Das wird jetzt schmerzhaft. Aber es muss sein. Ich springe in die Luft, Hitze umschließt meinen Körper. Ich liebe dieses Gefühl. Es bedeutet für mich Freiheit.
Mein Körper dehnt sich, mein Gesicht wird länger meine Flügel wachsen aus meinem Rücken. Schuppen bilden sich aus meiner Haut, meine Hände und Füße werden zu Klauen. Dies alles geschieht in wenigen Sekunden.
Ich lande mit vier Tatzen auf dem Boden. Meine Krallen bohren sich in das Gestein. Ich brülle und meine Nüstern weiten sich. Ein Feuerschwall ergießt sich über die vor mir aufragende Felswand. Ich beiße die Zähne zusammen. Es muss echt aussehen, also spanne ich meine schneeweißen Flügel auf und stoße mich kraftvoll vom Boden ab. Brüllend gleite ich durch die Luft. Wo bin ich hier eigentlich? Sind es noch die Alpen oder schon die Karpaten? Vielleicht bin ich auch auf dem Atlas, so genau hab ich bei meinem Flug hierher nicht auf den Weg geachtet. Ich drehe mich um, die Felswand ist jetzt etwa 100 Meter von mir entfernt. Brüllend schlage ich mit meinen Flügeln und fliege, schnell, sehr schnell, auf die steinige Wand zu. Mit voller Wucht krache ich dagegen. Der Berg bebt. Gesteinsbrocken fallen herunter, einige treffen mich. Ich werde von ihnen mitgerissen, spüre wie sich ein Felsen in meinen Rücken bohrt. Schmerzvoll heule ich auf. Kleinere Steine ritzen meine Flügel. Es fühlt sich an, als würden tausende Bienen immer und immer wieder auf meinen Rücken einstechen. Irgendwann schlage ich auf einem Felsvorprung auf. Vor meinen Augen wird alles Schwarz.
Vor Schmerz funkeln schon Sterne vor meinen Augen. Ich versuche mich aufzusetzen, aber ich bin halb von Steinen verschüttet. Mit meiner Hand.... Meine Hand? Der Aufbrall muss ja echt heftig gewesen sein, wenn ich mich in einen Menschen zurückverwandelt habe. Gut so. Dann wirkt es wirklich glaubhaft. Jeder wird denken, ich käme von einem schrecklichen Kampf auf Leben und Tod zurück, selbst wenn es nicht so ist.
Ich schlüpfe zwischen ein paar riesigen Felsen hindurch nach draußen. Meine Glieder schmerzen und ich will mich einfach nur noch hinlegen und schlafen. Aber das geht jetzt nicht. Ich muss nach Hause. Mein Vater wird sich schon wundern, wo ich bleibe. Da ich um Mitternacht aufgebrochen bin und es schon etwa zwölf sein müsste bin ich schon eine ganze Weile weg. Die Hitze umschließt mich ein weiteres Mal und ich spühre unangenehm, wie sich mein ganzer Körper, und damit auch die Verletzungen, in die Länge zieht. Mit zusammengebissenen Zähnen muss ich feststellen, dass meine hauchdünnen Flügel mir Rissen übersäht sind. Ich hatte eigentlich gehofft, die wären in der Zeit schon verheilt. Na super. Das wird ein Spaß mit dem nach Hause fliegen.
Seufzend breite ich meine Flügel aus und stoße mich von dem Schutt ab. Ich hoffe wirklich, dass ich glaubwürdig ausehe. Sonst war die ganze Aktion vollkommen umsonst. Ich werde verbannt und mein Vater verliert sein Amt als Anführer des Stamms. Der würde sich bedanken.
Ich gleite durch die Luft, mein ganzer Körper schmerzt und meine Flügel fühlen sich an, als wären sie komplett zerfetzt. Ich kann mich kum gerade halten und das aufsteigen fällt mir schwer. Zum Glück befinde ich mich noch in den Alpen, wie ich ziemlich schnell erkenne und muss somit nicht alzuweit fliegen. Ich sinke durch eine dichte Wolkendecke zu Boden und bin froh, um meine weiß glänzenden Schuppen. Wenn sie eine andere Farbe hätten, müsste ich über den Wolken warten, bis es Nacht würde und bis dahin sind es noch einige Stunden. Menschen dürfen uns niemals sehen, so lautet ein Teil des Gesetztes der Drachen. Ziemlich nutzlos, wie ich finde. Wäre doch viel lustiger, wenn wir die Menschheit in Angst und Schrecken versetzen dürften. Bald kommen die Höhlen, die von weitem einfach nur wie ein ganz noramaler Berg mit ein paar kleinen Holzhütten aussehen, in Sicht. Einem Menschen würde nichts ungewöhnliches auffallen, aber durch meine Drachenaugen sehe ich viele Dinge, die Menschen stuzig machen würden. Es ist der einzige Berg weit und breit, auf dessen Spitze kein Schnee liegt. Die Berge in dieser Gegend sind alle gleich hoch, aber die anderen sind das ganze Jahr durch mit Schnee bedeckt. Auf unserem Berg wachsen Bäume und viele andere Pflanzen, selbst auf der Spitze, die anderen sind kahl. Die Wärme, die wir Drachen ausstrahlen bringt das mit sich. Unglaublich nützlich. Außerdem grasen auf unserem Berg Schafe, Ziegen und Kühe, wo weit und breit kein einziges Tier überleben würde, wenn wir nicht wären. Diese Viecher versorgen uns mit Fleisch und Milch. Dummerweise dürfen wir uns ihnen nur in menschlicher Gestalt nähern. Irgendwas mit 'Herzinfakt' und 'Panik'.
