44

Amelia sitzt im Hauptquartier des Phönixordens am Grimmauldplatz 12 (nachdem sie das Hauptquartier erneut gegen Angreifer und Eindringlinge geschützt hatte) und blättert in einem Buch über dunkle Magie. Es ist schon länger nichts mehr passiert und sie ist die Einzige, die sich hier befindet. Das Portrait von Sirius Mutter redet wütend vor sich hin und Amelia überlegt schon seit mehreren Minuten, ob sie das Portrait nicht einfach stumm hexen sollte.

„Wenn sie nicht gleich die Klappe hält...", grummelt Amelia vor sich hin, schlägt das Buch mit einem lauten Knall zu und greift nach ihrem Zauberstab, den sie dazu benutzt hatte, ihre Haare beim Lesen in einem lockeren Dutt zu halten.

Amelia steht mit einer geschmeidigen Bewegung auf und läuft in die Küche. Sie hatte den ganzen Tag schon nichts gegessen und langsam bekommt sie wirklich Hunger.

„Hören Sie mich nicht? Sie sind eine Schan-" Amelia verhext das Portrait, als sie an diesem vorbei geht und seufzt. Das hätte sie schon deutlich eher machen sollen, das hätte ihr einige Nerven gespart.

Amelia stellt sich in die Küche und sucht nach etwas zu essen, das sie mit einem Wink ihres Zauberstabs erwärmt, dann setzt sie sich an den Tisch und isst. Nach 20 Minuten ist sie fertig und räumt ihre Sachen weg. Danach geht sie nach oben in ihr Zimmer und sucht sich neue Kleidung aus dem Schrank. Sie zieht sich ihre alten Sachen aus und überlegt, ob sie das lange Kleid, oder doch die Hose anziehen soll. Schlussendlich entscheidet sie sich für die Hose und dazu trägt sie einen engen Strickpullover.

Amelia wirft einen Blick auf ihre Uhr und zieht ihren langen Mantel aus dem Schrank. Dazu zieht sie ein paar Schuhe an und will gerade die Treppen nach unten laufen, als sie hört, dass jemand in das Haus appariert. Verwirrt verlässt sie ihr Zimmer und zieht ihren Zauberstab hervor, dann geht sie in die Richtung der Geräuschequelle.

„Miss Hooch?", ertönt eine Stimme, die Amelia als Dobby identifizieren kann. Verwundert steckt sie den Zauberstab wieder weg und ihre Stiefel klackern auf dem Boden erschreckend laut. Der kleine Hauself taucht vor ihr auf und Amelia sieht ihn fragend an.

„Dobby, was ist los?", fragt sie, denn der kleine Elf sieht sie aufgescheucht an und scheint nicht ganz zu wissen, wie er mit der Situation - welche das auch immer ist - umgehen soll.

„Ich brauche Ihre Hilfe, Miss Hooch.", beginnt er und streckt ihr seine Hand entgegen. Amelia zögert nicht lange und ergreift sie, denn sie weiß, dass er sonst nicht so reagieren würde.

Als Amelia wieder festen Boden unter den Füßen hat, dreht sie sich ein Mal um ihre eigene Achse und sieht dann Harry Potter, Ron Weasley, Luna Lovegood und einen fremden Mann vor sich. Erleichtert sieht sie die drei Schüler, ihre Freunde, an und nimmt jeden der drei kurz in den Arm. Dann sieht sie sich aufmerksam um und stellt fest, dass sie in einem Verlies sind.

„Wo sind wir?", fragt sie deshalb an Harry gerichtet und er sieht kurz zur Tür.

„Malfoy Manor.", antwortet er kurzgebunden und er dreht sich zu Dobby um, während Amelia sich Luna zuwendet, die eine leichte Verletzung am Arm zu haben scheint. Amelia wendet einen leichten Heilzauber an und Luna lächelt dankbar, aber unglaublich schwach.

