dich zu sehen Rowin", begann Heidrun schließlich. „Ich auch", erwiderte ich, „das, was da gestern passiert ist, tut mir übrigens schrecklich leid. Es ist nur so, dass ich nicht sehr gerne über meine Vergangenheit rede und dass Baldor da gestern einfach alles ausgeplaudert hat, hat eine Menge alter Wunden aufgerissen." „Ist schon gut, ich hatte früher auch Probleme damit, über meine Vergangenheit zu reden", gestand Heidrun, „Ich war gestern nur etwas verwirrt, von allem, was Baldor angesprochen hat, deshalb wollte ich so schnell wie möglich deine Meinung dazu hören. Entschuldige bitte, dass ich dabei so unsensibel vorgegangen bin." „Nein, ich hätte dir das alles schon viel früher erzählen sollen, ich wusste nur nicht wie", erklärte ich ihr, „Aber wenn du bereit wärst, mir noch eine zweite Chance zu geben, dann werde ich dir alles erzählen, was du über mich wissen musst." So etwas hatte ich noch niemandem angeboten, aber Heidrun war anders, sie war die eine Person der ich mich anvertrauen wollte und die ich lieben konnte. „Wenn du es willst, aber ich möchte, dass du weißt, dass du jederzeit aufhören kannst, wenn du nicht weiterreden möchtest", stellte sie klar. „Ich verstehe. Danke, aber ich möchte wirklich, dass du es weißt", gab ich zurück, „Diese Geschichte dauert etwas länger, also gehen wir lieber ins Gemeinschaftshaus." „Einverstanden", lenkte Heidrun ein.

Schnell hatten wir die Feuerschale im Gemeinschaftshaus wieder entzündet und uns gemütlich hingesetzt. „Also, meine Geschichte beginnt vor etwa 19 Jahren", begann ich meine Erzählung, „damals war ich unter den anderen Kindern der Seelenkrieger nicht sehr beliebt, da ich merklich kleiner und schwächer war als sie. Aus diesem Grund ärgerten sie mich fast rund um die Uhr, weshalb ich mich meist in die Bibliothek verzog, um zu lesen. Schließlich kam jedoch der eine Tag, der mein ganzes Leben verändern sollte, mein 13. Geburtstag, an dem nach den Traditionen meines Stammes auch meine Seelenwahl stattfinden sollte. Dabei hatte ich ehrlich gesagt die Hoffnung von einem Drachen erwählt zu werden, der sehr kämpferisch und furchteinflößend ist. Ich wollte einen starken Seelenpartner, der mir helfen konnte, doch ich hätte nie gedacht, dass mein Wunsch so genau erfüllt wurde. Jedenfalls, als ich im Seelenstein nach meinem Seelenpartner suchte, stieß ich zunächst auf eine ganze Reihe von Fehlschlägen. Du musst wissen Heidrun, dass sich der Drache, von dem du glaubst seine Seele würde zu dir passen, deine Seele genau anguckt. Er inspiziert jede noch so kleine Facette deines Geistes, was im Normalfall mit ungeheuerlichen Schmerzen verbunden ist. Insgesamt habe ich diese Prozedur fünfmal über mich ergehen lassen, bis ich schließlich die Hoffnung verlor, jemals meinen Seelenpartner zu finden. Daher verzog ich mich vor Trauer einfach in die hinterste Ecke des Seelensteins und überlegte, wie ich wohl wieder in meinen Körper finden würde, wenn die Seelenwahl noch gar nicht beendet ist. In diesem Moment jedoch streifte die Seele von Feuerblitz mein Bewusstsein, er hatte meine Trauer gespürt und wollte mich trösten. Ziemlich schnell stellten wir fest, dass wir gut miteinander auskamen und ehe ich mich versah, hatte Feuerblitz angefangen meine Seele zu erkunden. Allerdings ging er dabei ganz sanft und ruhig vor, immer achtete er darauf mir keine unnötigen Schmerzen zuzufügen, weshalb ich den Vorgang schon fast genießen konnte. Während er so meine Seele studierte warf ich auch unabsichtlich einen Blick in die Seele von Feuerblitz, wobei ich erkannte, dass er schon seit vielen Jahrhunderten im Seelenstein festsaß. Stetig hatte er gehofft jemanden zu finden, der zu ihm passen würde, doch dieser jemand kam bis zu diesem Tag nie. Es dauerte nicht gerade lange bis wir beide uns soweit aufeinander abgestimmt hatten, dass man uns als Seelenbrüder bezeichnen konnte. Schließlich kehrten wir in meinen Körper zurück und ich war überglücklich, doch noch meinen Seelenpartner gefunden zu haben. Allerdings bemerkte ich auch sofort an meinem Tattoo, dass ich von einem Nachtschatten erwählt worden war, was mich beunruhigte."

