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Nach den Erlebnissen in den Weihnachtsferien war Amelia zwar immer noch etwas traurig und geschockt, doch kann sich langsam wieder daran gewöhnen, dass das, was sie neben dem Orden als Zuhause bezeichnet hätte, vor ihr in Flammen aufgegangen ist. Ihr wurde versichert, dass alles daran gesetzt wird, zu retten, was zu retten ist, doch auch die Weasleys waren vorerst nicht dort geblieben und brauchten etwas Abstand von dem, was einst der Fuchsbau war. Amelia ist gespannt, ob Molly und Arthur den Fuchsbau jemals wieder neu aufbauen können. Aber sie hatte beiden ihre Hilfe angeboten, wenn sie sie benötigen sollten.

Sie ist nach diesen Ereignissen wieder zurück nach Hogwarts zurückgekehrt und hatte ihre Ferien dort verbracht. Enttäuscht musste sie feststellen, dass sie so gut wie die einzige war, die sich im Schloss befand, weshalb sie trotzdem noch recht oft zum Orden appariert ist und ihre Zeit dort verbracht hatte.

Sie hatte Snape den einen Abend sogar eine Eule geschickt und ihm frohe Weihnachten gewünscht, doch er hatte niemals geantwortet. Doch als sie wieder in Hogwarts war und sie ihm über den Weg gelaufen ist - warum auch immer er seine Ferien im Schloss verbracht hatte - hatte er sie freundlicher angesehen als normalerweise, was Amelia unheimlich gefreut hatte.

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Severus währenddessen versucht sich damit abzufinden, dass er mehr Gefühle für seine Schülerin hat, als es eigentlich erlaubt ist. Hatte er nicht vor weniger als einem Jahr noch beschlossen, dass er zumindest eine Freundschaft zu ihr pflegen kann, wenn sie es denn möchte? Was war aus diesen Worten geworden? Freundschaft... er könnte nicht weiter davon entfernt sein.

Sie sollte nicht ständig in seinen Gedanken sein. Er sollte sich nicht fragen wie es ihr geht, als sie den Brief geschrieben hatte. Er hätte auch nicht kurz mit dem Gedanken spielen sollen, sie zu fragen, ob sie Weihnachten gemeinsam verbringen sollten. Und er sollte sich auch nicht ständig um sie sorgen, doch er tut es. Ja, tief in sich drinnen musste sich Severus Snape eingestehen, dass er etwas zu viel für die Slytherin empfindet und das gefällt ihm gar nicht.

Nicht nur, dass sie immer noch seine Schülerin ist und es verboten wäre, sich irgendwie anzunähern, nein. Sie ist außerdem noch ein Mitglied des Ordens und sieben Jahre jünger als er.

Und wenn er mal ganz ehrlich zu sich ist, was würde jemand wie sie schon von jemandem wie ihm wollen? Amelia könnte wahrscheinlich jeden haben. Sie ist freundlich, stark und sieht seiner Meinung nach auch nicht gerade schlecht aus. Sie hat einen beständigen Freundeskreis aus Schülern und Ordensmitgliedern und wirkt, trotzdem sie keine Familie mehr hat, noch extrem glücklich....

Und dann ist da er. Er ist miesepetrig, fies und kann ihr rein gar nichts bieten. Alles, was er ihr bieten kann, wäre, sie für Ewig zur Außenseiterin zu machen. Er ist ein Todesser, wenn auch nicht freiwillig. Er würde sie ständig in Gefahr bringen und müsste eigentlich Amelias größter Feind sein. Doch er kann nichts an sich selber erkennen, das sie an ihm finden könnte.

Natürlich hatte er gemerkt, dass sie zumindest etwas Sympathie für ihn haben muss, wo sie doch gerne und teilweise auch sehr tiefgründig mit ihm über ihre Gedanken oder ähnliches redet, doch er kann sich nicht vorstellen, dass sie auch nur das kleinste bisschen Interesse an ihm haben könnte. Gerade an ihm nicht.

