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Amelia sitzt gemeinsam mit Hermine in der Bibliothek und ist über ihr Zaubertränkebuch gebeugt, als sie keine Lust mehr hat. Professor Slughorn ist zwar ein überaus kompetenter Lehrer, aber er ist nicht Snape.
Amelia könnte sich innerlich schlagen, als sie das denkt. Seit sie nicht mehr mit Professor Snape Zaubertränke haben, merkt sie, dass ihre Motivation für dieses Fach nachgelassen hat. Sie hat trotzdem noch die gleichen guten Noten und hat auch sonst keinesfalls nachgelassen in diesem Fach, doch sie spürt, dass sie mit weniger Elan und Spaß an den Unterricht herangeht.
In Verteidigung gegen die dunklen Künste wiederum sind ihre Leistungen noch besser geworden - was nach Umbridge auch nicht sonderlich schwer war - und sie merkt, dass ihr dieser Unterricht wieder mehr Spaß macht. Sie würde natürlich niemals zugeben, dass das ausgerechnet an Snape liegt.
„Gibst du auf?", fragt Hermine und sieht nicht von ihrem Buch auf, als sie redet. Amelia schmunzelt.
„Nein, ich bin nur nicht mehr motiviert genug. Die Aufgabe ist langweilig.", antwortet sie und Hermine sieht sie fragend an.
„Hättest du lieber wieder Snapes nahezu unmöglichen Aufgaben?", fragt sie und Amelia nickt.
„Ja, dann hätte ich wenigstens eine Herausforderung.", gibt Amelia zurück und Hermine schüttelt nur ungläubig den Kopf und macht ihre Aufgabe in Ruhe weiter. Amelia wirft einen Blick auf ihre Uhr.
„Ich glaube ich gehe dann mal Mittag essen, wir sehen uns nachher.", sagt sie, dann verlässt Amelia die Bibliothek. Ihr Mittagessen verläuft recht still, denn die meisten lassen sie wieder in Ruhe und unterhalten sich um sie herum.
Als sie zu Ende gegessen hat, geht sie nach drüben und setzt sich zu Neville, Harry, Ron und Hermine, die sie freundlich anlächeln. Ihr Blick fällt auf den Lehrertisch und sie sieht Snape, mürrisch wie immer, auf die Schüler heruntergucken. Ihre Blicke treffen sich kurz, doch beide wenden relativ schnell wieder den Blick voneinander ab, fast so, als wären sie bei etwas Verbotenem erwischt worden.
„Harry, da ist Katie.", hört Amelia es plötzlich und sieht wie Harry sich auf Katie zubewegt, die bis vor ein paar Tagen noch wegen eines Fluches auf der Krankenstation gelegen hat.
„Was macht er denn jetzt?!", flucht Ron, als er sieht, dass Harry Draco Malfoy folgt, der mit eiligen Schritten die Halle verlässt.
Amelia seufzt, doch sie fühlt sich alleine schon als Ordensmitglied dafür verantwortlich, dass Harry keinen Mist baut und läuft ihm direkt hinterher.
Sie verliert Harry und Draco in der Masse und kann sich nur noch den ungefähren Weg zu den beiden ausmalen, doch die Kampfgeräusche, die sie von einer der Toiletten hören kann, machen den Aufenthaltsort der beiden recht deutlich.
Amelia würde sich im Nachhinein dafür verfluchen, dass sie einfach so in den Raum gestürzt kommt und sich somit direkt in Gefahr bringt, doch in diesem Moment hatte sie nicht damit gerechnet. Erst, als sie ein Zauber in die Seite trifft und ihr die dort liegende Haut aufschlitzt, kommt sie darauf, dass das nicht ihre beste Idee gewesen ist. Amelia keucht auf und greift sich reflexartig an die Seite, sodass ihr Zauberstab ihr aus der Hand fällt. Damit verliert sie die Chance sich gegen Dracos Zauber zu wehren, der sie ebenfalls trifft und ihr das Gefühl gibt, als würde ihr alle Luft aus den Lungen gesaugt werden.
Amelia fällt auf die Knie und hält sich immer noch ihre blutende Seite, als Harry plötzlich einen weiteren Fluch losfeuert, durch den Draco keuchend zu Boden fällt.
