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„Hey, Amelia!", ertönt eine laute Stimme und sie sieht sich Harry Potter persönlich gegenüber, gefolgt von seinem Freund Ronald Weasley.

„Hey!", lächelt sie zurück und steht vom Slytherin-Tisch auf, denn sie hatte gemerkt, dass sich Ron mehr als nur unwohl fühlt, hier zu stehen. Irgendwie kann sie es ja auch verstehen, der Slytherin-Tisch ist auch für Amelia nicht gerade ein Ort, an dem sie sich entspannen kann. Nicht, dass sie jemand öffentlich beleidigt, aber es scheint immer wieder durch, dass sie im Hause der Slytherins nicht wirklich willkommen ist. Natürlich, sie hatte ein paar Leute, mit denen sie klar kommt und mit denen sie hin und wieder etwas redet - doch wenn sie im Gemeinschaftsraum sitzt, dann bleibt es meistens auch dabei, dass sie dort alleine sitzen bleibt. Meistens setzt sich niemand zu ihr und sie verbringt viel Zeit in ihrem Zimmer und außerhalb des Slytherin-Gemeinschaftsraums. Aber trotzdem ist der Altersunterschied zwischen ihr und den anderen Schülern mehr als nur offensichtlich und scheint immer unsichtbar zwischen ihnen zu stehen.

„Wollen wir ein Stück gehen?", fragt sie und die beiden Jungs nicken dankbar. Amelia schnappt sich noch ein Brötchen und dreht sich um. Dabei stößt sie beinahe gegen Professor Snape, der sich gerade genervt seinen Weg zum Lehrertisch bahnt. Er verdreht nur genervt die Augen und geht dann weiter. Amelia verkneift sich einen Kommentar und ignoriert ihn. Solange er sie nicht anmeckert, will sie jetzt in ihrer entspannten Mittagspause nicht noch unnötig Stress provozieren.

„Müsst ihr auch gleich so einen bescheuerten Tanzkurs machen?", fragt Ron und Amelia nickt. Für den anstehenden Weihnachtsball hatten die Hauslehrer beschlossen, dass sich jedes Haus einem Tanzkurs unterziehen muss, um die Schule nicht zu blamieren. Dass viele Schüler schon tanzen können und das somit nur Zeitverschwendung für sie ist, will dabei niemand hören.

„Ja, müssen wir... das wird eine Katastrophe. Ich werde sowieso nicht tanzen, mit wem soll ich denn auch auf den Ball gehen?!", fragt sie und seufzt. Die meisten hier sind um einiges jünger als sie und suchen sich eher ein Date in ihrem Alter und nicht in Amelias Alter.

„Du könntest mit meinem Bruder Bill gehen. Er kommt zum Ball hier her und du würdest dich sicherlich gut mit ihm verstehen.", meint Ron und Amelia zieht eine Augenbraue in die Höhe.

„Ich glaube das sollte dein Bruder immer noch selber entscheiden, findest du nicht?", grinst sie und schmunzelt. Ron erwidert ihr Grinsen und gemeinsam gehen die drei Freunde noch etwas nach draußen, bis die Pause zu Ende ist. Dort lassen sie sich unter einen Baum fallen und beobachten belustigt ein paar Erstklässler, die sich gegenseitig ärgern und sich offensichtlich die neu gelernten Flüche zum Spaß auf den Hals hetzen. Draco Malfoy gerät in ihr Blickfeld und er blickt zu ihr. Als sich ihre Augen treffen, merkt sie, dass er scheinbar irgendwas von ihr wissen will, aber sich nicht traut zu fragen. Amelia sieht ihn noch einen Moment an, doch er weicht ihrem Blick dieses Mal aus und sie beschließt, dass sie es einfach vergessen sollte. Er wird schon mit ihr reden, wenn etwas Wichtiges wäre. Zumal sie sich nicht vorstellen kann, was Draco Malfoy von ihr wollen könnte. Er kommt bestimmt nicht einfach zum Plaudern zu ihr und die Zeiten, in denen er versucht sie zu verhexen, sind seit der dritten Woche Geschichte. Als sie angefangen hatte sich gegen ihn zu wehren.