„Dobby ist gekommen und rettet Harry Potter, was sonst?", hört sie Dobby sagen und dreht sich zu Harry und Dobby um, die ein Gespräch zu führen scheinen. Sie hatte den Anfang nicht mitbekommen, doch das musste sie wahrscheinlich auch gar nicht. Sie wird dem Gespräch so bestimmt auch folgen können.

„Dobby wird immer da sein, wenn Harry Potter ihn braucht.", sagt Dobby und Amelia lächelt. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie sehr sich der kleine Elf freut, dass Harry ihn so respektiert und schätzt.

„Kannst du aus diesem Keller disapparieren? Könntest du uns mitnehmen?" Harry wirft einen Seitenblick auf Luna und Ollivander, die beide nicht mehr sehr stark aussehen. Dobby nickt begeistert.

„Aber natürlich, ich bin ein Elf.", fügt er dann noch hinzu und blickt hoch zu Harry. Dieser wechselt einen Seitenblick mit Ron.

„Ist doch ein Plan.", gibt dieser nur zurück und zuckt mit den Schultern. Wahrscheinlich ist dies die größte Chance die beiden hier heile herauszubekommen, denn einen Kampf werden sie mit Sicherheit nicht mehr überstehen. Dafür können sie sich nicht gut genug verteidigen.

„Gut, Dobby. Dann bring jetzt Luna und Mister Ollivander zum-", beginnt Harry und wird von Ron unterbrochen.

„Shell Cottage. In der Nähe von Tinworth. Vertrau mir.", sagt er und Harry sieht ihn kurz abschätzend an, vertraut Ron aber sofort. Er nickt Dobby kurz zu, als Zeichen, dass auch er es absegnet, dass dies das Ziel ist. Luna und Ollivander treten auf Dobby zu.

„Sobald sie bereit sind, Sir.", sagt Luna und lächelt den Hauselfen vor sich schwach an.

„Sir? Dobby mag dieses Mädchen.", grinst Dobby sanft und ergreift die Hand von Luna und dem Mann. Er sieht ein letztes Mal zu Harry.

„Wir treffen uns am Kellereingang in zehn Sekunden.", sagt Dobby und nickt Harry ein letztes Mal zu, dann disappariert er und nimmt dabei Luna und Ollivander mit sich. Es ist nur noch das aufgeregte Atmen von Harry und Ron zu hören, die beide in Richtung Amelia sehen, bevor sie zu dritt alle direkt neben die Tür stehen, sodass sie nicht gesehen werden, als sie Schritte hören.

Alle sind leise, als sich die Tür öffnet und Wurmschwanz einen Schritt in den Kerker setzt, bevor er plötzlich wie ein Brett zu Boden fällt. Harry, Ron und Amelia treten zur gleichen Zeit aus dem Schatten des Eingangs und laufen los.

„Wer holt seinen Zauberstab?", fragt Dobby die beiden Jungs und Ron nimmt diesen schnell an sich. Dobby wirft Harry einen anderen Zauberstab zu, wer weiß, wem er diesen entwendet hat. Harry, Ron und Amelia schleichen die Treppe nach oben und bleiben stehen, sodass sie nicht gesehen werden. Amelia hört, dass Bellatrix und Griphook, ein Kobold von Gringotts, der Zaubererbank, miteinander reden. Sie blendet dieses Gespräch allerdings komplett aus, als sie sieht, dass Hermine am Boden liegt. Ihre Augen sind tränenverschleiert und sie sieht so aus, als würde sie durch Höllenqualen gegangen sein.

„Verdammt, das reicht!" Amelia wird aus ihren Gedanken gerissen, als Ron diese Worte plötzlich murmelt und losstürmt.