Er erinnert sich daran, wie sie sich an ihn geklammert hatte, als er ihr damals die Diptam-Essenz auf den Arm geträufelt hat und sie danach in einen Heulkrampf ausgebrochen ist. Und er erinnert sich an die Erinnerungen, die sie von ihm gesehen hatte, als sie mit Potter unten in seinem Büro war. Er hätte mit allem gerechnet, doch nicht mit ihrer verständnisvollen Reaktion damals.

Snape seufzt, als er an die vielen Male denkt, in denen Amelia ihn - wenn auch nur extrem unterbewusst - in letzter Zeit etwas glücklicher gemacht hatte.

Er würde es sich niemals eingestehen wollen, doch mittlerweile realisiert er, dass er seine Gefühle für diese Frau nicht mehr leugnen kann. Jahrelang gab es nur eine einzige Frau für ihn, nur Lily, doch jetzt merkt er, wie er eigentlich gar nicht mehr an sie denkt. In seinem Kopf ist nur noch Amelia. Und das gefällt ihm nicht. Zumindest nicht so lange, wie sie noch seine Schülerin ist.

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Amelia sitzt genervt im Unterricht und trommelt mit den Fingern leise auf dem Tisch herum. Snape sieht sie ermahnend an, während die Schüler vor ihm abschreiben. Amelia schreibt nebenbei und blickt immer wieder durch den Raum. Sie weiß nicht weshalb, aber sie kann sich heute überhaupt nicht konzentrieren.

„Miss Hooch, lassen Sie Ihre Hand still!", ermahnt Snape sie nach weiteren zwei Minuten und Amelia legt ihre Hand einfach in den Schoß, da er da nicht hört, dass sie mit ihrer Hand auf ihrem Bein herumtrommelt.

Sämtliche Schüler sehen zur Tür, als sie sich plötzlich ohne Ankündigung öffnet. Amelia sieht verwirrt auf Dumbledore, der den Raum betritt. Sofort beginnen die Schüler zu tuscheln. Dumbledore währenddessen stürmt zu Snape nach vorne. Amelia hatte innerhalb von Hogwarts selten einen so ernsten Blick auf seinem Gesicht gesehen.

„Ruhe! Abschreiben!", faucht Snape und die Schüler schreiben weiter. Amelia, die schon fertig ist, wechselt einen Blick mit Neville, welcher ebenso schon alles abgeschrieben hat. Sie erkennt, dass Neville ebenso verwirrt und gespannt ist, wie Amelia selbst.

Severus und Dumbledore unterhalten sich leise, aber angeregt und Amelia spürt, dass der Blick der beiden immer mal wieder auf ihr landet. Dann seufzt Snape plötzlich hörbar.

„Verteilen Sie sich in Paaren im Raum und üben sie den Zauber!", verkündet Snape laut und die ersten Schüler springen panisch auf, als sie Snapes Stimme hören. Amelia will sich ebenfalls gerade erheben, als Snape vor ihr steht.

„Am- Miss Hooch, kommen Sie her.", fordert er und nichts an seinem Ton lässt darauf schließen, dass zwischen den beiden mittlerweile so etwas wie eine Freundschaft besteht. Amelia erhebt sich und geht gemeinsam mit Severus und Albus in den Nebenraum.

„Was ist los?", fragt Amelia Dumbledore sofort alarmiert, denn dieser hatte sie noch nie im Unterricht gestört, weil etwas los war. Normalerweise hatte er immer gewartet, bis der Unterricht vorbei war.

„Ich habe gerade eine Nachricht von meinem Bruder erhalten. Er hat einen Todesser geschnappt, der mit einem Komplizen darüber geredet hat, den Imperius-Fluch an einem Schüler anzuwenden, um dich aus dem Schloss zu locken, damit sie dich entführen können.", verkündet Albus und Amelia sieht ihn geschockt an.

„Mein Bruder hat die beiden Männer überwältigt und sie vom Ministerium abführen lassen. Aber ich weiß nicht, ob es noch weitere Mittäter gegeben hätte.", fährt er dann fort und Amelia kann sich denken, weshalb er ihr das alles erzählt. Immerhin hatte sie Dumbledore vorhin verkündet, dass sie heute nach der Schule noch nach Hogsmeade müsse, um etwas für den Orden zu besorgen.

