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„War ne gute Stunde, Leute. Wir sehen uns dann das nächste Mal!", verabschiedet Harry Potter die Mitglieder von Dumbledores Armee und bleibt dann mit Ron, Hermine, Fred, George und Amelia zurück. Amelia streift sich gerade ihren Mantel über, während sie die anderen dabei beobachtet, wie sie den Raum verlassen. Sie grinst innerlich, als sie ihre Spiegelung entdeckt. Sie war heute bewusst nicht in ihren Schulklamotten aufgetaucht. Denn sie weiß ganz genau, dass ihre Fähigkeiten nicht denen eines Schülers entsprechen. Und es kam auch genau so - Harry hatte sie gebeten, den anderen zu helfen, genau wie er es getan hatte. Er wusste, dass Amelia beeindruckende Fähigkeiten hat. Was er nicht weiß, was bisher niemand wirklich weiß, ist wie sehr ihre Fähigkeiten eigentlich reichen. Denn Amelia bemüht sich vor den anderen Schülern weder über ihre Kräfte, noch über die Kraft von schwarzmagischen Sprüchen zu sprechen. Wenn Dumbledore herausbekommen würde, dass Amelia versucht den anderen Schülern schwarzmagische Sprüche beizubringen, würde er sie wahrscheinlich hochkant aus dem Schloss werfen. Denn so mächtig schwarze Magie auch sein mag, sie kommt mit einem Preis. Einem Preis, von dem man wissen muss, wie man ihn bezahlt, ohne sich selbst dabei in der Magie zu verlieren.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du so gut bist, Amelia.", kommentiert Harry ihr Verhalten in der heutigen Stunde und Amelia lächelt. Natürlich nicht. Niemand hatte das. Denn niemand der hier anwesenden Schülern hatte sie bisher in Aktion erlebt. Snape hätte ihr ihre Fähigkeiten mit Sicherheit anerkannt, wenn auch widerwillig. Er weiß, wozu sie fähig ist. Sonst hätte er sie nicht nach einiger Zeit als seine Ordenspartnerin akzeptiert. Amelia rollt innerlich mit den Augen, als sie bemerkt, dass sie schon wieder an ihn denkt.
„Danke. Doch vergesst nicht, dass ich bereits eine vollausgebildete Hexe bin und als Fluchbrecherin gearbeitet habe...", sagt sie und greift nach der Wasserflasche, die neben ihr auf dem Boden liegt. Sie nimmt einen großen Schluck, dann schraubt sie diese wieder zu und steckt sie sich in die Jackentasche.
„Ich bin immer noch erstaunt, dass du eine Slytherin bist.", äußert Ron plötzlich und Hermine verdreht die Augen. Nicht schon wieder so eine Diskussion. Hatten die drei Freunde diese Häuser-Vorurteile-Diskussion nicht neulich noch geführt?
„Ich denke, da gefühlt all meine Vorfahren, bis auf meine Mutter, Slytherins waren, war es nur logisch.", antwortet Amelia und versucht damit dem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Ron scheint das gar nicht zu bemerken.
„Aber du benimmst dich gar nicht so."
„Weil man auch böse sein muss, wenn man eine Slytherin ist...", meint sie sarkastisch.
„Aber falls es dich interessiert, Ron... auf meiner alten Schule habe ich damals eine Menge Scheiße gebaut und war mehr oder weniger eine kleine Rebellin... also mach dir mal keine Gedanken. Wichtig ist die Person, die ich heute bin.", sagt sie dann und schnappt sich ihre Jacke, die sie vorhin beim Training ausgezogen hatte.
„Das stimmt, tut mir leid.", sagt Ron und weicht ihrem Blick aus. Amelia lächelt.
„Alles gut, mach dir nichts draus. Du wirkst auch nicht wie der typische Gryffindor. Und Hermine wirkt meistens wie eine Ravenclaw... und doch seid ihr alle in Gryffindor. Diese Einteilung in die Häuser ist nicht alles.", meint sie und Fred sieht sie interessiert an.
„Du warst früher schon einmal hier, richtig?", fragt er und Amelia nickt. Innerlich lächelt sie, als sie bemerkt, dass Fred sich diese Information gemerkt hat, obwohl sie nie wirklich direkt darüber geredet haben.
„Warst du damals schon eine Slytherin?"
„Jap und ich werde wahrscheinlich auch immer eine bleiben... aber hey, das sagt doch nichts über mich aus."