„Expelliarmus!", hört sie es von ihm und beeilt sich ihm hinterherzukommen. Sie stolpert beinahe über ihren langen Mantel, der ihr um die Knöchel schwingt, und bereut es, diesen angezogen zu haben, besonders, da sie schon wieder rumrennt, als würde sie zu den Todessern gehören. Sie versucht sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und sieht Bellatrix Lestrange, Lucius, Narzissa und Draco Malfoy und Harry, Ron und Hermine. Wo ist Dobby? Lucius Malfoy will gerade einen Fluch losschicken, als Harry auch schon einen Stupor in seine Richtung feuert. Lucius, von der Wucht des Zaubers getroffen, stürzt mehrere Meter nach hinten.

Amelia feuert einen Fluch auf Bellatrix, doch diese kann sich unbemerkt einen Schritt wegstehlen und ist somit außerhalb der Schusslinie. Amelia dreht sich zu Draco und feuert halbherzig Sprüche in seine Richtung, doch er macht nicht den Eindruck, als würde er angreifen wollen. Die paar Sprüche, die er abfeuert, sind nicht gerade wirkungsvoll und das scheint er auch zu wissen.

„Aufhören! Zauberstäbe fallen lassen!", ertönt plötzlich Bellatrix ätzende Stimme und alle fahren zu ihr herum. Sie hat Hermine von hinten im Arm und hält ihr ein Messer an den Hals, jederzeit bereit dazu, es durch ihre Kehle zu ziehen und sie somit zu töten. Alle zögern, doch niemand macht Anstalten den Zauberstab fallen zu lassen, was auch Bellatrix aufzufallen scheint. Diese zieht nämlich wütend die Augenbrauen zusammen und verstärkt den Druck auf Hermines Hals noch etwas. Diese keucht erschrocken auf und es gelingt ihr nicht, sich die Tränen zu verkneifen.

„Ich sagte, fallen lassen!", wiederholt Bellatrix nun lauter und Harry, Ron und Amelia lassen ihre Zauberstäbe fallen. Als Amelias Zauberstab klirrend zu Boden fällt und wenige Zentimeter über den Boden rollt, verfolgt sie seinen Weg unauffällig und will wissen, wo er sich befindet, um im Notfall schnell an ihn heran zu kommen. Bellatrix sieht sehr zufrieden aus.

„Heb sie auf Draco, los!", zischt Bellatrix und dieser geht langsam und zögerlich auf die Zauberstäbe zu. Er hebt sie auf und Amelia schickt gedanklich mehrere Flüche auf ihn. Na toll, jetzt ist ihr Zauberstab zu weit weg, um schnell an ihn ran zu kommen. Ganz große Klasse.

„Na sieh mal einer an. Was haben wir denn da? Oh, es ist Harry Potter.", Bellatrix geht - mit Hermine immer noch im Arm - kleine Schritte auf Harry zu. Amelia sieht sie wachsam an und verfolgt jede noch so kleine Bewegung, die um sie herum passiert.

„Er sieht ja wieder aus wie neu. Gerade rechtzeitig für den dunklen Lord.", lacht sie wahnsinnig und grinst.

„Ruf ihn. Ruf ihn.", sagt sie wahnsinnig in Lucius Richtung. Dieser zögert kurz, dann hebt er allerdings seinen Arm und streift sich den Ärmel hoch. Amelia sieht ganz klar sein dunkles Mal und merkt, dass er sich nicht richtig traut, Voldemort persönlich herzurufen. Gerade, als er kurz davor ist, seinen Mut zusammenzunehmen und sich zu trauen, ertönt ein leises Quietschen. Verwirrt halten alle inne und Amelia sieht sich nach der Geräuschquelle um. Ihr Blick gleitet nach oben und sie sieht Dobby, wie er auf einem Kronleuchter sitzt. Scheinbar dreht er an einer Schraube, um diesen zu lockern. In dem Moment, in dem der Kronleuchter zu Boden fällt, bricht Chaos aus. Bellatrix stürzt mit einem Schrei nach hinten und stößt Hermine dabei nach vorne, direkt in Rons Arme. Harry entreißt Draco die Zauberstäbe und schmeißt Amelia ihren zu. Diese dreht sich sogleich um und schießt den nächsten Stupor gegen Lucius. Ihrer ist deutlich kräftiger und Lucius fliegt mehrere Meter nach hinten. Er kennt Amelia und weiß, dass ihre Chancen besser wären, wenn sie nicht hier wäre. Doch nun, da sie ihren Zauberstab wieder hat und ihn gegen den Feind richtet, haben sie ein großes Problem.

