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Severus geht unruhig durch sein Büro und scheint zu überlegen, was er als nächstes tun sollte. Dieser Kuss mit Amelia hatte ihn völlig verunsichert und er ist nicht sicher, was er davon halten soll. Er würde sich gerne einreden, dass er keine Gefühle dabei hatte und ihm der Kuss nichts bedeutet hat, doch er weiß, dass das eine Lüge wäre. Und mittlerweile ist er auch über den Zeitpunkt hinaus, zu dem er sich immer noch einreden möchte, dass zwischen Amelia und ihm nichts ist. Denn er weiß, dass diese Aussage einfach nicht der Wahrheit entspricht. Und er hat es mittlerweile aufgegeben immer wieder zu behaupten, dass er nichts für sie fühlt. Denn wenn er ehrlich zu sich ist, dann hatte er es sich doch unterbewusst schon deutlich länger eingestanden, dass er mehr für die Slytherin fühlt, als ihm lieb ist. Und wenn es nur jedes Mal war, wenn er unterbewusst etwas netter zu ihr war, als zu seinen anderen Schülern. Und wer weiß, was geschehen wäre, wenn er sich schon eher eingestanden hätte, was er doch schon länger weiß... es fiel ihm so schon schwer genug sich vor anderen unauffällig zu verhalten. Und das ist ja wohl mehr als lächerlich. Denn wer ist er denn? Ist er nicht der Mann, der überzeugend Voldemort hintergeht? Da sollte es für ihn doch keinerlei Probleme darstellen, vor ein paar Schülern geheim zu halten, was er nur tief in sich drinnen wusste. Doch wie bei allem, was mit Amelia Hooch zu tun hat, hatte er sich getäuscht, wie stark sie ihn doch beeinflusst.

Innerlich betet er einfach nur noch, dass Amelia sich aus dieser ganzen Sache wirklich raushält und ihn machen lässt. Es wäre einfach zu gefährlich für sie, wenn sie dort auftauchen würde und versuchen würde seinen Plan zu vereiteln. Allerdings hatte er auch gesehen, dass sie die Wichtigkeit von Dumbledores Plan erkannte und sie nicht so dumm wäre, all das zu gefährden. Oder?

Er ist sich immer noch nicht so ganz sicher, ob es eine kluge Idee war, Amelia den Plan zu offenbaren, allerdings versucht er sich immer wieder einzureden, dass es eine gute Entscheidung ist. Denn er weiß, dass sie niemals eine gemeinsame Zukunft hätten, wenn er es ihr nicht verraten hätte. Und er weiß auch, dass Amelia die erste wäre, die Jagd auf ihn machen würde. Sein Verrat würde wahrscheinlich die Feuerbändigerseite in ihr zum Vorschein bringen, die sie doch sonst so gut zu verstecken weiß. Und wenn diese zum Vorschein kommt und sie dabei unterstützt, ihre Wut an ihm auszulassen, dann würde er nicht mehr lange leben. Da ist er sich sicher. Denn so ungern er es auch zugeben würde, aber Amelia kennt ihn gut. Die vielen Male, in denen die beiden zusammen gekämpft haben, hatten mehr über ihn verraten, als die meisten erahnen können. Doch er weiß, dass Amelia mehr aus seinen Kampftechniken und seinen teilweise auch nur kühlen Äußerungen lesen konnte, als die meisten es je können werden. Er hofft nur, dass Amelia diese Informationen nicht gegen ihn benutzt, sondern für ihn.

Vielleicht kann Amelia im Geheimen die nötigen Schritte einleiten und im Verborgenen den Strippenzieher spielen, wenn etwas nicht so läuft, wie es geplant ist. Denn das war eigentlich immer Dumbledores Aufgabe.

Jetzt, wo Dumbledore tot sein wird, wird wahrscheinlich Lupin die Leitung des Ordens zusammen mit Moody auf sich nehmen. Doch Snape traut den beiden nicht zu, dass sie genau so handeln, wie Dumbledore es geplant hatte. Amelia wiederum könnte jetzt durch ein paar Anmerkungen und Ideen versteckt diesen Plan weiter führen und wahrscheinlich würde es niemand merken. Denn eins ist sicher: Der Orden wird jetzt Jagd auf Snape machen und alles daran setzen ihn zu töten. Also würde niemals jemand auf seine Ideen hören, selbst, wenn sie versteckt wären. Er traut Amelia zu, dass sie Dumbledores teilweise auch naiven Pläne so umgestalten kann, dass sie noch mehr Sinn ergeben und die Kollateralschäden so gering wie möglich sind.