„Oh bitte, bringt mich um.", sagt Amelia, als sie feststellt, dass die Pause um ist und sie sich jetzt in die Kerker begeben muss, um mit dem Tanzkurs zu beginnen. Amelia findet dies völlig unnötig, da sie schon tanzen kann und sich deutlich besseres vorstellen kann, als dort unten mit irgendeinem Slytherin zu tanzen. Vielleicht kann sie ja mit Blaise Zabini zusammen tanzen, da dieser eigentlich immer ganz nett war. Wenn sie im Gemeinschaftsraum sitzt, dann kommt er häufiger zu ihr und sagt ihr wenigstens Hallo und fragt sie, wie es ihr geht. Nicht so, wie die anderen, die sie niemals ansehen und meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Ja, Blaise Zabini ist eigentlich ganz okay.

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Amelia betritt den Kerkerraum mit selbstsicheren Schritten. Ihre Schuhe hallen auf dem Boden wieder und sie sieht sich fragend in dem Raum um. Es ist noch fast niemand hier und Amelia beschließt sich einfach irgendwo hinzusetzen, um auf den Lehrer zu warten. Es wird sich sowieso niemand freiwillig neben sie setzen und die Person, die am letzten hier ankommt, wird den letzten freien Platz neben ihr nehmen müssen. So wird es ablaufen, das weiß sie.

Sie weiß, dass die Gryffindors von Professor McGonagall unterrichtet werden, aber sie kann sich nicht vorstellen, dass sich Snape hierhin begeben wird, um die Schüler zu unterrichten. Er wirkt ja im Zaubertränkeunterricht schon immer völlig genervt und dabei hat er einen deutlichen Abstand zu seinen Schülern. Immer mehr Schüler treffen hier unten ein und es ist genauso, wie Amelia erwartet hatte: es setzt sich niemand neben sie, bis nur noch zwei Plätze frei sind. Überraschend wählt diese Person dann den Platz neben ihr.

Es wird schlagartig still, als wider erwarten doch Professor Snape den Raum betritt und sich vorne hinstellt. Die Tür knallt gegen die Wand und schwingt dann mit einem Wink seines Zauberstabs zu. Ein lauter Knall entsteht, als die Tür ins Schloss fällt und es fühlt sich eher an, wie eine Gefängnistür, als wie eine normale Tür zu einem Klassenzimmer. Snape verzieht wütend den Blick und Amelia sieht, dass die Falte auf seiner Stirn, die ihn immer wieder älter wirken lässt, stärker denn je hervor tritt. Amelia sieht ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an und fragt sich innerlich, ob er hierzu gezwungen wird, oder ob er das freiwillig macht. Innerlich beginnt sie zu lachen. Natürlich würde Snape alles andere machen, als diesen Tanzkurs freiwillig zu leiten. Das ist zu hundert Prozent ein Befehl von Dumbledore. Er holt ein Mal Luft, bevor er zu reden beginnt.

„Der Winterball ist schon seit Jahren ein Ritual des Trimagischen Turniers. Professor Dumbledore ist der Auffassung, dass auch Sie für diese Schule keine Schande darstellen sollen. Deshalb soll ich Ihnen nun in den nächsten drei Stunden das Tanzen etwas näherbringen. Enttäuschen Sie mich nicht und vertreten Sie dieses Haus angemessen.", sagt Snape in seiner üblichen Stimme, die ausstrahlt, wie sehr er Schüler hasst. Auch, wenn dies in seinem eigenen Haus nicht immer so stark durchscheint. Alleine die Tatsache, dass er sagt, dass seine Schüler ihn nicht enttäuschen sollen, zeigt Amelia, dass Dumbledore ihn zwar hierzu zwingt, aber auf der Seite der Schüler stehen würde, wenn etwas nicht klappen wird. Und Amelia ist sich ziemlich sicher, dass Snape am Ende dieser Stunde mindestens einen Nervenzusammenbruch bekommen wird, auch wenn er es niemals zeigen würde.

Snape sieht sich im Raum um und sein Blick bleibt an Amelia hängen. Er weiß von Dumbledore, dass sie durchaus in der Lage ist, ordentlich zu tanzen und wiegt innerlich ab, ob es eine gute Idee ist, den Tanz mit ihr vorzuführen. Ansonsten würde er einen anderen Schüler nehmen müssen, aber will er das überhaupt? Der Aspekt, dass sie tanzen kann und es dadurch recht stressfrei sein wird, diesen Tanz vorzuführen, lässt ihn sich schließlich selber dazu überreden, sie als Vorführobjekt zu nehmen.