„Dummer Elf. Wolltest du mich töten?", kreischt Bellatrix plötzlich los, als sie sich offensichtlich von ihrem Schock erholt hat. Harry, Ron, Hermine, Dobby und Griphook stehen am Rande eines Treppengeländers und sind kurz davor hier zu verschwinden, während Amelia mit erhobenem Zauberstab vor ihnen steht, um sie zu schützen, wenn nötig.

„Dobby wollte niemals töten. Dobby wollte bloß verstümmeln oder sehr schwer verletzen.", beantwortet der Elf ihre Frage und sieht fast schon unschuldig zu der Hexe vor sich. Narzissa startet einen Versuch anzugreifen, doch noch bevor sie die Bewegung zu Ende ausgeführt hat, schnippt Dobby und Narzissas Zauberstab fliegt durch die Luft. Bellatrix kreischt erneut und Amelia verdreht die Augen. Wie oft hatte sie dies in letzter Zeit schon getan? An Voldemorts Stelle hätte sie Bellatrix schon lange getötet.

„Wie kannst du es wagen einer Hexe den Zauberstab zu entwenden? Und dich dreist deinen Gebietern zu widersetzen?", kreischt sie dann und Dobby sieht sie völlig empört an.

„Dobby hat keinen Gebieter, Dobby ist ein freier Elf. Und Dobby ist bloß hier, um Harry Potter und seine Freunde zu retten.", sagt Dobby und Amelia hat wirklich genug. Sie dreht den Kopf halb zu der Gruppe hinter sich. Doch in dem Moment, als sie dies tut, greift Bellatrix wieder an. Zudem appariert in diesem Moment eine Person in das Malfoy Manor. Amelia kämpft weiterhin mit Bellatrix und feuert einen Stupor in ihre Richtung, dann fällt ihr Blick auf den Neuankömmling und sie weitet fast unmerklich ihre Augen.

„Verschwindet endlich, ich komme nach!", schreit Amelia jetzt in die Richtung von Harry und den anderen, während diese überrascht auf Snape blicken, der mit erhobenem Zauberstab auf die Gruppe vor sich sieht.

Amelias Augen ruhen auf Snape, weshalb sie das Messer nicht kommen sieht, das sich in ihren Bauch bohrt. Ihr Blick schnellt zu Bellatrix, in dem Moment, in dem sie es spürt. Der nächste Fluch wird deutlich von ihren Feuerbändigerkräften verstärkt und Bellatrix stolpert mehrere Schritte nach hinten, während sie erschrocken auf die junge Hexe vor sich sieht. Amelia hört, dass Harry und die anderen verschwinden, weshalb sie erleichtert lächelt. Gut, das ist alles, was sie erreichen wollte.

„Geht, ich regele das. Los!", befiehlt Snape kühl und Bellatrix, Draco, Narzissa und Lucius disapparieren alle gemeinsam. Snape und Amelia bleiben zurück.