„Wieso hat dich das den beunruhigt, ich meine die Nachtschatten sind eine sehr mächtige Drachenart?", fragte Heidrun ungläubig. „Naja, du musst wissen, dass es bisher nur dreimal vorgekommen ist, dass ein Seelenkrieger von einem Nachtschatten erwählt wurde, mich mitgezählt", erklärte ich. Dabei fiel Heidrun doch tatsächlich die Kinnlade herunter, aber bevor sie noch etwas erwidern konnte, fuhr ich bereits fort: „Jedenfalls waren die vorherigen beiden Nachtschattenkrieger große Helden, die erwählt wurden, um unser Volk vor einer gewaltigen Katastrophe zu retten. Deshalb war ich verunsichert, da ich mir sicher war, dass alle anderen glauben würden, dass ich nun auch so eine Rolle zu spielen hätte. Allerdings wollte ich solch eine Heldenrolle nie, ich wollte einfach nur ein ruhiges entspanntes Leben führen und so akzeptiert werden, wie ich wirklich bin. Ich wollte weder, dass man in mir nur den kleinen Schwächling, oder den großen Helden sah, noch dass man mich entsprechend der Rolle, die man in mir sieht, behandelt. Doch dieser Wunsch sollte mir nicht erfüllt werden, bereits einen Tag nach meiner Seelenwahl, verhielten sich beinahe alle Seelenkrieger in meiner Gegenwart anders. Sie versuchten zuvorkommend zu sein und immer genau das zu sagen, von dem sie dachten, es würde meiner Meinung entsprechen. Davon abgesehen wollten ganz plötzlich alle mit mir befreundet sein, allerdings nur um damit ihre eigene Stellung in meinem Volk zu verbessern. Das habe ich damals sehr schnell begriffen und hatte bereits nach etwa einer Woche keine Lust mehr auf dieses Theater. Aus diesem Grund war Baldor zu diesem Zeitpunkt das einzig Positive in meinem Leben. Er schien sich wirklich dafür zu interessieren, was ich will und half mir dabei es zu erreichen, außerdem gab er mir mit Leyla endlich eine Freundin. Zugegeben, sie war von ihrem Vater mehr oder weniger dazu gezwungen worden, aber trotzdem war sie die Einzige, die nicht nur wegen meines Seelenpartners mit mir befreundet sein wollte. Nach einer gewissen Zeit hatten wir beide uns tatsächlich angefreundet, aber als Baldor mir an meinem 16. Geburtstag vorschlug, sie zu heiraten, erkannte ich seine wahren Absichten. Ich hätte so gerne nein gesagt, aber meine Eltern waren bei dem Gespräch anwesend und entschieden über mich hinweg, etwas was mich schon immer wütend gemacht hat. Trotzdem traute ich mich in dem Moment nicht etwas einzuwenden und nahm das Ergebnis des Gesprächs einfach so hin. In den darauffolgenden zwei Jahren habe ich mich mehr und mehr von den anderen Seelenkriegern entfernt, auch von Leyla. Zwar mochte ich sie eigentlich relativ gerne, aber nur als Freundin, nicht als Ehefrau. Aus Frust habe ich angefangen das Seelenreich immer wieder für ein paar Tage zu verlassen und die Welt der Menschen zu erkunden. Obwohl unser Volk sich seit etwa 200 Jahren aus den Angelegenheiten der Menschen heraushält, besuchen wir manchmal ihre Welt, natürlich in Drachengestalt. Bei meinem fünften oder sechsten Ausflug stieß ich schließlich auf ein Schiff, welches von Drachenjägern gesteuert wurde. Unglücklicherweise hatten sie mich schnell entdeckt und versuchten mich abzuschießen, was ihnen auch gelang. Der Kapitän, ich glaube er hieß Viggo Grimmborn, kam sofort, um seinen neusten Fang, wie er mich nannte, zu begutachten. Seine Aussage machte mich so wütend, dass ich mich mit Leichtigkeit befreien konnte und mich schließlich auf ihn warf. Allerdings kamen ihm seine Männer, darunter glaube ich auch sein Bruder, zu Hilfe, wodurch ich ihm nicht viel antun konnte. Die einzige Erinnerung an unsere Begegnung waren drei lange Narben an der linken Seite seines Halses."

