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„Und was ist, wenn man statt zwei Bohnen ganze drei hinzugibt? Explodiert der Trank dann?"

„Er verändert bestimmt die Farbe."

„Er verwandelt sich in einen Stein!"

„Nein, noch besser! Der Trank verwandelt sich in Snape und bestraft einen dafür, dass man es gewagt hat das Rezept nicht zu befolgen!"

„Snape steht wahrscheinlich hinter einem und verhext einen!"

„Nein, er verflucht uns direkt!"

„Oder er benutzt den Crucio!"

Amelia sitzt gemeinsam mit Harry, Ron, Hermine, Fred und George im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und blättert in ihrem Tränkebuch, während die anderen scheinbar die wildesten Theorien aufstellen, was passieren wird, wenn sich der Trank verändert, sobald man die Zubereitungsanleitung nicht befolgt. Amelia wiederum verdreht nur die Augen. Mein Gott, haben die denn nichts zutun?! Was denken die denn bitte von Snape? Er mag ja nicht gerade umgänglich sein, aber er verflucht seine eigenen Schüler bestimmt nicht.

„Der Trank wird grün, statt blau und jetzt haltet die Klappe.", grummelt sie genervt und schreibt ihre Antworten auf. Nur Hermine scheint ebenfalls in Ruhe zu arbeiten. Dass sie das bei dieser Diskussion eben konnte, ist für Amelia mehr als nur bewundernswert und sie würde sicherlich nichts sagen, wenn sie selbst in Ruhe arbeiten könnte. Aber die bisher fünf Worte auf Freds Pergament zeigen, dass nicht nur sie am Arbeiten gehindert wird, sondern die Gryffindors sich selbst auch noch behindern.

Fred und George ziehen die Augenbrauen fast synchron hoch.

„Was verteidigst du den alten Sack denn jetzt noch?", fragt Ron, der sich scheinbar auch in das Gespräch einmischen möchte. Amelia sieht von ihrem Buch auf. Alter Sack? Diese Beschreibung würde wahrscheinlich eher auf Dumbledore zutreffen, aber nicht auf Snape.

„Snape ist 35, nicht 105.", sagt Amelia nur und legt den Kugelschreiber zur Seite.

„Woher weißt du, wie alt Snape ist?", fragt Hermine skeptisch und Amelia zuckt zusammen. Sie kann ihnen ja schlecht sagen, dass sie das vom Orden weiß...

„Dumbledore hats mal erwähnt.", weicht sie deshalb der Frage nur aus und sieht keinen der Gryffindors an.

„Ach echt? Wieso redet ihr über Snape?", fragt Harry plötzlich und Amelia merkt, dass sie immer weiter in der Klemme sitzt. Was sagt sie denn jetzt? Sie kann ja schlecht sagen, dass Snape ihr neulich geholfen hatte. Amelia streicht sich die Haare aus dem Gesicht. Dabei rutscht ihr weiter Ärmel gefährlich weit nach unten und Harry wäre nicht Harry, wenn er es nicht gesehen hätte.

„Was ist das? War das Umbridge? Du etwa auch?", überhäuft er sie direkt mit Fragen und Amelia sieht ihn erschrocken an. Sie hatte nicht mit so vielen Fragen auf einmal gerechnet.

„Ja, Umbridge hat mich aus den selben Gründen nachsitzen lassen, wie auch dich.", antwortet sie ihm ruhig und zieht den Ärmel schnell wieder etwas nach unten. Wenn jemand sieht, was Umbridge ihr angetan hat, dann wird er sie für schwach halten und das ist gerade das Letzte, das Amelia möchte.

„Aber wieso sieht deine Wunde so viel besser aus, obwohl sie frischer ist?", fragt er erstaunt und Amelia sucht verzweifelt nach einer Antwort, findet aber keine. Deshalb beschließt sie einfach die Wahrheit zu sagen.

„Ich habe Diptam-Essenz draufgeträufelt.", sagt sie und sieht Harry an, als wäre das etwas Offensichtliches. Nun wird auch Hermine auf das Gespräch der beiden aufmerksam.

„Wie kommst du an Diptam?", fragt sie und legt die Feder zur Seite. Amelia weiß, dass Hermine nicht dumm ist und wahrscheinlich weiß, dass man hier nur an einem Ort an Diptam kommt, deshalb will sie die Gryffindor auch gar nicht erst anlügen.