Als es plötzlich still ist, nimmt Amelia ihr eigenes Keuchen wahr und sieht nach unten, auf ihren Bauch, wo noch immer Bellatrix Messer in ihrem Bauch steckt. Sie zieht es heraus und lässt es fallen. Als es auf dem Boden aufkommt, ertönt ein dumpfes Geräusch und ein großer Blutfleck bildet sich auf ihrem Bauch. Amelias Kräfte verlassen sie und ihre Beine knicken ihr weg. Hätte Snape sie nicht so schnell aufgefangen, wäre sie auf den Boden gefallen und hätte sich wahrscheinlich noch den Kopf angeschlagen. Snape sagt kein Wort, als er sie sanft auf dem Boden ablegt und seinen Zauberstab auf ihre Wunde richtet. Er murmelt einige Beschwörungen vor sich hin und Amelia spürt, dass ihre Kräfte wieder mehr werden, während die Schmerzen verschwinden. Als sie spürt, dass sich die Wunde komplett verschlossen hat, hebt sie den Blick und sieht zu Snape, der ihr direkt ins Gesicht blickt. Er zaubert das Blut aus ihren Klamotten und lässt sie dann los. Amelia sitzt auf dem Boden und sieht zu ihm hoch. Snape geht einige Schritte zurück und lässt sie dabei nicht aus den Augen. Amelia kommt langsam wieder auf die Beine und will gerade etwas sagen, als er sie ein letztes Mal sanft ansieht und dann wortlos disappariert.

Amelia geht zwei Schritte in die Richtung, in der er verschwunden ist, doch realisiert, dass das lächerlich ist und bleibt wieder stehen.

Sie seufzt, dann disappariert sie.

+++++

Amelia sitzt gerade wieder in Ruhe im Ordensgebäude und will sich einfach nur ausruhen. Der Kampf vorhin hatte an ihren Kräften gezehrt und auch, wenn Snapes Heilzauber sehr gut waren und sie nun weniger Schmerzen als vorher hat, spürt sie doch, dass ihre Energie während dem Angriff verschwunden ist und sie jetzt wahnsinnig müde ist. Sie hatte sich geduscht und ist danach in einen lockeren Pullover und eine Leggins geschlüpft, da sie nicht vor hat, heute noch das Haus zu verlassen. Außerdem hat sie immer noch Schmerzen und weiß, dass diese auch noch für eine Weile bleiben werden. Severus hatte mit seinem Heilzauber zwar ihre Wunde geschlossen, doch die Schmerzen können durch Magie wahrscheinlich so schnell nicht verschwinden, da Bellatrix Messer schwarzmagisch verändert war.

Amelia würde am liebsten Kontakt zu Harry und den anderen aufnehmen, doch sie weiß, dass es zu gefährlich ist, einen Versuch zu starten, ihn mit Magie zu kontaktieren. Doch sie ist sich sicher, dass sie es erfahren hätte, wenn ihnen etwas zugestoßen wäre. Also wird es allen soweit wohl gut gehen.

Amelia wirft einen Blick auf die Uhr und überlegt, ob sie sich nach oben in ihr Bett quält. Doch da sie momentan schon wieder die einzige im Ordensgebäude ist, beschließt sie, dass sie einfach auf dem Sofa liegen bleibt. Mit einem Aufrufzauber hext sie sich ihr Kissen und ihre Bettdecke zu sich, dann versucht sie es sich auf dem Sofa so bequem zu machen, wie möglich. Ihre Gedanken schweifen zu Snape und sie fragt sich, was er den anderen erzählt hat. Immerhin kann er nicht zugeben, dass er sie verschont hat. Und ohne jeglichen Kratzer wieder bei Voldemort auftauchen und dann behaupten, dass er von Amelia besiegt worden ist, wird er auch nicht können. Sie weiß, wie riskant es war, dass er die anderen weggeschickt hat und sie weiß, dass er dieses Opfer nur für sie eingegangen ist. Das freut sie zwar sehr, doch sie weiß auch, dass es gefährlich ist. Gefährlich für sein Leben und gefährlich für den Plan.

Gerade, als Amelia kurz davor steht einzuschlafen, erscheint plötzlich ein blendendes Licht vor ihr. Erschrocken hält sie die Hand vor die Augen und ihre Augen gewöhnen sich schnell an das Licht. Irritiert sieht sie auf den Patronus, der sich vor ihr befindet. Sie erkennt einen kleinen Drachen, den sie als einen peruanischen Viperzahn identifizieren kann. Ihr erster Gedanke ist Charlie, doch sie erstarrt, als der Patronus zu sprechen beginnt.