„Warte, du hast Viggo diese Narben beigebracht?", fragte Heidrun erstaunt. „Du kennst ihn?", fragte ich zurück. „Natürlich, sein Imperium von Drachenjägern hat uns Drachenreitern große Probleme bereitet", erklärte sie. „Verstehe", erwiderte ich, „nun gut, ich musste mich jedenfalls schnell aus dem Staub machen und bin ins Seelenreich zurückgekehrt. Danach durfte ich selbiges dann nur noch in Begleitung von einigen Wachen verlassen. Vor etwa vier Wochen habe ich schließlich bei einem Ausflug noch eines dieser Drachenjägerschiffe gefunden und konnte nicht widerstehen es anzugreifen. Im Kampf nahm ich versehentlich meine menschliche Gestalt an und verlor dabei mein Schwert. Im Anschluss bin ich auf das Schiffsdeck gestürzt und wurde sofort von den Jägern umzingelt. Diese nahmen mich als Druckmittel, um die Drachen loszuwerden, was ihnen auch gelang, allerdings wollte ich das nicht hinnehmen und wehrte mich. Zwar konnte ich den Kampf gewinnen, doch der Preis war ziemlich hoch, wie du nur allzu gut bemerkt hast, als du mich fandest."

Heidrun:
Ich konnte kaum glauben, was ich eben gehört hatte. Natürlich hatte ich mich darauf eingestellt, dass Rowins Geschichte nicht die schönste sein würde, aber damit hatte ich nicht gerechnet. „Das ich gestern so überreagiert habe tut mir leid, aber ich habe in dem Moment gedacht, dass du dich auch nur wegen meinen Fähigkeiten als Nachtschattenkrieger in mich verliebt hast. Eigentlich hätte mir ja klar sein müssen, dass das nicht sein kann, da ich dir ja nicht genau erzählt habe, was das Besondere daran ist, so jemand zu sein, aber darauf kam ich einfach nicht. Das tut mir schrecklich leid", bat Rowin leicht schluchzend um Verzeihung. Instinktiv legte ich ihm meine Hand auf die Schulter: „Wir haben gestern beide etwas überreagiert und ein paar Sachen gesagt, die wir hinterher bereut haben. Somit sind wir gleichermaßen schuld daran." „Danke Heidrun", erwiderte er mir mit purer Erleichterung in den Augen, „Was ich dir auch noch erzählen wollte, ist dass sich die Nachtschattenkrieger noch in einem anderen Punkt, als in ihrer Seltenheit, von den anderen Seelenkriegern unterscheiden. Wir verfügen nämlich über eine sehr mächtige Magie, die sich meist nach unseren Wünschen richtet, jedenfalls wurde es so überliefert. Meine beiden Vorgänger haben diese Magie oft im Kampf eingesetzt, genauso wie ich es bei unserem vorletzten Treffen mit Leyla getan habe. Außerdem lässt sich diese Magie wohl auch am besten freisetzen, wenn man wütend und, oder verzweifelt ist. Das hat dieser Kraft mit der Zeit den Namen ‚Wut der Nachtschatten' eingebracht. Es war aber auch diese Magie, die mir geholfen hat, Windfangs Seele in deinen Körper zu übertragen."