Snape seufzt und schon als er das macht, merkt er, dass er das in letzter Zeit viel zu viel macht. Und daran ist nur dieses blöde Gefühl, das Amelia in ihm auslöst, Schuld.

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Nervös rennt Amelia durch ihr Zimmer, nicht wissend, dass Snape nur wenige Räume weiter, dasselbe tut. Sie weiß, dass es bald so sein wird, dass er Dumbledore tötet, denn Dumbledore und Harry sind soeben auf dem Astronomieturm gelandet, wie sie durch ihr Fenster sehen konnte. Draco wird sich gleich auf den Weg machen um die Todesser nach Hogwarts zu lassen, wie sie vorhin erfahren hatte. Nervös zieht sich Amelia normale Klamotten aus ihrem Schrank und tauscht ihre Schuluniform gegen ein paar angemessenere Klamotten. Anschließend zieht sie sich ihren Umhang um und steckt ihren Zauberstab in die Schlaufe ihres Gürtels. Sie wirft einen Blick in den Spiegel und stellt fest, dass sie eher aussieht, als würde sie sich den Todessern anschließen wollen, so wie sie gekleidet ist.

Sie hätte beinahe losgeprustet, doch merkt, dass dazu eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt ist. Stattdessen zupft sie an ihren schwarzen Klamotten rum und streicht sich ihre Haare erneut aus dem Gesicht. Dann lächelt sie aber leicht. Sie muss sich selber eingestehen, dass sie gefährlich aussieht. Vielleicht kann sie wenigstens etwas Stärke zeigen, wenn sie schon nicht richtig kämpfen kann - oder darf. Alles, was sie machen wird, darf den Plan nicht gefährden, sonst bringt Snape sie um. Oder sie sich selber, wenn dadurch etwas schiefgehen sollte.

Amelia stellt sich vor ihr Fenster und sieht dabei zu, wie Draco auf den Astronomieturm stürmt. Sie kann nicht wirklich etwas erkennen, da es unheimlich dunkel ist und Draco - wie sie - in komplett schwarz gekleidet ist.

Ein Schatten folgt Draco und anhand des wallenden Gewands weiß Amelia, dass es Snape ist.

Einen Moment lang passiert nichts, es ist alles still und Amelia hört nur ihr eigenes, viel zu lautes Atmen. Sie hat das Gefühl, dass sich kein einziger Vogel draußen bewegt und der Wind stillsteht. Dann sieht sie einen grünen, beißenden Strahl auf dem Astronomieturm und Amelia zieht scharf die Luft ein. Das ist ihr Stichwort. Sie rennt los und achtet penibel darauf, dass sie einen anderen Weg geht, als den, von dem sie weiß, dass Snape ihn mit den Todessern wählen wird. Sie muss jetzt einfach zu Harry und muss mit ihm reden. Anders geht es nicht, sie muss. Sie hatte Severus versprochen, dass sie sich nicht einmischt. Doch was ist, wenn Harry sich einmischt und zu Schaden kommt? Ist es dann nicht ihre Aufgabe als Ordensmitglied dafür zu sorgen, dass er in Sicherheit ist?

Im Slytherin-Gemeinschaftsraum herrscht ein aufgescheuchtes Durcheinander und Amelia kann sich schon denken, dass sie nicht die einzige ist, die den grünen Lichtblitz gesehen hat. So unbemerkt wie möglich stiehlt sie sich davon und schleicht durch die Gänge der Schule. Sie wählt unauffällig einen der Geheimgänge, die Fred und George ihr einst gezeigt hatten, und schleicht sich so aus dem Schloss. Sie hört eine laute Explosion und zuckt zusammen. Sofort zieht sie ihren Zauberstab und dreht sich um ihre eigene Achse. Sie kann nichts entdecken und atmet erleichtert durch. Dann allerdings scheint sie zu merken, woher die Explosion wahrscheinlich kam. Sie befindet sich unter der großen Halle. Und das Geräusch, das sie gehört hatte, klang verdächtig nach zerspringendem Glas. Oh Gott, was zur Hölle machen die da?