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„Wo ist Mister Potter?", fragt Minerva McGonagall, die mit Snape vor dem Gryffindortisch auftaucht.
„Der ist glaube ich Draco hinterhergerannt. Amelia ist ihnen dann auch gefolgt.", sagt Ron und die beiden Lehrer wechseln einen Blick. Sie können sich selber zusammenreimen, dass Harry wieder auf dem Weg war eine Dummheit zu begehen, von der Amelia ihn abhalten wollte. Gerade, als Minerva noch etwas fragen will, kommt ein Schüler in die Halle gestürmt und zieht Minerva förmlich mit.
„Kommen Sie schnell, Professor. Draco und Ame-" Mehr muss Snape nicht hören, da läuft er auch schon los und vertraut darauf, dass der Schüler ihm zeigen wird, wo er lang muss. Minerva sieht Severus fast schon wissend hinterher, als er so losstürmt, kaum, dass er Amelias Namen gehört hat.
Vor der Toilette der Maulenden Myrte bleibt der Schüler stehen. Snape wiederum rennt geradewegs herein und sieht als erstes nur rot. Ein Bild des Chaos befindet sich vor ihm und er sieht Draco aufgeschlitzt auf dem Boden liegen. Dann fällt sein Blick allerdings auf Amelia, die unter offensichtlichen Schmerzen und Atemproblemen auf dem Boden hockt. Gerade, als er einen Schritt in ihre Richtung machen will, deutet sie auf Draco. Snape zögert, doch sieht dann ein, dass Draco seine Hilfe nötiger hat und widmet sich diesem zuerst. Als er seine Wunden heilt, versucht er Amelias Schmerzenslaute und hektische Atemzüge auszublenden, doch es gelingt ihm nicht.
Als er Dracos Wunden geschlossen hat, ist er froh, dass mehrere Leute ankommen und ihn heraustragen. Es ist für ihn eigentlich gut, dass er bewusstlos ist, denn Snape kennt den Zauber - schließlich hatte er ihn selber entwickelt - und weiß wie schmerzhaft er ist.
Deshalb gibt Amelia auch ständig diese leidenden Geräusche von sich. Snape konzentriert sich gar nicht darauf, dass Minerva noch in dem Raum ist, sondern geht direkt auf Amelia zu und kniet sich vor ihr hin.
„Hey, Amelia, hörst du mich?", fragt er erschreckend sanft und Minerva beginnt zu lächeln und beschließt, dass sie leise sein sollte und sich nicht einmischen braucht.
Amelia nickt schwach und blickt ihm direkt ins Gesicht. Ihre kompletten Züge sind schmerzverzogen und ihre Atemprobleme bestehen immer noch deutlich.
„Hey, es wird alles gut. War das ein Zauber?", fragt er leise und sie nickt: „Zwei."
Snape nickt, dann zieht er seinen Zauberstab hervor und spricht den Gegenzauber gegen die Atemprobleme aus. Ihr Atem wird ruhiger und sie schnappt jetzt nicht mehr so stark nach Luft, stattdessen werden ihre Schmerzenslaute deutlicher.
„Es ist alles gut, es wird gleich besser.", sagt Snape sanft und zieht ihre Hand von ihrer Seite. In diesem Moment verstärken sich Amelias Schmerzen wieder und aus einem inneren Instinkt heraus krallt sich ihre Hand in Snapes Oberarm, während sie den Kopf kraftlos gegen seine Schulter sinken lässt. Minerva ist überrascht von dieser Vertrautheit, doch sagt nichts dagegen. Denn immerhin ist das das, was Dumbledore und sie schon vor längerem vermutet hatten.
Snape versucht Amelia weiter zu beruhigen, während er eine Hand auf ihre Wunde legt. Dadurch beginnt sie zu schluchzen und Snape kann sich vorstellen, welche Schmerzen sie empfinden muss, wo sie doch sonst immer so stark ist. Er beeilt sich noch mehr mit dem Gegenzauber und atmet erleichtert auf, als er merkt, dass sie sich entspannt und sich der Griff um seinen Oberarm lockert. Wäre er sich dessen bewusst, dass sich Minerva im Raum befindet, dann hätte er das nächste wahrscheinlich niemals getan.