„Aus Snapes Vorratsschrank.", sagt sie und erntet fünf ungläubige Blicke.

„Hast du dich erwischen lassen?"

„Ja wohl kaum, sonst würde sie ja nicht mehr leben!"

„Lasst sie doch selber erzählen, Jungs.", ermahnt Hermine Harry und Ron, die sogleich losgeplappert hatten. Amelia verdreht die Augen.

„Ja, er hat mich erwischt und nein, er hat mich nicht umgebracht.", sagt sie und seufzt. Dieses Gespräch entwickelt sich in eine sehr unschöne Richtung für Amelia.

„Musst du nachsitzen? Hat er dir die Essenz wieder weggenommen?", möchte Harry wissen und Hermine schenkt ihm einen irritierten Blick.

„Du hast doch gerade gesagt, dass ihre Wunden deutlich besser aussehen. Wie soll das denn gehen, wenn sie die Essenz nicht genommen hätte?", fragt sie das offensichtliche und Amelia grinst innerlich.

„Er hat mir sogar geholfen... ich weiß gar nicht, was ihr immer habt, aber Snape ist nicht so herzlos, wie ihr es immer darstellt.", sagt Amelia und Fred und George brechen in Lachen aus, Ron und Harry versuchen noch ihr Lachen zu verstecken und Hermine sieht sie einfach nur verstört an.

Doch als sie merken, dass Amelia nicht mitlacht, beginnen sie zu merken, dass das Ganze wohl doch ernst gemeint ist.

„Echt jetzt? Wie kommst du auf so einen Stuss?", fragt Harry und Amelia schnaubt.

„Weil er mir die Essenz gegeben hat und sie sogar selber auf meinem Arm verteilt hat. Und dann hat er mich getröstet, als ich wegen dem, was Umbridge mir angetan hat, weinen musste!", sagt sie und erntet erneut fünf geschockte Blicke. Dann allerdings beginnt Fred zu grinsen.

„Sieht so aus als hätte Snape echt was für dich über.", grinst auch George und Amelia zuckt nur mit den Schultern.

„Ich weiß, dass er ein Arschloch ist, aber ich komme mit ihm ganz gut klar."


+++++


Am nächsten Morgen sitzt Amelia im Zaubertränkeunterricht und ihr will nicht mehr einfallen, warum sie gestern noch gesagt hat, dass sie ganz gut mit Snape klar käme und er nicht so herzlos wäre. Er meckert in einer Tour und steht offensichtlich schon wieder kurz davor innerlich einen Mord zu begehen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, betritt plötzlich die meistgehasste Person auf diesem Planeten den Raum. Nein, nicht Voldemort, sondern Umbridge. Selbst Snape scheint ihre Anwesenheit mehr als nur störend zu empfinden und das soll schon etwas heißen. Amelia sieht ihn kurz an, dann arbeitet sie in Ruhe an ihrem Trank weiter und versucht Umbridge zu ignorieren, schließlich steht sie nur in der Ecke und beobachtet Snape. Der Trank, den sie brauen sollen, hatte es wirklich in sich und erfordert alles von Amelias Konzentration. Sie sieht, dass die meisten der anderen Schüler ebenfalls ihre volle Konzentration auf den Trank richten. Zumindest diese, bei denen der Trank noch nicht völlig misslungen ist. Und dass Umbridge sie alle mit Argusaugen beobachtet, macht mehrere Schüler ebenfalls sehr nervös. Amelia ignoriert sie, da sie weiterhin nur dort hinten in der Ecke steht und sie deshalb nicht stört.

Eine halbe Stunde später bereut sie diesen Gedanken auch schon wieder, denn Umbridge beginnt sich in Bewegung zu setzen und geht gezielt auf einzelne Schüler zu. Amelia beginnt beinahe zu kotzen, als sie direkt vor ihr stehen bleibt. Na toll, das hatte sie sich ja toll eingebrockt, Umbridge macht das doch extra. Ihr Parfüm steigt Amelia in die Nase und sie widersteht dem Bedürfnis ihre Nase in ihren Zaubertrank zu stecken, um Umbridge besser ignorieren zu können.