Es juckt ihr in den Fingern dort hochzugehen und die Personen dort oben daran zu hindern, die Schule auseinanderzunehmen, doch sie weiß, dass sie das nicht tun sollte. Stattdessen rennt sie aus dem Schloss und macht sich auf den Weg zum Astronomieturm. Sie spürt, dass ihre Ausdauer nachlässt, doch Amelia ignoriert dies. Sie rennt weiter und stoppt erst, als sie merkt, dass Harry ebenfalls zu rennen beginnt und sie ihn so dann erst Recht nicht einholen kann.

Amelia beginnt stumm vor sich hinzufluchen, denn sie muss stehen bleiben und nach Luft schnappen. Verdammt, warum konnte sie als Feuerbändigerin nicht noch irgendwie eine verbesserte Ausdauer als Kraft haben? Wäre das zu viel verlangt?

Als Amelia sieht, dass sich eine Personengruppe vom Schulgelände begeben will und Harry sich wieder schneller in Bewegung setzt, nimmt sie all ihre Kraft zusammen und rennt Harry hinter. Dieser nähert sich erschreckend schnell Snape, der sich allerdings nicht im Geringsten um den Jungen kümmert, da er ohnehin weiß, dass er ihn mit Leichtigkeit besiegen würde.

In der Ferne sieht sie, wie Hagrids Haus in Flammen aufgeht und Amelia betet, dass er sich nicht in diesem Haus befindet. Und sollte er es doch tun, dann hofft sie, dass er schnell genug wieder dort herauskommt. Bellatrix wahnsinniges Lachen ertönt und Amelia würde am liebsten mehrere Flüche auf sie hetzen, doch sie besinnt sich eines Besseren. Sie ist nicht hier, um einen Kampf gegen mehrere Todesser alleine zu führen. Sie ist hier, um Harry vor besagten Todessern zu beschützen.

„SNAPE!", brüllt Harry los und Snape fährt herum. Amelia bleibt nicht stehen und rennt weiter, doch Snape hat sie noch nicht entdeckt. Innerhalb von 5 Sekunden, die Harry braucht, um durchzuatmen, kommt sie neben ihm an und stellt sich schräg hinter ihn. Draco sieht geschockt zu ihr und kann wahrscheinlich nicht einordnen, was sie hier tut und wie sie handeln wird.

„Er hat Ihnen vertraut!", brüllt Harry weiter und sieht Snape vorwurfsvoll an. Allerdings wird sein Blick schnell wütend und Amelia würde Angst bekommen, wenn dieser Blick gegen sie gerichtet wäre. Sie hätte nicht gedacht, dass Harry jemals jemanden so ansehen könnte, doch sie wird eines Besseren belehrt. Snape ist natürlich unbeeindruckt von diesem Blick - oder er möchte es nicht zugeben, wenn er sich davon einschüchtern lassen würde. Doch so, wie Amelia ihn kennt, wird er diesen Blick einfach nicht für voll nehmen. Snape dreht sich zu dem leicht verstört aussehenden Draco.

„Geh schon!", sagt er und Draco stolpert einen Schritt zurück, dann dreht er sich wirklich um und folgt einer Person, von der Amelia nicht weiß, wer er ist.

Harry holt Luft und Amelia sieht noch aufmerksamer auf die ganze Situation als noch eben. Sie ahnt, dass Harry jede Sekunde etwas Dummes tun wird und sie weiß, dass sie auf das Echo vorbereitet sein sollte. Denn sie ist sich sicher, dass Harry alleine nicht gegen eine Gruppe Todesser ankommt. Das würde selbst sie alleine nicht schaffen, wenn sie ihre Kräfte einsetzt.

„Incarcerus!", ruft er und feuert den Spruch auf Snape. Dieser wehrt ihn mit einer lässigen Bewegung seines Zauberstabs ab und sein Blick fällt auf Amelia. Snape überlegt gerade wahrscheinlich, ob er einen Fluch auf sie hetzen sollte, für die Tatsache, dass sie nun hier ist, doch er entscheidet sich dagegen. Er richtet seine Aufmerksamkeit lieber wieder auf Potter.

„Was ist? Wehren Sie sich! Los, Sie sollen sich wehren!", brüllt Harry und Amelia kann den Schmerz in seiner Stimme hören. Er sieht wahnsinnig traurig aus und sie bekommt augenblicklich Schuldgefühle, obwohl sie eigentlich nichts mit dieser ganzen Sache zu tun hat.