„Amelia, geht es dir gut? Kannst du noch heute Abend zu mir apparieren?", fragt eine Stimme, die unverkennbar Snape gehört. Doch war Snapes Patronus nicht schon immer eine Hirschkuh? Hatte er nicht diese Gestalt angenommen, weil Lilys Patronus eine Damhirschkuh war? Amelia weiß, welche Eigenschaften man einem peruanischen Viperzah nachsagt und sie ist völlig verwirrt. Der Drache ist dafür bekannt, dass er besonders fluggewandt ist. Außerdem zählt er zu den gefährlichsten Drachenarten - und zu denen, die Amelia am meisten faszinieren. Immerhin sagt man dem peruanischen Viperzahn nach, dass er Feuerbändigern deren Kräfte schenkt. Denn das Drachenblut, das im Körper eines Feuerbändigers fließt, stammt von diesem Drachen.

Etwas in ihr drinnen schreit danach, dass es eine Falle ist, dass Snape sie zu sich ruft, doch sie ist sich sicher, dass er ihr einen Hinweis gegeben hätte. Und die Tatsache, dass sich Severus verdammter Patronus verändert hat - ein Vorgang, der zuletzt bei Remus und Tonks aufgrund ihrer Liebe für Remus vorgekommen war, lässt Amelia ihre negativen Gedanken vergessen. Sie steht schwerfällig vom Sofa auf und schlüpft in ein paar Sneaker. Dann greift sie nach ihrem Zauberstab und disappariert. Sie hatte sich nicht mal mehr umgezogen und weiß, dass sie Severus für gewöhnlich noch nie so schäbig gegenübergetreten ist, doch tief in sich drinnen erinnert sie sich daran, dass sie kurz nach dem Tod ihrer Mutter bestimmt auch nicht besser aussah.

Vor Snapes Haus angekommen, führt sie sämtliche Zauber durch, um festzustellen, ob es wie vermutet eine Falle ist, doch sie kann kein Anzeichen dafür entdecken. Alles ist so wie immer und Amelia kann sich nicht entscheiden, ob sie das beruhigen oder noch mehr verunsichern sollte.

Sie umgreift den Zauberstab noch fester, dann geht sie auf Severus Haustür zu und klopft energisch. Sie sieht durch das Milchglas der Tür, dass eine schwarze Gestalt auf sie zukommt und vermutet, dass es Severus ist, doch zur Sicherheit hält sie ihren Zauberstab trotzdem angriffsbereit nach oben.

Severus ist nicht mal überrascht, als das erste, das er sieht, ihr Zauberstab ist. Doch bevor sie etwas sagen kann, zieht er sie ins Haus und schließt die Tür schnell wieder hinter sich.

„Wirst du bedroht? Ist das eine Falle?", fragt Amelia leise, doch Severus schüttelt den Kopf.

„Nein, keine Falle. Ich musste sehen, ob mit dir alles in Ordnung ist.", meint er und Amelia hört die Sorge in seiner Stimme. Sie steckt den Zauberstab weg und wird sich erst jetzt wieder ihrer Schmerzen bewusst.

„Bis auf die Schmerzen geht es mir gut.", meint sie nur und sieht, dass sein Blick an ihr herunter gleitet.

„Ich hatte heute nicht mehr vor das Haus zu verlassen!", verteidigt sie sich, doch Snape hebt einen Mundwinkel.

„Es ist mir egal, wie du aussiehst.", meint er nur und bringt Amelia damit schwach zum Lächeln.

„Bist du dir sicher, dass es hier sicher ist? Kommt wirklich niemand?", fragt Amelia Severus und dieser sieht sie kurz verwirrt an, da er den plötzlichen Themenwechsel nicht nachvollziehen konnte.

„Ja. Ich habe sämtliche Schutzzauber verstärkt. Niemand kommt hier unvorbereitet rein und niemand kann die Zauber durchbrechen.", meint er und Amelia seufzt erleichtert. Dann allerdings geht sie einfach an Severus vorbei und lässt sich auf sein Sofa fallen. Das Apparieren hatte ihren Schmerzen nicht gut getan und Amelia verflucht sich dafür, dass sie es immer wieder unterschätzt, wie es ist, mit Verletzungen zu apparieren.