„Ich könnte apparieren, dann würde ich nicht lange angreifbar sein. Und im Notfall kann ich mich verteidigen.", meint sie und erinnert sich an den letzten Angriff, bei dem sie sich selbst auch aus der Situation retten konnte.

„Auch das ist noch zu gefährlich. Und ich möchte ungern, dass du dich wieder mit schwarzmagischen Flüchen verteidigen musst. Du weißt, wie viel mit solchen Sprüchen schief gehen kann.", meint Albus und Amelia verdreht die Augen.

„Ich beherrsche auch die schwarzmagischen Flüche ausreichend.", winkt sie ab, doch Albus schüttelt den Kopf.

„Ich muss aber etwas für den Orden besorgen.", meint Amelia und lehnt sich gegen den Schreibtisch.

„Dann wird Severus dich begleiten.", meint Albus und Amelia sieht ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

„Das ist wirklich nicht nötig.", winkt sie ab und kann anhand von Albus Blick sehen, dass er keine Widerrede duldet. Amelia seufzt kurz, dann sieht sie zu Severus.

„Wann kannst du denn?", fragt sie und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Ich unterrichte bis 15 Uhr die erste Klasse, dann wäre ich innerhalb weniger Minuten bei dir.", meint Snape.

„Na schön, aber bitte gut gelaunt.", meint Amelia und spielt auf den Umstand an, dass er schon die ganze Zeit so mies drauf ist und das an seinen Schülern auslässt. Albus gluckst vergnügt vor sich hin, während Severus sie böse ansieht.

„Sehr schön. Dann viel Erfolg bei deinen Einkäufen.", meint Albus zu Amelia, dann verlässt er den Raum wieder. Amelia seufzt, dann verlässt sie den Raum auch und macht sich auf den weiteren Unterricht gefasst.

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Der Weg hin nach Hogsmeade war soweit eigentlich ganz entspannt gewesen. Amelia hatte es mit ein bisschen nachbohren geschafft, Severus in ein Gespräch zu verwickeln, sodass keine unangenehme Stille entstanden ist, als sie beiden auf dem Weg waren. Die Einkäufe für den Orden waren schnell erledigt und Amelia und Snape machen sich eilig wieder auf den Rückweg. Beide haben ihre Hand dauerhaft an ihrem Zauberstab und selbst ein Außenstehender muss sehen, dass die beiden auf der Hut sind.

Amelia spürt plötzlich, dass sie von den Füßen gerissen wird, bevor sie noch etwas dagegen machen kann und stößt einen überraschten Schrei aus. Sie spürt, dass ihr Zauberstab aus ihrer Hand fliegt. Severus reagiert zum Glück schnell genug und zaubert den Zauberstab mit einem Accio wieder zurück, sodass er ihn Amelia zuwerfen kann. Dann läuft er auf sie zu und spricht einen Spruch aus, damit sie nicht mehr in der Luft baumelt, sondern in seine Arme fällt. In dem Moment, in dem sie in seinen Armen landet, disappariert er mir ihr zusammen. Das Ganze hatte nur wenige Sekunden gedauert, doch trotzdem spürt Amelia, dass ihr Herzschlag in diesen Sekunden wahnsinnig in die Höhe gestiegen war.

Als Amelia wieder Boden unter sich - oder unter Severus Füßen - spürt, sieht sie sich schnell um. Sie befinden sich in einem Haus, das definitiv nicht das Ordensgebäude ist. Erst jetzt fällt ihr auf, dass sie sich immer noch in Severus Arme befindet und richtet sich schnell auf.

„Gute Reflexe.", nickt sie ihm anerkennend zu. Severus hebt einen Mundwinkel in die Höhe.

„Geht es dir gut?", fragt er sie. Amelia nickt.

„Ja, danke.", meint sie und sieht sich interessiert um.

„Bei dir auch alles klar?", fragt sie dann und weiß, dass Snape ja sagen wird. Wie erwartet nickt er und Amelia nickt ebenfalls, als Bestätigung, dass sie verstanden hatte.