„Miss Hooch.", beginnt Umbridge und Amelia sieht kurz von ihrem Schneidebrett auf, dann konzentriert sie sich allerdings wieder darauf, nicht in ihre Finger zu schneiden. Sollte auch nur ein einziger Tropfen Blut in den Trank geraten, dann kann sie ihren Trank vergessen und es wäre das erste Mal, dass sie in Snapes Unterricht versagt. Und das wird sie sicherlich nicht durch Umbridge auslösen.

„Wie kommen Sie in diesem Unterricht zurecht?", fragt sie und Amelia blickt sie erneut kurz an, bevor sie den Blick wieder abwendet. Sie kann ja zumindest so tun, als würde sie Umbridge die angemessene Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient.

„Sehr gut.", antwortet sie kurzgebunden und kippt die eben geschnittenen Zutaten in den Kessel. Es mag vielleicht arrogant klingen, doch es wäre eine Lüge zu sagen, dass sie „ganz gut klarkomme". Sie hat die Noten, um es zu beweisen. Und auch, wenn es Snape sicherlich missfällt, könnte er das bestätigen.

Severus merkt, dass Umbridge Amelia ausfragt und aufgrund dessen, was neulich passiert ist, geht er etwas näher an die Situation heran. Erklären kann er sich das auch nicht richtig. Er hofft nur, dass es nicht allzu auffällig wirkt, dass er sich den beiden Frauen nähert.

„Wie würden Sie den Unterricht und den Professor einschätzen?", fragt Umbridge und bei dieser Frage wird er hellhörig. Er weiß nicht, warum ihn das interessiert, was Amelia von ihm denkt, doch tief in sich drinnen merkt er, dass er das irgendwie wissen will. Er hatte sich in letzter Zeit eingebildet, dass Amelia ihn nicht mehr so sehr hast, wie sie es früher getan hat. Sie mag ihn nicht, sicherlich nicht. Aber sie scheint ihn nicht mehr so sehr zu verabscheuen, wie sie es einst getan hat, als sie sich das erste Mal begegnet sind.

„Ich denke, dass Professor Snape ein überaus kompetenter und informativer Lehrer ist, was das Fachliche angeht.", sagt sie und Snape spürt, dass sie extra nicht auf die andere Frage eingeht. Aber Umbridge wäre ja nicht Umbridge, wenn sie nicht extra noch fragen würde.

„Und wie würden Sie den Professor einschätzen?" Amelia macht eine kurze Pause, bevor sie dieses Mal antwortet.

„Ich glaube Professor Snape ist ein... recht umgänglicher Mensch, wenn man weiß, wie man mit ihm umzugehen hat.", sagt sie dann und Snape hört das Zögern in ihrer Stimme. Sie steht nicht komplett hinter dem, was sie da gesagt hat.

„Wie meinen Sie das?", fragt Umbridge verwirrt und Snape verdreht die Augen. Sogar für ihn ist deutlich, was sie mit ihren Worten meint und um das zu verstehen, muss man kein Genie sein.

„Professor Snape hat eine sehr spezielle und strenge Art, die für viele hier sehr einschüchternd wirkt, weil sie noch nicht einschätzen können, was von seinen Aussagen nur leere Drohungen sind.", antwortet Amelia dann ehrlich, obwohl sie eben noch bemerkt hatte, dass Snape so nah steht, dass er das mit Sicherheit mitbekommt. Aber sie ist sich sicher, dass er weiß, dass sie hinter seine Fassade schauen kann und mehr als nur gut einschätzen kann, welche seiner Drohungen er ernst meint und welche nicht.

„Also würden Sie sich einen anderen Lehrer in diesem Fach wünschen?", fragt Umbridge und nun wird Snape wirklich hellhörig. Das ist eine Frage, die ihn wirklich interessiert.

„Nein, würde ich nicht. Das habe ich doch auch mit keinem Wort erwähnt, oder?", fragt sie und Snape ist ehrlich verwirrt. Hatte sie nicht eben noch all diese negativen Sachen gesagt?

„Ich verstehe nicht.", gibt Umbridge ehrlich zu und Amelia legt ihr Messer weg.

„Professor Snape ist ein kompetenter Lehrer, von dem man überaus viel lernen kann, wenn man dazu in der Lage ist über seinen eigenen Schatten zu springen. Also wieso sollte man sich jemand anderen wünschen? Fachlich könnten wir keine bessere Ausbildung in diesem Fach bekommen. Natürlich verschenkt Professor Snape aber keine guten Noten.", fragt sie und Snape ist ehrlich überrascht von ihrer Antwort.