„Ist es dein Bauch?", fragt er sie, als er sieht, dass Amelia sich in eine halb liegende Position begibt, in der sie sich offensichtlich etwas entspannen kann.

„Ja. Aber das wird sicherlich bald besser.", winkt sie nur ab und sieht ihn dann auffordernd an. Severus erwidert ihren Blick und ist sich der Frage, die im Raum steht, offensichtlich nicht bewusst. Er hatte ihr einen Patronus geschickt, der plötzlich die Gestalt verändert hatte. Kann er sich da nicht denken, was ihr im Kopf herumspukt? Amelia verdreht innerlich die Augen. Männer!

„Dein Patronus war früher eine Hirschkuh, oder?", fragt sie ihn leise und Severus weicht ihrem Blick aus. Er wusste, dass sie ihn darauf ansprechen würde, doch er hatte sich noch nicht überlegt, wie er darauf antwortet. Denn er weiß, was es bedeutet, dass sich sein Patronus verändert hat und er weiß auch, dass sie es ebenso weiß. Einen größeren und vor allem sichereren Liebesbeweis könnte es gar nicht geben und das ist etwas, das ihn zwar nicht überrascht, aber überrumpelt hat. Denn sich seine Gefühle einzugestehen war die eine Sache, doch zu sehen, dass sich sogar sein Patronus verändert, ist die andere.

„Nein. Er hat sich vor ein paar Monaten verändert... Als du mich... akzeptiert hast.", meint er leise und obwohl Amelia Schmerzen hat, richtet sie sich etwas auf, damit sie Severus ins Gesicht sehen kann. Beide wissen, weshalb sich sein Patronus ausgerechnet in einen Drachen verwandelt hat. Wo man Feuerbändigern doch nachsagt, dass sie Drachenblut in sich haben.

„Einen größeren Vertrauensbeweis hättest du mir nicht geben können, Severus Snape.", meint sie leise und mit so viel Wärme in ihrer Stimme, wie Severus sie selten gehört hatte. Sanft legt sie ihre Lippen auf seine, doch weicht recht schnell zurück, als sie spürt, dass er den Kuss nicht erwidert. Nachdenklich sieht sie ihn an. Sein Gesicht ist zu einer finsteren Miene verzogen und er sieht allgemein angespannter aus, als sonst noch.

„Was ist los?", fragt sie ihn und legt ihm eine Hand auf den Oberarm, mit dem er sich auf dem Sofa abstützt. Severus dreht seinen Kopf von ihr weg und kann ihr nicht in die Augen sehen.

„Du verdienst jemand Besseren.", sagt er und Amelia sieht ihn erschrocken an. Wie kann er so etwas denken?

„Was redest du da, Sev?", fragt sie ihn sanft und dreht seinen Kopf sanft zu ihr, damit sie ihm ins Gesicht sehen kann.

„Du würdest mich nicht mehr akzeptieren, wenn du wüsstest, was ich in Hogwarts alles tue.", meint er bitter und Amelia seufzt. Ihr war von Anfang an klar, dass er dort Sachen machen wird, die ihr nicht gefallen. Aber sie wusste auch immer, dass es Sachen sind, die ihm ebenfalls nicht gefallen.

„Was meinst du?", möchte sie interessiert wissen und verändert ihre Sitzposition, damit sie ihn besser ansehen kann. Dass sie dabei wieder mehr Schmerzen empfindet, ignoriert sie.

„Die Carrows sind nun Lehrer an Hogwarts und ich halte es abends nicht mehr im Schloss aus. Deshalb flohe ich fast jeden Abend zu mir nach Hause...", beginnt Severus und Amelia weiß, dass sie ihn jetzt am besten nicht unterbricht, bis er fertig gesprochen hat.