„Wo sind wir?", fragt Amelia dann interessiert, als sie feststellt, dass sie keinerlei Ahnung hat, wo sie ist.

„Bei mir zu Hause.", antwortet Snape ihr mit so einer Selbstverständlichkeit, dass Amelia ihn überrascht ansieht.

„Bei dir zu Hause?", wiederholt sie ungläubig.

„Das war der erste sichere Ort, der mir eingefallen ist.", antwortet er ihr nur und sie sieht aus dem Fenster. Scheint keine besonders schöne Gegend zu sein.

„Wo genau sind wir?" Amelia dreht sich interessiert zu Severus um. Sie ist ich nicht sicher, ob er ihr jetzt bereitwillig erzählen wird, wo er lebt. Immerhin ist er sonst immer relativ stark darauf bedacht seine Privatsphäre aufrecht zu erhalten.

„In Cokeworth.", meint Severus und Amelia überlegt. Sie weiß nicht sonderlich viel über diese Stadt, nur, dass sie eine recht arme, unschöne Gegend ist.

„Lebst du hier alleine?", fragt Amelia. Snape sieht sie beinahe schon spöttisch an.

„Mit wem soll ich sonst hier leben?" Amelia weiß, dass Snape keine Frau hat, aber das heißt noch lange nicht, dass er hier alleine lebt.

„Ich weiß nicht... vielleicht hast du ja Geschwister... oder Eltern.", meint sie leise. Severus jedoch schüttelt den Kopf.

„Geschwister hatte ich noch nie und meine Eltern sind schon lange tot.", erklärt er ihr und Amelia nickt, nicht wissend, was sie dazu sagen soll. Doch das muss sie auch gar nicht, denn Snape deutet auf das Sofa.

„Setz dich, wir werden eine Weile warten müssen, bis wir ohne Gefahr zurück apparieren können. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Angreifer noch eine Weile in der Nähe aufhalten, in der Hoffnung, dass wir zurück kommen." Amelia stöhnt genervt auf, dann lässt sie sich auf das Sofa fallen.

„Ich habe zu Morgen noch Hausaufgaben bei Slughorn.", grummelt sie und lehnt den Kopf auf die Lehne.

„Das sollte bei deinen Fähigkeiten in seinem Fach nicht allzu lange dauern.", kommentiert Snape nur, doch Amelia sieht ihn genervt an.

„Wenn wir noch 'ne Weile hier sind, dann schon.", meint sie nur und legt den dicken Wintermantel ab.

Snape schwingt nur stumm seinen Zauberstab, dann erscheinen auf dem Tisch vor ihr ein Blatt Pergament und ein Kugelschreiber. Sie wundert sich gar nicht erst darüber, dass Severus im Besitz eines Kugelschreibers ist, sondern sieht ihn mit einem „Echt jetzt?!"-Blick an.

„Zwingst du mich gerade dazu, Hausaufgaben zu machen?", fragt sie nur und sieht ihn ungläubig an.

„Genau genommen bin ich dein Lehrer und möchte dich natürlich nicht von deinen Pflichten als Schülerin abhalten." Mit einem süffisanten Grinsen sieht er sie an und Amelia seufzt.

„Ich hasse mein Leben.", grummelt sie in ihren nicht vorhandenen Bart und greift nach dem Kugelschreiber. Diese ganze Situation ist doch völlig lächerlich. Sie sitzt bei Snape zu Hause und macht Hausaufgaben.

„Sagst du mir die Antworten wenigstens vor?", fragt sie ihn dann mit einem unschuldigen Grinsen.

„Nein.", antwortet er und geht in die Küche.

„Möchtest du auch einen Tee?", fragt er sie dann aber noch.

„Gerne.", lächelt sie ihm zu. Ohne ein weiteres Wort dreht sich Snape um und geht in die Küche.

Amelia währenddessen seufzt ergeben, dann schreibt sie die ersten Wörter auf ihr Blatt...

Snape erhält Amelias Weihnachtskarte.

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