„Stimmt. Lasst uns gehen." Fred sieht seinen Bruder und Amelia fragend an und die beiden Angeschauten setzen sich gemeinsam mit ihm in Bewegung. Harry, Ron und Hermine wollen noch etwas besprechen, sodass Amelia den drei Freunden ein Mal zuwinkt und dann mit den Zwillingen den Raum der Wünsche verlässt.
„Ist euch eigentlich mal aufgefallen, dass es viel logischer wäre, wenn wir uns in der Kammer des Schreckens treffen würden? Hier könnten Umbridge oder ihre Handlanger uns trotzdem noch finden... die einzigen, die in die Kammer des Schreckens kommen, sind Harry und ich... oder spricht hier sonst noch jemand Parsel?" Amelia hatte noch nie jemandem erzählt, dass sie dank ihrer Kräfte auch Parsel sprechen kann, da diese Fähigkeit mit vielen bösen Zauberern in Verbindung gebracht wird und sie nicht noch finsterer wirken möchte, als sie es wahrscheinlich schon tut. Außerdem würde das diese ganze Vorurteilssache doch nur noch unterstützen. Sie spricht Parsel und ist dann ausgerechnet noch im Hause Slytherin. So wie Voldemort. Also das perfekte Vorurteil, passend zu Amelias düsterem Auftreten. Und sie hatte gelernt, dass es wichtig ist, zu versuchen Vorurteile so gering wie möglich zu halten. Immerhin hatte sie bisher ihr ganzes leben damit zu kämpfen, sich von den Vorurteilen ihrer Vorfahren und ihrer Kräfte zu befreien. Jetzt wieder selbst dafür zu sorgen, dass mehr Vorurteile entstehen, ist nicht gerade das, was sie möchte. Zudem sie weiß, wie schnell Vorurteile bei einem dafür sorgen können, dass einem die Zukunft verbaut wird. Mal ganz davon abgesehen, dass Umbridge wahrscheinlich nur noch darauf wartet, dass Amelia einen Fehltritt tätigt, damit sie diese endlich von der Schule schmeißen kann.
Fred und George tauschen einen Blick und anhand dieses Blickes bemerkt Amelia, dass ihnen diese Idee noch nie gekommen ist. Doch noch bevor einer der Brüder oder Amelia einen weiteren Satz sprechen können, hören sie, wie etwas, oder besser gesagt jemand, näher kommt. Das Amelia mehr als nur vertraute Schleifen eines schweren Stoffes, schleicht sich in ihre Ohren und sie weiß, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis sie Snape gegenüber stehen. Und dass schon lange Sperrstunde ist, bedeutet für die drei Freunde wieder Nachsitzen. Amelia tauscht einen Blick mit Fred und George, dann zögert sie nicht lange.
Sie zieht ihren Zauberstab hervor und belegt die beiden mit einem Unsichtbarkeitszauber. Augenblicklich verschwinden die beiden vor ihren Augen und sie verschwendet keinen Moment mehr, ihren Zauber zu kontrollieren. Stattdessen richtet sie den Zauberstab auf sich selbst. Doch bevor sie sich selber ebenfalls mit dem Zauber belegen kann, kommt Snape schon um die Ecke. Amelia flucht in Gedanken, bis sie realisiert, dass Snape in diesem Moment womöglich ihre Gedanken lesen könnte. Sofort richtet sie ihre mentalen Schilde wieder auf und versucht möglichst überrascht zu gucken.
„Miss Hooch!", schnarrt Snape und Amelia sieht ihn unschuldig an. Sie weiß, dass er ihr diesen Blick mit Sicherheit nicht glauben wird, doch sie weiß auch, dass es einen Versuch wert ist. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
„Professor Snape. Guten Abend.", sagt sie und versucht sich nicht anmerken zu lassen, dass er sie gerade bei etwas erwischt hat. Einfach nur unauffällig verhalten.
„Es ist Sperrstunde. Sie müssten längst auf Ihrem Zimmer sein.", sagt er kalt und bleibt direkt vor Amelia stehen. Diese muss den Kopf leicht in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können. Ihr ist nie aufgefallen, wie groß Snape im Vergleich zu ihr ist. Doch wenn sie so drüber nachdenkt, dann stellt sie fest, dass sie mit ihren 1,65 Metern selbst auch nicht besonders groß ist.