„Aber denken Sie nicht, dass die Schüler bessere Chancen hätten, wenn sie einen anderen Lehrer hätten?", fragt Umbridge und Amelia bemüht sich mittlerweile gar nicht mehr, freundlich zu sein.

„Das sagen gerade Sie, wo Sie uns doch verbieten zu zaubern, weil wir das ja laut Ihnen sowieso nicht brauchen. Also warum rennen Sie her rum und versuchen die anderen Lehrkräfte schlecht zu machen, die uns wirklich etwas beibringen wollen?", fragt Amelia und schlagartig wird es ruhiger in dem Raum. Die einen sind verwundert, dass Amelia Snape verteidigt, die anderen, dass Amelia und Umbridge schon wieder aneinander geraten.

„Wie können Sie es-", beginnt Umbridge, doch Amelia unterbricht sie.

„Nichts für Ungut, Professor. Aber Sie sollten sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, nachdem sie zwei ihren Schülern das hier angetan haben.", sagt Amelia und schiebt ihren Ärmel hoch. Umbridge sieht sich leicht unwohl um und Snape tritt noch einen weiteren Schritt auf die beiden Frauen zu.

„Ich bin mir sicher, dass-", beginnt Umbridge böse, als sich Snape einmischt. Durch die Stille im Raum klingt seine ruhige, kalte Stimme noch eindringlicher und bedrohlicher und spätestens jetzt sieht auch der letzte Schüler in diesem Raum auf die Situation, die sich vor ihnen abspielt.

„-dass Sie jetzt gehen sollten. Stimmt, da stimme ich Ihnen völlig zu.", sagt er und jeder im Raum - Amelia miteingeschlossen - sieht ihn geschockt an. Allen ist bewusst, dass Severus Snape gerade persönlich verhindert hatte, dass Amelia erneut eine Strafe bekommt. Er hatte sich noch nie für eine Schülerin eingesetzt, auch nicht für eine aus seinem Haus. Doch dass er jetzt in Kauf nahm, dass Umbridge ihn schlechter bewertet, nur, um zu verhindern, dass Amelia wieder nachsitzen muss, überrascht jeden. Umbridge zieht eine ihrer zu dünn gezupften Augenbrauen in die Höhe und notiert etwas auf ihrem Klemmbrett. Ihr Unmut zu diesem Ereignis ist mehr als nur deutlich und sorgt dafür, dass Amelia Snape noch verwirrter ansieht. Er wird gewusst haben, was er hier tut. Snape tut nie etwas Unüberlegtes. Immer wiegt er seine Entscheidungen ab und tut nichts, das man gegen ihn verwenden könnte. Und jetzt steht er hier und verteidigt eine Schülerin, die sich einer Lehrerin widersetzt.

„Severus, ich werde persönlich dafür sorgen, dass das Konse-" - „Raus!" Umbridge sieht den Professor einen weiteren Augenblick pikiert an, dann dreht sie sich allerdings wortlos um und tippelt aus dem Raum. Sämtliche Schüler sehen ihr geschockt hinter, dann, als die Tür wieder ins Schloss knallt, dreht die ganze Klasse ihre Köpfe beinahe synchron in die Richtung von Snape und Amelia.

Es herrscht betretenes Schweigen. Amelia spürt die Blicke auf sich und ist selber unsicher, was sie von dieser Situation halten sollte. Snape blickt sie nur kurz an und nickt ihr fast unmerklich zu. Amelia lächelt sanft zurück und Snape erkennt die Dankbarkeit in ihrem Blick. Es ist fast so, als hätte ihr Ausbruch neulich ein Stück von Snapes Herzen aus Eis zum Schmelzen gebracht, er ist nur nicht in der Lage es zu zeigen und will es wahrscheinlich auch gar nicht.

Als die Stunde zu Ende ist geht Amelia nach vorne, um ihren Trank abzugeben.

„Danke für Vorhin, Professor.", fügt sie dann noch hinzu und Snape nickt unwirsch. Amelia beginnt zu grinsen. Typisch Snape...

Umbridge befragt Amelia zum Unterricht.

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