„Miss Hooch, kommen Sie nach vorne.", fordert er und Amelia versteift sich augenblicklich. Na super, genau das wollte sie. Mit ihrem verhassten Lehrer tanzen, gibt ja nichts Besseres. Ihm nahe kommen und dabei noch von mehreren Schülern beobachtet werden.

„Können Sie tanzen?", schnarrt er und Amelia verdreht die Augen.

„Können Sie führen?", gibt sie dann nur zurück und grinst. Sie weiß nicht warum, aber immer, wenn sie ihn sieht und er sie provozieren möchte, kann sie sich nicht zurückhalten und muss etwas Sarkastisches erwidern. Etwas grober als nötig greift Snape nach ihrer Hand und zieht sie ein Stückchen an sich. Es missfällt ihm, dass er diesen bescheuerten Tanz vormachen muss, doch als er merkt, dass Amelia recht gut tanzen kann, kann selbst Snape sich ein Stückchen entspannen - wenn auch nicht besonders viel. Doch trotzdem sind beide froh, als der Vorführtanz zu Ende ist. Amelia rückt ein Stück von ihm ab, traut sich aber nicht, direkt zu gehen, aus Angst, dass er sie dann anmeckert. Als er ihr zunickt, nimmt sie das als Zeichen gehen zu können und sie setzt sich schnell wieder hin.

Snape beginnt die Schüler einzuteilen, wenn diese nicht in der Lage sind, sich selber einen Partner zu suchen, und spielt Musik ab. Die Schüler sind alle klug genug zu wissen, dass sie anfangen sollten zu tanzen, auch, wenn sie keine Ahnung haben sollten, was sie dort tun. Snape streift durch die tanzenden Schüler und stellt fest, dass es zumindest ein paar gibt, die anständig tanzen können, weshalb er es sich schenkt diese mit Kleinigkeiten zu belasten. Er widmet sich lieber den Problemfällen und ist überrascht, dass er sieht, dass auch Amelia und Blaise, die zusammen recht gut tanzen, versuchen mehreren Schülern Hilfestellungen zu geben. Aber okay, dann hat er wenigstens weniger zu tun. Solange Amelia und Blaise keine Dankbarkeit von ihm erwarten, soll es ihm recht sein.

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„Hey, Amelia. Wie war euer Tanzkurs?", ertönt es plötzlich neben ihr, als sie durch das Schloss läuft und sie sieht Neville neben sich auftauchen. Dieser sieht aus, als wäre er sehr fröhlich und würde am liebsten noch etwas machen.

„Ich musste mit Snape tanzen... aber sonst war es ganz okay.", antwortet Amelia ehrlich und Neville entgleitet der Blick. Mit Unglauben sieht er sie an und versucht anhand ihres Blickes herauszufinden, ob sie ihn verarscht, doch Amelia sieht ihn völlig ernst an, sodass auch Neville merkt, dass sie es ernst meint.

„Mit Snape? Oh, du tust mir leid.", gibt Neville zurück und verzieht das Gesicht. Amelia beginnt zu grinsen.

„Du wirst es nicht fassen, aber Snape ist ein guter Tänzer.", sagt sie dann und Neville sieht sie schon wieder ungläubig an.

„Wirklich? Ist ja krass, hätte ich nicht gedacht."

„Glaub mir, ich auch nicht...", lacht Amelia und bleibt stehen, da Neville und sie eigentlich nur die ganze Zeit blöd herumlaufen und nicht wirklich ein Ziel haben. Das scheint auch Neville aufzufallen.

„Willst du noch mitkommen und etwas weiter tanzen? Ich habe noch keine Lust wieder in den Gemeinschaftsraum zu gehen.", schlägt ihr der Junge vor sich vor und Amelia lächelt. Er scheint wirklich gerne zu tanzen, also warum nicht? Sie würde sonst nur wieder im Gemeinschaftsraum der Slytherins sitzen und sich langweilen.

„Klar, gerne, Neville. Klingt so, als würdest du gerne tanzen.", sagt sie und legt fragend den Kopf schief. Neville beginnt wild zu grinsen.