„Tut mir leid, Professor. Ich wollte mir nur noch etwas die Beine vertreten, mir schwirrt so viel im Kopf herum. Wissen Sie, nach dem, was mit meiner Mutter passiert ist.", sagt sie und Amelia ist das erste Mal in ihrem Leben wirklich froh, dass sie auf Knopfdruck weinen kann. Sie lässt leichte Tränen in ihre Augen steigen und hofft, dass Snape sich davon nicht unbeeindruckt zeigt. Doch sie weiß ebenso gut, wem sie hier gegenüber steht. Dem Mann, der nie Gefühle zeigt.
„Dazu hätten Sie im Slytherin Gemeinschaftsraum auch genug Platz.", sagt er und Amelia realisiert, dass sie es tatsächlich schaffen könnte sich hier raus zu reden, immerhin glaubt er ihr den ersten Teil schon mal. Ihr Blick verzieht sich zu einer traurigen Miene.
„Aber da fragen die anderen zu viel... und ich darf Sie ja daran erinnern, was neulich passiert ist... das würde ich sich ungerne wiederholen lassen, Professor." Okay, vielleicht kommt sie mit gutem Benehmen weiter.
Snape ist einen Moment lang leise und Amelia versucht noch mitleidiger zu gucken, als sie es eh schon tut. Snape streicht sich ein Mal durchs Gesicht, dann seufzt er.
„Verschwinden Sie. Und tauchen Sie hier nicht mehr während den Sperrzeiten auf.", sagt er und Amelia ist überrascht, dass er ihr diese Lüge tatsächlich abkauft. Sie kann sich nicht vorstellen, dass er Dumbledores Anweisung, sie niemals nachsitzen zu lassen, auch in einem solchen Fall beachten würde. Er muss ihr ihre Lüge wirklich glauben.
„Danke, Professor." Snape nickt ihr zu.
„Und für die Herren Weasley ist Nachsitzen angedacht. Morgen um 17 Uhr in meinem Büro.", fügt er dann noch mit einem Blick hinter Amelia hinzu, dann geht er mit wehendem Umhang. Als Amelia sich mit offenem Mund umdreht, rechnet sie eigentlich damit, dass sie die beiden Zwillinge sieht, doch sie sind immer noch unsichtbar.
„Wie konnte Snape euch wahrnehmen?!", fragt sie geschockt, als sie die beiden wieder sichtbar macht. Ihr Zauber war gut gewesen, da ist sie sich sicher. Hatte ihr Zauber versagt? Oder ist Snape ein noch besserer Zauberer, als sie gedacht hätte?
„Ist das deine einzige Frage? Mich würde eher interessieren, wieso Snape dich nicht bestraft, obwohl ihm mit Sicherheit klar war, dass du ihm kackendreist ins Gesicht gelogen hast.", sagt Fred und Amelia sieht ihn nachdenklich an. Vielleicht doch Dumbledores Anweisung?
„Ich weiß es nicht... ich weiß nur, dass ich es extrem seltsam finde.", antwortet sie ihm und die beiden Brüder nicken.
„Lasst uns jetzt in unsere Gemeinschaftsräume gehen... ich habe keine Lust, dass er noch mal hier auftaucht und wir noch mehr Nachsitzen müssen."
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Snape sitzt in seinem Zimmer mit einem Glas Wein in der Hand. Er weiß nicht, was er da eben getan hat. Es war so offensichtlich, dass Amelia ihn angelogen hatte, zudem er die beiden Weasleys hinter ihr gesehen hatte (obwohl ihr Unsichtbarkeitszauber nahezu perfekt war), doch er konnte sie nicht bestrafen. Es ging einfach nicht. Er würde sich gerne einreden, dass er sie nicht nachsitzen lässt, weil Dumbledore es ihm verboten hatte, sie nachsitzen zu lassen. Das würde so vieles einfacher für Snape machen und er müsste sich keine Gedanken darüber machen, warum er so gehandelt hat, wie er es tat. Doch tief in sich drinnen weiß er, dass Dumbledores Anordnung mit seiner Entscheidung nichts zu tun hatte.
Eine kleine, gehässige Stimme, die in seinem Hinterkopf auftaucht, flüstert ihm zu, dass er es nicht konnte, weil er Sympathie für sie hegt. Er hätte beinahe spöttisch aufgelacht, doch dann denkt er daran, wie er sich immer fühlt, wenn sie in seiner Nähe ist. Er verspürt nicht den üblichen Hass, den er seinen Schülern gegenüber verspürt. Nein, er fühlt sich beinahe schon wohl. Snape seufzt und schenkt sich Wein nach.
„Severus Snape, du verlierst deinen Verstand..."
Amelia versucht Snape zu täuschen.
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