„Die beiden machen keinen Halt vor körperlichen Strafen.", erzählt er weiter und Amelia sieht ihn geschockt an. In Hogwarts werden die Schüler neuerdings gefoltert?

„Die Carrows benutzen dabei übrigens besonders gerne die Unverzeihlichen... Einen Großteil der Bestrafungen führe ich selbst durch... egal, was ich tue, es kann nicht so grausam sein, wie das, was die Carrows machen.", meint er bitter und dreht seinen Kopf wieder von ihr weg. Er will den verletzten Ausdruck in ihrem Gesicht nicht sehen. Will ihre Enttäuschung und Verachtung nicht mit seinen eigenen Augen sehen müssen. Und vor allem will er es nicht mit ansehen müssen, dass sie geht - und dass dies wieder seine eigene Schuld ist.

„Severus, ich-", Amelia unterbricht sich selber, da sie nicht ganz weiß, was sie sagen soll.

„Amelia, wie soll ich dir in dem Wissen gegenübertreten, dass ich so viele deiner Freunde verletzt habe? Ich weiß, wie sehr du Longbottom zugetan bist." Amelia greift sanft nach Snapes Hand und verzieht das Gesicht, als sie ihren Bauch krümmt. Snape sieht das, sagt aber nichts dazu. Er weiß, dass er sie sowieso nicht davon abbringen kann.

„Severus, ich weiß, wie schrecklich du dich fühlen musst. Aber ich kann dir versprechen, dass ich mich nicht von dir abwenden werde. Von dem, was du dort erzählst, schützt du die Schüler und gehst dabei ein großes Opfer ein.", meint sie und Severus sieht sie unsicher an. Er kann es nicht fassen, dass sie immer noch hier sitzt und ihn voller Verständnis ansieht.

„Wir wissen beide, dass du Dinge tun musst, die wir beide nicht gut finden, aber wir wissen beide auch, weshalb du sie tust. Du weißt, dass ich in deine Erinnerungen gesehen habe... ich habe deine Ängste gespürt, Sev. Und bitte glaub mir, ich weiß, dass man einer Person nicht von heute auf morgen vertrauen kann, wenn man in seiner Vergangenheit so oft enttäuscht wurde, wie du. Aber bitte lass es mich versuchen, dir zu zeigen, dass du mir vertrauen kannst und du genug für mich bist. Mach dich nicht immer selbst schlecht.", meint sie sanft und lächelt ihn schwach an.

„Ich bleibe bei dir, solange du es willst.", flüstert er als Antwort zurück und Amelia lächelt.

„Das wollte ich hören." Sie drückt ihm einen kurzen Kuss auf die Wange und lässt sich dann wieder nach hinten fallen, um ihren Bauch zu entlasten. Snape bemerkt dies und sieht den schmerzverzerrten Blick auf ihrem Gesicht. Ruckartig steht er auf, sodass Amelia leicht zusammen zuckt.

„Du brauchst Schmerztrank!", verkündet er scharf und verlässt dann sofort den Raum. Amelia sieht ihm kurz hinterher, dann beginnt sie zu grinsen. Sie merkt, wie viel Mühe er sich gibt und wie unsicher er sich ist. Sie spürt, dass er will, dass es ihr gut geht, er aber nicht so Recht weiß, wie er sich ausdrücken soll.

Als er mit dem Schmerztrank zurück kommt, nimmt sie diese sofort ein und lehnt sich dann auf dem Sofa nach hinten. Sie sieht, dass Snape es ihr gleich tut und aus einem inneren Impuls raus, kuschelt sie sich leicht an ihn. Es dauert einen Moment, dann legt er den Arm um ihre Schultern.

„Erzähl mir etwas.", meint Amelia müde und Severus überlegt kurz. Dann beginnt er ihr von einem neuen Zaubertrank zu erzählen, den er gerade entwickelt, bis sie in seinen Armen eingeschlafen ist.

Amelia steht Bellatrix gegenüber.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top