„Ja, sehr gerne sogar.", antwortet er und Amelia lächelt. Wenn er so gerne tanzt, dann wird er das bestimmt auch können. Und das macht die ganze Sache nur noch besser für sie.

„In unserem Raum ist schon alles weg, das heißt wir haben keine Musik mehr.", bringt Neville traurig hervor und Amelia winkt ab.

„Wir können bei uns in den Kerker gehen, da steht noch alles.", schlägt sie vor. Sie weiß, dass Snape am Ende der Stunde ein paar Schüler angeschnauzt hatte, dass diese sich doch etwas mehr anstrengen sollen und bloß trainieren sollen, damit sie besser werden. Dazu hatte er alles so aufgebaut gelassen, denn er wusste, dass die Erst- und Zweitklässler nicht mutig genug sind, sich über diese Anweisung hinwegzusetzen. Sie werden trainieren und das wahrscheinlich nicht erst auf den letzten Drücker, sondern zeitnah.

„Gerne."

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„Wo hast du so tanzen gelernt, Neville?", fragt Amelia, als sie sich auf einen der Stühle sinken lässt und sich etwas zu trinken herbeizaubert. Neville sieht verwundert zu ihr. Auch er hat Durst, ist aber bei weitem nicht in der Lage sich selber etwas zu trinken zu besorgen. Zumindest nicht durch Zauberei.

„Bei meiner Oma. Sie fand es immer wichtig, dass ich tanzen kann.", beantwortet er deshalb schnell ihre Frage, die sie eben gestellt hatte. Er erinnert sich daran, wie seine Oma ihm tanzen beigebracht hatte und er beginnt leicht zu lächeln.

„Das stimmt. Du tanzt wirklich gut.", lobt Amelia und Nevilles Lächeln wird noch breiter. Er wurde noch nie für sein Tanzen gelobt und es freut ihn, dass das endlich mal jemand tut.

„Jetzt brauche ich für den Ball nur noch jemanden, der mit mir hin geht.", seufzt er und Amelia sieht ihn fragend an. Sie hätte erwartet, dass Neville schon längst ein Date hat und sich um so etwas gar keine Gedanken machen muss.

„Weißt du schon, mit wem du gerne gehen würdest?", fragt sie deshalb und Neville nickt zögerlich. Es scheint so, als würde er einen Moment mit sich ringen, ob er ihr erzählen möchte, mit wem er hingehen will, dann sieht er sie wieder direkt an.

„Ja, mit Ginny Weasley.", sagt er und auf Amelias Gesicht erscheint ein Lächeln, das man eher von einer großen Schwester erwarten würde, als von einer fast Fremden, die er erst seit 3 Monaten kennt.

„Wieso fragst du sie nicht?", schlägt Amelia das Offensichtliche vor.

„Ich habe Angst, dass sie nein sagt.", gibt Neville zu und Amelia seufzt. Sie erinnert sich daran, dass sie sich früher auch um solche Sachen Gedanken gemacht hat.

„Wieso sollte sie?"

„Weil ich ja nicht gerade der coolste bin." Amelia legt Neville direkt eine Hand auf den Arm. Es tut ihr fast schon Leid, dass er so denkt, denn sie findet nicht, dass Neville uncool ist. Sie mag den Jungen und hat tief ins ich drinnen das Bedürfnis ihn vor Bösem zu bewahren, damit er friedlich aufwachsen kann. Aber sie weiß, dass das in dieser Zeit nahezu unmöglich ist.

„Also, wenn du mich fragst, dann solltest du sie einfach fragen, Neville. Du bist ein Klasse Typ und so, wie ich Ginny kenne, wird sie nicht nein sagen. Ich glaube sie mag dich gerne." Amelia lächelt Neville aufmunternd an und er sieht mit einem leichten Glitzern in den Augen zu ihr. Irgendwie gibt es ihm Mut, dass Amelia ihm das sagt. Neville mag sie total gerne und sieht zu ihr auf. Sie wirkt immer so selbstbewusst und erfahren, ohne dabei zu denken, dass sie etwas Besseres wäre. Sie ist eine der wenigen Slytherins, bei denen er nicht das Gefühl hat, als seien sie böse.

Motiviert springt er auf und grinst.

„Okay, ich gehe sie direkt fragen. Danke, Lia."

Snape beschließt den Übungstanz mit Amelia vorzuführen.

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