Snape lässt seinen Zauberstab fallen und legt die Arme um die junge Frau, als er merkt, dass sie weiterhin so nah an ihm gelehnt bleibt. Amelia erwidert die Umarmung und ihre Tränen verebben langsam. Snape spürt die nackte Haut von Amelias Seite und stellt fest, dass der Zauber erschreckend viel ihrer Kleidung zerstört hatte. Wortlos löst er seinen Umhang und hängt ihn ihr um, sodass ihre zerstörte Seite verdeckt ist.
„Hast du noch Schmerzen?", flüstert er ihr leise zu und löst sich etwas von ihr, sodass sie sich in die Augen gucken können.
„Nein, jetzt nicht mehr, danke Severus.", antwortet sie ihm noch etwas erschöpft, aber ehrlich. Beinahe hätte Snape gelächelt, stattdessen zieht er sie mit sich hoch, sodass sie wieder steht.
„Kannst du stehen? Du hast sehr viel Blut verloren.", sagt er und Amelia nickt.
„Das krieg ich noch hin.", sagt sie und geht einen Schritt nach vorne. Sofort lassen ihre Knie nach und sie fällt nur nicht hin, weil Snape sie festgehalten hat.
„Ich bringe dich in dein Zimmer. Oder möchtest du lieber in die Krankenstation?", fragt er und Amelia schnaubt.
„Ich möchte einfach nur in mein Zimmer. Oder Potter und Draco eins auf die Fresse hauen.", den letzten Teil grummelt sie wütend vor sich hin. Sie ist wütend, dass die beiden einfach so mit Zaubern um sich schießen, von denen sie nicht wissen, was sie bewirken, wie sie vorhin mitbekommen hatte.
„Ich bringe dich hin, komm.", sagt Snape und sieht jetzt erst das erste Mal auf. Sein Blick trifft den von Minerva und man sieht ihm klar an, dass er nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen soll. Doch als Amelia ebenfalls aufsieht und ihre Lehrerin nur schwach anlächelt, wirft Snape den Gedanken beiseite.
„Minerva, ich kümmere mich um Miss Hooch. Kümmer du dich doch bitte um Mister Potter." Minerva schmunzelt innerlich, als Snape Amelia demonstrativ mit dem eigentlich richtigen Titel bezeichnet, dann allerdings nickt sie.
„Brauchen Sie noch etwas, mein Kind?", fragt sie und Amelia sieht kurz zu Snape, dann schüttelt sie den Kopf.
„Nein, ich bin in besten Händen, Professor. Danke.", sagt sie sanft und schenkt auch Snape ein Lächeln, welcher zu ignorieren versucht, was das in ihm auslöst.
Minerva schenkt dem Duo vor sich noch einen letzten Blick, dann macht sie sich auf den Weg in den Krankenflügel. Eigentlich sollte sie sich Gedanken machen, dass sie eine Schülerin mit Snape alleine lässt, doch in diesem Fall kann sie sich gar nichts besseres für Amelia vorstellen.
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Snape hat Amelia ungesehen bis zu ihrem Zimmer gebracht und hilft ihr, sich in ihr Bett zu legen. Dann will er eigentlich wieder gehen, weil er sich nicht vorstellen kann, dass sie ihn noch hierhaben möchte, doch Amelia zieht ihn am Ärmel auf ihr Bett, sodass er auf der Bettkante sitzt.
„Severus... was war das für ein Spruch?", fragt sie ihn leise und er weicht ihrem Blick direkt aus.
„Ich kannte den Spruch nicht und hatte noch nie so starke Schmerzen in meinem Leben.", fügt sie dann noch hinzu und Snape sieht sie erst an, als sie nach seiner Hand greift, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
„Den Spruch... den habe ich einst entwickelt... gegen zu mächtige Feinde.", gesteht er ihr leise und sie sieht ihn geschockt an.
„Und wie kommt Harry an diesen Spruch?", möchte sie wissen, doch das ist etwas, das auch Snape noch nicht weiß.
„Ich weiß es nicht... aber ich werde es herausfinden und ihm eine ordentliche Strafe geben.", versichert er ihr und sie grinst.
„Brauchst du noch etwas, Amelia?", fragt er dann und sie überlegt kurz, dann schüttelt sie den Kopf.
„Nein, danke. Du hast mehr als genug getan."
Snape hört, dass Amelia sich in den Streit zwischen Harry und Draco einmischt.
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