Entgeistert blickte ich ihn an, zwar hatte ich mich schon öfters gefragt, was genau mit Rowin los war, als seine Augen so geglüht haben, doch so eine Magie hätte ich nicht erwartet. „Unfassbar, wieso hast du mir nie erzählt, dass du das kannst?", fragte ich. „Weil ich es nicht aktiv steuern kann und es mir bis zu unserem letzten Kampf mit Leyla auch noch nie gelungen ist diese Kraft zu nutzen", erklärte er. „Ach so", erwiderte ich, „dann wusstest du damals gar nicht, was du da genau getan hast." „Ja, ich habe einfach gesehen, dass du in Gefahr warst und bevor ich wirklich verstand, was los war, hat Feuerblitz einen Großteil der Kontrolle übernommen. Soweit ich es im Moment verstehe verschmelzen unsere Seelen dabei so sehr miteinander, dass man zwischen uns praktisch nicht mehr unterscheiden kann. Zumindest hat es sich für mich so angefühlt", erläuterte Rowin. „Interessant", bemerkte ich einfach nur, „und was machen wir jetzt wegen Baldor? Ich meine, wir können seine Drohung doch nicht einfach ignorieren?" „Allerdings", stimmte Rowin zu, „so wie ich Baldor kenne, war das mit dem Angriff auf die Berserker Insel definitiv kein Scherz. Wir sollten so schnell wie möglich zurückkehren und sie warnen." „Gut, aber lass uns noch einen Tag hier auf der Drachenklippe bleiben", schlug ich vor. Während Rowin mir seine Geschichte erzählt hatte, habe ich überhaupt nicht mehr daran gedacht, dass meine letzte Richtige Mahlzeit vorgestern Abend war. Doch jetzt fiel es mir wieder ein und wie aufs Stichwort meldete sich mein Magen mit einem lauten Knurren. Rowin hatte es wohl auch gehört, denn mit einem Lächeln auf den Lippen sagte er: „Dann werde ich dir mal lieber ein kleines Frühstück zubereiten, bevor du mir noch verhungerst." „Nichts dagegen", erwiderte ich ebenfalls lächelnd, „Ich das Feuer, du die Fische?" „Schon verstanden", gab er zurück und war bereits zum Fischen aufgesprungen, bevor ich noch etwas sagen konnte.

Keine 15 Minuten später war das Essen fertig und wir machten uns gierig darüber her. Danach verbrachten wir den Rest des Vormittags damit unsere wenigen Habseligkeiten für den morgigen Abflug zusammenzupacken. Als wir schließlich auch damit fertig waren, hielten wir noch einige Übungskämpfe auf der Klippe oberhalb der Gebäude ab. Rowin war auf diese Idee gekommen und ich hatte zugestimmt, immerhin mussten wir ja zurecht damit rechnen, in den nächsten Tagen auf feindliche Seelenkrieger zu stoßen. Überraschenderweise hatte Rowin im Kampf einiges an Talent vorzuweisen, zuvor war mir das nicht wirklich aufgefallen, doch jetzt hatte ich genug Zeit seine Fähigkeiten einzuschätzen. Im Gegensatz zu so ziemlich jedem anderen Kämpfer, den ich kannte, bevorzugte er einen sehr ruhigen und kontrollierten Stil. Rowin verließ sich meist darauf meinen Angriffen entweder auszuweichen, oder sie zu parieren, und dann im richtigen Moment einen alles entscheidenden Gegenangriff zu starten. Während einer unserer Pausen hatte er mir seine Taktik erklärt, er studierte einfach den Kampfstil seines Gegners, bis dieser einen Fehler macht. Diese Fehler nutzt Rowin dann aus, um den Kampf innerhalb von wenigen Sekunden zu beenden.

Obwohl mir diese Art zu kämpfen zunächst merkwürdig vorkam, musste ich zugeben, dass sie ziemlich effektiv war. Als Beweis trug ich nach dem Training eine große Zahl blauer Flecken am ganzen Körper. Mit der untergehenden Sonne wandten wir unsere Aufmerksamkeit aber dem Abendessen und schließlich dem Bett, genauer der Steinplatte, in Hicks Haus zu. Erschöpft kuschelte ich mich wieder an den Bauch von Rowins Nachtschattenform und schlief sehr schnell ein. Dabei war ich überglücklich darüber, dass er zurückgekommen war und wir wieder zusammen sein konnten.

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