Ich fliege direkt auf eine fast unsichtbare Öffnung etwas unter dem Dorf zu. Wer sie nicht kennt, kann sie unmöglich finden, aber für mich ist sie so selbstverständlich, dass ich den Eingang mit geschlossenen Augen finden würde. Die großen Nadelbäume um den Eingang herum biegen sich in dem Wind den meine Ankunft entfacht. Ich lande auf der großen Lichtung vor dem Eingang, die von den Bäumen für unerwünschte Zuschauer verdeckt wird. Feuerspeiend stehe ich vor dem steinernen Tor. Gleich darauf öffnet es sich. Wow, coole Sache. Normalerweise muss ich immer gefühlte drei Stunden warten. Das Tor ist groß genug, dass selbst die größten unter uns Drachen hindurchpassen. Ein Wächter steht im Eingang und mustert mich einen Augenblick. Zu meiner Freude ist es mein großer Bruder Manuel. Er hat sich bestimmt für heute für den Wächterdienst eintragen lassen, um mich als erster als vollwertiger Drache vom Stamm des glühenden Feuers willkommen zu heißen.
Zeitgleich verwandeln wir uns in Menschen zurück und fallen uns in die Arme. Das wir so gut wie nichts anhaben, stört uns nicht, denn das sind wir schon seit Jahren gewohnt. "Und wie wars?" Manuel strahlt mich an, seine schwarzen Haare sind total verwuschelt. "Ich habe mich so lange auf diesen Tag gefreut und jetzt habe ich es geschafft. Ich habe einen Drachen eines anderen Stamms im Kampf getötet und bin jetzt eine richtige Drächin!", verkünde ich sarkastisch. Ihm scheint die ironische Antwort nicht aufzufallen. "Ich hatte schon Angst, du würdest dich einfach töten lassen, wegen dem, was mit Niklas passiert ist." Als ich seinen Namen höre, zucke ich zusammen. Der Pochende Schmerz in meinem Rücken macht das ganze auch nicht besser. "Ich wollte mein Leben nicht wegwerfen, nur weil mein Freund gestorben ist." Eine eiskalte Lüge und Manuel weiß das, aber er nickt trotzdem zustimmend. Mein Bruder knufft mich aufmunternd in die Seite, dann gehen wir zum Eingang der Höhlen.
Heute Abend wird es mir zu ehren ein Fest geben und niemand wird mehr an Niklas Tod denken, auch wenn er kaum eine Woche her ist. Ich vertreibe die trübseligen Gedanken aus meinem Kopf. Aber jetzt muss ich sofort an Armando denken. Aus welchem Stamm er wohl kommt? Das ist ja egal, ich werde ihn sowieso nie wiedersehen. Dummerweise interessiert es mich trozdem. Was er wohl gerade macht? Hoffentlich hällt er sein Wort und hält dicht, sonst bin ich ganz schön am Arsch.
Wir erreichen das Tor und schreiten feierlich hindurch. Dahinter liegen mehrere Gänge. Zwei riesige, durch die Drachen hindruchgehen können liegen in der Mitte. Auf den Seiten befinden sich jeweils nochmal ein Gang in normaler Menschengröße und auf der rechten Seite gibt es noch einen extra Gang, der nur sehr selten benutzt wird. Wir nehmen den linken, der mit Fakeln beleuchtet ist. Hier unten sollte es eigentlich kalt sein, wie man es von normalen Höhlen kennt, aber das ist es nicht. Durch die Hitze der Drachen ist es angenehm warm. Der Weg steigt leicht an und schon bald zweigt eine Treppe von dem Gang ab, die nach oben ins Dorf führt. Dort oben leben wir, wenn wir gerade keine Drachen sind. Heute abend wird es ein Fest zu meiner Ehre geben. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist nunmal so. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich darauf freue.
So liebe Menschen, ich hoffe das zweite Kapitel gefällt euch ;) Wenn ihr so altmodische Namen wisst, die gleichzeitig auch aktuell sind, könnt ihr sie mir ja in die Kommentare schreiben, ich brauche nämlich dringend noch ein Paar ;)
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