Bellatrix schießt einen Fluch auf Harry und Amelia kann schnell genug reagieren. Sie tritt einen Schritt nach vorne, wehrt den Spruch nonverbal ab und schießt den Spruch, verstärkt durch ihre Feuerbändigerkräfte, zurück auf Bellatrix, ohne dabei auch nur ein Wort zu sagen. Es ist in diesem Moment mehr als nur offensichtlich, dass sie Snape und Bellatrix kräftemäßig gewachsen ist. Und in ihrem Blick erkennt Snape, dass sie gewillt ist, ihre Kräfte gegen Bellatrix einzusetzen. Nur nicht gegen ihn. Am liebsten würde er seufzen, doch er verkneift es sich.

Der nächste Fluch, den Bellatrix losschießt, richtet sich dieses Mal direkt gegen Amelia und diese spürt, wie kräftig Bellatrix' Spruch war, kann ihn aber abwehren. Sofort feuert sie einen nonverbalen Incarcerus hinterher, den Bellatrix nur mit viel Mühe abwehren kann. Zufrieden grinst Amelia in sich hinein und Snape sieht des ebenfalls. Er würde es ihr gegenüber niemals zugeben, aber es beeindruckt ihn, dass sie in der Lage war den Spruch so lässig und ohne Anstrengung abzuwehren, wo er doch weiß, wie stark Bellatrix ist.

„Nein! Sie gehören dem dunklen Lord!", ermahnt Snape Bellatrix und Amelia spürt, dass Harry sie von der Seite aus fragend ansieht. Woher wusste sie, was passiert war? Wie kam sie so schnell hier her? Bellatrix sieht Severus einen Moment schmollend an, dann dreht sie sich um und geht. Scheinbar hatte Snape doch mehr Kontrolle über diese Gruppe, als Amelia erwartet hätte. Snape sieht Amelia noch ein letztes Mal an, dann dreht er sich um und geht. Zumindest so lange, bis Harry seinen Zauberstab wieder hebt.

„Sectumsempra!", sagt er in Snapes Richtung und noch bevor Amelia die Chance hat, den Spruch abzuwehren, bevor er Snape erreicht, dreht sich Snape mit einer geschmeidigen Bewegung um und wehrt den Spruch erneut ab. Dabei schießt er direkt den nächsten nonverbalen Spruch zurück, den Amelia abwehrt. Harry allerdings bekommt ihn volle Kanne ab und fällt zu Boden. Als Snape bemerkt, dass Bellatrix wieder zu ihm sieht und den Anschein macht, einen weiteren Spruch auf Amelia zu feuern, gibt Snape der Frau vor sich ein unauffälliges Zeichen und schießt einen weiteren Spruch auf sie, aber deutlich harmloser, als auf Potter. Amelia hat nicht mal Schmerzen, als sie getroffen wird, aber sie weiß, dass dieser Spruch nur dazu dienen sollte, sie vor Bellatrix zu schützen, dass hatte er ihr mit seiner Geste deutlich gemacht. Amelia lässt sich zu Boden sinken und versucht möglichst überzeugend zu spielen, dass sie Schmerzen hätte. Harry neben ihr keucht vor Schmerzen auf und sie weiß, dass es wahre Schmerzen sind.

Snape kommt mit eleganten Schritten auf die beiden zu und bleibt direkt vor Potter stehen. Er wirft ihm einen arroganten Blick von oben herab zu.

„Du hast die Kühnheit, meine eigenen Zaubersprüche gegen mich einzusetzen, Potter?", fragt er und Harry hebt den Kopf, um Snape anzusehen.

„Ja, ich bin der Halbblutprinz.", sagt er dann noch und wirft Amelia einen kurzen Blick zu. Der Blickkontakt zwischen Snape und ihr sagt mehr, als tausend Worte in dieser Situation, und als Snape sich mit wehendem Umhang umdreht und verschwindet, sieht Amelia ihm traurig hinter. Sie hatte keine Ahnung, was diese Botschaft an Harry meinen sollte, doch sie weiß, dass sie jetzt weitaus größere Probleme hat und das auch nachher noch fragen kann.

Langsam richtet sich Amelia wieder auf. Sie hilft Harry hoch und wartet, bis er selbstständig stehen kann, dann lässt sie ihn los.

„Ich muss den Orden informieren.", teilt sie Harry dann mit und dreht sich wortlos um. Amelia stürmt über das Gelände von Hogwarts, bis sie an der Appariergrenze angekommen ist. Und als sie diese erreicht hat, disappariert sie noch im Laufen.


Snape greift Amelia an.

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